Bei meiner Tochter (6) ist der Wissensdurst ausgebrochen. Sie möchte sich nicht mehr bloß an den kleinen und großen Wundern dieser Welt unkritisch erfreuen, sie möchte jetzt Antworten auf die großen Fragen. Sie möchte wissen, warum alles so ist, wie es ist. Zu dumm nur, dass sich diese Fragen auch stellen, wenn mal kein Erwachsener in der Nähe ist. Oder noch schlimmer: Die Erwachsenen sind oft ignorant und haben keine sinnige Antwort parat sondern mal wieder keine Zeit… Aber alles kein Problem, denn sie hat sich einfach selbst ein Erklärungsmuster zurechtgelegt.
Clever, wie sie ist, überträgt sie die teleologische Erklärung aus ihrer Alltagswelt einfach auf die Natur. Die Frage, warum etwas ist, wie es ist, beantwortet sie also mit dem Zweck oder Ziel der beziehungsweise das dahinter steht. Das ist clever, weil sie damit ein Muster, das sie kennengelernt hat, auf eine neue Sphäre anwendet.
„Warum muss ich Die Zähne putzen?“
„Damit du kein Karies bekommst.“
„Warum muss ich mein Zimmer aufräumen?“
„Damit du nicht über dein Spielzeug stolperst und dir dann wehtust.“
„Warum gibt es Spinnen?“
„Damit die Vögel etwas zu fressen haben.“
Damit ist sie in guter Gesellschaft, denn die Teleologie war in der griechisch-antiken Philosophie eine knorke und weit akzeptierte Erklärungsart. Sogar der große Aristoteles (unbestätigten Gerüchten zufolge nannten ihn seine Freunde „Ari“) hat sich ihrer bedient. Dann kann sie doch nicht falsch sein! Mit den vier Elementen hat er doch auch Recht gehabt, oder? Ähh… Aber auch wir bedienen uns der Teleologie, wenn wir nicht aufpassen. Wir tun dies immer dann, wenn wir Fragen stellen wie: „Was hat sich die Natur dabei nur gedacht?“.
Vor allem ist so eine teleologische Erklärung aber auch viel einleuchtender als die fantastischen (kausal begründeten) Geschichten, die der Papa meiner Tochter (6) immer von sich gibt:
„Warum gibt es den Winter?“
Damit zu beantworten:
„Damit danach der Frühling kommen kann und mit dem Frühling die Tiere genug zu Essen finden, damit sie ihre Kinder großziehen können.“
Ist doch viel einleuchtender als den Blödsinn, den ihr Papa immer so verzapft:
„Die Erde fliegt auf eine Bahn um die Sonne. Aber die Achse zwischen Nord- und Südpol der Erde ist im Verhältnis zu dieser Bahn geneigt. Daher sind wir, im Norden der Erde, mal näher an der Sonne und mal weiter weg. Und wenn wir näher an der Sonne sind, dann ist Sommer. Wenn wir aber weiter weg sind, dann ist Winter.“
Sorry, aber wer glaubt denn mit 6 Jahren noch an solche Märchen?