Zeitreisenethik

Ein viel zu wenig beachteter Zweig der Ethik ist die Zeitreisenethik. Das möchte ich ändern und hier einmal die grundlegenden Probleme und Konzepte zur Lösung aufzeigen.

Das Hauptproblem in der Zeitreisenethik ist natürlich – das sagt ja schon der Name -, dass du in der Zeit rumpfuschst und wenn du was falsches machst, kommst du irgendwann nachhause, also in deine Zeit, und stellst fest, dass du aus Versehen dafür gesorgt hast, dass im 21. Jahrhundert die Frauen Leggins in Lederoptik und die Männer Vollbärte und V-Ausschnitte bis zum Bauchnabel tragen. Das kann ja keiner wollen! Allerdings streiten die Experten noch, was passiert, wenn du die Vergangenheit änderst. Vier verschiedene Konzepte existieren:

  1. Der Geschichte-schreiben-wir-Ansatz: Du kannst die Geschichte gar nicht ändern, das siehst du ja an der Geschichte
  2. Der Alternative-Zeitlinien-Ansatz: Deine Interaktion mit der Vergangenheit führt dazu, dass es eine alternative Zeitlinie gibt, die dann parallel zu unserer existiert. Du schaffst dann also ein Paralleluniversum
  3. Der Fixpunkte-Ansatz: Du kannst fast alles ändern, bis auf eine Reihe von Fixpunkten in der Geschichte, die unveränderlich sind (Auch der Wir-brauchten-eine-Erklärung-warum-Doctor-Who-nicht-Hitler-töten-kann-Ansatz genannt)
  4. Der Common-Sense-Ansatz: Die Geschichte verändert sich halt

Wenn die Anhänger des Geschichte-schreiben-wir-Ansatzes recht haben, dann brauchen wir gar keine Zeitreisen-Ethik, denn wo kein Missstand, da bedarf es keiner Regel. Du solltest es aus Eigeninteresse lediglich vermeiden, zu verraten, dass du durch die Zeit reist, denn es könnte dein Ansehen unter deinen Nichtzeitgenossen schmälern. Dies zu verraten sollte natürlich auch bei den anderen drei Ansätzen aus ganz verschiedenen Gründen tunlichst vermieden werden.

Fein raus bist du ansonsten beim Fixpunkte-Ansatz: Wenn große Geschichtsereignisse – wie die Erfindung der Currywurst – unveränderlich sind. Dann brauchst du dir schon mal keine Sorgen zu machen, dass du aus Versehen das Leben erschaffst weil dein Sandwich in die Ursuppe fiel. Dann musst du dich nur um deine eigene Geschichte sorgen. Dabei gilt, dass das oberste Gebot lautet: Kein Sex vor deiner Geburt! Denn sonst pimperst du als Mann am Ende noch aus versehen deine Großmutter und wirst dein eigener Großvater. Das Äquivalent für Frauen wären dem Nachwuchs schwer zu erklärende Doppelrollen von Großvätern und Vätern. Einzig homosexuelle Menschen sind in diesem Fall mal im Vorteil.

Darüber hinaus gibt es ein paar sekundäre moralische Regeln, die du beachten solltest. So ist moralisch zumindest fragwürdig die Lottozahlen zu spicken und in einer Gesellschaft, in der sich alle schon aufregen, wenn du spoilerst, dass in Folge 10 der vierten Game-of-Thrones-Staffel Tyrion Lannister seinen Vater umbringen wird, wird man nicht amüsiert sein, wenn du die echte Zukunft spoilerst…

Wenn wir Egoisten sind, dann brauchen wir uns auch keine Sorgen beim Alternative-Zeitlinien-Ansatz machen, denn unsere Zeitlinie bleibt ja unverändert, wir pfuschen halt nur in anderen herum. Dumm wird das nur, wenn du dir einen Sohn aus einem Alternativuniversum klaust und dadurch einen interuniversalen Krieg auslöst.

Sind wir hingegen keine Egoisten, stellt sich natürlich die Frage nach den Konsequenzen: Vielleicht erschaffen wir ein Universum mit unsagbar viel Leid. Und dürfen wir das? Oder müssen wir das vielleicht sogar um jeden Preis verhindern

Das führt uns zum Problem der generellen Ungewissheit, welche Konsequenzen unsere Einmischung hat. Dieses Problem ist natürlich für alle Ansätze außer dem ersten von Bedeutung. Ihr wisst schon: Der Butterfly-Effect. In Deutschland schlägt ein Schmetterling mit den Flügeln und in China fällt dann ein Sack Reis um. Oder so ähnlich… Vielleicht heißt du Rainer, reist ins Jahr 1989 um dir als unbeteiligter Dritter den Mauerfall anzusehen, dann trinkst du ein paar Kristallweizen zu viel und einige Jahre später schreibt plötzlich so ein Sven Regener einen Bestseller, der zu einem Universum führt, in dem selbiger Herr Regener als erfolgreicher Schriftsteller gefeiert wird!

Das Problem ist: Du kannst eben nicht wissen, welche deiner Interventionen zu einer Veränderung führt, was bedeutet, dass die Integrität der Zeitlinie einen Wert an sich darstellen würde und das Prinzip der Nichteinmischung oberste Priorität hat. Zeitreisen müssten verboten werden und wenn sie doch stattfinden, dann müssten sie minimalinvasiv gehalten werden. Es gibt in diesem Fall dann unveräußerliche Zeitrechte, so wie es unveräußerliche Menschenrechte gibt.

Im vierten Ansatz ist es ferner verwerflich, Technologie aus der Zukunft in eine Vergangenheit zu bringen, die dafür noch nicht bereit ist. Stell dir vor, wir hätten eine riesige Energiequelle, aber weil wir zu früh an sie gelangten, haben wir keine Ahnung, wohin wir den Müll packen, den sie produziert und zudem geht alle 20-30 Jahre eines der Kraftwerke in die Luft und verseucht ganze Landstriche. Das wäre ja auch irgendwie scheiße…

Das führt uns dann aber zu den letzten und wichtigsten Fragen. Darfst du Hitler töten? Solltest du es gar? Und wenn ja, warum ist es dann noch nicht geschehen? In den Ansätzen 1 und 3 stellt sich die Frage nicht. Du kannst Hitler schlichtweg nicht töten. Im Ansatz 2 wurde Hitler bereits getötet, denn der Tyrannenmord scheint mir moralisch jederzeit gerechtfertigt zu sein. Allerdings haben wir das Pech, im falschen Universum festzusitzen. Mit Hitler. Und obendrein ohne Hoverboards.

