Die Medien und ihre rechte Schuld

50 Gedanken – Gedanke 5

Sascha Lobo schrieb vor Kurzem in seiner Kolumne „Woran „die Medien“ wirklich schuld sind„:

„Die Medien sind schuld. Das ist die Universalschuldformel geworden, sie wird explizit verwendet oder implizit transportiert. Sie geht rechts wie links und überall dazwischen.“

Es folgt eine differenzierte Auseinandersetzung mit dieser These. Für diese Differenziertheit schätze ich Sascha Lobo sehr und höre auch sehr gerne seinen neuen Debattencast, in dem er sich noch einmal mit den Gegenargumenten, die auf seine Kolumnen folgen, auseinandersetzt. Lobo fährt fort:

„“Lügenpresse“ ist nur die offensichtlichste, aggressivste Ausprägung, mit Trump als Säulenheiligem der Generalschuld der Medien. Eine typische Erzählung von links lautet dagegen, dass die Medien die Schuld tragen am Aufstieg der AfD, zum Beispiel „die Talkshows“.“

Diesen Punkt greift er später wieder auf:

„Sich einfache Erklärungen zu wünschen für komplexe Probleme. Dahinter steht eine geradezu kindliche Hoffnung, denn in der Beschuldigung der Medien schwingt der Glaube mit, dass es eine simple Lösung gebe. Einfach keine AfDler mehr in Talkshows einladen – hurra, alle Probleme mit rechts gelöst!“

Und hier muss ich einhaken. Denn was Lobo wie ein Verschwörungstheorie aussehen lässt, lässt sich mit harten Fakten belegen. Monitor hat alles 141 Talkshows des Jahres 2016 ausgewertet. In 76 von ihnen ging es um Flüchtlinge, Islamismus, Terrrorismus und Rechtspopulismus. Gut, da könnte man mit Lobo jetzt sagen, dass die Medien doch nur der Überbringer der Botschaft sind. Die Welt ist halt so. Aber das ist eine sehr naive und unterkomplexe Weltsicht. Denn wir erschließen uns die Welt mit Hilfe der Medien. Wie viele von euch haben die Flüchtlingskrise, Islamismus, Terrorismus und sogar Rechtsradikalismus im Alltag zu spüren bekommen?

Ich glaube ganz sicher, dass die neuen Migrationsbewegungen ein drängendes Problem des 21. Jahrhunderts sind. Mir macht Terrorismus auch Angst und ich glaube, er wird uns weiter begleiten. Und ich weiß, dass jede von euch, die nicht weiß, männlich, heterosexuell ist, Diskriminierung erfährt. Aber vergleicht das mal mit Themen wie: hohe Mieten, Ärztemangel, schlechte Infrastruktur (Straßen, Bahn und Internet) oder Umweltbelastungen wie schlechte Luft und Klimaerwärmung. Das sind Themen, die wir alle täglich spüren und sie mussten sich mit unzähligen anderen Themen 2016 die 65 verbleibenen Slots in Talkshows teilen, weil in über der Hälfte von rechten Themen gesprochen wurde.

Um Lobo abzuschließen, möchte ich noch erwähnen, dass er später einschränkt: „Und dass Talkshows nicht die Alleinschuld für die AfD tragen heißt keinesfalls, dass nicht eine Mitverantwortung vorliegt, über die debattiert werden muss. “

Die Medien™ haben der AfD und ihren Themen überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit geschenkt und das hat den Betrachtern das Bild vermittelt, dass die AfD Lösungen auf Probleme unserer Zeit hat. Hätte man die Partei zum Klimawandel oder zu bezahlbaren Wohnraum 76-mal befragt, hätten die Wähler/innen gemerkt, dass die Partei keine Antworten hat.

Alles hängt mit allem zusammen

Ich glaube übrigens nicht, dass Die Medien™ das aus bösem Willen gemacht haben. Stattdessen ist es eine Entwicklung, die sich aus einem komplexen Geflecht an Ursachen ergeben hat. Ein Grund ist zum Beispiel das Internet. In diesem gibt es für Medienhäuser nur eine tragbare Einnahmequelle: Werbung. Werbung wiederum fordert hohe Klickzahlen und die werden durch Themen wie Terror besser erreicht als durch Ärztinnenmangel. Die privaten Medien sind daher immer am Rande einer Existenzangst und schimpfen deshalb wiederum auf die öffentlich-rechtlichen und ihre staatliche Finanzierung. Das setzt die Öffis unter einen Rechtfertigungsdruck, dem sie mit hohen Einschaltquoten begegnen. Wie erreichen sie die? Mit Terror …

Es ist zum Weinen.

