Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 9)

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Daniel
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Christiane
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Kapitel 1.3 Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte

Christiane ist zurück! Und wir besprechen weiter, Das Unbehagen der Geschlechter von Judith Butler. Wir beginnen mit einer Podcast-Empfehlung zu sexuellen Orientierungen im Alten Rom, antworten auf Benjamins Audio-Kommentar, was wir unter „Kausalbeziehung“ verstehen und steigen endlich in Abschnitt 1.3 ein. Hier geht es zunächst um die Frage, ob Geschlechtsidentität wesentlich oder akzidentiell ist und wie man sie erlangt, bevor wir uns mit Simone de Beauvoirs Thesen zur Geschlechtsidentität befassen. Ach ja, einen Ausflug zu Decartes Cogito gibt es auch noch!

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Philosophie-Videos

Zur weiteren Recherche über Judith Butler

Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter *
Lars Distelhorst – Judith Butler  *
Riki Wilchins – Gender Theory. Eine Einführung *
Ernst Ulrich von Weizsäcker über Konrad Lorenz
Bundespsychotherapeutenkammer über die Entpathologisierung von Homosexualität
Olaf Hiort über biologisches Geschlecht als Spektrum
Simone de Beauvoir – Das andere Geschlecht *
Eva Scheufler – Die feministische Philosophie und der Frauenkörper 
The Rest is History – 340. Hadrian and Antinous 

 

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Automatisch erstelltes Transkript

0:00:00 Vorstellung 
0:02:18 Unterschiede zwischen aktiver und passiver Sexualrolle im antiken Rom
0:08:07 Kausalität
0:09:49 Start des Abschnitts „Geschlechtsidentität, Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“
0:13:48 Flexibilität und Konstruktion von Geschlechtsidentität
0:15:21 Veränderung der Akzeptanz von Geschlechteridentität in der Gesellschaft
0:22:29 Cogito ergo sum
0:23:59 Autonomes Subjekt und Geschlechtsidentität nach Butler und Beauvoir
0:26:05 Der Körper als Situation bei Beauvoir

Vorstellung

[0:00] Hallo, mein Name ist Daniel und ich möchte euch von Philosophie erzählen bzw. heute möchte ich mal wieder zusammen mit jemand anders euch von Philosophie erzählen. Denn wir erzählen euch von Philosophie, das heißt, wir sprechen über Judith Butler. Und wir, das ist neben meiner einer Person auch die Person am anderen Ende der Leitung. Und da frage ich, wie ich das in meinem anderen Podcast immer mache. Hallo du da drüben, wer bist denn du?

Hi Daniel, hier ist Christiane.

Hallo Christiane, schön dass du zurück bist. Erzähl doch mal unseren Hörerinnen und Hörern, warum du jetzt ein wenig abwesend warst. Ich hab das zwar schon das ein oder andere mal erwähnt, aber es wäre ja ganz schön, wenn sie es nochmal aus deinem Mund hören würden.

Ja, nachdem ich ungefähr die letzten drei bis vier Jahre damit verbracht habe, zu behaupten, ich wäre in den letzten Zügen meiner Promotion. War das jetzt tatsächlich in den letzten Monaten wirklich der Fall und ich habe dieses große Projekt endlich abschließen können. Habe meine Doktorarbeit eingereicht, verteidigt und letzte Woche die Urkunde zugestellt bekommen.

Glückwunsch, Dr. Christiane! 

Dankeschön.

Das ist sehr, sehr schön. Wir dürfen jetzt hier die Stimme einer promovierten Psychologin hören. Sage ich das richtig? Ist das der korrekte Ausdruck?

Das kannst du so sagen, ja. 

Ja, nice. Wir haben auch Feedback bekommen.

[1:13] Bevor wir darauf eingehen, möchte ich als Allererstes noch mal eine Podcast-Empfehlung abgeben, die auch wieder sehr schön hier zu unserem Thema passt und zwar The Rest is History: Folge 340Hadrian und Antinous. In der Folge beschäftigen sich mit diesem Antinous, der von Hadrian zum Gott erklärt wurde nach dessen Tod. Und zwar war das der Liebhaber von Hadrian. Und sie fragen sich: Kann man denn deswegen sagen, dass Hadrian homosexuell war. Hadrian – Kaiser von Rom. Und die Antwort, die sie dann geben, ist sehr spannend gerade für unseren Podcast hier. Da sie darlegen, dass die Vorstellungen, wie unsere Gesellschaft sie hat von Homosexualität, Heterosexualität und Bisexualität im antiken Rom so noch gar nicht existiert haben. Sondern, dass man dort Unterschieden hat zwischen Menschen, die quasi eine aktive, eine nehmende Rolle im Sexualverhalten einnehmen und Menschen, die eine passive Rolle im Sexualverhalten annehmen können.

Unterschiede zwischen aktiver und passiver Sexualrolle im antiken Rom

[2:18] Da war dann auch ein sexistischer Bias drin, denn Männer konnten sich in beide Rollen begeben, während es für Frauen nur sittlich war, in die passive Rolle zu gehen. Allerdings gab es, wenn Frauen einen gewissen Stand hatten, diese Position, dass man nicht einfach so von jedem genommen werden durfte, sondern dass es da ja entsprechende Regeln gab.

Ja Daniel, ich würde aber sagen, dass Frauen da durchaus auch ihre Wege gefunden haben, andere Arten der Sexualität auszuleben.

Das kann ich mir sehr gut auch vorstellen. jedenfalls fand ich das sehr, sehr spannend gerade auch wegen dieses konservativen Talking Points von der natürlichen Heterosexualität, um den es ja Judith Butler auch immer sehr stark geht in ihrem „Kampf gegen die Zwangsheterosexualität“, wie sie es nennt.

Bevor wir in den Text einsteigen, haben wir aber auch einen Audiokommentar bekommen von Benjamin. Und den würde ich mal einspielen und dann können wir darüber reden. Bist du da bereit und interessiert dran?

Ja, Matz ab, Daniel!

Hallo Christiane, hallo Daniel. Ich habe eine Frage zur letzten Folge. Und zwar verstehe ich deinen Begriff von Kausal nicht so richtig, Daniel.

[3:27] Es gibt doch eine Kausalkette von meiner körperlichen Konfiguration hin zu meinem Geschlecht, oder? Als ich geboren wurde, wurde ich zum Beispiel als männlich klassifiziert. Da hat sich jemand meinen Körper angeschaut, mit dem gesellschaftlich vorgegebenen Klassifikationsschema abgeglichen und dann folgerichtig männlich in meine Dokumente geschrieben.

[3:46] Die Kausalkette geht also von meinem Körper über das Klassifikationsschema hin zu meinem Geschlecht. Ich würde also gar nicht bestreiten, dass der Zusammenhang kausal ist. Ich würde bloß bestreiten, dass diese Kausalität naturgegeben, logisch zwingend oder unveränderlich wäre, denn das Klassifikationsschema ist ja menschengemacht.

[4:05] Aber was meinst du denn mit Kausal bzw. was meint Butler hier vielleicht Vielen Dank für euren Podcast und viele Grüße!