Nur im Ansatz 4 stellt sich daher diese Frage wirklich. Ein Argument gegen den Tyrannenmord wäre wieder die Ungewissheit. Vielleicht wird alles noch viel schlimmer. Vielleicht ist bereits jemand in die Vergangenheit gereist und hat Hitler getötet, das führte aber zu einer Welt, der zwar der Holocaust erspart blieb, die aber noch Schlimmeres erleiden musste. Vielleicht tobt sogar ein temporärer Krieg zwischen der Fraktion die Hitler töten will und jener, die dies verhindern möchte und ständig reist jemand weiter in die Vergangenheit um die Handlungen der jeweils anderen Partei wider zu negieren. Und wir bekommen nichts davon mit. Am Ende können wir nur hoffen, dass die richtige Seite gewinnt, welche auch immer das sein mag und dass sie zudem dafür sorgt, dass wir 2015 auch tatsächlich keine Straßen mehr brauchen …

Frank Schirrmacher ist tot

Ich kannte Frank Schirrmacher nicht wirklich. Rund um meine Buchveröffentlichung haben wir eine Hand voll E-Mails gewechselt, eher weniger. Überwiegend Zweizeiler. Aber er fand mein Projekt spannend genug, um mir einen Text zur Verfügung zu stellen und gab mir den Vertrauensvorschuss, dass ich die Veröffentlichung auch würde stemmen können. Sein Name hat mir weitere Türen geöffnet, nicht zuletzt die des Justizministeriums. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Ich teilte nicht immer die streitbaren Meinungen, die Schirrmacher vertrat, aber ein Text ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Seine messerscharfe Analyse von Günther Grass’ Israel-Gedicht. Die Welt hat einen großen Denker verloren. Frank Schirrmacher starb gestern, am 12 Juni 2014 an den Folgen eines Herzinfarktes. Er wurde 54 Jahre alt.

Warum ich beim Autofahren keinen Sicherheitsgurt anlege

Angeschnallt Auto fahren ist zur Zeit voll in Mode. An jeder Autobahn stehen Schilder, dass man sich anschnallen soll und es gibt Leute, die sogar angeschnallt zum Becker fahren. Ich mache das nicht, und habe dafür meine Gründe.

„Zunächst:  In jeder Sicherheitsdiskussion muss abgewogen werden, gegen welches Risiko man sich schützen möchte.  Es gibt – insbesondere in technischen Systemen – keine allumfassende Sicherheit gegen alle Risiken.  Wirksame  Sicherheitsmassnahmen erfordern stets die Identifikation des Risikos, und sie lassen sich in ihrer Wirksamkeit auch überprüfen.“*

Ein Beispiel für eine spezifische Sicherheitsmaßnahme ist der Schuh: Er kann verhindern, dass man in Scherben tritt. Wenn man durch ein Dornengestrüpp läuft, können die Beine dennoch zerkratzt werden. Der Schuh kann im schlimmsten Fall sogar dafür sorgen, dass ihr mit dem Fuß in einer Bahnschiene steckenbleibt! Die Wirksamkeit von Schuhe lässt sich gut statistisch belegen, entweder verletzten sich die Menschen seltener an Scherben oder nicht.

„Allgemeine Sicherheitsmassnahmen hingegen sind Sicherheitstheater.  Sie dienen nicht dazu, einen bestimmten Schadenfall zu verhindern, sondern sie dienen der Beruhigung von Menschen, die Angst haben.  Das typische Beispiel für Sicherheitstheater ist das seit einigen Jahren erforderliche Ausziehen der Schuhe bei der Sicherheitskontrolle in Flughäfen.  Abgesehen davon, dass die Anzahl der Terrorschläge auf Flugzeuge gemessen an der Anzahl der Flugbewegungen extrem gering ist, ist auch die Möglichkeit, Sprengstoff in Schuhen zu verstecken, nur durch einen erfolglosen Versuch verbürgt.“*

Das Anschnallen sogar bei kurzen Fahrten, wie zum Bäcker oder zum Kippenautomaten fällt für mich in den Bereich von Sicherheitstheater.

Hier ein paar Argumente:

Die Autos mit denen wir im Straßenverkehr unterwegs sind sind komplexe Maschinen bieten keinerlei Gewährleistung für Fehlerfreiheit. Autos können jederzeit kaputt gehen und dadurch Unfälle bauen und tun es auch. Ein kleiner technischer Defekt lässt sich für mich als Laien nicht feststellen und kann auf meiner nächsten Autofahrt zum Unfalltod führen.

Der Glaube, durch einen Sicherheitsgurt könne man sich „vor Unfällen“ „schützen“, ist irrig.  Anschnallen ist ein esoterisches Thema. Zu glauben, dass ein Autofahrer sich immer anschnallen würde oder auch nur bei einem nennenswerten Teil seiner Autofahrten Sicherheitsgurte anlegen werde, ist komplett unrealistisch. Mit gelegentlichen Anschnallen begibt sich der Einzelne einfach in die Gruppe derjenigen, die Sicherheitsgurte anlegen. Dann ist er zwar beim Frontalunfall geschützt, im Zweifelsfall rammt aber ein Auto sein Auto von der Seite.

Anschnallen wiegt diejenigen, die es tun, in falscher Sicherheit. Sichere Autos gibt es nicht, und wenn man ein mal in einen Auto sitzt, das am Straßenverkehr teilnimmt, besteht eine potenzielle Unfallgefahr. Das gilt kurze Fahrten, und das gilt erst recht auf der Autobahn.

Auch, wenn Sicherheitsgurt-Befürworter stets die Wirksamkeit Ihrer Gurte behaupten, und auf die Ingenieurkunst verweisen, bleibe ich skeptisch.  Zum Einen, weil ich nicht überprüfen kann, ob der Sicherheitsgurt im Ernstfall nicht doch reist, zum Anderen, weil immer wieder Unfälle stattfinden, bei denen die Menschen trotz Sicherheitsgurt sterben. Dabei ist für mich die fehlende praktische Verfikationsmöglichkeit ausschlaggebend.

Meine Konsequenz ist, dass ich keinen gesonderten Aufwand treibe, um mich gegen einen Unfall zu schützen,von dem ich nicht weiß, ob er eintreten wird. Wer mit mir Autofahren will, kann unangeschnallt mitfahren oder mit dem Rad kommen. Er kann mit der Bahn fahren oder zu mir zu Fuß laufen  Mir ist wichtig, dass ich erreichbar bin und dass ich Leute erreichen kann.

Klingt absurd? Ist es auch! Aber genau das schreibt Hans Hübner in Bezug auf Verschlüsselung und alle jubeln. Wo ich von Schuhen schreibe, bemühte Hübner den Sicherheitsgurt, weswegen ich das Beispiel übernahm um zu zeigen wie absurd seine Argumente sind.