Ich bin nicht das Volk

Die Woche fing eigentlich ganz gut an, eine Reihe WTF-Meldungen rund um den Wahlkampf, mal wieder ein Toter, der zufällig auch Zeuge im NSU-Prozess war, alles wie immer… Aber am gestrigen Freitag, tja, lest selbst, mein Wochenrückblick …

Samstag

Endlich mal ein vernünftiger Vorschlag …

Wir haben ja Wahlkampf und schön daran ist, dass immer mehr Menschen das Wahlprogramm der AfD lesen und herausfinden, wofür diese Partei wirklich steht. @kattascha hat sich hier mit unschätzbarer Arbeit besonders herausgetan und wird entsprechend dafür belohnt.

Montag

Die FDP, die älteren werden sich erinnern, war mal eine Liberale Partei in Deutschland, die solange nichts anderes mehr als niedrigere Steuern forderte, bis sie sich selbst wegrationalisiert hatte. Der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner forderte dann am Montag, Frau Merkel auf, die Vertrauensfrage zu stellen …

Derweil im  Wahlkampf …

In der Zwischenzeit nahmen sich die Mobilegeeks mal einen der größten Hetzer in diesem Land vor, der Artikel ist sehr lesenswert, da er mit Fakten beweist, wie der Focus mit Lügen hetzt:

Dann wurde es gruselig.

Oder wie Julia Schramm es ausdrückt:

https://twitter.com/_juliaschramm/status/699889701981962240

Dienstag

Am Dienstag sagte Günther Oettinger, wenn Frauke Petry seine Frau wäre, würde er sich erschießen. Hmmm …

extra3 nahm sich  mal die Grenzschließungen vor …

Während auf Facebook die ganz großen Verschwörungen aufgedeckt wurden …

Mittwoch

Nicht meine Musik, dennoch sympathisch.

Donnerstag

Wenn die AfD an die Macht kommt, wird sie endlich etwas gegen die Lügenpresse tun!

Aber, wir sollten der AfD nicht unsere ganze Verachtung schenken, sondern noch etwas für die CDU aufheben:

Erinnert ihr euch noch an #koelnhbf? Und wie da plötzlich völkische Feministen aus allen Löchern gekrochen kamen? Am Donnerstag kam raus, dass auch Flüchtlinge unter sexueller Belästigung zu leiden haben, da müsste man doch eigentlich …

Der Söder hat da noch eine – nun sagen wir mal – „originelle“ Idee …

Freitag

Eigentlich hätten wir die Woche doch mit solch lustigen Meldungen ausklingen lassen können, oder?

Aber dann kam #Clausnitz und das war der Moment, in dem mein Humor endete. Daher lasse ich das Folgende einfach mal so für sich selbst sprechen.

Abschließend möchte ich noch sagen, wenn diese Leute aus Clausnitz das Volk sind, dann möchte ich in Zukunft lieber zu dieser Gruppe gehören:

 

Der rechte Logikfeind des Tages: Glatzenpeer klärt über die Antifa auf!

Reichte es neulich noch, eine Liste mit den 10 dämlichsten Pegidioten aufzustellen, erreichen mich mittlerweile fast täglich Beiträge von und über Menschen, die ihr Auto nun nicht unbedingt auf dem Parkplatz der Realität abgestellt haben. Daher will ich hin und wieder einzelne Kandidaten herauspicken, die mir besonders erwähnens- und belachenswert erscheinen.

So wie dieser sympathische junge Herr, der schon seinem Outfit nach aus der Mitte der Gesellschaft zu stammen scheint und der schonungslos über die Antifa aufklärt!