Vielen Dank für dein Audiokommentar, Benjamin. Ja ich gebe dir recht. Da ist eine Kausalbeziehung. Erstmal müssen wir unterscheiden – und das ist eine ganz wichtige Unterscheidung in der Philosophie – du hast nämlich eben gesagt: „nicht kausal zwingend“ oder „nicht logisch zwingend“. Und das ist eben eine wichtige Unterscheidung, dass wir in der Philosophie unterscheiden zwischen logisch notwendig und kausalen Beziehungen. Und dann könnte man präzisieren zwischen kausal motiviert und kausal zwingend, möglicherweise. Ich gebe dir recht, da ist eine Kausalbeziehung drinnen, aber diese Feststellung sagt ja eigentlich im Grunde nicht viel aus. Denn alles hat ja eine Kausalbeziehung in unserer Welt. Also: es entsteht ja nichts, ohne dass davor Ereignisse stattgefunden haben. Und philosophisch spannend wird die Frage eben, ob diese Beziehung zwingend war. Also: es ist zwingend so, dass eine Billardkugel, die auf eine andere trifft, diese andere in Bewegung setzen wird. Wenn es keine Hindernisse gibt, wie eine Wand oder sowas. Und es ist zwingend so, dass wenn ich schneller Auto fahre, dass ich dann mehr Energie verbrauchen werde. Das ist kausal gegeben zwingend. Und diese gleiche Form des Kausalzwingendseins existiert eben nicht in der Zuordnung von Sex zu Gender.

[5:34] Sondern da haben wir eben dann diesen Schritt, dass ein Mensch dazwischen tritt, der Entscheidungen fällt und sagt, ich sehe hier folgendes äußeres Geschlechtsmerkmal und deswegen ordne ich diesen Personen dieses Gender zu. Jetzt können wir in die Debatte des freien Willens tief einsteigen, aber das müssen wir noch nicht mal. Denn wir können auch sagen, die Person macht das auch nicht komplett aus freien Stücken, sondern die ist auch wieder motiviert durch gewisse Gründe, aber diese Gründe sind eben kulturell gemacht.

[6:06] Und damit sind sie auch veränderlich. Das ist der große Unterschied. Deswegen können wir heute überhaupt über neue Geschlechtsidentitäten wie trans, wie non-binary etc. sprechen, weil diese Geschlechtsidentitäten veränderlich sind. Während, dass eine Billardkugel eine andere anstößt, ist nicht veränderlich. Dass wird für immer, bis in alle Ewigkeit so sein, weil es ein Naturgesetz ist. Und es ist in dem Sinne kausal zwingend.

[6:32] Aber dass die Person ein Gender aufgrund eines äußeren Sexualmerkmals oder auch aufgrund von Chromosomen oder was auch immer zugeordnet kriegt, ist eben nicht in gleicher Weise kausal zwingend.

[6:45] Und daher habe ich verkürzt gesagt, es gibt da keine Kausalbeziehung.
Christiane, wie siehst du das?

Du hast dich jetzt auf jeden Fall wesentlich klarer ausgedrückt als bei unseren privaten Diskussionen über diese Frage. Ich glaube, so wie du es jetzt ausgeführt hast, würde Benjamin vermutlich hundertprozentig mit dir übereinstimmen, wenn ich seinen Kommentar korrekt verstanden habe. Und ich tatsächlich auch. Also, ich glaube, aus meiner Warte als Psychologin, dass wir uns beispielsweise auch Kausalbeziehungen angucken. Wenn wir davon ausgehen würde, dass nichts kausal determiniert wäre, dann bräuchten wir unsere Wissenschaft nicht machen, denn wir wollen natürlich auch Vorhersagen treffen über Zusammenhänge beispielsweise zwischen, jetzt mal ganz platt gesagt, Traumata in der Kindheit und dem Verhalten im Erwachsenenalter. Und wenn wir davon ausgehen würden, dass es da keine kausalen Zusammenhänge gäbe, dann müssten wir das ganze Unterfangen ja nicht machen. Aber was wir in der Psychologie eben, also welchem Umstand wir uns stellen müssen, ist, dass es, wie du gesagt hast, halt keine zwingenden, oder nee, was hast du gesagt? Nicht zwingend, sondern?

Doch genau, das habe ich jetzt so formuliert, um den Begriff „notwendig“ zu vermeiden, weil der ist in der Philosophie halt immer für logische Notwendigkeit reserviert und logisch notwendig etwas anderes ist als kausal zwingend.

[8:07] Genau, also wir haben es nicht mit zwingenden oder notwendigen Zusammenhängen zu tun, sondern mit probabilistischen. Das heißt, Zusammenhänge, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten. Und wenn man jetzt diesen Zusammenhang, um den es jetzt gerade geht, nämlich die Zuordnung eines Genders auf Basis des Sexes, wenn man sich das anschaut und sozusagen auf die gesamte Menschheitsgeschichte ausgedehnt betrachtet, könnte man vermutlich sagen, ja, das ist halt auch ein probabilistischer Zusammenhang, weil sich dieser Zusammenhang ändert. Ich glaube, da sind wir gerade jetzt mitten in einem Prozess drin, dass darüber debattiert wird, wie man das anders betrachten kann. Sodass, wenn man die gesamte Menschheitsgeschichte betrachtet, man sagen könnte: ja, zu – weiß ich nicht – Punkt 95 Prozent gab es halt diesen Zusammenhang und dann gibt es halt eine gewisse Prozentzahl oder eine gewisse Zeit, wo es aufgeweicht wurde, weißt du, wie ich meine? Aber ich glaube, wenn du jetzt, sagen wir mal, den Zeitraum von, was weiß ich, 1970 bis 1980 dir anguckst, dann ist dieser Prozentsatz vermutlich noch höher, weil da eben diese Debatten, die wir heute führen, nicht in dieser Intensität geführt wurden. Ich habe jetzt mal Personen wie intersexuelle Personen ausgeschlossen aus meiner Argumentation, weil das das Bild noch ein bisschen komplexer macht, was ich jetzt runterbrechen wollte, der Einfachheit halber.

[9:25] Wie du schon sagst, wir haben da privat schon drüber gesprochen und deine Einwände gegen meine Position haben mir geholfen, meine Position auch nochmal zu schärfen. Benjamin: Sag doch mal, ob wir das jetzt zu deiner Zufriedenheit beantwortet haben! Wenn nicht, dann müssen wir nochmal nachdenken und nachlegen.

[9:45] Aber wollen wir mal in den Text springen, Christiane? 

Ja, auf jeden!

Start des Abschnitts „Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“

[9:49] Das hat ja schon lang genug gedauert. Wir müssen endlich dieses Kapitel abschließen. Oder den Abschnitt.

Genau, den Abschnitt. Wir sind ja erst mal bei Abschnitt 1.3. Also die drei großen Kapitel sind halt auch drei große Kapitel, aber das erste Kapitel, da beschäftigen wir uns heute mit dem dritten Abschnitt, der heißt „Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte.“ Und dort – genauer gesagt – sind wir auf Seite 25. Da beginnt Butler zunächst mit der Frage: Haben Personen „eine“ Geschlechtsidentität oder ist Geschlechtsidentität ein Attribut, dass sie sind? Da hatte ich schon wieder sehr große Probleme mit der Formulierung.

[10:33] Ich habe schon verstanden, worauf they hinaus wollte, aber they schreibt einerseits das „eine“ in Anführungszeichen und andererseits … ich fand die grammatische Konstruktion dieses Satzes sehr komisch. Ich würde es trotzdem mal so umformulieren, wie ich es verstanden habe und widersprich mir gerne, wenn du es ganz anders verstanden hast. Ich würde vermuten, dass they hier – und meine Vermutung wird gestützt dadurch, dass they später noch stärker auf Aristoteles eingeht – dass they eben aristotelisch gesprochen von dem Unterschied zwischen wesentlich und akzidentiell spricht, dass they eben sagt, gibt es eine Geschlechtsidentität.

[11:14] Dann ist die ganz eng mit meinem Wesen verbunden, ich kann sie nicht ändern. Ich kann sie nicht ablegen. Sie macht aus, was ich bin. Oder ist Geschlechtsidentität ein Attribut wie viele andere, wie Größe, Augenfarbe, Haarfarbe oder so. Attribute, die mir zukommen, aber die nicht unbedingt mein Wesen ausmachen und deswegen auch veränderlich sind.