Und wisst ihr was? Diese Diskussion mit genau diesen Argumenten wurde geführt, als die Gurtpflicht in Deutschland eingeführt wurde. Auch ich musste noch so Diskussionen führen, als wir als 18 Jährige mit dem Autofahren anfingen. Klar ist Verschlüsselung nicht der Weisheit letzter Schluss und klar sind unsere Computer, Handys und Co. auch anfällig, wenn wir Mails verschlüsseln. Es ist halt ein Anfang. So wie der Sicherheitsgurt ein Anfang war. Dann kam der Airback, der Seitenairback, ABS, die verbesserte Knautschzone, Radstabilisation, …

* Dies sind direkte Zitate von Hübner.

Cosplay spielende Sprachnerds verschwören sich gegen Theorien

Neue Artikel empfiehlt jedes zweite Blog. Am letzten Wochenende ohne Internet habe ich mich hingegen mal einigen alten Artikeln, die mein Pocket seit teilweise über zwei Jahren gespeichert hatte, gewidmet. Hier eine kleine Leseempfehlung…

Ich als Alex (Sort of...)
Ich als Alex (Sort of…)

Verschwörungstheorien

Als Ergänzung zu meinem eigenen Artikel Verschwörungstheorien widerlegen empfehle ich diesen Text:

„…Eine Verschwörung gegen den Herrscher oder den Staat hat immer eine ausgeprägte zentrifugale Tendenz. Wer sich zuerst den Behörden offenbart, hat die Chance, mit einer geringen Strafe oder sogar einer Strafbefreiung davon zukommen. Allen anderen droht im Extremfall die Todesstrafe. Je länger also eine Verschwörung dauert, desto nervöser werden die Beteiligten und desto größer ist die Chance, dass sie sich unabsichtlich verraten oder einer zur Polizei geht. Daraus lässt sich auch eine weitere Regel ableiten:

‚Vor der Entdeckung einer Verschwörung kann man sich nicht schützen, wenn die Anzahl der Mitwisser drei oder vier übersteigt.‘…
Eine Jahrhunderte dauernde Verschwörung von Geheimgesellschaften wie den von Dan Brown geschilderten lluminaten ist also in der Realität nahezu ausgeschlossen…“

Thomas Grüter: Verschwörungen und ihre Theorien.

Sprachnerds

Worüber machen sich Sprachnerds Gedanken? Genau! Über so etwas:

„während meiner 1-Jährigen Abwesenheit habe ich mir Gedanken über eine kompakte und gleichzeitig auch eine komplexe Kunstsprache gemacht.“

maaskantje: Eine kompakte und komplexe Kunstsprache.

Cosplay

Und zum Schluss: Cosplay macht Spaß, oder?

P.S.: Der letzte Link wirft ein moralisches Dilemma auf. Einerseits ist die Seite nicht die Seite, die die Cosplay-Bilder zuerst postete (achtet auf das „via“ am Ende), andererseits ist die Originalseite eine verfickte Klickstrecke. Somit stand ich vor den widerstreitenden Werten: Belohne ich die Originalität und schicke meine Leser und Leserinnen auf eine SEO-Kackscheiße oder denke ich an das Wohl meiner Leserschaft und missachte stattdessen den Einfallsreichtum des ursprünglichen Bloggers. Nun, ihr seht ja, wie ich mich entschieden habe: für euer Wohl! <3

 

Vergiss dein Handtuch nicht!

Heute ist Towel-Day und Europawahl und die Menschen tun so, als wäre ersteres EIN SCHERZ! Das ist so falsch, dass ich gar nicht weiß, was ich erwidern soll…

What?!

Quelle: Reactiongifs

Das Handutch ist kein billiger Witz sondern das wichtigste Werkzeug der Galaxie! Natürlich lässt es sich auch am Wahltag mannigfaltig einsetzen. Daher folgt hier die ultimative Liste von 20 Einsatzmöglichkeiten des Handtuchs am Wahltag!

  1. Ihr wollt sicher frisch geduschte Souveräne beim Kreutzchensetzen sein! Ein Handtuch trocknet euch nach dem kühlen Nass…
  2. Beim strahlenden Sonnenschein kann das Handtuch auf dem Weg ins Wahllokal als Sonnenschutz benutzt werden.
  3. Bei Regen kann es als provisorischer Regenschirm eingesetzt werden.
  4. Bei Smog eignet es sich zum Einsatz als Gasmaske.
  5. Bei Kälte, um Wärme zu spenden
  6. Um verirrten Wahlgängern zu zeigen, wo sich das Wahllokal befindet, könnt ihr euer Handtuch als Fahne hissen.
  7. Kommt der AFD-wählende Nachbar mit seinem Pittbull, könnt ihr das Handtuch einsetzen um gegen das Biest als Torero anzutreten.
  8. Um dem Gang ins Wahllokal die nötige Würde zu verleihen, kann dass Handtuch als (roter) Teppich ausgelegt werden.
  9. Wenn die Türklinken eures Wahllokals mit Bakterien belastet sind, kann das Handtuch Hygiene wiederherstellen.
  10. Wenn ihr zu lange vor der Wahlkabine warten müsst, könnt ihr aus dem Handtuch eine Hängematte machen.
  11. Ist euch eher nach Sport zu mute, benutzt ihr das Handtuch nun lieber als Springseil.
  12. Sollte der Stift durch die fettigen Finger des Vorbenutzers glitschig geworden sein, eignet sich das Handtuch, um den richtigen Grip wiederherzustellen.
  13. Ihr könnt euch nicht entscheiden, wen ihr wählen sollt? Verbindet euch mit dem Handtuch die Augen und macht euer Kreuz zufällig!
  14. Die Wahlkabine ist nicht blickdicht? Kein Problem: Das Handtuch stellt euer Grundrecht auf geheime Wahl wieder her.
  15. Der Wahlselfie wäre wegen einer fettigen Linse fast missglückt? Das Handtuch sorgt für Durchblick!
  16. Wenn ihr euer erfülltes Wahlrecht mit einem Essen außer Haus oder einem Eis belohnen wollt, könnt ihr das Handtuch als Lätzchen einsetzen.
  17. Wollt ihr nach der Wahl die Sonne genießen, aber zugleich auf Twitter den Wahltag verfolgen, beschattet das Handtuch das spiegelnde Display.
  18. Alternativ dient es als Picknickdecke, um sich noch ein bisschen im Park von den Strapazen zu erholen.
  19. Am Abend nimmt das Handtuch geduldig euren Angstschweiß auf, wenn ihr auf das Wahlergebnis wartet.
  20. Erschöpft von einem aufregenden Wahlabenteuer sinkt ihr ins Bett und deckt euch mit eurem Handtuch zu.

Ihr seht also, der Towel-Day ist kein Scherz! Wenn ihr mehr über den möglichen und nötigen Einsatz von Handtüchern wissen wollt, empfehle ich einen Survivalguide, der irrtümlicherweise immer als Sience-Fiction-Satire gehandelt wird:

Per Anhalter durch die Galaxis.*

 

*hinterhälitger Affili-Link.

pauschalisieren und ablenken

Ich habe ein paar Sätze zu mspros Artikel „Wie aus der Spähaffäre so langsam eine Googleaffäre wird“ zu sagen.

