Platon – Das Euthyphron-Dilemma

Heute möchte ich über ein vertracktes philosophisches Problem sprechen: Das Euthyphron-Dilemma. Hier im Video oder darunter zum Lesen …

Warum beschäftige ich mich mit Metaphysik?

Zunächst möchte ich noch einen Umweg einschlagen: Bei meinen Erörterungen zu Platons Seelentheorie kam oft der Einwand: „Das ist doch keine Philosophie. Das ist esoterischer Blödsinn. Warum beschäftigst du dich damit?“ Ich ahne, dass ich ähnliche Kritik auch hören werde, wenn ich mich jetzt mit Gott auseinandersetze. Und ich verstehe diese Vorbehalte! Wirklich. Auch ich habe das eine oder andere kognitionswissenschaftliche Buch gelesen und weiß, was alles gegen die Existenz der Seele spricht. Genauso bei Gott: Auch ich lebe nach Reformation und Aufklärung, habe Kant gelesen, kenne Russels Teekanne und habe Dawkins gelesen. Dennoch beschäftige ich mich mit solchen Fragen. Warum? Das hat drei Gründe:

  1. 2000 Jahre lang war Metaphysik einer der wichtigsten Zweige der Philosophie.  Nur weil sie in den letzten hundert Jahren aus der Mode kam, sollten wir sie nicht komplett ignorieren. Wenn wir sie erst einmal vorbehaltlos betrachten, lernen wir vielleicht etwas … Das führt uns zu:
  2. Damit können wir unseren Geist trainieren. Argumentationen nachzuvollziehen, ist das Basisgeschäft der Philosophie. Und Platon ist einer der Großmeister des Argumentierens. Ein Fußballer tut gut daran, die Bewegungsabläufe von Lionel Messi zu studieren, auch wenn er sie sich nicht zu eigen machen will. Entsprechend tun wir gut daran, die Argumentationsabläufe von Platon zu studieren, denn …
  3. Nur zu sagen „ich glaube nicht an Gott“ oder „ich glaube nicht an die Seele“, reicht nicht. Das ist keine Philosophie. Zu Philosophie wird unser Glaubenssatz erst, wenn er wahr und begründet ist. Um gut begründen zu können, müssen wir erst einmal die Gegenargumente kennen und dann können wir uns überlegen, wo wir da einhaken.

Doch jetzt ist es an der Zeit, uns damit zu beschäftigen, was Platon über Gott gesagt hat …

Die drei Phasen der Platonischen Philosophie

Dafür müssen wir uns noch einmal die drei Phasen der Platonischen Philosophie ins Gedächtnis rufen:

Es gab den frühen Platon, der noch stark geprägt war von seinem Lehrer Sokrates und der Sokratischen Wende. Wenn ihr nicht mehr wisst, was die sokratische Wende war, solltet ihr euch dringend noch einmal meine Sokrates-Texte lesen. Der frühe Platon jedenfalls kümmerte sich um Fragen der Ethik. Er gab selten definitive Antworten, widerlegte eher als dass er bewies.

Platons zweite Phase war dann die der großen Entwürfe: Allem voran entwarf er die Ideenlehre und begann mit ihr als Basis Beweise aufzustellen. Der Phaidon und seine Beweise von der unsterblichen Seele fallen in die Zeit des mittleren Platons. Platon interessierte sich für das Jenseitige noch mit einem stark menschlichen Fokus und argumentierte stark aus seiner Ideenlehre heraus.

In seiner dritten und letzten Phase begann Platon schließlich einerseits die Ideenlehre zu kritisieren und mit ihr verbundene Probleme aufzuzeigen. Andererseits ließ er auch die Sokratische Wende hinter sich und frug wieder die ganz große vorsokratische Frage: Was ist die Welt? Oder auch: Was ist der Kosmos?

Das Spiel der Gottesbeweise

In diesem späten Abschnitt von Platons Schaffen findet sich der Platonische Gottesbeweis, der sich entsprechend auch kosmologischer Gottesbeweis nennt. Die spannenden Dialoge sind hierfür der Phaidros und die Nomoi, die Gesetze. Doch bevor wir uns anschauen, wie Platon versucht, die Existenz Gottes zu beweisen, möchte ich noch einen Blick in einen der frühen Dialoge werfen, in den Euthyphron.

In den Jahrtausenden nach Platon, nachdem das Christentum in Europa seinen Siegeszug angetreten hatte, waren Gottesbeweise ein beliebter Sport unter Philosophen. Viele haben sich daran gewagt aus ihrem Glauben Wissen zu machen und dies taten sie auf mannigfache Art und Weise. Ein solcher Gottesbeweis ist zum Beispiel der ethische Beweis, wie ihn unter anderem Johann Gottlieb Fichte vertreten hat. Er geht ungefähr so:

Wir Menschen verfügen über ein Gewissen, das uns in einer inneren Stimme sagt, was gut und was böse ist. Oft spricht unser Gewissen dabei aber gegen unsere eigenen Interessen und Vorteile an, etwa bei der Frage, ob ich als Banker das Geld meiner Kunden riskant investieren soll: Ich persönlich habe dadurch nur Vorteile, denn ich kann nicht verlieren – es ist ja nicht mein Geld. Ich kann wiederum viel gewinnen, wenn die Wette aufgeht und ich eine entsprechende Provision bekomme. Mein Gewissen sagt mir aber, dass das falsch ist, entsprechend rät es mir zu einer Handlung, die meinen eigenen Interessen entgegensteht. Die Stimme des Gewissens kann wegen dieses Widerspruchs zu meinen Interessen nicht meine eigene Stimme sein. Wessen Stimme ist es dann? Es ist die Stimme Gottes.

Das Euthyphron-Dilemma als Argument gegen die Existenz Gottes

Ich persönlich halte diesen Gottesbeweis für ungefähr so überzeugend wie die Idee, dass 50 Shades of Grey ein guter Film sein soll. Es gibt vieles, das gegen ihn spricht und eines davon ist das sogenannte Euthyphron-Dilemma. In Platons Dialog Euthyphron geht es um Frömmigkeit sowie um das mit ihr verbundene und nach diesem Dialog benannte Dilemma.

Ein Dilemma ist eine philosophische Zwickmühle, bei der ich mich zwischen zwei Schlussfolgerungen  entscheiden muss, die sich gegenseitig ausschließen und die uns beide mit einem bitteren Geschmack zurücklassen. Das Euthyphron-Dilemma lautet nun: Ist das Gute gut, weil Gott es gebietet oder gebietet Gott das Gute weil es gut ist?

Egal, wie wir auf diese Frage antworten, die Konsequenzen sind eher ungünstig für unser Weltbild: Wenn die Ethik nur existiert, weil Gott sie gebietet, dann ist sie etwas Willkürliches, hat keinen intrinsischen Wert. Wenn Gott von uns zum Beispiel Menschenopfer verlangt, dann ist das gut – ganz egal, was wir darüber denken.

Wenn aber andererseits Gott die Ethik nur deshalb gebietet, weil sie gut ist, dann ist Gott nicht allmächtig, sondern muss sich selbst nach einem noch höherem Prinzip richten. Da es aber zur Definition von Gott gehört, dass er allmächtig ist, kommt dies schon einem Argument nahe, dass es Gott nicht gibt. Genau diesen Weg beschritt übrigens Bertrand Russell in seiner Gotteswiderlegung und auch Platon steht hart für das absolute Gute ein.