Da das Ganze ein büüüüüüschen schwer zu verstehen ist, fasse ich mal die wichtigsten Erkenntnisse dieses Spürhundes für euch zusammen:

  • Der Name „Antifaschistische Aktion“ ist schonmal total daneben, denn wir hatten in Deutschland schließlich keinen Faschismus sondern Nationalsozialismus. Echt ey!
  • Ein hochrangiger Antifa-Funktionär – aus irgendeinem Grund mit Airquotes versehen – hat auf einer Demo seinen USB-Stick verloren. Wahrscheinlich war das vor mindestens 10 Jahren, als man noch alle seine Dokumente jederzeit auf USB-Sticks herumtrug.
  • Die Antifa ist laut Mr. Glatze ein eingetragener Verein, daher müsste sie eigentlich ihre Gemeinnützigkeit unter Beweis stellen! Macht ja zum Beispiel der FC Bayern München auch. Aber das macht die Antifa gerade nicht! Das ist dem Kollegen aus dem Video schonmal suspekt. Da scheint ja noch mehr dahinter zu stecken, sonst müsste die Antifa doch eigentlich verboten werden.
  • Außerdem ist die Antifa auch noch eine GmbH. Und zudem hat die Antifa natürlich auch eine eigene Gewerkschaft. Klar, am Ende werden auf Demos noch Arbeitsrechte verletzt! Das darf ja nicht sein.
  • Die Antifa verfügt über 48 Busse, die mit Barcodescannern ausgestattet sind. Natürlich hat die Antifa Mitgliederausweise: ist ja schließlich eine Firma und ein Verein.
  • Wenn dann die Mitarbeiter bei einer Demo aussteigen, dann halten sie ihre Ausweise vor den Scanner und wenn sie „nach dem Krawall“ wieder einsteigen, wird erneut gescannt. Anschließend kann der gemeine Antifaschist sich dann im Lohnbüro 25 Euro Demo-Geld auszahlen lassen.
  • Wohnungseinbrüche bei „sogenannten (+Airquotes) Nazis“ werden naaatüüürlich auch vergütet!
  • Die große Frage des Herren mit der modischen Kurzhaarfrisur ist nun: Wo kommt das Geld her? Und natürlich stand das auch auf dem USB-Stick. Finanziert wird die Antifa von CDU, SPD und GRÜNEN!!!!!1111!!
  • Quasi als Geldwäscher hängt da als Zwischenglied noch die Arbeiterwoooohlfahrt („lasst euch das auf der Zunge zergehen!“) mit drin.
  • „Soweit ist es schon gekommen mit unserer Demokratie!“ Sagt Glatzen-Peer. Bis zu 35.000 Gegendemonstranten werden angekarrt, um „unsere Gedanken zu unterdrücken“!!!!! Bei 35.000 Gegendemonstranten saßen übrigens in jedem der 45 Busse 777 Passagiere. War ja ganz schön eng …
  • Natürlich sprechen sich Polizei und Antifa vor einer Demo ab, wo die Antifa angreifen darf. Beziehungsweise „muss“, denn Cojack sieht das natürlich ganz richtig: Wenn die Politik für 35.000 Demonstranten insgesamt 875.000 Euro gezahlt hat, dann will sie natürlich auch Ergebnisse sehen!
  • Der Staat ist natürlich dumm, weil die Antifa nicht nur den Staat, sondern auch das Volk abschaffen will und somit auch die Leute, die sie fördern. „Na ja, gut. Müssense selber wissen.“
  • Aber die Antifa und ihre Kumpels vom Staat haben noch andere Tricks: Meister Propper erzählt eine Anekdote, wonach eine Pegida-Demo im Januar oder Februar verboten wurde, weil es der Antifa zu kalt war für eine Gegendemo.
  • In den Bussen gibt es natürlich auch Freibier und man kann direkt dort Sturmhauben kaufen, um sich richtig schön zu vermummen. Kostet nur 4 Euro. Man kann die Hauben aber auch mieten, dann kostet die Haube 2 Euro. Ach, diese Linken, mit Betriebswirtschaft kannten die sich noch nie aus! Daher mieten die bestimmt alle, obwohl sich das ja beim dritten Mal schon nicht mehr lohnt …
  • Und die armen Rechten bekommen halt kein Geld, sie haben sogar noch Benzinkosten für ihre Anreise. Obendrein stehen sie bei Sonne, bei Regen und bei Schnee auf der Straße und das ganz ohne Freibier. Und das machen sie auch noch aus Vaterlandsliebe!!!!!