Obwohl in mspros Blogpost viel Wahrheit steckt, so ist er dennoch schlecht vorgetragen, da er zu sehr pauschalisiert. Und das ist schade, denn der Punkt, den mspro macht, ist richtig und so ungeheuer wichtig, dass er ihn nicht durch Pauschalisieren und Schattenboxen verwässern sollte. Ja, die Regierung versucht, Google als Sündenbock hinzustellen, um von der Totalüberwachung abzulenken. Und ich bin mspro sehr dankbar, dass er das anprangert und die Regierung nicht mit dieser Ablenkung durchkommen lassen. Aber er pauschalisiert und konstruiert ein zu simples Bild von den Politikern ™ und ihren Freunden.

Was mspro zum Beispiel über den Untersuchungsausschuss schreibt, stimmt so einfach nicht. Der Ausschuss ist ein Instrument der Legislative, um die Exekutive zu kontrollieren, das lässt er komplett unter den Tisch fallen. mspro schreibt:

Der Untersuchungsausschuß zur Spähaffaire lädt nun also die Chefs der großen Internetkonzerne vor. Eric Schmidt, Mark Zuckerberg, etc. Sie sollen jetzt helfen die Machenschaffen der NSA aufzuklären. Aha.

Zur Erinnerung: es ist eben jener Untersuchungsausschuß, der sich weigert, Edward Snowden nach Deutschland einzuladen und zu befragen. Also derjenige, von dem wir all die Informationen haben, die wir haben. Stattdessen also jetzt Zuckerberg und Co.

Michael Seemann: Wie aus der Spähaffäre so langsam eine Googleaffäre wird

Das ist schlichtweg falsch. Der Ausschuss weigerte sich nicht, Snowden einzuladen, er wurde offen und offensiv von der Exekutive bedroht, dass Snowden an die USA ausgeliefert würde, sobald er nach Deutschland kommt.

Auf eben jener Zeugenliste, die mspro so sehr kritisiert, steht Snowden an erster Stelle! Als wichtigster Zeuge! Der Untersuchungsausschuss will ihn befragen, obwohl die Bundesregierung die Ausschussmitglieder mit strafrechtlichen Konsequenzen bedroht! Das ist ein so unglaublich undemokratischer Vorgang der Bundesregierung, dass wir uns lieber darüber aufregen sollten, als dass der Ausschuss auch (sicher auch aus PR-Gründen) halb Silikon Valley vorladen will. Doch auch die Einladung von Zuckerberg und Co. ist durchaus legitim, denn nach allem, was wir wissen, sind sie wichtige Zeugen, die helfen können, die Geheimdienstmachenschaften aufzuklären. Und das ist der nächste wichtige Punkt, den mspro unterschlägt: die CEOs stehen hier nicht vor Gericht, sie sollen Zeugen sein! Der Untersuchungsausschuss ist ein Mittel der parlamentarischen Kontrolle. Aber dieser Kontrolle unterliegt nicht Google oder Facebook, sondern die Bundesregierung! Die Bundesregierung sitzt gewissermaßen auf der Anklagebank und deshalb versucht auch die Bundesregierung in Person von Sigmar Gabriel ein Ablenkungsmanöver, nicht die Politiker ™!

Eine Allianz aus den Politikern ™, FAZ und Springer (die, da hat mspro ganz recht, aus wirtschaftlichen Gründen nach der tief hängenden Frucht Google greifen) und den datenschutz- und regulierungsfreundlichen Teilen der Netzgemeinde zu konstruieren, schießt über das Ziel hinaus und spielt letztlich nur dem Ablenkungsmanöver in die Hände…

 

Ich bin raus…

Neue Narrative setzen und alte Narrative brechen

Ich wollte schon seit längerem ein Stück über Narrative schreiben, da ich den Begriff und seine derzeitige Verwendung sehr spannend finde. Ohne das irgendwie empirisch belegen zu können, habe ich das Gefühl, dass „Der Diskurs“ als zentrales akademisches Leitmotiv vom „Narrativ“ abgelöst wurde.

Ein Rabe hinter Gittern. Wenn ihr die Metapher verstanden habt, erklärt sie mir bitte...
Ein Rabe hinter Gittern. Wenn ihr die Metapher verstanden habt, erklärt sie mir bitte…

Während meines Studiums in den Nullerjahren schien sich noch alles um Dikurse zu drehen. Der öffentliche Diskurs wurde geführt, Diskurse lösten sich ab und uns wurden Diskurse aufgezwungen. Ich habe den Begriff im Rahmen von Habermas’ Diskursethik kennengelernt, weiß aber nicht ob er von Habermas auch im Original stammt, oder ob er schon zuvor in der Soziologie gebräuchlich war. Über Hinweise wäre ich sehr dankbar. Soziologisch ist der öffentliche Diskurs eine über Zeit und Raum sich erstreckende Diskussion zu einem Thema, das in der Gesellschaft strittig ist. Beispielsweise sind zwei seit Jahren aktuelle Diskurse der richtige Umgang mit der Eurokrise und der Atomausstieg. Politiker, Zeitungen und andere Massenmedien melden sich in so einem Diskurs genauso zu Wort wie Wissenschaftlerinnen und die kleine Bürgerin, wenn sie zum Demonstrieren auf die Straße geht oder eben blogt.

Diese Diskurse, so mein ganz persönlicher Eindruck, wurden mittlerweile von Narrativen als Buzzword abgelöst. Die Diskurse selbst bleiben ja bestehen, wie ich an den beiden Beispielen oben vorführen wollte, aber die Intellektuellen reden im Metadiskurs weniger über sie und ihre Existenzbedingungen. Stattdessen ist man in der Metabetrachtung vom Diskutieren zum Erzählen übergegangen. Kulturpessimisten könnten das als Symptom dafür ansehen, dass heutzutage weniger miteinander gesprochen oder sich weniger zugehört wird. Stattdessen erzählen alle ihre eigene Geschichte. Aber ganz sachlich betrachtet, liegt der Wechsel des Buzzwords wohl daran, dass Diskurse nur existieren können, wenn es ein Narrativ gibt. Juna im Netz liefert uns hierfür eine knackige Definition:

„Narrative: Meme, die den Diskurs eröffnen und in der Lage sind, auch die Menschen zu erreichen, die bisher nicht daran teilnehmen.“

Wir brauchen also erst einmal eine Erzählung, die geeignete Sprache, um einen Diskurs zu eröffnen. Ich finde eines der eindrücklichsten Beispiele für ein sehr wirkungsmächtiges Narrativ waren die Frankfurter Prozesse. Dort wurden in den 1960er Jahren die Verbrechen von Auschwitz verhandelt und vor allem: weitgehend zum ersten Mal erzählt. Der deutschen Öffentlichkeit wurde von dem Grauen erzählt, das die Nazis in Auschwitz errichtet hatten. Und erst mit dieser öffentlichen Erzählung wurde der öffentliche Diskurs angestoßen. Das Narrativ „Man hat es ja nicht gewusst“ wurde gebrochen. So wurde der gesellschaftliche Wandel eingeleitet, der in die 68er-Generation mündete.