Ich habe das auch so verstanden.

Sehr gut. They fährt fort und fragt, wenn Gender ein kulturelles Konstrukt ist – das war ja das Ergebnis der ersten zwei Abschnitte –, stellt sich die Frage, wie der Modus dieser Konstruktion aussieht. Gibt es verschiedene Möglichkeiten der Konstruktion oder ist die Konstruiertheit gesellschaftlich determiniert?

Wenn du das jetzt so ausführst, dann frage ich mich gerade: Wie ist denn der Zusammenhang zwischen diesen beiden Fragen? Kann es sich nur um ein Konstrukt handeln, wenn…

[12:11] Ich eine Geschlechtsidentität habe und nicht wenn ich sie bin?

Das ist auch eine sehr gute Frage! Auch ich habe mich nämlich gefragt. Entweder machen wir eine Matrix mit vier Elementen auf: Geschlechtsidentität ist etwas was meinem Wesen zugehört oder sie ist bloß akzidentiell und Geschlechtsidentität ist determiniert durch die Gesellschaft, oder sie ist in irgendeiner Form flexibler.

wesentlich akzidentiell
determiniert flexibel

Dann könnte man fragen, ob Wesen und Determiniertheit fest verschraubt sind oder ob Wesen sowohl determiniert sein könnten als auch flexibel. Und die Eigenschaften, ein Attribut zu sein oder akzidentiell zu sein, dann genauso.
Ich verstehe es jetzt erst einmal so, dass ich sagen würde: Wenn ich genau eine Geschlechtsidentität habe und daran nichts ändern kann, dass das aus der gesellschaftlichen Determiniertheit hervorgeht. Aber die Frage ist dennoch berechtigt, ob es nicht andere Modi geben kann.

[13:14] Also wenn wir das kurz mal auf einen anderen Bereich transferieren… Nehmen wir mal meinen Beruf. Ich bin Psychologin und das ist so sehr in meine Identität integriert, dass ich denke, es gehört zu meinem Wesen, Psychologin zu sein. Ich beschäftige mich den ganzen Tag damit, ich mache das auch gerne und ich kann mir nichts anderes vorstellen. Dennoch ist es ja nicht naturgegeben, dass es den Beruf Psychologin gibt. Das ist ja ein gesellschaftliches Konstrukt und dennoch würde ich sagen: das ist Teil meines Wesens.

Ja, da hast du es sehr schön auf den Punkt gebracht.

Flexibilität und Konstruktion von Geschlechtsidentität

[13:48] Du bist dann in unserer ersten Dimension bei wesentlich und unserer zweiten Dimension bei flexibel. Denn Christiane könnte auch was anderes sein. Es ist nicht gesellschaftlich determiniert, dass Christiane Psychologin ist. Sie könnte auch Schuhverkäuferin sein.

Rein theoretisch: ja. Praktisch nicht. Aber – ja – ich weiß, was du meinst. Ich meine, das ist doch im Grunde genau der Akt, wie wir zu unserer Identität kommen, oder? Wir sind ja auch Konstrukte und Flickenteppiche aus dem, was uns begegnet und dem, was wir als wichtig und identitätsstiftend erachten. Also wenn ich beispielsweise mit dieser Theorie hier niemals in Verbindung gekommen wäre, hätte ich ja gar nicht die Möglichkeit gehabt, das irgendwie in mein Selbstbild zu integrieren, dass ich diese Fragen spannend finde oder so.

Ja, ich glaube, genau um diese Fragen geht es hier in diesem Kapitel und ich glaube, Judith Butler ist genau bei dir in dieser Position. Aber they versucht das hier halt innerhalb dieses Kapitels erstmal zu erörtern, dass das genau so ist.
Wir müssen uns ja immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass der Text vor 40 Jahren geschrieben worden ist, als die Idee, dass man eine andere Geschlechtsidentität annehmen kann als die, die einem bei der Geburt zugeordnet wurde…

[15:04] Noch sehr viel mehr „far wide out“ war, als es heute der Fall ist.
Heute ist uns dieser Gedanke – in nicht allen Teilen der Gesellschaft , aber in vielen Teilen der Gesellschaft – wesentlich vertrauter, als es der Fall in den 80ern war, als dieser Text entstanden ist.

Veränderung der Akzeptanz von Geschlechteridentität in der Gesellschaft

[15:21] Ja, auf jeden Fall. Soll ich mal weitermachen mit meiner Zusammenfassung? 

Ja, bitte.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Geschlechtsidentität kulturell konstruiert ist, dann geht damit zwangsläufig ein bestimmter Determinismus einher. Dann gibt es kulturelle Gesetzmäßigkeiten, die bestimmen, welches Gender wir haben.
Das ist wieder dieser Gedanke, den ich…

[15:43] In der letzten oder vorletzten Folge schon mal geäußert haben, dass wir die Unterscheidung haben zwischen notwendig und kontingent. Also notwendige Wahrheiten: Junggesellen sind unverheiratete Männer. Sowas ist das hier nicht. Sondern they spricht über Kontingenz. Aber Kontingenz kann halt verschiedene grade der Flexibilität haben. Es ist genauso kontingent dass Artikel 1 des Grundgesetzes ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wie, dass ich heute ein weißes T-Shirt anhabe. Aber ich kann den Artikel 1 unseres Grundgesetzes nicht in gleicher Weise flexibel ändern, wie ich mein T-Shirt ändern kann. Und entsprechend: Selbst wenn Geschlechtsidentität etwas ist, was wir irgendwie ändern können, also wenn sie flexibel ist und nicht komplett determiniert ist, geht mit der Tatsache, dass es ein kulturelles Konstrukt ist, immer einher, dass ein bestimmter Determinismus vorligt, wie they hier sagt, eine bestimmte Form der Determiniertheit.

Das ist doch eigentlich genau das, was diese Gender-Wahn-Idioten nicht kapieren. Weil von denen kommt ja oft der Einwand: Ja, dann kann ja jeder jeden Tag was anderes behaupten, was die Geschlechtsidentität sei. Und das macht ja keiner so, das ist ja nicht der Punkt. Also sie sehen – könnte man das so sagen – dass die das fälschlicherweise komplett akzidentiell ansehen? Ja, dass die denken, man könnte das Gender einfach jederzeit wechseln. Als gäbe es Menschen, die genau das im Sinn haben.

[17:13] Ja.

[17:15] Okay. Aber Butler ihrerseits kritisiert das jetzt von der anderen Seite, weil they sagt: Wenn Gender tatsächlich durch Kultur determiniert ist, dann bietet der Begriff „Gender“ nicht den Ausweg, den der Begriff aus der Formel „Biologie ist Schicksal“ bieten sollte, sondern er wird selbst zum Schicksal, nur eben zu einem kulturellen Schicksal.

[17:34] Das heißt, ursprünglich wurde die Unterscheidung zwischen Sex und Gender eingeführt, um klarzumachen: Nur weil du mit einem bestimmten biologischen Geschlecht geboren wurdest, heißt das nicht, dass du zwangsläufig dich auch diesem Gender zuordnen musst.
Aber wenn diese Zuordnung superfest ist durch die kulturelle Zuschreibung, dann ist die Funktion, die der Begriff „Gender“ ursprünglich hatte, der geht dann verloren. Dann ist zwar der Modus, wie das entsteht, ein anderer, aber das Ergebnis ist halt am Ende das gleiche.

Aber das nimmt they hier nur an als Annahme? Das ist nicht, was hier vertreten wird? Weil dann wären wir ja wieder bei dem Determinismus, wo ich sagen würde: Nee, das ist probabilistisch.