Das ist schon ein schweres Schicksal, das sehe ich ein. Sehr amüsant sind auch die Kommentare, die von Trollen überrannt wurden. Ich habe mal eine Auswahl für euch zusammengestellt:

Die Antifa der Kommentare
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Die 10 dämlichsten Pegidioten

Ich habe in den letzten Wochen und Monaten viele Texte gelesen und Podcasts gehört, die sich um die Frage drehten, wie man mit den ganzen Nazis umgehen soll, die seit einem Jahr in diesem Land öffentlich wieder so präsent sind. Die Diskussion dreht sich meist um die Frage, ob wir mit ihnen reden sollten, um sie von ihren Vorurteilen abzubringen, oder ob wir sie lieber komplett ausgrenzen sollten, um ihnen so zu zeigen, dass rechtes Gedankengut keine legitime politische Position neben anderen ist. Ein Punkt, der dabei aber zu oft außer Acht gelassen wurde, ist, dass man manchmal einfach nur noch über all die Pegidioten, besorgten Bürger, die rechtsblinden Polizisten und Verschwörungswahnis lachen kann. Daher bin ich mal auf die Suche gegangen und habe sie für euch gefunden, die zehn albernsten Schnullernazis!

Platz 10: Die umgedrehten Nummernschilder

Spätestens seit Xavier Naidoos Outing wissen wir, dass es eine Gruppe von Menschen in diesem Land gibt, die glaubt, dass Deutschland kein souveräner Staat ist, weil es 1945 keinen Friedensvertrag unterschrieb, so wie „man das halt macht“. Man kann diesen armen Seelen nun natürlich den Zwei-plus-Vier-Vertrag erklären, aber das wird sie wohl wenig überzeugen, denn sie glauben felsenfest daran, dass Deutschland eine GmbH ist! Klingt albern? Das ist noch gar nichts verglichen mit der neuesten „Protestform“ dieser Truppe: Auf Facebook riefen jetzt einige dieser „Reichsbürger“, wie sie sich nennen, dazu auf, ihre Nummernschilder umzudrehen, um gegen die BRD GmbH zu protestieren. Das sei angeblich total legal! Wow, dieser „Protest“ ist auf so viele Arten verdreht, dass er hier eindeutig einen Platz in der Liste verdient hat.

Platz 9: Das Gesicht von Freital

Freital ist ein Kaff mit knapp 40.000 Einwohnern in Sachsen. Vor Jahresfrist war Freital vor allem für seine vierspurige Hauptstraße bekannt, die die Leute möglichst schnell weg aus Freital brachte. Doch das änderte sich, als Freital beschloss, dass es kein Asylbewerberheim haben will und dagegen so lautstark protestierte, dass ganz Deutschland mit offenem Mund auf die hässliche Fratze der „Besorgten Bürger“ blickte. Freital wurde zum Symbol für Dunkeldeutschland und brachte dem Ort zum Beispiel den Tumblr „Perlen aus Freital“ ein. Und ein Gesicht stach immer besonders hervor, als die Freitaler gegen Nächstenliebe demonstrierten. Wisst ihr, wen ich meine? Diese kleine dicke Frau, die es geschafft hat, sich zum Gesicht von Freital zu machen. Dumm ist nur, dass sie jetzt zwar ein Symbol ist, aber eben für nichts, für dass man gerne ein Symbol sein möchte. Obendrein wirkt sie auch nicht gerade so, nun … ich muss es leider so sagen: intelligent! Sie zeigt, dass Pegida und Co. eben nicht „Das Volk“ sind, sondern eher ein Haufen von ungebildeten Heinis und Ischen, die Jahrzehnte lang nur Bild lasen und taff glotzten und es sich allzu gemütlich in ihrem unterkomplexen Weltbild eingerichtet haben.

Platz 8: Alles verbieten!

Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann starte eine Petition! Ein Besorgter Bürger war sehr besorgt um unsere Verfassung und deshalb wollte er eine faschistische Vereinigung verbieten lassen! Die Antifa, Pardon, die „Linke Grüne Antifa“!
Okay, man kann vielleicht die Mittel kritisieren, mit denen die Antifa GEGEN die Wiederkehr des Faschismus in Deutschland vorgeht. Aber ihnen vorzuwerfen, sie seien selbst Faschisten, zeigt vor allem wieder einmal, dass es mit der Logik bei den Pegidioten nicht zum Besten steht. Vor allem wenn man dann noch das Prädikat „grün“ mit aufnimmt in seinen Petitionstext. Sind die Grünen jetzt auch verfassungsfeindlich oder was?