Dieses Dilemma spiegelt sich übrigens exakt in der Frage, ob Homosexualität eine Sünde ist. Fundamentalistische Christen sagen: „Das steht in der Bibel, also sagt es Gott und was Gott sagt, ist ethisch gut.“ Wir laizistischen Menschen sagen hingegen: Homosexualität ist erstens angeboren und schadet zweitens niemandem, sie ist also nicht böse. Entsprechend ist entweder falsch, was in der Bibel steht oder Gott befiehlt etwas, das der Ethik widerspricht, was wiederum hart gegen die Existenz Gottes spricht.

Das Euthyphron-Dilemma lässt sich also als Argument gegen die Existenz Gottes verwenden. Aber eigentlich wollte ich euch ja erzählen, was nach Platon für die Existenz eines göttlichen Wesens spricht. Das schauen wir uns beim nächsten Mal an.

Platon – Das Symposion

Neben dem Höhlengleichnis ist die Platonische Liebe wahrscheinlich das, woran nicht nur in der Friendzone gefangene Teenager denken, wenn sie den Namen Platon hören. Der Volksmund versteht unter der platonischen Liebe eine nicht-körperliche Liebe, ein Liebe ohne sexuelle Begierde. Und insgesamt trifft das den Nagel schon ziemlich auf den Kopf, Platon war eben ein verklemmter Spießer. Aber ich finde, die platonische Liebe eignet sich sehr gut, um mal in den Text schauen und zu prüfen, was Platon da eigentlich genau über die Liebe geschrieben hat. Und ob Liebe überhaupt etwas ist, das sich philosophisch untersuchen lässt.

Dafür zieht Sokrates sogar Sandalen an

Der  platonische Dialog, der sich der Liebe widmet, ist „Das Symposion“ oder auch „Das Gastmal“. Springen wir am besten gleich rein:

Die Geschichte fängt nach einigen Vorbemerkungen zur Überlieferung damit an, dass ein gewisser Aristodemos Sokrates begegnet und Sokrates hat nicht bloß gebadet! Nein: Obendrein trägt er sogar Schuhe! Sandalen! Krasser Scheiß! Da fragt sich Aristodemos zu recht, warum Sokrates so crazy Shit macht. Die alte Sandale ist unterwegs zu einem gewissen Agathon, denn der schmeißt eine Party – das namensgebende Gastmahl –, weil er so eine Art Tragödien-Rap-Battle gewonnen hat. Sokrates fordert Aristodemos kurzer Hand auf, mitzukommen, doch letztlich trifft Aristodemos ohne Sokrates beim Symposion ein, weil der alte Freak schon wieder gedankenverloren einfach mitten auf der Straße stehengeblieben ist, um irgendein philosophisches Problem zu wälzen.

Sokrates kommt dann erst an, als das Gastmahl schon vorbei und die ganze Gesellschaft zum Saufen übergegangen ist. Allerdings sind alle noch verkatert, weil sie wohl beim Battle am Vortag kräftig einen gezwitschert haben und nun in ihrer – Zitat: – „Leistungsfähigkeit“ was das Saufen anbelangt „vermindert“ sind.

Aber da das mit dem Battle am Vortag so einen Spaß gemacht hat, schlägt einer der Gäste vor, das im Privaten zu wiederholen und so sollen verschiedene Kontrahenten Lobreden auf den Eros halten, am Ende soll dann entschieden werden, wer der beste Eros-Rapper war und damit gewonnen hat. Ich habe ja schon einen winzigen Verdacht, wer gewinnen da wird. Ihr auch?

Ein Rap-Battle zur Begriffsbestimmung

Nun gut: Dieser ganze Überbau dient aber eigentlich nur dem eigentlichen philosophischen Zweck des Dialogs. Platon nutzt in der Folge die verschiedenen Lobreden zu einer Begriffsbestimmung. Platon versucht eine Definition für Liebe zu finden. Dabei bedient er sich zweier Kunstgriffe: Zum einen die Form der Lobrede, diese ist nicht so streng, wie das sonst übliche Fragen-Antwort-Spielchen in den Dialogen, sondern erlaubt mehr künstlerische Freiheit. Zum anderen hängt Platon diese Untersuchung an die Göttergestalt des Eros. Damit stellt er sich in die animistische Tradition des Mythos. Er spricht also nicht über den abstrakten Begriff „Liebe“ sondern über eine Person. Mythen sind ein Stilmittel, auf das Platon immer wieder in seinen Dialogen zurückgreift. Oft geschieht dies, wenn das, was er besprechen will, heikel ist und sich mit logischen Mitteln nicht so gut bestimmen lässt. Und was könnte heikler sein als die Liebe?

Dennoch will ich mal alles mythische abstreifen und gucken, was darunter liegt. Denn, wie gesagt, im Grunde geht es Platon um etwas sehr philosophisches. Wir haben einen normalsprachlichen, impliziten Begriff davon, was Liebe ist. In unserem täglichen Leben verwenden wir das Wort ohne Mühen. Aber wenn wir gezwungen werden, eine Definition von Liebe zu geben, dann stammeln wir nur rum wie Herbert Grönemeyer mit Flugzeugen im Bauch. Schauen wir doch mal, ob Platon sich da geschickter anstellt.

Zuvor muss ich an dieser Stelle mal ein paar Worte zur griechischen Päderatie verlieren: Besonders unter den griechischen aristokratischen Männern war es üblich, neben einer Ehefrau auch einen jugendlichen schwulen Geliebten zu haben. Die Jungs waren dabei in der Regel zwischen 12 und 18 Jahren. Der ältere Mann umwarb den jüngeren mit Geschenken und Geld und wenn es dann zur Beziehung kam, ging es nicht nur in die Kiste. Stattdessen sollte der Ältere den Jüngling auch Bildung zukommen lassen. Beim Sex sollte der Ältere übrigens darauf achten, den Jüngeren nicht zu erniedrigen. Homosexualität mit einem pädophilen Einschlag war im antiken Griechenland also normal.

Eine Macho-Theorie der Liebe

Doch zurück zum Symposium: Es beginnt Phaidros mit seiner Lobpreisung des Gottes Eros. Dabei schreibt er der Liebe folgende Eigenschaften zu: Liebe bringt das Beste in den Liebenden hervor. Liebe bewirkt das Streben nach dem Schönen. Schön muss aber nicht unbedingt als körperlich schön verstanden werden. Zum Beispiel ist Liebe auch Antrieb zu großen und edlen Taten. Bis hierhin entspricht das schon weitgehend unseren heutigen Vorstellungen von romantischer Liebe.

Doch dann entwirft Phaidros eine Macho-Theorie, wonach die aktive Liebe, das Begehren, die männliche Seite der Liebe ist, während das passive Element der Liebe, das Begehrenswerte oder das Geliebtwerden weiblich ist. Das ist schwach, weil er hier gesellschaftliche Konventionen, also etwas rein äußerliches, auf das Wesen der Liebe überträgt. Ich wurde schon von einer Frau verführt, war der Passive während sie aktiv war und ich behaupte mal ganz dreist, dass das keine Ausnahme war sondern durchaus öfter passiert und somit zur Liebe gehört. Und die Liebe auf den ersten Blick, in der beide sich einig ineinander verlieben, ohne dass es einen aktiven und einen passiven Part gibt, habe ich dabei noch gar nicht erwähnt. Phaidros jedenfalls schließt mit den Worten, dass der männliche und der weibliche Aspekt der Liebe zusammen eine Einheit bilden.