Genau! They stellt das nur erst mal als Ausgang der Auseinandersetzungen, die jetzt hier im Kapitel folgen, hin, um zu sagen: Okay, wir haben hier ein Konstrukt „Gender“. Das ist irgendwie kulturell gemacht und es ist auch in irgendeiner Form zwingend, denn wir können es nicht wechseln wie ein T-Shirt, sondern es ist in irgendeiner Form sehr fest mit mir verbunden – wie fest, müssen wir noch schauen. Ob es wirklich irgendwie zu meinem Wesen gehört oder ob es ein Attribut von mehreren ist, was dann auch wechselbar ist.

[18:50] Aber es kann halt nicht super fest sein, um es jetzt so platt zu sagen. Weil sonst haben wir überhaupt nichts gewonnen, sondern brauchen den Begriff „Gender“ nicht. Dann können wir auch bei „Sex“ bleiben. Ja, und they fährt jetzt fort, dass they mit Simone de Beauvoir und mit – wie heißt die Andere?

Luce Irigaray.

Genau! Mit diesen beiden Feministinnen und deren Theorien schaut they sich an, wie denn dieser Modus der Konstruktion aussieht.

[19:17] Um zu schauen, welche Flexibilität da gewissermaßen drin steckt.

Okay, das habe ich jetzt verstanden. Ich habe halt immer noch ein bisschen Probleme mit dem fehlenden Signposting in diesem Text. Dass mir manchmal die Information fehlt: Ist das jetzt etwas, was Judith Butler vertritt oder wofür sie sich stark macht? Oder ist es gerade nur, in Anführungsstrichen, „eine Annahme“, die they jetzt auseinandernimmt?

Ja. Naja.

[19:42] Es hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass diese Art von Text viel weniger formalisiert ist, als es eure Texte in der Psychologie sind, wo du eine viel klarere Struktur hast.

Ja!

Während they hier – später kommt erstmals Hegel auf . Also they kommt viel mehr aus einer hegelschen Dialektik und das heißt, dass they erstmal eine These in den Raum stellt, um dann mit einer Antithese diese wieder in Frage zu stellen und so zu einem höheren Erkenntnisgrad zu gelangen. Das ist eher der Modus in dem dieses Kapitel funktioniert. Also – wie schon gesagt – Butler setzt sich jetzt mit Simone de Beauvoirs These auseinander, dass man nicht als Frau zur Welt kommt, sondern zur Frau wird. In der ursprünglichen Unterscheidung sagt they, wäre das: eine Identität haben. Butler schreibt, Beauvoir geht davon aus, dass die Geschlechtsidentität ein Konstrukt ist, nimmt aber ein autonom handelndes Subjekt an, ein Cogito. Cogito ist ein Ausdruck, der auf Rene Descartes zurückgeht.

Cogito ergo sum

[20:50] *Musik*

Hallo, hier spricht Daniel aus dem Schnitt. An dieser Stelle wollte ich euch kurz erklären…

[21:02] Was das Cogito ist. Cogito ist eine Abkürzung für Cogito ergo Sum. Dazu schreibt mein kleines philosophisches Wörterbuch:

Cogito ergo sum, lateinisch: ich denke, also bin ich. Der von René Descartes zunächst im Discours de la méthode formulierte Grundsatz einer Metaphysik und in seinem Gefolge ein Hauptsatz in unterschiedlichen Richtungen der neuzeitlichen Philosophie. Er setzt den Zweifel an allem dogmatisch Festgesetzten und Geglaubten voraus und besagt, dass das Ich sich im Denken bzw. Zweifeln als über allen Zweifel erhabenes Sein erfährt. Dass das Bewusstsein sich im Denken als Bewusstsein selbst weiß. Dass die einzige Seinsgewissheit aus dem bewussten Denken stammt.

Soviel erstmal dazu. Aus diesem Grundsatz cogito ergo sum folgt, dass die Gewissheit um das eigene Ich die höchste Gewissheit ist, die man in der Philosophie haben kann. Und daraus abgeleitet wurde das Subjekt in der neuzeitlichen Philosophie in den Mittelpunkt der Philosophie gestellt, das erkennende Ich, das auch zugleich zu einem autonom handelnden Ich wurde, das in der Abgeschiedenheit seines Geistes die Welt erkennt, sich die Welt gegenüberstellt und von dort an anfängt…

[22:29] Auf die Welt einzuwirken, die Welt zu erkennen (wie ich schon sagte), zu handeln … you name it. In der Philosophie des 20. Jahrhunderts hat diese Auffassung dann eine Reihe von Kritik erfahren. Zunächst in der analytischen Philosophie. Im Anschluss an Wittgenstein kann man kritisieren, dass der methodische Zweifel selbstwidersprüchlich ist. Denn er zweifelt an allem, aber nicht an der Bedeutung seiner Worte. Und diese Worte wiederum wurden ja in einer Außenwelt gelernt. Das heißt…

[23:02] Beim cogito ergo sum bediene ich mich eines Mediums, das ich eigentlich anzweifeln müsste. Dadurch ergibt sich ein Widerspruch. Die ganze Methode wird also unbrauchbar als philosophisches Mittel. Damit einher ging dann auch die Kritik an dem autonomen Ich, das in irgendeiner Form unabhängig von der externen Welt erkennen oder entscheiden kann. Stattdessen trat – vor allem in der postmodernen Philosophie – die Erkenntnis in den Vordergrund, dass das Ich immer schon eingebunden ist in soziale Strukturen, in gesellschaftliche Zwänge, in Machtverhältnisse, in kognitive Fehleinschätzungen und so weiter, die verhindern, dass es wirklich ein solches autonomes Ich, ein Cogito geben kann, was sich der Welt gegenüberstellt und von dort an erkennt und Entscheidungen fällt. Und jetzt zurück zur Aufnahme.

*Musik*

Autonomes Subjekt und Geschlechtsidentität nach Butler und Beauvoir

[23:59] Dahinter versteckt sich wieder die Idee, die wir in unseren privaten Gesprächen auch schon öfter besprochen haben und die wir auch hier in dieser Reihe schon öfter mal angesprochen haben, dass es ein autonom handelndes Subjekt gibt, das gewisse Entscheidungen fällen kann und auch dem gewisse Dinge widerfahren, aber das quasi den Kern bildet von unserer Identität.
Das heißt, Butler sagt hier, Beauvoir geht erstmal davon aus, wir haben ein autonomes handelndes Subjekt, ein Cogito, was als erstes da ist, und dem dann im Anschluss daran die Geschlechtsidentität zugeschrieben wird, eine Frau zu sein.

[24:38] Dass es also schon etwas gibt, bevor diese kulturelle Zuschreibung der Frau stattfindet. Und they fährt fort, dass wenn wir dieses Konstrukt annehmen, dann ist es prinzipiell auch möglich, dass dieses Subjekt die Möglichkeit hat, eine andere Geschlechtsidentität anzunehmen. Wenn es also einen Wesenskern gibt, der existiert, bevor die Geschlechtsidentität ihm zugeordnet wurde. Wir befinden uns auf Seite 26. Hier stellt Butler die Frage: Lässt sich die Geschlechtsidentität auf eine Frage der Wahl reduzieren? Also kann ich mich wirklich entscheiden? Nochmal im Grunde das, was sie vorher schon in diversen anderen Formulierungen oder Konstellationen in den Raum gestellt hat: Kann ich mich wirklich entscheiden, welche Form der Geschlechtsidentität ich annehme?

[25:30] Und dort gibt they zu bedenken, dass Beauvoir schreibt, dass zwar das Werden zur Frau eine Handlung ist – und das impliziert ja, wenn ich handle, dann ist darin ja schon inbegriffen dass ich Entscheidungen fälle. Das ist also nichts, was mir einfach widerfährt, sondern dass ich da irgendwie ein Agens habe, irgendeine Möglichkeit, mich zu entscheiden. Aber dass diese Handlung unter gesellschaftlichem Druck funktioniert.