Wenn Blogger Geschichten erzählen

Heute, so wird es sich im Internet erzählt, brauchen wir wieder ein solches Narrativ um einen Diskurs anzustoßen, von dem wir alle hoffen, dass er uns in eine bessere Gesellschaft geleitet.

Es soll dahinten in der Ecke ja noch jemanden geben, der oder die die letzte Woche unter einem Stein gelebt und noch nichts von der re:publica mitbekommen hat. Die re:publica ist diese „Bloggerkonferenz“, wie sie in großen Medien noch immer oft genannt wird. Und eines der ganz großen Themen dort war eben die Suche nach neuen Narrativen gegen die Totalüberwachung. Damit wir endlich erfolgreich einen Diskurs anstoßen können.

Am meisten Aufmerksamkeit erhielt Sascha Lobo mit seiner Rede „zur Lage der Nation“, in der er einige streitbare These präsentierte, über die seither — wie jedes Jahr über die Vorträge von Lobo — auch tatsächlich gestritten wird.

Ein Aspekt ist dabei nicht bloß von mir als der wichtigste erkannt worden: Lobo griff das Thema auf, dass wir eine neue Sprache für und über die „Totalüberwachung“ brauchen. Er schlug vor dass wir nicht mehr von „Spähskandal“ oder „Geheimdienstaffäre“ sprechen, weil Affären und Skandale vorübergehen, die Totalüberwachung aber bleibt. Statt dessen wollte Lobo, dass wir andere Begriffe verwenden, die die Situation besser beschreiben: „Spähangriff“, „Spitzelattacke“ oder eben „Totalüberwachung“. Lobo schlägt vor, dass wir Geheimdienste „Spähradikale“ nennen. Wir sollen sie als „antidemokratisch“, „grundrechtsfeindlich“ und „sicherheitsfeindlich“ brandmarken. Geheimdienste „leiden an Kontrollsucht“ und „Spähfanatismus“. Und die unbewiesene, wenn nicht gar widerlegte Wirkung von Überwachung sollen wir als „Sicherheitsesotherik“ entlarven.

Den wichtigsten Talk zu neuen Narrativen hielt allerdings Friedemann Karig, dessen Vortrag mir in der Nacharbeitung neben Lobos so oft wie kein anderer in die Filterblase gepustet wurde.

Karig kritisierte, dass wir die Totalüberwachung noch immer mit veralteten Symbolen wie „1984“, „Stasi“ oder „Gläserner Bürger“ anprangern. Weiterhin hebt Karig hervor, wie wichtig es ist, auch die anscheinend viel wirkvolleren Narrative unserer Gegner zu brechen: „Ich habe doch nichts zu verbergen“, „Supergrundrecht“, „wir sammeln doch nur Metadaten“, „Google, Facebook und Co. sind der Feind“ und „man kann eh nichts tun“.

Das ist ein spannender Punkt aber vielleicht noch wichtiger ist, dass Karig als einer der ganz wenigen mal mit empirischen Studien auf die Frage eingeht, warum Überwachung schlecht ist. Die meisten von uns sprechen immer davon, dass Überwachung schlecht ist. Für uns ist das klar, wir sind davon überzeugt und brauchen das gar nicht weiter zu begründen. Aber für die Bürger da draußen ist das nicht so klar, wie ich in der Vergangenheit schon einmal geschrieben habe. Daher sind die Antworten von Karig auf das
„Warum ist Überwachung schlecht?“ so wichtig:

  • Überwachung macht krank
  • Überwachung macht verletzlich (das Individuum und die Gesellschaft)
  • Überwachung macht unsere Demokratie kaputt
  • Überwachung macht dumm
  • Überwachung macht primitiv
  • Überwachung macht ohnmächtig aka. Überwachung macht impotent
  • Überwachung klaut
  • Überwachung ist unmenschlich

 

Für die ausführliche Begründung dieser Thesen lege ich euch ganz dringend ans Herz, den Vortrag Karigs anzuhören!

Der von mir sehr verehrte Felix Schwenzel läutete dann noch während der re:publica die Nachbearbeitung ein und griff in seinem sehr aktuellen Beitrag beide oben genannten Vorträge auf:

Hier gibt es den Vortrag auch zum Nachlesen.

Er machte noch einmal klar, dass eines der wichtigsten aktuellen Narrativen „Angst“ ist. Der Staat hat Angst vor Terror, die Sicherheitsbehörden haben Angst vor Versagen und wir haben Angst vorm Staat. Schwenzel sagt, dass niemand den Satz: „Überwachung gefährdet die Demokratie“ mehr hören will, da die Menschen nicht daran glauben. Wir sehen doch, dass die Demokratie läuft, obwohl es die Totalüberwachung gibt.

Als Gegenentwurf präsentiert Schwenzel die Macht der Bilder am Beispiel der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und verwies auf vier parallelen zwischen der Bürgerrechtsbewegung und der Antiüberwachungsbewegung:

  • Wenig gesellschaftlicher Rückhalt
  • Wenig politische Unterstützung
  • Viel Kritik aus den eigenen Reihen
  • Und die These: Wer nicht schwarz ist, hat auch nichts zu befürchten

Weiter sieht Schwenzel ein Problem darin, dass wir die Überwachung zu sehr aufbauschen, also gewissermaßen zu starke Narrative beschwören, dass wir nicht klar genug definiert haben, wer unsere Gegner sind und dass uns drittens die geeigneten Symbole fehlen. Gegen die Wirkungsmächtigen Bilder vom „Kampf gegen den Terror“ kommen wir mit angestaubten Begriffen wie „Datenschutz“, „Privatsphäre“ und erneut „Gläserner Bürger“ nicht an. Schwenzel fährt fort, dass wir auch umdenken müssen und die Konzepte von Privatsphäre und Freiheit neu denken müssen. Wir sollten weniger schwarz malen, sondern mehr Pragmatismus an den Tag legen. Wir sollen das System bespielen.
Schwenzels Forderung sind der Dreiklang:

  • provozieren
  • (Täter) benennen
  • und verspotten

Go, tell it on the mountain…

Die Nachbearbeitung der re:publica griff sodann Anatol Stefanowitsch auf, indem er sich mit Sascha Lobos Suche nach neuen Begriffen auseinandersetzte. Stefanowitsch hält die Angriffsmetaphern, die Lobo vorschlug, für ungeeignet und betont, dass das Besondere der Gefahr ist, dass sie unsichtbar ist, dass wir sie nicht bemerken.