Man muss sich schon bemühen, schön zu lieben

Als nächstes spricht dann der Sophist Pausanias, mal gucken, ob der seinen Vorredner im Battle besiegen kann. Nachdem Phaidros zwischen dem männlichen und dem weiblichen Aspekt der Liebe unterschieden hat, unterscheidet Pausanias zwischen den himmlischen und dem vulgären Aspekten. Wir würden heute wohl eher zwischen emotionaler und sexueller Liebe unterscheiden.

Außerdem widerspricht Pausanias Phaidros darin, dass die Liebe das Beste im Menschen hervorbringt. Es verhalte sich mit der Liebe, wie mit allem anderen: Sie könne schön oder hässlich sein. Man muss sich schon bemühen, schön zu lieben. Diesen letzten Punkt finde ich eigentlich einen schönen Gedanken. Ich kann mich in jemanden verlieben und diese Person dann bedrängen und belästigen aber genauso kann Liebe das Beste in mir hervorbringen und dadurch ganz wundervolle Handlungen. Pausanias schließt damit, dass die vulgäre Liebe die Liebe zu einer Frau ist während die himmlische Liebe die homosexuelle Liebe zu einem Mann ist, da Männer Frauen von Natur aus ™ intellektuell überlegen seien. Diese Theorie sollte man heute mal jemandem aus dem homophonen AfD-Umfeld erzählen!

Gegensätze ziehen sich an

Als nächstes spricht dann der Arzt Eryximachos. Doch was der sagt ist nicht so spannend. Er kombiniert nur Pausanias These von den zwei Aspekten des Eros mit der Naturphilosophie von Heraklit, bei der alles aus Gegensätzen besteht. Dabei wird die Liebe zur Triebfeder der Veränderung, kann aber, je nachdem, welcher Aspekt dominiert, der vulgäre oder der himmlische, zum Guten oder zum Schlechten verändern. Das ist mal wieder eine metaphysische Unterstellung. Liebe wird hier einfach zur Triebfeder gemacht, ohne das hinreichend zu begründen. Ein weiteres Mal könnte ich entgegnen: Ich glaube aber, dass Brokkoli die Triebfeder für Veränderung ist! Interessant ist allerdings, dass Eryximachos die Liebe als Verlangen charakterisiert. Denn hier schließt der nächste Redner an.

Die Kugelmenschen

Aristophanes, der berühmte Komödienschreiber, ist als nächstes an der Reihe und er widmet sich der Frage, wonach es der Liebe denn verlangt. Doch Platon lässt ihn nicht zu Wort kommen, ohne zuvor noch einen kleinen Diss gegen Aristophanes in den Dialog hineinzuschreiben. Zur Erinnerung: Der Dichter hatte Sokrates im wahren Leben übel mitgespielt. Seine Komödie „Die Wolken“ hatte viele der späteren Anklagepunkte gegen Platons Lehrer vorweggenommen. In Platons Dialog wäre Aristophanes eigentlich schon vor Eryximachos mit dem Reden drangewesen, da er sich aber verschluckt hatte, meinte der Arzt, er solle mal besser das Maul halten … Das war eindeutig zweideutig!

Allerdings legt Platon nach diesem Seitenhieb dann Aristophanes eines der berühmtesten Stücke des Symposions in den Mund: Den Mythos vom Kugelmenschen.

Diesem Mythos zufolge gab es ursprünglich drei Geschlechter: Frauen, Männer und Androgyne – die Kugelmenschen. Sie hatten vier Arme, vier Beine und zwei Gesichter. Die Androgynen waren sehr mächtig und versuchten, die Götter vom Olymp zu stürzen. Zur Strafe und um sie zu schwächen zerteilte sie Zeus, sodass auch aus ihnen Männer und Frauen wurden. Diese Teile suchen nun Zeit ihres Lebens nach ihrem Gegenstück um sich mit diesem wieder zu vereinigen. In diesem Gleichnis Platons steckt vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte die wirkungsvolle Idee von Seelenverwandtschaft, die noch heute unsere Vorstellungen von wahrer Liebe prägt.

Der Mythos respektiert zudem als erste Rede im Symposion die heterosexuelle Liebe und gibt der Frau eine gleichgestellte Position.  Aber Aristophanes würdigt auch die Homosexualität: Schwule Männer sind demnach die ursprünglichen Männer, die nie Kugelmenschen waren und lesbische Frauen sind die ursprünglichen Frauen. Man könnte natürlich kritisieren, dass Aristophanes nun seinerseits Heterosexuelle hervorhebt, da er sie als die einzigen mit Seelenverwandten darstellt und als das ursprünglich besonders mächtige Geschlecht. Aber insgesamt ist dieser Teil erstaunlich modern und ausgewogen.

Platon war nie verliebt

Als nächstes spricht der Tragödiendichter Agathon und charakterisiert Liebe als eine Sache der Jugend. Liebe ist frei von Gewalt, aber erfüllt von Besonnenheit, denn die Liebe herrscht über alle Gefühle. Wenn Platon wirklich glaubt, dass Liebe besonnen macht, dann war er wohl nie verliebt.

Anyway, Agathon fährt fort: Die Liebe ist stärker als der Krieg. Außerdem macht Liebe weise, weil sie die Menschen zu Dichtern macht. Allerdings bricht Platon die letzte Behauptung von Agathon dadurch ironisch, dass Agathon im Anschluss daran in poetische Redeform übergeht. Diese Poesie trägt aber nichts zur Begriffsbestimmung beiträgt. Mit anderen Worten: Poesie hat nichts mit Weisheit zu tun.

Dann kommt endlich Sokrates an die Reihe. Aber was der zu sagen hat – nämlich die eigentliche Definition der platonischen Liebe –, das erzähle ich euch beim nächsten Mal.

Literatur

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Beweis, dass die Homo-Ehe nicht die Heterosexualität diskriminieren wird

Heute teilte ich ein Zitat aus der FAZ auf Twitter, in dem der Autor doch tatsächlich behauptete, der „Gendermainstream“ sehe heterosexuellen Sex als Homophobie an. Nachdem ich das als „dummdreist“ bezeichnet hatte, kam auch noch ein Typ an und maulte rum, ich solle ihm erst einmal beweisen, dass die Homoehe nicht zur Diskriminierung der Heterosexualität führen werde.

Zunächst tat ich das als reine Unlogik ab, schließlich kann ich die Nichtexistenz von etwas nicht beweisen. Aber nach einem zweiten Gedanken kann ich das eigentlich doch beweisen. Und zwar mit einem Blick in die Geschichte:

Ab 1433 (in Braunschweig-Wolfenbüttel) bis 1833 (in Hannover) wurde die Leibeigenschaft in allen deutschen Staaten (Österreich 1848) abgeschafft. Überraschenderweise führte dies nicht zu einer Unterjochung der Grundbestizer.

1834 verbot das Britische Empire die Sklaverei. Davor waren in der Neuzeit vor allem Afrikaner versklavt worden. Überraschenderweise wurden anschließend keine Europäer versklavt.

1869 führte Wyoming als erster neuzeitlicher Staat das Frauenwahlrecht ein. Überraschenderweise führte dies nicht zur Abschaffung des Männerwahlrechts.

1955 weigerte sich Rosa Parks, ihren Sitz im Bus für einen Weißen zu räumen. Daraus entwickelte sich die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung, die zu einem Ende der Rassentrennung und zu gleichen Rechten für Afroamerikaner führte. Überraschanderweise wurden dadurch nicht die Rechte der weißen Bevölkerung eingeschränkt.

