Das Ende der Video-Kassette

Seit 40 Jahren werden VHS-Videokassetten produziert. Doch jetzt ist Schluss. Platinum, eine Marke, die uns Bandsalatpflückern ein wissendes Lächeln entlockt, hat angekündigt bis Ende des Jahres die letzten Exemplare abzuverkaufen. Nach der Kassette und Monkey Island muss ich also noch einen dritten Nachruf auf einen popkulturellen Wegbegleiter meiner Jugend verfassen.

Eine meiner letzten beiden Video-Kassetten. Bild von mir.
Eine meiner letzten beiden Video-Kassetten. Bild von mir.

Wie schon bei der Kassette, so kann ich auch beim Video noch erstaunlich genau sagen, wann es in mein Leben trat: Im November 1996. Ich war im September 16 geworden und damit endlich alt genug für einen Job neben der Schule. Entsprechend verschwendete ich keine Zeit, sondern fing in einem Schuhgeschäft in Gießen an zu arbeiten. Ein irrwitziges Unterfangen, denn Gießen liegt zwar nur 14 Km von meinem damaligen Wohnort Kaff entfernt, doch der Bus brauchte dafür eine geschlagene Drieviertelstunde und fuhr vor allem abends nur äußerst selten. Wenn ich nach Ladenschluss (damals noch um sieben Uhr) den Bus um Zehn nach Sieben verpasste, musste ich eine geschlagene Stunde warten, bis der nächste kam. Kein Wunder, dass ich anfing zu trampen. Beim Trampen habe ich durchaus kuriose Sachen erlebt, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.

Denn hier geht es um die Videokassette! Im November 96 kaufte ich mir also von meinem ersten Gehalt einen Videorecorder. Es war zwar „nur“ ein Orion (und kein hipper Sony), aber es war richtig heißer Scheiß! Der Recorder konnte beispielsweise Zweikanalton aufnehmen, was mich in den Genuss von Filmen im O-Ton brachte. Oder auch in den Genuss der Bildbeschreibung für Blinde, was ein nützliches Feature ist, wenn man nachts noch einen Film guckt und die Augen nicht mehr aufhalten kann. Wer braucht schon Bilder beim visuellen Medium Film? Der Videorecorder konnte außerdem mit Longplay aufnehmen. Dadurch passte auf eine Videokassette doppelt so viel Film. Und das in wirklich atemberaubend schlechter Qualität. Ein paar Jahre später wohnte ich in meiner ersten eigenen Wohnung in Gießen. Dort hatte ich nur eine Zimmerantenne und so schlechten Empfang, dass das Bild jedesmal aussetzte, wenn ich am Fernseher vorbei in die Küche ging. Das konnte ich noch Jahre später auf den alten Bändern erkennen.

Doch das wichtigste Feature meines Videorecorders war, dass er auch das amerikanische NTSC-Format abspielen konnte. Die meisten Videorecorder beherrschten nur das europäische PAL. Das öffnete mir die Türen zur Videosammlung eines Freundes mit einer großen Schwester in Amerika. Dazu muss ich noch erzählen, dass ich in einem kabellosem Dreikanal-Haushalt aufwuchs. Und wenn meine Freunde am Montag von Star Wars, Indiana Jones oder von einem Tom-Hanks-Streifen schwärmten (in meiner Erinnerung lief Tom Hanks ständig im Fernsehen, allerdings nur auf so sagenumwobenen Sendern wie SAT1 oder Pro7), konnte ich nur von Forsthaus Falkenau oder dem Landarzt berichten. Doch jetzt, mit dem Videorecorder konnte ich endlich in eine weitenfernte Galaxie, nach Inglewood oder in den Tempel des Todes reisen. Ich war auf der Flucht, wurde von Hooch vollgesabbert, verliebte mich vor Sonnenaufgang, kämpfte im Titty Twister oder barfuß gegen Terroristen und durchlebte den Murmeltiertag immer und immer wieder.