Leider ist das Original offline, wahrscheinlich weil es von Trollen überrannt wurde, die ihm schön die Absurdität aufzeigten.

Platz 7: Das Gefährder-Video

Ich wohne im schönen Frankfurt am Main. Und es gibt viele Probleme in dieser Stadt. Allem voran, dass die Mieten höher sind als der nahe Taunus. Aber wenn etwas schön an Frankfurt ist, dann dass es eine wundervoll multikulturelle Stadt ist. Das passt Pegida und Co. natürlich nicht, weswegen sie gerne von „Frankfurter Verhältnissen“ sprechen, wenn sie ein Feindbild zeichnen wollen! Das motivierte mich kürzlich zu diesem Tweet:

Natürlich kann eine solche Aussage nicht stehenbleiben, ohne dass ein aufrechter Sorgenbürger mich auf meinen Irrtum hinweisen musste:

Verlinkt, wie ihr seht, ist ein Video von Jung & naiv. Tilo Jungs Teaser-Text dazu:

„Unglaublich: Die Bundesregierung​ gibt beim Blick auf die steigende Zahl von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte im Land an, dass es weniger rechtsextreme „Gefährder“ in Deutschland (15) gibt als noch vor drei Monaten (16). Dafür gibt es 50 Prozent mehr islamistische „Gefährder“ (420) als noch vor drei Monaten (280). Das Innenministerium sieht mit Sorge, dass das „Phänomen“ Angriffe auf Flüchtlinge in „die Mitte der Gesellschaft rückt“.“

Und wie genau passt das jetzt zusammen mit den „islam. Rassisten“ aus dem Tweet oben? Anscheinend nimmt der Heini von Twitter die Zahlen für bare Münze! Aber selbst wenn: 420 „Gefährder“ bei 4 Millionen Muslimen insgesamt ist jetzt nicht soooo das Hammerargument. Außerdem stammen die Zahlen doch von der Regierung und ist die nicht …

Platz 6: Nazis, die Demokraten Nazis nennen

Ein paar einfache Fragen: Was wollen Pegida und Co.? Weniger Ausländer. Was werfen sie der Bundesregierung vor? In der Flüchtlingskrise zu ausländerfreundlich zu sein. Mit ihren Worten: Sie sind der Meinung der „Mainstream“ in Deutschland sei zu links. Das für sich genommen ist schon total absurd, denn zugleich nennen diese Menschen sich ja immer „das Volk“. Was ist denn dann bitte „der Mainstream“? Anyway … Denn noch absurder ist, dass Pegida einerseits die Regierung als zu links und zu ausländerfreundlich ansieht und andererseits sie ständig mit Nazis vergleicht. Da wird Merkel mit Hitler gleichgesetzt, Justizminister Maas mit Göbbels und behauptet, sie wollten KZs wieder eröffnen. Ich meine: What the fuck?

Platz 5: Die Polizeigewerkschaft und der Zaun

Die Polizeigewerkschaft will als Maßnahme in der Flüchtlingskrise einen Zaun zwischen Deutschland und Österreich bauen. Dazu gibt es nur eines zu sagen:

Platz 4: Die Nazis waren links

Hin und wieder hat eine der Pegiderastinnen dann mal einen Moment der Erleuchtung und ihr fällt auf, dass sie sich in lauter Widersprüche verwickelt hat: Einerseits das Volk sein wollen, andererseits aber nicht der Mainstream, einerseits die Regierung als Nazis beschimpfen, andererseits glauben, sie sei zu links und einerseits kein Nazi sein wollen, aber andererseits Ausländer eben doch scheiße finden. Dann kommen diese Glühbirnen der Menschheit zu latent gewagten Schlussfolgerungen, um ihr Weltbild wieder gerade zu rücken:

Platz 3: Keine Anzeichen für einen politisch rechts motivierten Hintergrund

A propos Widersprüche, auch die Polizei sollte mal ein Logik-Proseminar besuchen. Da wurde neulich das Auto einer türkischen Familie mit einem Hakenkreuz beschmiert und die Polizei sah dafür nach eigenen Angaben „Keine Anzeichen für einen politisch rechts motivierten Hintergrund“. Zugleich forderte sie aber die OPFER auf, das Hakenkreuz möglichst schnell zu entfernen, da sie sich sonst strafbar machen wegen der Präsentation von verfassungsfeindlichen Symbolen. Da frage ich mich: Wieso ist dieses Symbol noch gleich verfassungsfeindlich …?