[26:00] Und an dieser Stelle kommt ein spannender Satz, den du hast.
Magst du uns den mal vorlesen?

Der Körper als Situation bei Beauvoir

[26:05] Ja. Butler schreibt: Wenn der Leib eine Situation ist, wie Beauvoir sagt, so gibt es keinen Rückgriff auf den Körper, der nicht bereits durch kulturelle Bedeutungen interpretiert ist. Da habe ich mich gefragt, was meint Beauvoir denn, wenn sie sagt, der Körper ist eine Situation? Bei „Situation“ denke ich als Psychologin an Kontextvariablen. Also Anlage versus Umwelt und Situation wäre da synonym zur Umwelt zu denken. Und da dachte ich so, hey, aber wie genau soll jetzt der Körper eine Situation darstellen, die mich in irgendeiner Weise zu einer Handlung bringt? Und da habe ich nochmal nachgelesen oder recherchiert und gefunden habe ich eine Diplomarbeit namens „Die feministische Philosophie und der Frauenkörper“ von Eva Scheufler aus 2008. Und da würde ich jetzt gerne mal daraus zitieren, weil ich glaube anhand dieses Ausschnittes, wo auch sehr viele Zitate von Beauvoir drinstecken, wird klar, was sie versteht darunter, dass der Körper eine Situation ist, der man irgendwie auch unterliegt. Wobei, wie du auch gesagt hast, man im Prinzip eine Handlungsmöglichkeit hat, die aber aufgrund der Kultur wenig wahrscheinlich ist.

[27:16] Also Eva Scheufler schreibt und vielleicht noch einen kurzen Einschub von mir, daraus wird auch sehr schön deutlich, dass Simone de Beauvoir hier eine sehr biologistische Haltung einnimmt.

In Beauvoirs Perspektive erscheint der Frauenkörper als die Frau in der Entfaltung ihrer Individualität behindernd und ihre individuelle Existenz zugunsten der Erhaltung der Gattung begrenzend. Angefangen von der Menstruation über die Möglichkeit zur Schwangerschaft und Geburt von Kindern ist für Beauvoir die Frau bloß einer Belastung ausgesetzt, die ihr keinen persönlichen Vorteil bringt, sondern im Gegenteil schwere Opfer abverlangt.

Ich werde jetzt nicht jedes einzelne Zitat von Beauvoir als solches kennzeichnen, sonst wird das zu ausufernd. Das kann man gerne nachlesen, das ist auch Open Access.

Die Menstruation ist nichts als furchteinflößend, Schwangerschaft ein Martyrium. Erst nach den Wechseljahren ist die Frau von den Zwängen ihrer Weiblichkeit befreit. Sie ist nicht länger Mächten unterworfen, die über sie hinausgehen. Erst dann stimmt sie mit sich selbst überein. Doch dann sind für Beauvoir Frauen zwar keine männlichen, aber auch keine weiblichen Wesen mehr.

So, da dachte ich schon mal, als ich das gelesen habe: Okay, ich kann das total nachvollziehen, was sie da schreibt. Das ist aber auch irgendwie eine sehr extreme Position, aber dennoch interessant. Und jetzt im Weiteren wird das Ganze mit dem Blick von Beauvoir auf die männliche Körperlichkeit abgegrenzt.

Die männliche Physiologie stellt sich für Beauvoir in einem gänzlich anderen Licht dar. Von körperlicher Entfremdung, wie Beauvoir sie bei Frauen diagnostiziert, sind Männer nicht betroffen, im Gegenteil. Vergleicht man sie – die Frau, mit dem Mann – so scheint dieser unendlich bevorzugt. Sein Geschlechtsleben stört seine persönliche Existenz nicht, es verläuft gleichbleibend, ohne Krise und im Allgemeinen ohne Komplikationen. Im Gegenteil zum weiblichen Körper fällt der Männerkörper bei Beauvoir mit der Transzendenz zusammen und stellt quasi deren Verleiblichung dar, wie die Phänomenologin Regula Giuliani bemerkt. Diese Fähigkeit des Mannes zur Transzendenz sei gleichsam biologisch bedingt. Wie die Zuordnung der Frau zur Sphäre der Immanenz bei Beauvoir durch ihre Gebärfähigkeit erfolgt, ist die Zuordnung des Mannes zur der Transzendenz durch den Phallus bedingt.
Der Vorteil, den der Mann besitzt und der für ihn von Kindheit an spürbar ist, besteht darin, dass seine Berufung als Mensch keinen Widerspruch zu seiner Bestimmung als Mann darstellt. Durch die Gleichstellung von Phallus und Transzendenz ergibt es sich, dass seine sozialen oder geistigen Erfolge ihm ein männliches Prestige verleihen. Denn der Mann habe ein Sexualleben, das im Normalfall in seine individuelle Existenz integriert ist. Im Begehren, im Koitus verschmilzt sein Sich-Überschreiten auf die Art hin mit dem subjektiven Moment seiner Transzendenz. Er ist sein Körper. Während beim Mann Transzendenz und Leiblichkeit zusammenfallen, konzipiert Beauvoir den Frauenkörper als einen der Transzendenz-Widerstrebenden.

Und das, was jetzt kommt, das war ein Aha-Moment für mich.

Sie schreibt weiterhin, die Frau ist eher den Bedürfnissen der Eizelle angepasst als ihren eigenen. Dies bedeutet, der weibliche Leib und die persönliche Existenz fallen bei der Frau grundlegend auseinander. Der weibliche Leib widersetzt sich dem Freiheitsentwurf. Wie der Mann ist die Frau ihr Körper, aber ihr Körper ist etwas anderes als sie.

So, das war jetzt der sehr lange Einschub aus dieser Diplomarbeit. Und das fand ich tatsächlich ganz einleuchtend und hat – glaube ich, also ich hoffe nicht nur mir – klar gemacht, was Beauvoir meint, wenn sie sagt, der Körper ist eine Situation, in der sich die Frau befindet. Weil natürlich ist sowas wie Menstruation biologisch bedingt, aber was daraus gemacht wird oder werden muss, das ist ja wiederum kulturell bedingt.

Dieser Text, der klang jetzt fast schon so, als würde Beauvoir das unkritisch so annehmen. Butler sieht das ja ganz anders. Direkt im Anschluss kritisiert they oder liest they da Beauvoir, glaube ich, ganz anders. Aber auch später gibt es ja Auseinandersetzungen, wo they sich wieder mit diesem männlich = unkörperlich und weiblich ist immer an Körperlichkeit gebunden, bei Beauvoir auseinandersetzt und dort verstehe ich Butler so, dass Beauvoir das kritisiert. Ich persönlich habe Simone de Beauvoir nicht gelesen deswegen kann ich das nicht entscheiden und vielleicht interpretiere ich auch den Abschnitt, den du gerade vorgelesen hast, falsch. Aber da klang es für mich eher so heraus, als würde Simone de Beauvoir das eher als etwas faktisches darstellen, dass es sich so verhält, dass das Männliche = das Transzendente ist und das Weibliche an Körperlichkeit gebunden und nicht als wäre das etwas was eben…

[31:49] Durch die patriarchale Sicht auf beide Geschlechter so angenommen wird.

Doch doch! Wie die Frau –sagen wir mal – die Menstruation zum Beispiel wahrnimmt, welchen Einschnitt ihrer persönlichen Freiheit sie dadurch wahrnimmt, das ist ja wiederum kulturell bedingt und das sagt sie ja auch.
Also das ist ja nur eine Hinleitung dessen, was sie darunter versteht, dass der Körper eine Situation sei. Und das könnte ja keine Situation sein, wenn das faktisch wäre.