„Stattdessen bräuchten wir einen Frame, der zu einer unsichtbaren Gefahr passt, die jahrelang unbemerkt und folgenlos bleiben und dann plötzlich akut werden kann. Mir fallen spontan zwei solche Frames ein, die beide gut in deutschen Angstdiskursen verankert sind: Der VERUNREINIGUNGS-Frame und der KRANKHEITS-Frame.“

Anatol Stefanowitsch: Spähmetaphorik und ihre Grenzen [re:publica]

Stefanowitsch schlägt daher Begriffe wie „Spähgeschwür“ und „Spitzelparasiten“ vor. Die Verunreinigungsmetapher in Form von Radioaktivität bereitet ihm dann aber selbst in der Umsetzung einige Probleme:

„Allerdings ist Radioaktivität selbst nur schwer fassbar, und Wörter wie Spähradioaktivität oder Spitzelstrahlung klingen deshalb sehr konstruiert und unverständlich.“

Anatol Stefanowitsch: Spähmetaphorik und ihre Grenzen [re:publica]

Als Nachtrag unterbreitet Anatol Stefanowitsch dann auch noch Dierk Haasis’ Vorschlag Raubtiermetaphern zu verwenden.

Einen habe ich noch: Michael Seemann geht diverse Talks durch und warnt vor allem vor unangebrachten Metaphern. Leider begründet er das insgesamt zu wenig, , wenn er etwa sagt, dass es geschmacklos ist, die Totalüberwachung mit der AIDS-Epedemie zu vergleichen. Besonders kann ich folgendes nicht nachvollziehen:

„Ebenso unpassend ist der Vergleich mit der rassistischen Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung im Amerika der 60er Jahre, den Felix Schwenzel bemüht.“

mspro: re:publica 2014 – Deutschland sucht das Supernarrativ

Denn Felix Schwenzel hatte die amerikanische Bürgerrechtsbewegung nicht in ihrer moralischen Tragweite oder in der Form der Unterdrückung mit der Totalüberwachung vergleichen, sondern sie ja lediglich als Beispiel für eine erfolgreiche Agenda verwendet, in der eine unbeachtete Bevölkerungsgruppe sich und ihrem Problem erfolgreich Aufmerksamkeit verschafft hat.

Seemann schließt damit, dass er nicht glaubt, dass fehlende Narrative das Problem sind, sondern dass unser Überwachungsbegriff kaputt ist und verweist auf seinen eigenen Beitrag für Deutschlandradio Kultur.

Das Warum und die alten Narrative

So, und was mache ich jetzt mit dieser vorläufigen Chronik? Mir Gedanken! Ich glaube schon, dass die Sache mit den Narrativen Teil des Problems ist. Klar ist Sprache nie die alleinige Lösung, aber ohne Sprache können wir unser Problem einfach nicht artikulieren.

Ich finde in den Vorträgen und Artikeln oben, kommen noch zwei Aspekte zu kurz. Auch wenn sie hier und dort anklingen. Zum einen, und damit hat Karig begonnen, aber wir müssen es weiterführen, müssen wir erklären, warum Überwachung doof ist. Wir versteifen uns fast immer zu sagen, dass es so ist. Aber, ich wiederhole es noch einmal, glaube ich nicht, dass die Mehrheit der Menschen unsere Ansicht teilt. Daher müssen wird erklären, warum es scheiße ist, wenn die Geheimdienste unsere Mails lesen und durch unsere Webcams gucken, auch wenn wir deshalb nicht mit einem Dronestrike zu rechnen haben.

Der zweite und noch wichtigere Punkt ist, dass wir nicht bloß neue Narrative setzen müssen, sondern auch eines brechen müssen. Wir müssen das Narrativ vom Kampf gegen den Terror zermürben. Denn mit dem Buzzword „Terror“ wird seit 2001 jede nationalstaatliche Sauerei gerechtfertigt.

Aus dem Buzzword „Terror“ ist noch nie etwas Gutes entstanden.

Daher müssen wir den Leuten klar machen, dass der Terror nicht unser Problem ist, dass fettiges Essen gefährlicher ist als Bomben und dass Geheimdienste Anschläge wie den in Boston eben trotz dem Backup all unser Passwörter nicht verhindern können. Als unglaublich wertvolles Lehrstück empfehle ich hier übrigens den Roman von Maj Sjöwall, Per Wahlöö: Die Terroristen*, in dem genau dieses Szenario aufgeführt wird: trotz massiver Polizeimaßnahmen kann dort ein Terroranschlag nicht verhindert werden. Warum, sag ich mal nicht, um nicht das Ende zu spoilern. Daher müssen wir den Kampf gegen den Terror beenden und mit dem Kampf für unsere Grundrechte beginnen, indem wir anfangen, die richtigen Geschichten zu erzählen…

 

Ich bin raus!

 

*hinterhältiger Affili-Link

Von bösen Russen, bekloppten Eltern, toten Dörfern und der richtigen Gesinnung

Sonst bin ich ja immer vernünftig und schreibe über Logik, Ethik, Toleranz und solchen Schmonsense. Aber heute will ich mal nicht, heute will ich auch mal unrefelktiert sein. Mir von der Seele ranten, was mich nervt, quasi mein Wochenrückblick zum Auskotzen.

Ärger!
Quelle: Reactiongifs

Da wäre zunächst einmal die Ukraine. Mich nervt ungemein, dass ich nicht verstehe, was da los ist und wer die Guten und wer die Bösen sind. Besonders wenn mir erzählt wird, dass wir die Guten sind und der böse Russe böse ist. Den bösen Russen kenne ich noch gut aus meiner Kalterkriegskindheit als Märchenhexe. Der Russe in Form von prorussischen ukrainischen Milizen hat nämlich OSZE-Beobachter entführt. Und die OSZE, die steht doch immer für Frieden. Dann stellen sich die Entführer hin und erklären, die OSZE-Beobachter waren deutsche Spione. Also, wie können diese Kriegstreiber es bloß wagen!
Aber dann, kurz darauf, höre ich, dass wir(tm) möglicherweise einfach gelogen haben und die OSZE-Beobachter möglicherweise gleichzeitig (sort of) Spione waren aka. „bilaterale Militärbeobachter“. Nicht zu wissen, woran ich meinen moralischen Kompass ausrichten soll, suckt.

Noch mehr Ärger!

Quelle: Reactiongifs

Nicht weniger suckt, dass es Menschen gibt, die Kindern Chlorbleiche in den Hinter blasen. Weil das angeblich von Autismus oder ADHS heilen soll. Meines Erachtens darf sich jeder jeden Scheiß reinpfeifen, der er oder sie nur möchte. Aber einem Menschen für dessen Wohl du verantwortlich bist, wegen irgendwelcher verschrobener Glaubensgrundsätze zu quälen, treibt mir die Zornesröte ins Gesicht!