Seit 1957 wurde die Strafverfolgung Homosexueller in Ost- und Westdeutschland bis 1994 schrittweise zurückgenommen. Überraschenderweise führte es nicht zu einer Strafverfolgung Heterosexueller.

Die Freilassung Nelson Mandelas 1990 führte zum Ende der Apartheid in Südafrika. Überraschenderweise aber nicht zu einer Unterdrückung der weißen Minderheit.

2000 trat in Deutschland das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung in Kraft. Überraschenderweise führte es nicht zu vermehrter Gewalt von Kindern gegen ihre Eltern.

2015 sprach sich die irische Bevölkerung für die Gleichstellung der homosexuellen Ehe mit der heterosexuellen Ehe aus. Wird dies wohl zu einer Unterdrückung der Heterosexuellen führen …?

 

Q. E. D. ALTER!

Die 8 – ich sag mal: „am wenigsten plausiblen“ – Irrglauben

Wir alle sind nicht durch und durch rational. Und das ist auch gut so. Es macht uns zu Menschen, dass wir mal Blödsinn machen, mal über die Stränge schlagen. Ich persönlich habe mich gestern beim „auf Holz klopfen“ erwischt, obwohl ich bei Leibe nicht verstehe, wie ein dumpfes Geräusch Pech abwenden soll. Genauso wünsche ich mir bei jeder Sternschnuppe und jeder ausgefallenen Wimper etwas. ABER ICH HAB DIESES SCHEISSPONY NOCH NIE BEKOMMEN!!!!!! Das Leben wäre ziemlich trist, wenn wir immer rational handeln würden, wenn wir nie zu viel trinken, zu fettig oder zu süß essen, zu lange wach bleiben oder vier Staffeln Louie am Stück gucken würden.

Hufeisen bringen Glück, oder?
Hufeisen bringen Glück, oder?

Aber dann gibt es neben unserem alltäglichen Aberglauben auch noch Irrglauben, die mir so absurd erscheinen, dass mir einfach nicht in den Kopf will, wie Menschen daran wirklich glauben können. Daher habe ich mal wieder eine kleine Liste mit den acht absurdesten Irrglauben erstellt.

Auf Platz 8: Astrologie und Horoskope

Ich meine: WTF? Sterne, die unzählige Lichtjahre weit entfernt sind, sollen Einfluss darauf haben, ob ich heute im Lotto gewinne? Warum? Das geht mir nicht in den Kopf. Gasbälle, die so gigantisch sind, dass ihnen einzelne Menschen auf einem unscheinbaren Planeten in einem „aus der Mode gekommenen“ Spiralarm der Galaxie eigentlich vollkommen sternschnuppe sein müssten, sollen sich darum kümmern ob „Stiere“ besser mit „Waagen“ auskommen oder „Wassermänner“ lieber „Fische“ heiraten sollten? Am beklopptesten finde ich noch, dass ich manchmal angeguckt werde, als wäre ich ein schlechter Vater, wenn ich auf die Frage nach dem Sternzeichen meiner Tochter (6) mit „Keine Ahnung“ antworte…

Platz 7: Scientology

Laut Scientology haben wir unsterbliche Wesen in uns, die sich „Thetane“ nennen. Diese Thetane wurden von einem intergalaktischen Herrscher

„von weit entfernten Planeten auf die Erde verschleppt […] und dort durch gewaltsame Verfahren so schwer traumatisiert[], dass sie nun als körperlose Cluster (Körper-Thetanen genannt) anderen Menschen anhängen und sie in ihren Möglichkeiten beeinträchtigen.“

Quelle: Wikipedia.

Ob du und dein Thetan Buddies sind, kannst du mit einem Gerät, namens E-Meter messen, das im Wesentlichen elektrische Widerstände misst. Und um mit deinem Thetan dufte auszukommen, musst du schweineteure Kurse belegen.

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Scientology e meter blue“. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Das ganze geht auf L. Ron Hubbard zurück, von dem böse Zungen sagen, er hätte bloß festgestellt, dass er seine Science-Fiction-Bücher besser verkaufen kann, wenn die Leute glauben, es wäre Religion. Ich für meinen Teil finde das alles so krude zusammengekleistert, dass ich es schlichtweg nicht ernst nehmen kann. Daher landet Scientology auf einem ehrenvollen siebten Platz und wer es freiwillig macht und Spaß daran hat, soll diesen meinetwegen weiterhin haben…

Platz 6: Die wörtliche Bibelauslegung

Ich habe nichts gegen Religiosität, denn man kann sowieso nie abschließend entscheiden, ob Gott existiert oder nicht. Aber was ich absurd finde? Wenn Menschen die Bibel beim Wort nehmen.

Fassen wir doch mal zusammen: Gott hat die Erde vor ca. 6.000 Jahren in sieben Tagen geschaffen. Also nur kurz vor den Pyramiden. Dann hat er den Mann aus Lehm zusammengematscht und die Frau aus der Rippe des Mannes. Warum? War der Lehm alle?

Oder nehmen wir mal die Nummer mit der Vertreibung aus dem Paradies: Ja klar, da wurde irgendwie das Vertrauen verletzt und deswegen wurde Adam und Eva Hausverbot erteilt. Aber warum wurde die Schlange bestraft? Die hat doch eigentlich Eva nur die Wahrheit über den Baum der Erkenntnis erzählt. Die Schlange war quasi der Snowden des Paradies‘!

Auch komisch ist, dass Gott in den ersten 4.000 Jahren ziemlich viel mit den Menschen interagiert hat aber seit 2.000 Jahren ist plötzlich Funkstille. Ist Gott noch immer eingeschnappt wegen dieser Kreuzigungsnummer? Und was war das eigentlich für eine arschige Aktion mit der vorgetäuschten Opferung von Abrahams Sohn? Was hat sich der „liebe“ Gott dabei gedacht?

Aber am absurdesten ist, dass Gott von Sex besessen ist! Kein Sex vor der Ehe, keine Homosexualität, keine Masturbation? Hat der keine anderen Sorgen? Wie wäre es mal mit Weltfrieden oder Hunger der Welt stillen? Klingt alles ziemlich absurd, wenn ihr mich fragt…

Platz 5: Die animistische Evolution

Was hat sich die Natur nur dabei gedacht? Nix! Die Natur denkt nichts, genauso wenig wie die Evolution. Dennoch sprechen wir von ihr im Alltag oft wie von einem lebendigen Wesen mit einem eigenen Willen. Eine Hebamme sagte kürzlich im Gespräch zu mir, dass die Evolution die menschliche Geburt schon gut eingerichtet habe. Und in einem linguistischen Fachbuch zum Spracherwerb las ich einst sogar über das Absenken des Kehlkopfs (das den Spracherwerb ermöglicht, aber zugleich die Erstickungsgefahr für den Säugling erhöht), dass man daran sehe, welch hohen Stellenwert die Evolution der Sprache eingeräumt habe. Die Sache ist aber: Stimmt halt nicht. Die Natur oder die Evolution denkt sich nichts, sie richtet nichts ein und hat erst recht keinen Sinn für irgendeinen Stellenwert.