[32:19] Also ich meine, in der heutigen Gesellschaft ist es ja hoffentlich so, dass die Menstruation nicht als zwingendes Mittel dazu empfunden wird, beziehungsweise der gesamte weibliche Zyklus oder Menstruationszyklus, um das neutral auszudrücken, dass ich jetzt zwingend Kinder bekommen muss. Das ist ja nicht mehr so. Dennoch steckt da ein Funken Wahrheit, wie du es gerade gesagt hast, oder Feststellung schon drin, Denn ich kann jetzt ja auch nicht einfach sagen: Ja gut, dann habe ich halt keine Menstruation mehr, sondern ich muss mich ja zwingend irgendwie damit auseinandersetzen und je nachdem, was für eine körperliche Verfassung man hat, schränkt einen das natürlich auch in gewisser Weise ein.

Mhm. Ja, klar. Das verstehe ich schon. Ich fand auch ganz interessant, dass hier wieder – mit diesem Blick auf diesen Aristotelismus – eben eine dezidiert anti-aristotelische Position drin steckt. Also nach Aristoteles gibt es immer das Wesen, die Substanz von etwas und dann gibt es Eigenschaften, die dazu geordnet sind. Und wenn du halt den Körper der Frau als Situation beschreibst, dann ist das ja etwas, die dezidiert nicht substanziell ist, sondern es ist etwas, was halt in verschiedenen Ausformungen auftritt. Das fand ich jetzt mit Blick auf den Beginn dieses Kapitels und das worauf wir gleich noch kommen werden, eine interessante Perspektive. War mir auch so nicht klar, dass Beauvoir diese Position vertritt.

[33:44] *Musik*

[33:57] Hallo hier spricht Daniel aus dem Schnitt. Ich denke an dieser Stelle ist es gut, für heute Schluss zu machen.Wenn euch das hier gefällt, dann hinterlasst uns doch mal eine Rezension für diesen Podcast auf Apple Podcasts, oder eben einen Kommentar, entweder auch als Audio-Kommentar wie Benjamin oder auch gerne schriftlich im Blog, dann werden wir in einer der nächsten Folgen darauf eingehen. Ich danke euch, dass ihr uns eure Zeit geschenkt habt.

Platons Gottesbeweis

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Daniel
steht am Ende einer endlich langen Kette

Platon – Der Philosophenkönig – Folge 30

Heute machen wir heute nichts Wichtiges, wir beweisen nur mal eben die Existenz Gottes.

Die Verwechslung von Korrelation und Kausalität

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Daniel
scheint zu korrelieren

Mein Corona-Tagebuch der schönen Gedanken – Teil 20

Ich blicke erneut ins illustrierte Buch der schlechten Argumente und finde einen Klassiker unter den Fehlschlüssen. Was ist Korrelation und was Kausalität? Was passiert, wenn man das eine mit dem anderen verwechselt? Und was hat das alles mit kleinen Zuckerkugeln zu tun?

Die Verwechslung von Korrelation und Kausalität

Mein Corona-Tagebuch der schönen Gedanken – Teil 20

Ich blicke erneut ins illustrierte Buch der schlechten Argumente und finde einen Klassiker unter den Fehlschlüssen. Was ist Korrelation und was Kausalität? Was passiert, wenn man das eine mit dem anderen verwechselt? Und was hat das alles mit kleinen Zuckerkugeln zu tun?

Platon – Die Anamnesislehre

Heute möchte ich zusammen mit euch den skeptischen Zweifel überwinden, dass Erkenntnis nicht möglich ist, dass wir also nicht zwischen wahr und falsch unterscheiden können und euch stattdessen Platons Ausweg zeigen: Die Anamnesislehre. Hier als Video oder darunter als Text.

Erinnert ihr euch noch an die Mäeutik von Sokrates? Also die Theorie, dass wir Wissen schon in uns tragen und man es nur – zum Beispiel durch geschicktes Fragen – zur Welt bringen muss? Ich hatte damals im dritten Sokrates-Teil die Frage gestellt, wo das Wissen denn herkommt, aber ich hatte euch keine Antwort darauf geliefert nur eine Analogie zu unseren heutigen Auffassungen von impliziten und expliziten Wissen.

Nun, Platon gibt eine Antwort: Dieses Wissen kommt daher, dass unsere Seele vor unserer Geburt die Ideen an einem überhimmlischen Ort, einem topos hyperuranios geschaut hat. Das ist die sogenannte Anamnesis-Lehre. Also die Lehre von der Wiedererinnerung. Implizites Wissen beweist nach Platon sowohl dass die Seele unsterblich ist, als auch, dass Ideen existieren. Hier benutzt er das Bild von der Tafel wieder: Unser Erkenntnisvermögen kommt nicht als leere Tafel (als Tabula Rasa) auf die Welt, auf die dann die Sinneseindrücke eingeprägt werden, stattdessen ist die Tafel bereits vorgeprägt. Sie strukturiert von Anfang an die Sinneseindrücke gemäß ihrer Vorprägung.

Jetzt mal ganz abgesehen von dem ganzen metaphysischen Unterbau. Die Erkenntnis, dass unsere Seele, unser Geist oder unser Gehirn keine Tabula Rasa ist, sondern selbst etwas mitbringt, um die Sinneseindrücke zu strukturieren, ist eine verdammt gute Theorie. Eine Theorie, die noch heute über 2300 Jahre später Bestand hat. Kant macht zum Beispiel klar, dass wir das Kausalitätsprinzip nicht empirisch beweisen können. Denn alle unsere Beweismethoden setzen die Existenz der Kausalität immer schon voraus. Mit anderen Worten: Unser Geist bringt das Konzept der Kausalität hervor. Oder in Platons Worten: Wir haben die Idee der Kausalität geschaut und daher war sie in unsere Seele vorgeprägt.

Ein anderes Beispiel: Der Linguist und Philosoph Noam Chomsky vertritt die Theorie, dass uns die Sprache angeboren ist. Und zwar glaubt er nicht nur, dass dem Menschen ein abstraktes Sprachvermögen angeboren ist, sondern meint, dass wir schon die Grammatik mit auf die Welt bringen und als Kleinkind nur lernen, zu differenzieren, welche der möglichen Grammatiken wir in unserer Sprachgemeinschaft verwenden. Sein Argument dafür ist, dass die Zeit, in der das Kleinkind Sprache lernt, zu kurz ist für die Leistung, die es schon mit 1,5 bis 2 Jahren hervorbringt. Obendrein ist nach Chomsky die Datenmenge, die das Kind als Input bekommt, viel zu gering, um so ein komplexes System wie die Grammatik zu erlernen. Er vergleicht die Komplexität der Grammatik einer Sprache mit der Quantenphysik. Und kein Kleinkind ist in der Lage, Quantenphysik zu lernen, aber alle lernen, zu sprechen.

Schließlich geht auch die Psychologie heute davon aus, dass unsere Gehirne einiges mit auf die Welt bringen, etwa die Fähigkeit, Muster zu erkennen. Ich hoffe, ihr versteht jetzt, dass Platon ein verdammtes Genie war und warum ich meine Platon-Staffel mit dem Zitat Alfred North Whiteheads begonnen habe:

„Die sicherste allgemeine Charakterisierung der philosophischen Tradition Europas lautet, daß sie aus einer Reihe von Fußnoten zu Platon besteht.“ 

Zurück zur Anamnesis-Lehre: In Platons Dialog ‚Menon‘ lässt Sokrates einen Sklaven ohne schulische Ausbildung geometrische Aufgaben lösen. Durch geschicktes Fragen führt Sokrates ihn zur Lösung. Da der Sklave diese Aufgaben nicht in dieser Welt gelernt hat, schließt Platon, dass seine Seele die Lösungen schon vor der Geburt gekannt haben muss und nun bloß dazu gebracht werden muss, sich wieder zu erinnern.