Schiere Wut

Quelle: Reactiongifs

Eher in die Kategorie „lächerlich“ gehört, dass die Netzgemeinde mal wieder für tot erklärt wird. Die ist jetzt schon so oft in den Blogs ebenjener Gemeinde ermordet worden, dass Gerüchten zufolge Jesus den Staffelstab der Unsterblichkeit an ebendiese Netzgemeinde weiterreichen will. Vielleicht bedenkt ihr, bevor ihr euren nächsten Artikel schreibt, dass die Metapher NetzGEMEINDE auf ein Dorf verweist. Als jemand, der in einem Dorf aufwuchs, kann ich euch sagen, dass es für Dörfer ganz normal ist, dass in ihnen auch viele Arschlöcher wohnen, mit denen man nicht einer Meinung ist. Deshalb sind diese Dörfer nicht gleich tot.

Albern!

Quelle: Reactiongifs

Dann habe ich Fringe angefangen zu gucken und finde die Serie eigentlich ganz nett. Bis auf die Tatsache, dass im Piloten gleich der zivile Assistent der FBI-Agentin anfängt zu foltern, als sie bei der Befragung nicht weiterkommen. So schreibt uns Hollywood die „richtige“ Gesinnung in die Köpfe.

Wieder Wut!

Quelle: Reactiongifs

Und dass ich bei diesem letzten Satz eben wie ein Verschwörungstheoretiker klinge, kotzt mich noch am meisten an.

noch mehr Wut

Quelle: Reactiongifs

So, jetzt geht’s mir besser. Vielleicht sollte ich öfter mal ranten…

Erlösung

Quelle: Reactiongifs

Vegetarier

Eines vorweg: ich bin kein Vegetarier sondern esse Fleisch. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen möchte ich ein bis zwei Zeilen schreiben über deinen Spott, liebes Internet. Deinen Spott über Menschen die kein Fleisch essen, oder schlimmer noch, Menschen, die überhaupt keine tierischen Produkte essen, aka. Veganer.

Ein Rind
Ein Rind

Doch bevor Vegetarier und Veganer nun mit allzu breiter moralischer Brust diese Zeilen hier lesen, zwei frustrierende „Funfacts“ vorweg:

  1. Niemand verbringt 60 bis 80 – ach was – auch nur fünf Jahre, auf diesem Planeten, ohne zu töten. Dafür müsst ihr im Sommer nur einen einzigen Blick auf einen Mähdrescher werfen. Auch wenn ihr kein Fleisch esst, sterben Tiere, die bei der Kornernte für euer täglich Brot einfach mit kleingedroschen werden. Und es gibt zum Töten keine Alternative: Denn wenn wir wieder anfingen, Felder von Hand zu sensen, könnten wir den Hunger der westlichen Welt nicht mehr stillen und statt Tieren würden hier wieder Menschen sterben, so wie es derzeit schon in weiten Teilen der restlichen Welt der Fall ist.
  2. Würden wir den Vegetarismus oder gar den Veganismus gemäß des kategorischen Imperativs zum allgemeinen Gesetz erheben, würde dies bedeuten, dass Kühe, Schweine und Hühner aussterben würden. Glaubt ihr nicht? Dann beachtet folgenden Präzedenzfall: Wann habt ihr zuletzt in Europa einen Esel außerhalb eines Tierparks gesehen? Durch die Einführung des Traktors ist der Esel in Mitteleuropa faktisch ausgestorben. Würden wir keine tierischen Produkte mehr essen und trinken, würde das gleiche Schicksal Schweine, Kühe und Hühner erwarten.

Aber ich will Vegetarier und Veganer hier nicht schlecht machen. Im Gegenteil, ich, als Todesser, will hier mal aufzeigen, dass sie uns moralisch überlegen sind und dass du, liebes Internet, das weißt und mit deinem Spott und deiner Häme versuchst, das zu verbergen. Lese ich auf Twitter über die V-Esser, dann meist derlei:

So amüsierten sich drei Herren des CCC erst kürzlich königlich über den Begriff „Speziesismus“. Möglicherweise äußerten sie diesen Spott sogar mit den richtigen Intentionen, wie man aus dem Kontext des Podcasts erahnen konnte, aber da sie das nicht ausführten, sondern die Idee schon belachenswert fanden, konnte ich das nicht erschließen. Aber was ist so lustig am Speziesismus? Oder zunächst einmal: Was ist Speziesismus? Der Begriff „Speziesismus“ ist analog zu „Rassismus“ oder „Sexsismus“ gebildet. Die Idee ist, dass es keinen apriorischen Grund gibt, zu behaupten, der Mensch sei Tieren überlegen. Klar kannst du im Christentum rechtfertigen, dass Menschen den Tieren überlegen sind. Gott sagte ja, dass wir uns die Erde untertan machen sollen. Aber wenn wir das religiöse Dogma als Begründung ablehnen, dann ergibt sich für uns ein Problem, wenn wir versuchen, zu rechtfertigen, warum Menschen den Tieren überlegen sein sollen.

Bleiben wir mal beim Töten um den Speziesismus zu erläutern. Ich behaupte einfach mal, dass jede, die diesen Text liest die ehtische Norm „Du sollst nicht töten“ akzeptiert. Im Normalfall beschränken wir das Tötungsverbot allerdings auf Menschen. Doch warum tun wir dies? Nun, das kommt jetzt auf die Begründung an. Ich kann das Tötungsverbot natürlich wieder religiös begründen: Steht in der Bibel. Aber für viele ist das kein Argument, wie wir am Sex vor der Ehe sehen.

Eine alternative Begründung wäre etwa, dass das Tötungsverbot eine notwendige Voraussetzung für die Bildung menschlicher Gemeinschaften ist. Als Mängelwesen ist der Mensch auf das Leben in der Gruppe angewiesen. Aber so ein Leben in der Gruppe ist äußerst ekelig, wenn du dir nicht sicher sein kann, ob du morgen wieder aufwachst. Die Prävention dagegen: Du sollst nicht töten. Alles klar. Aber warum haben wir dann etwas gegen die Todesstrafe oder gegen Krieg? Beides ist argumentativ in einer solchen Stammesethik eigentlich kein Problem: Wenn jemand die Gruppe von innen heraus bedroht, ist seine Strafe der Tod und wenn jemand die Gruppe von außen bedroht, ist die Antwort darauf Krieg.

Und dennoch, so unterstelle ich wieder, haben viele Leserinnen und Leser dieses Blogs ein Problem mit Todesstrafe und Krieg. Das liegt daran, dass wir unsere Ethik anders begründen. Beispielsweise mit dem oben erwähnten kategorischen Imperativ: Handle stets nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass sie zum allgemeinen Gesetz werde. Oder volkstümisch-biblischer ausgedrückt: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Mit so einem ethischen Baukasten, lassen sich Todesstrafe und Krieg schon nicht mehr so leicht rechtfertigen, wie mit einer Stammesethik.