Double Facepalm

Leider ist die Original-Pressemeldung in der SZ offline, hier die überarbeitete Version.

Platz 2: Statistiken muss man schon lesen können

Stellt euch mal vor, ihr seht zwei Umfragen zur politischen Stimmung in Deutschland: Zum einen den ARD Deutschlandtrend und zum anderen eine T-Online Clickbait-Aktion zum Thema Wahlumfrage.

Beim Deutschlandtrend, der sicher auch nicht so repräsentativ ist, wie er gerne sein will, einfach weil wir alle immer „NEIN!“ sagen, wenn das Callcenter mal wieder kurz vorm Abendessen bei uns durchklingelt, sehen wir die uns bekannte Verteilung mit viel Schwarz, weniger Rot noch weniger Grün und Dunkelrot und leider immer mehr Braun. Doch bei T-Online, da hat die AFD nun doch tatsächlich eine Mehrheit von sage und schreibe 57,6%! Was ist die richtige Schlussfolgerung? Dass ein paar Menschen mit zu viel Zeit T-Online etwas Gutes tun wollten und durch inflationäres Abstimmen die Klickzahlen und damit die Werbekosten in die Höhe treiben wollten? NEIN! In Wirklichkeit ist es so: „Grob gefälschte Wahlumfrage-Ergebnisse beim Staats-TV“!

 

Die nächsten Wahlen werden uns allen die Augen öffnen! Und wenn nicht? Na dann waren sie gefälscht! Denn, wenn alle sagen, dass du Unrecht hast, können sie auf keinen Fall Recht haben, stattdessen muss eine Verschwörung vorliegen!

Platz 1: Lutz Bachmann und die antifaschistische große Koalition

An die Spitze schafft es niemand geringeres als der Cheffe von dem janzen Haufen: Lutz Bachmann persönlich. Denn der hat die größte Verschwörung von allen aufgedeckt und wieder einmal ging es um die Antifa!

Kennt ihr Linus von Logbuch Netzpolitik, der Seineszeichens auch einer der Sprecher des CCC ist? Falls nicht, solltet ihr unbedingt in den Podcast reinhören. Jedenfalls gab dieser Linus der ARD ein Interview. Das tut er oft, wenn es um Computersicherheit geht. Doch diesmal fiel Spürhund Lutz Bachmann etwas auf! Nämlich dieser Aufkleber:

Große Koalition
Voll die Verschwörung!

Das beweist alles! Die Antifa wird von der großen Koalition gestützt! Jetzt haben sie sich endgültig verraten! Meinte jedenfalls Bachmann … Beachtet auch die Kommentare, dann habt ihr noch einen schönen Sonntag mit vielen Facepalms.

Der Xavier, der darf das – Neue Sophismen braucht das Land

Ach es gäbe so viel für mich zu tun, zum Beispiel stundenlang eine Neugeborene angucken, aber statt dessen muss ich bloggen. Warum? Weil mir da so ein Ding mit der Sprache aufgefallen ist. Und die Sprache, das wissen Sie, ist mein Ding. Alles fing an mit Xavier Naidoo…

Xavier Naidoo hat wohl rechten Verschwörerblödsinn auf einer der montaglichen Versammlungen der rechten Verschwörer von sich gegeben. Das ganze hat Georg Diez, seines Zeichens Kolumnist bei SpOn, angeprangert. Diez’ wichtigster Punkt ist übrigens:

„Und so ist Xavier Naidoo eben auch ein Beispiel dafür, wie sich Gedanken des christlichen und sonstigen Fundamentalismus in den Mainstream schleichen und wie sie sich dort verbreiten“

Georg Diez: Xavier Naidoos rechte Thesen: Vom Popstar zum Populisten

Das fand jetzt aber Horst Schulte, erklärter Naidoo-Fan, nicht so knorke und hat sich zu einer Verteidigung von Naidoo aufgeschwungen, die keiner braucht (wie er selbst schreibt). So weit, so belanglos. Aber wie Schulte für Naidoo spricht, das war für mich dann doch belangvoll. Denn der Blogpost quillt geradezu über von Sophismen, wie ich sie gerne nenne: rhetorischen Figuren des unlauteren Argumentierens. Und das ist ja, wie gesagt, mein Ding.