Besonders angetan hatte es mir Braveheart. Den habe ich so oft im O-Ton gesehen, dass ich Jahre später in Englisch mitsprechen konnte, als er mal auf Deutsch im Fernsehen lief. Meine Schwester schenkte mir dann zum nächsten Geburtstag einen Ausweis für die Videothek und damit war mein Glück komplett. Denn offiziell durfte man zwar erst ab 18 in die Videothek, aber solange man einen Ausweis vorzeigte, interessierte sich niemand für dein Alter und den Namen auf dem eingeschweißten Stück Papier las auch niemand.

Das Ende meines Videorecorders läutete absurderweise ein Handyvertrag ein. Was wir uns im Smartphone-Zeitalter gar nicht mehr vorstellen können: Anfang der 2000er-Jahre war der Handymarkt komplett gesättigt. Die Handys konnten damals halt nur telefonieren und SMS schreiben, aber der Akku hielt zwei Wochen und selbst nach zwei Jahren Vertragslaufzeit noch 1,5 Wochen. Mit anderen Worten: Es gab keinen Grund, sich ständig ein neues Handy zu kaufen. Daher fingen die Anbieter an, dir absurde Werbegeschenke zu deinem Handy dazuzupacken. Ich schloss damals einen Vertrag ab, zu dem ich nicht nur ein schickes Klapphandy bekam, sondern obendrein auch noch einen DVD-Player.

Anfangs durfte der alte Videorecorder noch eine Parallel-Existenz zum DVD-Player führen und ich nahm mit ihm Serienfolgen auf zum zeitsouveränen Anschauen. Doch bald standen in den Videotheken mehr DVDs als Videos und die Aachener Video-Insel hatte eine gute Auswahl an Serien. Die ließen sich dann bequem im O-Ton gucken, und das auch noch ohne bei Werbung vorspulen zu müssen. Spätestens 2003 oder 2004, als ich dann auch noch einen DVD-Brenner für meinen PC erhielt, staubte der Videorecorder nur noch ein. Mittlerweile sind auch DVDs und Blue-Rays gefährdete Spezies geworden, landauf, landab schließen die Videotheken und auch ich bin vom Filme-Jäger und -Sammler längst zur Domestizierung übergegangen und glücklicher Kunde von verschiedenen Video-Streaming-Diensten.

Aber vor ein paar Wochen ließ ich meine Videosammlung noch ein letztes Mal durch meine Hände wandern: Um sie in einer Tüte auf die Straße zu stellen – zum Verschenken. Und es hat gar nicht lange gedauert, da schnappte sich jemand die Tüte voller schwarzer Kassetten und ich hoffe, er oder sie hatte damit ein paar schöne Abende.

Hallo Facebook, das ist Flattr!

Hallo Facebook-Community, ich möchte euch heute mal erklären, was Flattr ist und warum ihr es benutzen solltet. Mir ist nämlich aufgefallen, dass Flattr zwar bei dieser sogenannten Netzgemeinde, die sich auf Twitter und/oder App.net rumtreibt, einigermaßen verbreitet ist. Aber ihr, liebe Facebook-Comunity, scheint Flattr überhaupt nicht zu nutzen. Und ich möchte euch mal kurz erklären, warum Flattr gut und wichtig ist und warum ihr es benutzen solltet.

Das ist Flattr:

Flattr this

Warum ist dieses Internet eigentlich so knorke?

Die erste Frage, die ihr euch stellen solltet, lautet: Warum ist dieses Internet eigentlich so knorke? Ich für meinen Teil beantworte die Frage gerne mit: Weil Jede alles zu jeder Zeit und auch noch umsonst finden kann. Und zwar wirklich alles! Willst du zum Beispiel die Information, was eigentlich die Postmoderne ist, schaust du kurz in die Wikipedia und – BAM! – schon weißt du es. Willst du wissen, warum Karla Kolumna keine gute Reporterin ist, schaust du kurz bei juna im netz vorbei und – Zack! – schon weißt du es. Willst du wissen, wie das Ohr aufgebaut ist, dann hörst du mal eben ™ den vier Stunden langen Podcast CRE206 und – BUMM! – schon weißt du es! Oder willst du einfach nur eine Katze einen Backflip machen sehen, dann schaust du dieses Video

und -SCHWUPP! – schon … äh … na, ja, hast du es halt gesehen…

Pöse, pöse Kostenloskultur!