Evolution ist auf zwei minimalistische und komplett unintelligente Prinzipien zurückzuführen: 1. Mutation – Bei der Vererbung entstehen Fehler. 2. Survival of the fittest – Von zwei Varianten eines Lebewesens überlebt diejenige am wahrscheinlichsten, die besser an seine Umwelt angepasst ist. Das Ding ist aber, dass nicht jede Mutation immer zum Vorteil oder zielgerichtet ist. Mein Lieblingsbeispiel für sinnlose Natürlichkeit ist, dass die Speiseröhre direkt neben der Luftröhre liegt. Nur deshalb können wir uns verschlucken. Aber das hat überhaupt keinen Nutzen. Das ist vollkommen sinnlos, die Natur hat sich eben nichts dabei gedacht.

Ein anderes Beispiel: Als vor Milliarden von Jahren kleine Zellklumpen durch den Ozean paddelten, hatten die einen Überlebensvorteil, die zufällig lichtempfindliche Zellen ausbildeten. Dass es aber auch unzählige sinnlose Mutationen gab und etwa diejenigen Zellklumpen starben, die einen Sinn für Karomuster ausbildeten, das wird immer vergessen, wenn wir sagen, da hat sich die Natur schon was bei gedacht. Das ganze geht übrigens auf unseren Wunsch zurück, uns die Welt teleologisch zu erklären

Platz 4: Homöopathie

Die Homöopathie ist quasi für Deutschland das, was Scientology für Amerika: die nicht wirklich zu Ende gedachte Küchenreligion des kleinen Unlogikers. Ich fasse das Konzept der Homöopathie mal mit eigenen Worten zusammen. Gleiches soll mit gleichem geheilt werden. Die Ärztin soll der Patientin Mittel geben, die bei einer gesunden Person eigentlich genau die Symptome erzeugen, die sie jetzt heilen sollen. Mit anderen Worten: Patienten wird Gift verabreicht. Als sich Samuel Hahnemann diesen Mumpitz ausgedacht hat, gab es nur ein Problem: Seine Patienten starben wie die Fliegen. Daher fing er an, die Gifte immer weiter zu verdünnen. Die besten Ergebnisse erzielte er dann logischerweise, wenn er ein Gift so weit verdünnt hatte, dass es im Wasser oder im Zucker, in dem es gelöst war, nicht mehr nachzuweisen war. Das war jetzt aber auch irgendwie suboptimal… Patienten Wasser oder Zucker zu geben und zu behaupten, das sei Medizin, war unglaubwürdig. Denn beides nimmt schließlich jeder Mensch täglich in rauen Mengen auf. Daher kam Hahnemann auf die grandiose Idee, zu behaupten, das Wasser erinnere sich an die Substanz. Und wer hier jetzt nicht die Frage stellt, mit welchem Gehirn sich das Wasser erinnern soll und warum es sich zwar an Homöopathie aber nicht an den letzten Toilettengang erinnert, dem verordne ich eine Überdosis Globoli…

Platz 3: Lichtnahrung

Aufs Treppchen schafft es letztendlich die Lichtnahrung. Denn wo die Homöopathie nur mehr oder weniger harmloses Placebospinnerei ist, da ist Lichtnahrung Darwin-Award-verdächtige Idiotie. Ich gebe das Wort ab an die Wikipedia:

„Lichtnahrung oder auch Breatharianismus bezeichnet eine esoterische Methode, bei der nach Vorstellung ihrer Anhänger die für das Leben notwendige Energie aus feinstofflicher Energie („Licht“; siehe „Prana“ als universelle Lebensenergie) gewonnen werden soll. Dadurch soll man imstande sein, ohne feste und flüssige Nahrung auszukommen, die sonst zum Überleben notwendig ist.“

Ja, nee, is klar.

Platz 2: Impfskepsis

Silber geht an die Impfskepsis. Denn wo sich ein Lichtfresser nur selbst schädigt, schädigt eine Impfgegnerin ihre Kinder! Mal vom ethischen Aspekt abgesehen (Impfgegner sind Schmarotzer, die nur überleben, weil sie sich auf den Herdenschutz der anderen verlassen können), haben Impfskeptiker sogar einen Funken Wahrheit gefunden: Impfungen haben Nebenwirkungen. Meine Tochter (6) musste eine solche Nebenwirkung kürzlich ertragen. Nach der Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten war ihr Arm fast eine Woche lang geschwollen und tat weh. Das ist Kacke, man will ja nicht, dass das eigene Kind leidet. Allerdings sind Impfungen eben Risikoabschätzungen. Denn dem schmerzenden Arm steht beispielsweise das gegenüber:

„Tetanus, auch Wundstarrkrampf genannt, ist eine häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit, welche die muskelsteuernden Nervenzellen befällt und durch das Bakterium Clostridium tetani ausgelöst wird. Die resistenten Sporen des Bakteriums kommen nahezu überall vor, auch im Straßenstaub oder in der Gartenerde. Die Infektion erfolgt durch das Eindringen der Sporen in Wunden.“

Wikipedia: Tetanus.

Klingt scheiße, ist es auch! Ich will auch nicht verschweigen, dass es manchmal schlimmere Impfnebenwirkungen geben kann. Allerdings sind die seeehr unwahrscheinlich und fast ausschließlich nicht so schlimm wie die Krankheiten, gegen die geimpft wird. Aber Silber gibt es vor allem für die Behauptung, dass Impfen Autismus auslösen kann. Denn das ist schlichtweg gelogen. Genauso kann ich mich jetzt hier hinstellen und behaupten, dass Schokoeis Krebs erregt. Oder dass Sex vor der Ehe ins Fegefeuer führt. Oh…

Platz 1: „Miracle Mineral Supplement“

Gewinner der Goldmedaille, auf Platz 1 und damit auf dem Gipfel der Idiotie ist MMS – „Miracle Mineral Supplement“. Wenn dein Kind dann nämlich durch die Impfung zum Autisten wurde, dann kannst du es wieder „gesund“ machen, indem du ihm Natriumchlorit in den Arsch bläst. Oh, das klingt aber schmerzhaft! Und wissta was? Das ist es auch!

„Bei dieser umstrittenen Therapiemethode wird Natriumchloritlösung verabreicht, in welcher durch Zumischen von Citronensäure das hochreaktive giftige Chlordioxid freigesetzt wird, das normalerweise zu Desinfektionszwecken oder zum Bleichen verwendet wird.“

Wikipedia: MMS.

Das Gift wird auch gerne gegen Krebs, AIDS, ADHS und Demenz verabreicht. Eben wenn Patienten oder Eltern verzweifelt genug sind, um ihnen noch etwas Geld aus der Tasche zu leiern. Ähnlich wie bei Hahnemanns Quacksalberei tritt hier natürlich das Problem auf, dass die Patienten merken, dass die vermeintliche Medizin ihren Gesundheitszustand verschlechtert. Daher interpretieren die Anhänger dieser Körperverletzung einfach die Ergebnisse um. Aus Tag wird Nacht, aus Nord wird Süd und ein Patient, der sich kranker fühlt, ist eigentlich auf dem Weg der Besserung, da sein Körper jetzt gegen die Krankheit ankämpfe, gegen die MMS gegeben wurde. O.o

So das war sie, meine Liste der „am wenigsten plausiblen“ Irrglauben. Ich wette, ihr habt auch noch den einen oder anderen Kandidaten in der Hinterhand. Ich würde mich über Anregungen in den Kommentaren freuen!

Die definitiv richtigen und letztgültigen Anworten für alle Debatten im Internet

Ach Internet, du nervst mich gerade mal wieder ein kleines bisschen. Einfach weil du immer über das gleiche redest obwohl doch alles schon gesagt ist. Um dem Ganzen jetzt mal ein Ende zu setzten, präsentiere ich euch:

Die definitiv richtigen und letztgültigen Anworten für alle Debatten im Internet!