Von der Umdeutung zum Überlegenheitsargument

Diese Sophismen finden sich schon in Schultes Einleitung:

„Ich bin ein Fan von Xavier Naidoo und tue mich schwer damit, auf diesen Artikel eine adäquate Antwort zu geben. Ich weiß nämlich schon im voraus wie die, die ihn nicht mögen und denen er allein wegen seiner Herkunft ein Dorn im Auge ist, darauf reagieren werden.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Was will uns der Autor hier sagen? Das ist nicht die Frage. Sondern: wie sagt er es uns? Schulte macht vor allem eines: Er sichert sich zunächst einmal ab. Klar, ist ja schon so ein bisschen kritisch wenn man Partei für rechte Thesen ergreift. Also fängt er mit einem Psychologismus an: Wenn ihr Naidoo kritisiert, dann hat das nichts mit dem Inhalt seiner Aussagen zu tun, sondern liegt daran, dass ihr ihn eh noch nie leiden konntet. Das ergänzt Schulte dann noch um eine Umdeutung: Außerdem hat er einen Migrationshintergrund, wenn ihr also nicht seinen rechten Thesen zustimmt, dann seid ihr die eigentlichen Nazis…

Der Xavier, der ist nämlich Christ, wissen Sie? Klar wissen Sie das, wenn Sie in den letzten 15 Jahren nur einmal ein Radio eingeschaltet haben. Aber was Sie nicht wissen, ist, dass der Xavier „nichts anderes“ (Schulte) will als sich quasi dialektisch mit seinem Christentum auseinanderusetzen, wenn da dann Menschenverachtendes hinten rausfällt, ist das ja schließlich nicht seine Schuld. Doch genug der Polemik. Denn Schulte versucht als nächtes Diez’ Argumentation zu schwächen, indem er ihm vorwirft, dass der Spiegel-Kolumnist sich nicht mit den Texten des Sängers auseinandergesetzt habe, sondern als Intellektueller wohl lieber in die Oper gehe.

Das ist zunächst einmal inhaltliche falsch, weil Diez in gut einem Drittel seiner Kolumne auf Naidoos Texte eingeht. Aber vor allem benutzt Schulte hier eine eigentümliche Variante des Überlegenheitsarguments. Normalerweise geht dieses Argument eher so, dass man seinem Kontrahenten eine Kompetenz abspricht weil er oder sie XY nicht gelesen habe oder z nicht studiert. Schulte meint nun aber, weil Diez zu intellektuell sei, habe er Naidoo nicht hören wollen, sondern lieber Opern, deshalb könne Diez gar nicht beurteilen, was Naidoo auf einer Demo so von sich gebe. Ja, nee, is klar…

Gehen wir weiter im Text: Etwas redundant verwendet Schulte das Überlegenheitsargument noch einmal in einer Variation. Der Naidoo, der ist nämlich Künstler und deshalb darf er das sagen, was er gesagt hat. Klar. Quasi ontologisch. Allein, oh weh, der Naidoo, der hat ein Problem, er ist nämlich nicht links. Denn nur linke Künstler dürfen das. Das ist rhetorisch nicht so spannend, denn hier haben wir schlicht eine Verschwörungstheorie. Und zwar die beliebte Verschwörungstheorie von den grün-linken Massenmedien. Dass die auflagenstärkste Zeitung in Deutschland nun nicht gerade durch linke Thesen auffällt, wird dabei gerne unterschlagen. Egal, ist ja für die gute Sache, also für den Xavier.