Platons Antwort auf die große Frage: Was ist Wissen? Lautet also: Die Wiedererinnerung an die Ideen, die unsere Seele vor ihrer Geburt geschaut hat. Das ist ein eleganter Ausweg aus dem Münchhausen-Trilemma, wenn man zweierlei akzeptiert:

  1. Dass die Ideenlehre stimmt – womit wir schon in Vergangenheit ein Problem hatten.
  2. Dass die Seele unsterblich ist – womit wir vielleicht in der Zukunft ein Problem bekommen werden.

Doch bevor wir uns Platons Unsterblichkeitsbeweisen und anschließend seinem Gottesbeweis zuwenden, werden wir beim nächsten Mal erst noch den Themenblock Erkenntnistheorie abschließen, indem wir uns fragen, was der alte Grieche zum Teilbereich der Wissenschaftstheorie zu sagen hat.

Die Philosophie von Steve Bannon

In den letzten Wochen und Monaten waren mir die kruden geschichtsphilosophischen Ansichten von Steve Bannon des Öfteren begegnet, ohne dass jemand sie logisch widerlegt hatte. Ich habe das mal übernommen. Ihr könnt euch das als Video anschauen oder darunter lesen.

Es geht heute um den Mann, der seit ein paar Monaten der mächtigste in Amerika ist. Nein nicht um Donald Trump! Um Steve Bannon! Derzeit gilt Steve Bannon zwar als entmachtet, aber manchmal kommen sie wieder!!! Daher erzähle ich heute von der Philosophie von Steve Bannon.

Steve Bannon ist der prominenteste Vertreter einer rechtsradikalen politischen Strömung in den USA, die sich „Alt-Right“ nennt. Und falls jemand aus der neuen Rechten das hier liest: Stellt euch nicht an wie Eltern, die von ihrem Kind beim Sex erwischt wurden! Ihr seid rechts, eure Ideen sind radikal: Natürlich seid ihr rechtsradikal!

Steve Bannon jedenfalls war Chefredakteur der ebenfalls rechtsradikalen Webseite Breitbart (ja, ich habe es schon wieder gesagt: rechtsradikal!). Bannon schloss sich dann dem Wahlkampfteam von Donald Trump an und ist nun Chefstratege von Trump im weißen Haus. Er soll der Kopf sein, der hinter Executive Orders wie dem Muslim Ban steckt. Das ist das Einreiseverbot in die USA für Muslime aus einer Reihe von Ländern. Es wurde mittlerweile von mehreren Gerichten als unvereinbar mit der amerikanischen Verfassung abgeurteilt.

Bannons merkwürdige Vorstellungen

Steve Bannon vertritt viele Thesen, die sich in der amerikanischen Rechten im besonderen und der internationalen Rechten im Allgemeinen tummeln, als handele es sich um ein Bordell in Kingslanding. Er verehrt sexy Ronald Reagen und glaubt heutzutage gäbe es nur noch korrupte Politiker, die den anständigen weißen Mittelklasse-Arbeiter mit Hilfe internationaler Konzerne ausbeuten. Die Verstrickung von Politik und internationaler Wirtschaft nennt er „die Partei von Davos“. Zugleich nennt er sich selbst einen Hardcore-Kapitalisten und kritisiert den „Sozialismus“, den Obama-Care für Arme bereitstellt – wiederum auf Kosten der Mittelschicht. Die Politik und die Finanzelite haben Amerika an den Rande des Ruins getrieben, während sie sich selbst bereicherten. Diese Politiker gilt es in Bannons Weltsicht genauso zu bekämpfen wie den Islam, der den christlichen Westen bedroht. Bannon träumt von einer rechtskonservativen Revolution und verglich sich selbst mit Lenin – dahingehend, dass er den amerikanischen Staat zerstören wolle, wie Lenin das mit dem Russischen getan hat. Nur ein Schock – so seine Weltsicht – könne den ich Niedergang des Systems aufhalten.

In diesem Kartoffelsalat an zusammengeklauten Ideologien stecken schon so viele ungesunde Zusatzstoffe, dass ich über jeden eine eigenn Folge machen könnte, aber mich interessiert heute nur der letzte Aspekt (der heilsame Schock) und der theoretische Unterbau dazu: Einer der wichtigsten philosophischen Einflüsse auf Steve Bannon ist das Buch The Fourth Turning* von William Strauss und Neil Howe. Ein Werk, das nicht nur klingt wie eine Gangschaltung bei Star Wars sondern auch ebenso sinnlos ist. Doch der Reihe nach …

Im Buch “The Fourth Turning” wird die Theorie aufgestellt, dass sich die amerikanische Geschichte wiederholt. Sie bewege sich in 80-100 Jahre-Zyklen. Jeder Zyklus endet dann mit einem kathartischen Crash, auf den ein Neubeginn folgt – die Generation Zero*, wie Bannon es in einer von ihm produzierten Dokumentation nennt. Bannon meint, dass der letzte Crash durch die Finanzkrise 2008 eingeleitet wurde. Die Obama-Administration das System aber über seine natürliche Lebensdauer hinaus am Leben erhalten habe. Offensichtlich hat Bannon also kein Problem mit aktiver Sterbehilfe.

The Fourth Turning

Doch, ich will mal einen Moment ernst bleiben und der Reihe nach gehen: Die beiden Urheber dieser (in Ermangelung eines besseren Wortes) Theorie, glauben an eine feste Folge von Generationen. Gemäß William Strauss und Neil Howe gehören alle Menschen einer Generation an, die in etwa in einem 20-Jahre-Korridor geboren wurden. Sie haben wichtige Ereignisse der Geschichte in etwa in der gleichen Lebensphase erlebt und teilen daher das gleiche Set an Werten, Glaubenssätzen und Verhaltensweisen. Strauss und Howe glauben, dass es eine historische Gesetzmäßigkeit gibt, wonach vier Genrationen zumindest in Amerika immer aufeinander folgen: „The High“, „The Awakening“, „The Unraveling“ und „The Crisis“.

Nach einer Krise beginnt ein neuer Zyklus wieder mit The High – der Hochphase. Dieses Hoch zeichnet sich dadurch aus, dass der Staat von starken Institutionen geprägt wird, während der Individualismus schwach ist. Die Gesellschaft ist sich einig, in welche Richtung sie sich entwickeln sollte. Die letzte Hochphase erlebten die USA demnach nach dem zweiten Weltkrieg.

Die zweite Phase ist The Awakening – das Erwachen. In diesem Turning werden die Institutionen angegriffen durch individuelle oder spirituelle Kräfte. The Awakening tritt ausgerechnet dann ein, wenn die Gesellschaft auf dem Höhepunkt des kollektiven Fortschritts ist. Dann erscheint der jungen Generation das High als Ära der kulturellen oder spirituellen Armut und sie wollen sich selbst entdecken und spirituelle Erfahrungen machen. Das letzte Awakening begann wohl nach Kennedys Tod mit den Studentenbewegungen der 1960er.

Es folgt als nächstes das Unravelling – die Phase der Auflösung. Institutionen sind schwach, Menschen Misstrauen ihnen und feiern ihren Individualismus. Die Gesellschaft zersplittert und jeder interessiert sich nur noch für sich selbst. Diese Phase begann der Theorie nach zuletzt in den 1980ern.