Copy und Paste dieses Blogposts sind explizit erlaubt. Versprich mir nur eines, Internet, sprich einfach in Zukunft über neue Themen und immer, wenn jemand mit einer dieser alten Diskussion ankommt, knallst du ihm die Antwort, die du hier findest, vor den Latz. Jetzt aber zu den Antworten:

Urheberrecht

Das Urheberrecht ist kaputt, wird aber nicht repariert werden. Du sharest keine Files oder streamst, wegen Meinungsfreiheit oder um Künstler zu unterstützen, selbst wenn du mir noch so viele Studien zeigst, die das eine oder andere beweisen oder widerlegen, sondern weil du Mukke, Spiele und Filme für umme haben willst. Wer wegen Filesharing abgemahnt wird, hat deswegen pech gehabt. Aber jeder, der abmahnt, ist ein Arschloch.

Privatsphäre

Gibt es im Internet nicht. Kannste scheiße finden oder geil, ist aber so und wird sich auch nicht ändern.

Überwachung

Ist scheiße, wird aber nicht weggehen. Überwachung wird die Demokratie kaputt machen und wir müssen sie dann anschließend wieder aufbauen.

Feminismus

Sexismus existiert und ist scheiße. Die Feministinnen haben recht und Maskulisten sind einfach nur lächerlich. Wir sollten uns alle bemühen, Sexismus zu überwinden und ihr, liebe Feministinnen, solltet uns immer wieder geduldig und freundlich erklären, wenn wir was falsch gemacht haben und open minded etwaige Gegenargumente anhören. Dennoch wird Sexismus nicht weggehen.

Homöopathie und andere Esotherik

Ja, ist albern. Aber wem es Spaß macht und wer es freiwillig macht, den sollte man es halt um Gottes Willen machen lassen.

Apple vs. Samsung

Apple baut die besseren Handys, aber 90% der Menschen können die sich halt nicht leisten. Und die Dinger von Samsung machen halt auch ihre Arbeit.

Print vs. Online

Print war geil und hatte ne geile Zeit. Aber Print wird sterben. Und ja, das wird die Qualität des Journalismus’ insgesamt etwas mindern, weil werbefinanzierte Plattformen eben hauptsächlich Massenkompatibles produzieren. Ist scheiße, aber lässt sich nicht ändern.

Piratenpartei

Ihr hattet gute Ideen. Ihr habt es verkackt. Danke fürs Mitspielen!

Religion vs. Atheismus

Man kann weder beweisen, dass Gott existiert, noch dass er das nicht tut. Auch nicht, ob er erlaubt, dass wir Alk trinken oder nicht. Daher soll jeder es mit der Religion so halten, wie es ihm Spaß macht, aber allen anderen nicht auf den Sack gehen.

Homosexualität

Homosexualität existiert, sie ist normal, niemand kann was dafür, niemand kann sie erlernen oder verlernen. Daher sollten Homosexuelle exakt die gleichen Rechte haben wie Heteros.

Star Wars

Die alte Trilogie ist besser als die neue und Star Wars VII wird definitiv die Erwartungen nicht erfüllen.

Facebook

Facebook ist noch schlechter als die neuen Star Wars Filme, aber es ist halt so wie damals die Dorfdisko: Alle sind da, deshalb gehst du auch hin.

Essensfotos und Selfies

99,9% sind scheiße oder langweilig, aber sie tun halt auch nicht weh, weshalb wir jetzt alle weiterscrollen können.

Für alles andere gilt:

 

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Danke für die Aufmerksamkeit.

Ich bin raus.

Die Umdeutungen des Herrn Matussek – Eine Analyse

Ich habe keine Lust alten Menschen, die der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts nachtrauern, die Moral des 21. Jahrhunderts zu erklären. Deswegen halte ich mich meist fern von Artikeln, die Homosexualität „kritisch“ sehen oder traditionelle Werte oder Familienbilder heraufbeschwören wollen. Doch diesmal war es anders. Diesmal ließ mich die Überschrift von Matthias Matusseks Text in der Welt aufhorchen:

„Ich bin wohl homophob. Und das ist auch gut so“

Zu Herrn Matusseks Gunsten muss man einräumen, dass die Überschriften bei Zeitungen in der Regel von Redaktionen gemacht werden. Somit ist sie mutmaßlich nicht auf seinen Mist gewachsen, sondern wurde fremdgedüngt. Allerdings ist sie ein Zitat aus Matusseks Fließtext.

Aber was ist so erstaunlich an dieser Überschrift? Zunächst einmal ist dies ein direkter Diss gegen Herrn Wowereits Outing, der, als er Bürgermeister von Berlin wurde, die Worte sprach: „Ich bin schwul. Und das ist auch gut so.“. Die Welt gibt hier zu verstehen, dass sie Wowereit verabscheut und zwar nicht wegen seiner Politik sondern wegen seiner sexuellen Orientierung.

Die Deutungshoheit

Aber auch sprachanalytisch ist diese Überschrift bemerkenswert. Da ist zunächst einmal das kleine Wörtchen „wohl“, das die Aufgabe hat, sich vom Ausdruck „homophob“ zu distanzieren. Dies ist die Wortwahl der anderen, dabei, so wird impliziert, ist es normal, gegen Schwule und Lesben was auch immer zu haben.

Dies wird gleich durch den zweiten Teil der Überschrift unterstrichen „Und das ist auch gut so“. Dies ist ein normativer Satz, der daherkommt wie ein faktischer. Man kann diesen Satz umformulieren in „Und das sollte auch so sein“. Durch das „sollte“ sieht man, dass jemand hier seine moralischen Vorstellungen zum Ausdruck bringt und Moral ist immer diskutabel. Sie steht nicht fest sondern ist das Ergebnis der konsensualen Antwort auf die Frage „wie wollen wir leben?“. Aber auf diese Frage wollen Matussek und die Welt sich gar nicht erst einlassen (genauso wenig wie Wowereit seinerzeit), daher tauscht er das normative „sollte“ gegen das faktische „ist“. Er macht aus dem Werturteil ein Konstativa, eine Aussage über die Welt. Er versucht so, die Deutungshoheit zu bekommen. Wir sollen gar nicht erst auf die Idee kommen, dass Homophobie etwas Schlechtes ist.

Schattenboxen und Nazikeule

Auch im folgenden Abstrakt des Artikels stecken zwei schöne Sophismen:

„Wer nicht begeistert über Schwule spricht, ist gleich ein Schwulenhasser. Mittlerweile hat Homophobie dem Antisemitismus als schlimmste ideologische Sünde den Rang streitig gemacht“

Der erste Satz ist eine rhetorische Figur, die ich „Schattenboxen“ nennen möchte. Matussek und die Welt versuchen hier ihren Gegnern etwas in den Mund zu legen, was diese gar nicht gesagt haben. Aus der Forderung, die Realität zu akzeptieren, dass es verschiedene sexuale Orientierungen gibt, die natürlich vorkommen und die wir deshalb gesellschaftlich als normal anerkennen sollten, macht Matussek eine Begeisterung. Er versucht hier seine Leser an der Hand zu nehmen und zu der Überzeugung zu führen, dass diese Toleranten fordern, jeder müsse gleichgeseschlechtlichen Sex anstreben, ob das nun seinen sexuellen Vorlieben entspricht oder nicht.