Als nächstes Versucht es Schulte mit dem Nullsummenargument. Das habe ich bislang noch nicht näher beleuchtet und hole das gerne nach:

Das Nullsummenargument

Das Nullsummenargument rechtfertigt ein Unrecht mit einem anderen. Wenn der Mensch, den ich beklaut habe, ein schlechter Mensch war, dann habe ich ja quasi nichts Schlechtes gemacht. Dass meine Tat trotzdem moralisch nicht makellos war, weil die Moral der anderen nichts über meine eigene Moral aussagt, wird unter den Tisch fallen gelassen. In Debatten wird das Nullsummenargument gerne so verwendet, dass angeführt wird, weil Sachverhalt 1 auch scheiße ist, darf man Sachverhalt 2 nicht kritisieren. Du bist Vegetarierin aus ethischen Gründen? Dennoch trägst du Baumwollkleidung, obwohl die Pestizide, die bei der Herstellung eingesetzt werden, die Natur kaputt machen? Dann hast du auch kein Recht Vegetarierin zu sein…

In Schultes Variante ist das dann:

„Konstantin Wecker hat gerade auf seiner Facebook-Seite ein paar Dinge losgelassen, die mir überhaupt nicht gefallen haben. Seltsam, dass man darüber von Herrn Diez nichts lesen konnte.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Ja gut, in Hintertupfingen sagte der Hugo am Stammtisch auch, dass Deutschland kein souveräner Staat ist, hat der pöse, pöse Diez auch nicht drüber geschrieben.. Merkta selbst, wa?

Schulte stört sich ferner nicht an seiner eigenen Widersprüchlichkeit, wenn er Diez als nächstes dafür kritisiert, dass Diez Naidoos Texte kritisiert. Was jetzt? Interessiert sich Diez nicht für die Texte oder doch? Egal. Denn spannend ist, dass der Xavier „Text“ schreibt, der Georg hingegen ein „Textchen“. Der Diminutiv verdeutlicht der unwissendenen Leserin sofort, wessen Werk hier von Bedeutung ist und wessen nicht.

Und Herr Diez dürfe sowieso nicht den Herrn Naidoo kritisieren, denn das haben andere schon vor ihm getan (Variante des Nullsummenarguments), aber Diez habe das im Elfenbeintum nicht mitbekommen (Erneut das Überlegenheitsargument).

Ich bin kein Verschwörer, aber…

Ich bin kein Rassist, aber...
Ich bin kein Rassist, aber… Grafik von mir.

Jetzt folgt die eigentlich schönste und verschwurbelste Rhetorik in Schultes Text:

„Ich führe Debatten mit Leuten, die steif und fest behaupten, dass das Grundgesetz keine Verfassung und Deutschland kein souveräner Staat sei. Ich halte überzeugt dagegen, weil ich weiß, dass das falsch ist! Leider tut unsere Regierung allerdings auch alles dafür, dass solche Gedanken von immer mehr Leuten unterstützt werden. Das finde ich schlimm.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Das ist das berühmte „Ich bin kein Rassist, aber…“-Argument (natürlich rede ich nur über die Form und nicht über den Inhalt…). Schulte sichert sich zunächst ab, er selbst ist kein Verschwörungstheoretiker, weil er ja selbst auch schon mal an einem Dienstag vor neuneinhalb Jahren gegen eine Verschwörungstheorie argumentativ aufmarschierte. Aber, oh weh! Unsere Regierung, die ist schuld! Die macht uns zu Verschwörungstheoretikern, obwohl wir keine sind.

Damit schließt Herr Schulte dann auch: Die Politker ™, die müsse man mal kritisieren, denn die sind die Bösen. Der Xavier Naidoo hingegen, der ist nicht böse:

„Dabei versucht dieser mit seinen Mitteln Dinge zu reflektieren, die in der Tat ausgesprochen kritisch gesehen werden in unserer Gesellschaft.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Mal ganz davon abgesehen, dass Schulte hier Xavier Naidoo gewissermaßen als „minderbemittelt“ darstellt, so unterstreicht dieser Satz noch einmal, dass Schulte anscheinend inhaltlich mit Naidoo übereinstimmt…

Schulte endet noch einmal mit einem belanglosen, „andere dürfen das doch auch, also lasst halt den Xavier in Ruhe…“ Aber diese beiden Abschnitte davor, die sind die eigentlich spannenden und waren auch Auslöser für meinen Blogpost. Denn sie verdeutlichen das Sophistische an Horst Schultes Text: Schulte scheint inhaltlich mit Naidoo (partiell) übereinzustimmen, aber anstatt inhaltlich zu argumentieren und Diez so zu wiederlegen, greift er lieber Diez auf der Metaebene an, indem er versucht in Misskredit zu bringen, was der Spiegel-Koulmnist sagt. Und das ist ein Sophismus aller erster Güte, der es Wert war, hier besprochen zu werden. Chapeau, Herr Schulte!