Nun gibt es aber Menschen, die wollen das Internet, so wie es ist, kaputt machen. Sie wollen (auch hierzulande) die Netzneutralität kaputt machen,

Sie wollen Urheberrechtsverletzungen mittels Deep Packet Inspections auf die Spur kommen, sie wollen das Streamen von Serien und Spielfilmen verbieten und sie wollen Suchmaschinen mit einem Leistungsschutzrecht für Suchtreffer bezahlen lassen. All diese Maßnahmen begründen sie oft mit einem Kampfbegriff: Kostenloskultur.

Im Internet herrsche eine Kostenloskultur, jammern sie, eben weil jede alles zu jeder Zeit und auch noch umsonst finden kann. Und das müsse geändert werden. Daher soll der Zugang zu Informationen und Unterhaltung stärker reguliert werden und natürlich auch kostenpflichtig werden.

Flattr ist eine Antwort auf den Kampfbegriff der Kostenloskultur

Und jetzt komme ich endlich zu Flattr. Flattr ist eine Antwort auf den Kampfbegriff der Kostenloskultur. Denn Flattr beweist, dass wir hier im Internet keine egoistischen Arschlöcher sind, sondern dass wir es ernst meinen, wenn wir sagen, dass sie die alten Geschäftsmodelle der Musikindustrie, der Filmindustrie und der Verlage überholt haben. Denn Flattr ist eine Form von Micropayment, wie ihr es vielleicht aus euren Spiele-Apps kennt, wo ihr für 99 Cent oder so euch kleine Boni kaufen könnt. Aber Flattr ist noch besser! Denn weiterhin kann jede alles zu jeder Zeit und auch noch umsonst finden. Aber wenn euch etwas richtig gut gefällt, dann macht ihr das, was ihr schon von Facebook kennt. Ihr klickt auf einen Like-Button.

Flattr this

Nur dass dieser Button nicht blau ist, sondern grün. Und dass damit eine kleine Spende an den Verfasser des Blogposts, die YouTuberin, den Podcaster oder die Freundin auf Facebook fließt.

Dafür zahlt ihr einen kleinen Betrag auf euer Flattrkonto. Und zwar wirklich wenig! Das Mindestbudget liegt bei 2 Euro im Monat, das ist eine kleine Limo in der Kneipe. Ihr könnt also für den Preis einer kleinen Limo in der Kneipe dem ganzen Internet „Danke“ sagen!

Squirrel Lemonade ;)) 2013-04-24 13-26
Von User:Squirrelsuper (Eigenes Werk) Lizenz: CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons

Übrigens ist Flattr auch kein Abo. Ihr bestimmt jerderzeit, ob ihr euer Konto auffüllen wollt oder nicht. Die 2 Euro werden dann auf alle eure Flattr-Klicks in dem Monat verteilt. Wenn ihr also zweimal flattrt, dann bekommen die Geflattrten entsprechend jeweils 1 Euro und wenn ihr 10 Mal flattrt, bekommt halt jede 20 Cent. Und wisst ihr was? Das ist total egal. Denn es geht erst einmal nicht so sehr um den Betrag, sondern um die Geste! Ihr zeigt einem Beitrag im Internet, dass er euch etwas wert ist. Der Flattr-Button ist dann quasi der Platin-Facebook-Daumen. Und wenn 10 Millionen Menschen diesen beiden charmanten jungen „Künstlern“ 10 Cent geflattrt hätten, dann wären sie jetzt Millionäre.

Eines noch zum Abschluss: Flattr ist nicht DIE EINE Lösung für das durchaus bestehende Problem, dass Bezahlung im Internet noch nicht so richtig funktioniert, aber zusammen mit Crowdfunding, Premiumaccounts, Micropayment, etc. kann sich eines Tages ein Regenbogen an Maßnahmen ergeben, der den Feinden des Internets den Wind aus den Segeln nimmt…

TAADAA!
Quelle: http://www.reactiongifs.com/. Lizenz: fragwürdig.

 

Also: Meldet euch doch gleich mal an