Gefolgt wird dieses Argument von der Nazikeule. Ethiken sind nicht letztbegründbar, weswegen wir in ethischen Diskussionen als mahnendes Beispiel oft auf den Worst Case referieren. Das war zweifellos der Holocaust. Matussek weiß, dass er sich in diese Gefahr begibt, wenn er für Diskriminierung eintritt, deswegen versucht er Gegenargumenten sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen: Er sagt, ich weiß, dass ihr mich gleich einen Nazi nennen werdet, aber dann seit ihr nicht besser als jene Menschen, die immer gleich „Antisemitismus“ schreien, also nicht ernst zu nehmen. Das ist aus vielerei Gründen ein garstiges Argument, aber vor allem weil es implizit zum Ausdruck bringt, dass nicht nur Homophobie, sondern auch Antisemitismus voll okay seien…

Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Matussek sagt, das man jetzt nicht mehr bloß Juden nicht hassen darf, sondern auch noch Homosexuelle!

Man wird doch wohl noch sagen dürfen

Nachdem Herr Matussek nun also den Rahmen abgesteckt hat, kann er uns als nächstes direkt ansprechen, indem er uns eine Anekdote erzählt. Um sich dennoch in Sicherheit zu wiegen, ist das, was er nun erzählt, vorsichtshalber „einem Freund“ passiert. Dieser erlebte nämlich unter widrigen Umständen

„weit nach Mitternacht, die Selbstkontrolle schwand zusehends“

einen Moment der Klarheit. Indem ihm entfuhr, als in Maischbergers viel erwähnter Sendung vom Ideal der Vater-Mutter-Kind-Familie die Rede war, demnächst dürfe man wohl auch nicht mehr in Gegenwart eines Rollstuhlfahrers von einem Wanderurlaub erzählen.

Eingebettet in die Anekdote fährt hier Mattusek mit seiner Strategie aus der Überschrift fort, indem er versucht normative Sätze in faktische umzudeuten. Denn bei Maischberger geht es ja um ein Ideal, also die Frage, wie etwas sein sollte. Hingegen handelt die Urlaubs-Anekdote von Fakten, dort wird kein Werturteil gefällt, nicht vorgeschrieben, dass alle Menschen nur noch wandern dürfen (eine Horrorvorstellung für mich!), sondern lediglich dargestellt, wie etwas war: der Urlaub eines einzigen Menschen. Der Grund, warum Matussek diesen Haken schlägt, ist, dass er auf die beliebte „Man wird doch wohl noch sagen dürfen“-Argumentation hinaus will. Die er dann in den folgenden Absätzen rund um Spanien, die Kirche und die Bibel weiter ausführt. Der Abschnitt ist ansonsten wenig spannend, er argumentiert ein bisschen biologistisch von der natürlichen Ordnung der Dinge (Ob er sich der Ironie bewusst ist, dass das Ding, auf dem er diese Sätze schreibt, so ziemlich das Unnatürlichste ist, was man sich denken kann: der Computer?) – alles ziemlich egal und rhetorisch schwach.

Ein Unrecht mit einem anderen rechtfertigen

Rhetorisch spannend wird es erst wieder hier:

„Von allen autokratischen Fehlleistungen Putins gilt seine Kampagne gegen Homosexuelle als die allerniederträchtigste, egal, wen er sonst so ins Gefängnis steckt.“

Hier versucht er zunächst einmal wieder das Schattenboxen: Niemand hat jemals behauptet, dass Homosexuellendiskriminierung schlimm, alles andere aber egal ist. Aber was Matussek hier darüber hinaus tut, ist spannend: Er versucht ein Unrecht mit einem anderen Unrecht zu rechtfertigen. Aber das ist nicht zulässig. Du kannst in einer Ethik nicht so argumentieren, dass es okay ist, zu rauben, weil andere morden. Das eine legitimiert das  andere schlichtweg nicht, so sehr ich mich auch winde. Genauso wenig legitimieren Putins sonstige „autokratische Fehlleistungen“ die Diskriminierung von Homosexuellen.

Um uns dennoch mit diesem falschen Argument einzulullen, bettet Matussek es gleich wieder in eine Anekdote ein von seinen Nachbarn, die jetzt wegen der Homosexuellen kein Olympia gucken. Diese Deppen! Schließlich gucken wir alle doch die Spiele, also müssen seine Nachbarn ja irren! Und wir können beruhigt die Fernbedienung in der Hand behalten, weil der liebe Herr M. gesagt hat, dass das okay ist.

Umdeutung der Rollen

Der folgende Absatz glänzt vor allem durch Hohn und Spott:

„Homosexualität, Bisexualität, Transsexualität, alles völlig normaaaal. Alles wurscht.“

Das ist eine Strategie, die auch im Kindergarten meiner Tochter sehr beliebt ist. Wenn jemand etwas sagt, auf das ich nichts erwidern kann, dann mache ich mich eben mit Nonsense über das gesagte lustig-schmustig! Der Grund für diese Strategie, liegt darin, dass Matussek versucht sich und seinesgleichen in die Opferrolle zu schmuggeln, wie Stefan Niggemeier unlängst vorzüglich darlegte. Was fällt denn diesen unverschämten Toleranten ein, dass sie meine Intoleranz nicht tolerieren? Und dass wir die Intoleranten gefälligst tolerieren müssen, wird auch dem letzten klar, wenn wir ein bisschen Stalinismus-Rhetorik verwenden:

„Sie zielte ab auf eine innere Bejahung, auf den umerzogenen NEUEN MENSCHEN.“

Namedropping

Als nächstes führt Matussek das Namedropping ein: Max Weber mochte S&M ohne das an die große Glocke zu hängen, also haben Schwule und Lesben auch zu schweigen. Und die großen Philosophen Robert Spaemann und Aristoteles haben auch schon aus einem Sein ein Sollen gemacht, indem sie homosexuelle Liebe als defizitär ansahen, weil sie keine Kinder zeugen könne. Dann muss es ja stimmen, oder?

Nachdem sich Matussek noch einmal mit ironischer Selbstbezichtigung versucht, gegen Kritik abzusichern, endet er damit, ein letztes Mal sich auf die natürlich Ordnung zu berufen und damit von einem Sein auf ein Sollen zu schließen. Der Sein-Sollen-Fehlschluss aber ist ein logischer Fehler, das sollte jemand der Aristoteles zitiert schon wissen. Wenn ihr wissen wollt, warum, könnt ihr es hier nachlesen.

Ich bin raus.

Bekenntnis eines Fans

Ich bin Fußballfan und habe nicht das geringste Problem mit schwulen Fußballern. Ich finde das muss mal gesagt werden. Am besten laut und in aller Öffentlichkeit. Aber da die Medien den Fan lieber als Untermenschen darstellen, tue ich es halt. Jetzt und hier.

„Fußballfans sind Menschen, was immer uns die Medien weismachen wollen, […] Die meißten Fußballfans [haben] kein Vorstrafenregister, tragen keine Messer, urinieren nicht in Taschen oder veranstalten sonst irgendwelche von den Dingen, die man ihnen immer nachsagt.“
Nick Hornby: Fever Pitch

Spätestens seit dem anonymen Interview eines schwulen Fußballers geistert das Thema durch die Medien. Dabei wird ein Mythos beschworen, dass der Fußball die letzte harte Männerbastion ist und die bösen Fans das Outing eines Fußballers nicht zulassen würden.