Die spannende Frage, die die Theorie vom Speziesismus nun stellt, ist: Für wen sollte denn das Tötungsverbot alles gelten? Lassen wir die biblische Begründung beiseite, kommen ein paar andere Begründungskandidaten in Frage:

  1. Nichts, das lebt, sollte getötet werden.
    – Nun das ist schlechtweg unpraktikabel, da wir Menschen nur organisches Material verdauen können, müssen wir selbst entweder sterben oder etwas, das lebt, essen. Also müssen wir notwendigerweise zumindest Pflanzen essen.
  2. Nur Lebewesen, die ein Konzept von Leben und Tod oder die ein Bewusstsein ihrer selbst haben, sollten nicht getötet werden.
    – Klingt zunächst einmal gut, wird aber problematisch, wenn wir an Kinder oder Schwerbehinderte denken. Die haben nicht unbedingt ein Bewusstsein ihrer selbst oder in Konzept von Leben und Tod. Sollten wir sie deshalb töten dürfen? Ich für meinen Teil bin jedenfalls dagegen!
  3. Kein empfindungsfähiges Lebewesen sollte getötet werden.
    – Das ist der heißeste Kandidat. Nichts und niemand, das, der oder die Schmerz oder Angst verspürt, sollte getötet werden. Das schließt nämlich alle nötigen Kandidaten – alle Menschen – ein.

Zu dumm nur für uns Todesser, dass dies auch eine ganze Reihe von Tieren mit einschließt. Ich bin kein Verhaltens- oder Neurobiologe, aber ich bin ziemlich sicher, dass Kühe, Schweine und Hühner Schmerz und Angst empfinden können. Selbst bei Fischen glaube ich ganz sicher an Schmerz, nur bei Angst bin ich mir in diesem Fall nicht sicher. Die Frage ist also, liebe Mittodesser, warum wir dann diese empfindungsfähigen Wesen von unserem Tötungsverbot ausschließen?

Das Argument, das ich am häufigsten zu hören bekomme, ist: Weil wir Menschen von Natur aus Fleischfresser sind. Klingt plausibel ist aber ein Logikfehler. Und zwar der Sein-Sollen-Fehlschluss, den ich in diesem Blog schon des öfteren behandelt habe: Aus der Tatsache, dass wir Menschen Fleischfresser sind, folgt nicht, dass wir es auch sein sollten. Wir Menschen haben in vielerlei Hinsicht weit von unserer Natur entfernt. So sitze ich, während ich diese Zeilen schreibe in einem Zug, der über 100 km/h fährt, und schreibe auf einem Computer, während ich Kleidung trage, die teilweise aus Kunstfasern bestehen. Alles Dinge, die nicht gerade natürlich sind. Wir haben etwa die natürlich Art zu reisen (per Fuß) schon lange hinter uns gelassen, warum sollte uns das im Fall des Essens von Tieren nicht möglich sein? Im Gegenteil: Vegetarierinnen leben uns täglich vor, dass wir den Speziesismus hinter uns lassen können und so moralisch eine Ebene aufsteigen können.

Und ich glaube, du liebes Internet, weißt tief in dir drinnen, dass es so ist, und dass du im Unrecht bist, dass dein Fleischessen nichts anderes als eine traditionell vermittlete Lebensform ist. Deshalb sähst du Spott und regst dich auf, wenn Veganer „predigen“. Dabei würde niemand den Satz

kritisieren. Warum sollte es bei

anders sein?

Ich bin raus.

Topfpflanzen

Ich habe den ambitionierten Plan in meinen Osterferien täglich zu bloggen. Daher fragte ich gestern die Dame freudig, ob sie mir nicht einmal ein Thema vorgeben wolle. Und sie sagte heimtückisch: Topfpflanzen. Da steh ich nun, ich armer Tor. Denn ich habe nicht den blassesten Schimmer von Topfpflanzen. Ich bin gewissermaßen der Antigärtner. Ich besitze genau zwei Pflanzen, die es nun schon länger in meiner Gegenwart aushalten. Das eine ist ein Elefantenfuß, auf den ich ziemlich stolz bin, weil ich ihn 2005, als ich in eine WG zog, in irgendeinem Wahn gekauft habe. Er war damals eher noch ein Pferdefuß, hat aber beachtliche Ausmaße seit dem angenommen. Allerdings muss ich der Fairness halber sagen, dass mein Anteil daran äußerst bescheiden ist, sodass er eher trotz mir statt wegen mir noch lebt. Das zeigt sich sehr schön an der anderen Pflanze, die ich besitze, so eine Rankenpflanze mit herzförmigen Blättern. Diese habe ich, seit ich bei meinen Eltern ausgezogen bin. Das war im Jahr 2000, also vor 14 Jahren. Die Pflanze ist also ein Teenager. Dass sie das geschafft hat, ist allein ihr Verdienst, denn ich vergesse regelmäßig sie zu gießen und eine Zeit lang stand sie sogar in einem Badezimmer ohne Fenster.

Nun ist es so, dass ich durchaus weiß, wie ich mich um Pflanzen kümmern müsste, damit es ihnen gut geht. Aber, um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich habe einfach kein Interesse daran. Sicher, alle paar Monate sticht mich mal wieder der Hafer und meine Tochter (6) und ich pflanzen irgendeinen Kern ein, um ihn dann, nachdem er mühselig gekeimt ist, zu vergessen. Dabei mag ich Pflanzen durchaus, ich bin gerne im Grünen, in anderer Leute Gärten, in Parks oder der freien Natur. Ich campe gerne und wenn ich ein Ziel habe, dann wandere ich auch gerne durch wildes Terrain. Aber ich mag Pflanzen nicht pflegen. Dass ich mich nicht für die Pflanzenpflege interessiere, ist bestimmt meine eigene kleine Rebellion gegen meinen Vater. Denn der war und ist ein leidenschaftlicher Gärtner und wir hatten in meiner Kindheit einen unanständig großen Garten. In diesem habe ich das Gärtnern während meiner Pubertät hassen gelernt, denn an Samstagen musste ich regelmäßig helfen, irgendetwas zu stutzen, zu mähen, zusammenzurechen, aufzukehren, aufzusammeln und – am allerschlimmsten – sanft zu gießen ohne zu platschen. Hängen geblieben ist dabei allein: dass man nicht erst das Fallobst von der Wiese sammeln muss, um dann anschließend zu mähen, sondern dass man die angefaulten Äpfel sehr gut beim Rasenmähen kleinhäckseln kann.

Tja, Pflanzen sind mir einfach zu zeitaufwendig. Ich habe viele andere Hobbys, meine meiste Freizeit verbringe ich damit, ins Internet zu schreiben. Außerdem habe ich ein Kind, um das ich mich kümmere und einen alten Kater, den ich nur halb vernachlässige, daher kann mir Grünzeug gestohlen bleiben.