Meine These lautet: Fußballfans werden vorgeschoben als Alibi für eine gesellschaftlich viel weiter verbreitete Homophobie. Letzte Woche hörte ich 10 Minuten eines Interviews mit Lothar Matthäus, in dem dieser ernsthaft sagte, Schwule sollten lieber mit Fußball aufhören als sich zu outen, weil ‚die Fans‘!

Feiernde Fußballfans des Dynamo Dresden. Urheber: Ulrich Häßler. Lizenz: CC-BY-SA-3.0-DE.
Feiernde Fußballfans des Dynamo Dresden. Urheber: Ulrich Häßler.
Lizenz: CC-BY-SA-3.0-DE.

Es passt einfach wunderbar ins Bild des unterentwickelten Proll, der volltrunken im Stadion der Gewalt frönt. Verbal wie physisch. Ich war schon oft im Stadion. Und wisst ihr was? Ich habe mich noch nie bedroht gefühlt. Das Schlimmste an Fangewalt, was ich bisher erlebt habe, war, als in Aachen sich die Fans von meiner Eintracht durch die Alemannen provoziert fühlten und heftig am Zaun wackelten. Sicher gibt es intelligenteres Verhalten, aber in Anbetracht der Tatsache, dass Nazis zehn Jahre mordend durch dieses Land zogen oder auch ’nur‘, dass Frankfurter Polizisten einen Afrodeutschen krankenhausreif schlugen, ist das bisschen Zaunwackeln jetzt nicht unbedingt die Ausgeburt menschlicher Niedertracht.

Sicher, auch ich kenne die Medienberichte über brutale Fans. Aber setzt das mal in Relation: da passiert alle paar Monate mal was. Demgegenüber gehen aber jede Woche mehrere Millionen Menschen in deutsche Stadien. Frankfurt hat nur 600.000 Einwohner und hier passiert täglich mehr.

Eine Situation, die ich bei meinem letzten Waldstadionbesuch erlebte:
Fan 1 sprizt versehentlich Fan 2 am Imbiss Ketchup vom Spender direkt auf die Schuhe.
Fan 1: Oh Mann, das tut mir jetzt leid.
Fan 2: Das ist überhaupt kein Problem.
Fan 1: Nein, ernsthaft, soll ich dir nicht Kohle für die Reinigung geben?
Fan 2: Quatsch, ist doch halb so schlimm, schönes Spiel noch!

Entspricht irgendwie nicht dem Klischee, oder?

Rassismus findet in deutschen Stadien nicht statt

Ich will nicht sagen, dass es gar keine Rassisten unter den Fans gibt. Es gibt Rassisten in deutschen Stadien im gleichen Ausmaß wie in der Gesellschaft. Ich habe hirnlose Sprüche im Stadion nicht öfter oder seltener erlebt wie auf der Straße, in der Bahn oder der Kneipe. Aber in der Organisation der Fans spielt Rassismus keine nennenswerte Rolle. Mir ist nicht ein rassistischer Fangesang bekannt. Warum sollte das mit Homosexuellen Spielern anders sein?

In Stammesmanier werden zwar Bayern die Lederhosen ausgezogen und Bremer in eigenwillige Relationen zu Fisch gesetzt, aber ausländische Spieler werden nicht kollektiv verunglimpft. Ich habe so gut wie nie Kritik unter Fußballfans gehört, dass unsere Nationalmannschaft unsere multikulturelle Gesellschaft widerspiegelt. Hingegen sind die YouTube-Kommentare voll von rassistischen Beschimpfungen. Unter Fans habe ich viel öfter die Meinung angetroffen, dass Boateng, Khedira und Co. seit ihrer Kindheit durch Vereine und DFB gefördert werden, warum sollten sie da nicht für Deutschland spielen? Das hört sich jetzt irgendwie beschissen gönnerhaft an, aber so ist es nicht gemeint, sondern eher so, dass Herrkunft keine Rolle spielt: Wer das Team voranbringt, ist willkommen.

Jugendliche Fußballfans von Rot-Weiß Erfurt. Urheber: Heinz Hirndorf. Lizenz: CC-BY-SA-3.0-DE.
Jugendliche Fußballfans von Rot-Weiß Erfurt. Urheber: Heinz Hirndorf.
Lizenz: CC-BY-SA-3.0-DE.

Fans interessiert, ob einer gut kicken kann

Dafür lieben wir ihn oder hassen ihn, wenn er für die anderen spielt. Ich glaube nicht, dass das bei einem schwulen Spieler soviel anders wäre. Ich will hier nichts beschönigen und kein Idealbild zeichnen, das nicht existiert. ein Homosexueller würde sicherlich im Stadion auch mal als ’schwule Sau‘ oder ähnliches beschimpft, aber ich bezweifle, dass es irgendeine Form von Kampagne gegen ihn geben würde, eben weil es dergleichen auch nicht gegen ausländische Spieler gibt.

Sicher war das nicht immer so, Rassismus war früher in Stadien weiter verbreitet als heute, es war ein langer Weg. Und sicher wird auch ein offen homosexueller Spieler nicht nur mit Flausch empfangen, sondern von den gegnerischen Fans angegangen werden. Aber ich glaube nicht, dass das so menschenverachtend ablaufen würde, wie es von den Medien dargestellt wird. Und ich bin mir sicher, dass wir ihn lieben würden, wenn er für unser Team spielt, für die Nationalmannschaft und wenn er vor allem gut spielt. Denn letztlich wollen wir nur guten Fußball sehen. Wir wollen tolle Spielzüge, ausgefeilte Taktik und fantastische Tore sehen. Was der Spieler dann in seiner Freizeit treibt, interessiert doch Bild, Bams und Glotze mehr als die Fans.

Mythos Männlichkeit

Kommen wir zum letzten Mythos: der Männlichkeit. Vielleicht ist es ein Schock für euch, aber ich kenne niemanden, der Messut Özil als Ausgeburt der Männlichkeit ansieht, genauso wenig wählen wir einen Phillip Lahm oder einen Marco Reuß zum männlichen Rollenbild des Jahres. Das ist Quatsch. Wir lieben Özil für seine Spielintelligenz, Lahm für seine Zerstörungskraft der gegnerischen Angriffe und Reuß für seine brillante Technik, nicht weil wir sie für besonders männlich halten, nicht weil sie heterosexuelle Ideale sind. Klar herrschen im Stadion nicht immer die sittlichsten Verhältnisse, aber es ist nicht so, dass da eine Horde Kerle auf den Rängen ihrer Männlichkeit frönt. Es geht in erster Linie um Fußball und in zweiter Linie um das Stadionerlebnis, um die Gesänge und das Gruppengefühl, um die Stimmung und auch um die Party. So wie man auch in oder vor Discos auf rassistische oder homophobe Trottel trifft, so kann dies auch im Stadion passieren, aber das sind nicht die Fans.

Ich kann und will einfach nicht glauben, dass ich als einziger so denke, dass ich eine total verzerrte Wahrnehmung habe und deshalb finde ich, liebe Leser, ist es an der Zeit für einen Aufstand der Anständigen. Das Aufstehen der toleranten Fans vermisse ich. Steht auf und sagt, dass ihr Fußballfans seid und dass euch die sexuelle Orientierung von Spielern einfach schnuppe ist! Zeigt mir und der Welt, dass ich nicht alleine bin. Schreibt auf eure Blogs, auf Facebook und Twitter, haut es mit Edding an die Wände und singt es in den Stadien. Das Bild, das die Medien von uns zeichnen ist falsch!

Ich bin Fan und habe kein Problem mit schwulen Spielern.