Schließlich kommt The Crisis. In dieser Krise wird die Gesellschaft bedroht. Etwa durch einen Krieg. Die Institutionen werden in so einer Krise zerschlagen. Die letzte Krise war die Weltwirtschaftskrise von 1929, die im zweiten Weltkrieg endete. Und an dieser Stelle landen wir wieder bei Steve Bannon. Denn wenn ihr gut aufgepasst habt, dann ist euch aufgefallen, dass die 20 Jahre des letzten Niedergangs schon um sind. Wir also eigentlich schon in der Krise stecken müssten.

Wie schon gesagt, glaubt Bannon, dass The Krisis eigentlich durch die Finanzkrise 2008 eingeleitet wurde, dass es die Obama-Administration aber verpasst hat, das aktuelle politisch-wirtschaftliche System einzureißen, um damit den Weg für die nächste Hochphase zu ebnen. Deswegen unterstützt er Trump, damit dieser diesen Prozess vorantreibt. Das wird das aktuelle System zum Einsturz bringen und Platz machen für das nächste High Amerikas.

Ein nach Mustern suchendes Gehirn

Was haltet ihr davon? Ich muss euch ehrlich sagen, auf mich wirkt das wie das möchtegern-prophetische Fantasy-Konstrukt von nach Mustern suchenden Gehirnen. Dass Bannon seinen Dokumentarfilm mit den Worten „Winter is Coming“ enden lässt, macht es auch nicht unbedingt besser. Und ich muss leider sagen, Steve, es liegt an dir und nicht an mir, dass deine Theorie keinen Sinn ergibt. Steve, deine Theorie ist in etwa so glaubwürdig wie eine Werbekampagne, in der uns McDonalds erklärt, wie gesund ihre Burger sind.  Aber ich will das ganze noch nicht gleich komplett als Quatschkram abtun, sondern zunächst einmal überlegen, ob da nicht vielleicht doch etwas dran  sein  könnte.

Immerhin sind William Strauss, Neil Howe und Steve Bannon nicht allein in dem Versuch, aus der Geschichte Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. Und mal ehrlich, eigentlich ist die Überlegung gar nicht so doof: Wir leben in einer kausalen Welt, in der jede Wirkung eine Ursache hat. Warum sollte es in der Menschheitsgeschichte anders sein? So wie wir Jahreszeiten oder Sonnenfinsternisse Vorherbestimmen können, so können wir doch vielleicht auch Ereignisse wie Krisen vorherbestimmen. Berühmte Vorgänger in dieser Art zu denken waren etwa Hegel und Marx.

Hegel vertrat zum Beispiel den Standpunkt, dass in der Weltgeschichte und im Aufkommen und Untergehen einzelner Staaten der „Weltgeist“ zum Ausdruck kommt. Die Geschichte strebe dem Endziel entgegen, in dem sich der Geist und die Natur vereinen. Ich weiß, dass klingt super-abgehoben und ich kann es euch nicht runterbrechen ohne etliche Folgen zu Hegels Philosophie zu machen. Das letzte werden wir eines fernen Tages angehen, versprochen! Aber jetzt ist erst einmal wichtig, dass Hegel genau wie Strauss und Howe  geschichtliche Ereignisse analysierte. Er meinte, daraus ablesen zu können, dass die menschlichen Gesellschaften sich gesetzmäßig zu immer mehr Freiheit hinentwickeln würden.

Ganz ähnlich verhält es sich bei Marx und doch ganz anders. Marx glaubte Gesetzmäßigkeiten darin zu erkennen, dass die materiellen Verhältnisse der Menschen in der Geschichte zu bestimmten Ideen führten. Das Ziel dieser Entwicklung sei natürlich der Kommunismus, der zwangsläufig kommen werde um die – wie er es nannte – Vorgeschichte der Menschheit beenden werde.

Hmm, mittlerweile haben wir 2017 und der Kommunismus macht derzeit in etwa soviel Welle wie ein Quietscheentchen, nachdem ein Panzer über es hinweggerollt ist. Auch Hegels Vorstellung, dass wir immer freier werden, wird gerade irgendwo zwischen Terrorangst und Nationalismus zermalmt. Ist die Idee, dass wir aus der Geschichte Gesetze ableiten können also genauso bekloppt, wie sie sich anhört?

Die Prognosen der Sozialwissenschaften

Nun, wir müssen bedenken, dass wir solche Gesetze aus der Geschichte ständig ableiten. „Wenn die Wirtschaft boomt, sinkt die Arbeitslosigkeit“ – das ist gewissermaßen ein historisches Gesetz. Denn es hat sich in der Geschichte gezeigt, dass es sich so verhält. „Länder, die miteinander Handel treiben, führen keinen Krieg gegeneinander“, ist ein anderes. Und „In Großstädten wählen die Menschen links-liberaler als auf dem Land“, ist ein drittes. Sätze wie diese sind in den Sozialwissenschaften an der Tagesordnung und sie sind im gewissen Sinne historische Gesetze. Worin unterscheiden sie sich von denen von Hegel, Marx und Strauss und Howe?

Mir erscheinen zwei Unterschiede wichtig. Zum einen sind die Sätze der Sozialwissenschaften Thesen mit einem bedingten Geltungsanspruch. Niemand geht so weit, zu behaupten, dass wirtschaftliches Wachstum bis in alle Ewigkeit für geringe Arbeitslosigkeit sorgen wird. Wenn erst einmal die Maschinen wirklich intelligent sind, dann ist es wahrscheinlich vorbei damit. Die Sozialwissenschaften beobachten die Welt und passen ihre Theorien dann der Welt an. Aber wenn Steve Bannon meint, Obama habe es versäumt, die Crisis einzuleiten, dann versucht es die Welt seiner Theorie anzupassen.

Der andere Unterschied ist, dass die Theorien der Sozialwissenschaften nur Teilaspekte menschlicher Gesellschaften untersuchen und Thesen dazu aufstellen: Die Arbeitslosigkeit, internationale Beziehungen oder das Wahlverhalten von Großstädtern in den Beispielen oben. Hegel, Marx, Strauss und  Howe versuchen hingegen allumfassende, sogenannte holistische Theorien aufzustellen, gültig entweder für die ganze Menschheit oder zumindest für ganz Amerika! Das Problem dabei ist, dass hier unglaublich viele Einflüsse auf das beobachtete System wirken, sodass die für Wissenschaft nötige Reduzierung der Komplexität leicht zu Fehlschlüssen führen kann. Zum Beispiel definieren Strauss und Howe eine Generation als 20 Jahre und sagen, dass Menschen in diesem Lebensabschnitt die gleichen Erfahrungen teilen, was zu dem gleichen Set an Werten, Glaubenssätzen und Verhaltensweisen führt. Das ist eine verdammt steile These. Mein Bruder ist nur sechs Jahre älter als ich, aber – so lieb ich ihn habe – seine Werte, Glaubenssätzen und Verhaltensweisen unterscheiden sich massiv von meinen. Aber 20 Jahre? Ich habe den 11. September im Alter von 20 miterlebt. Wie alle, die diese Erfahrung mit mir teilen, weiß ich noch genau, wo ich war: Im Raucherabteil eines RegionalExpress nach Aachen. Zu meiner Generation sollen aber Menschen gehören, die an diesen Tag noch Babys waren, geschweige denn wissen, dass man früher in Zügen rauchen durfte! Seht ihr das Problem? Und dabei habe ich noch nicht einmal berücksichtigt, dass außer dem Alter noch ganz andere Faktoren Einfluss auf Werte, Glaubenssätze und Verhaltensweisen haben.

Poppers Widerlegung des Historizismus

Karl Popper, einer meiner Lieblingsphilosophen nennt die Art zu Denken von Strauss und Howe „Historizismus“ und er hat eine simple aber zwingende Widerlegung ihres Wahrheitsanspruchs. Sein Argument geht wie folgt:

(P1) Der Ablauf der Geschichte wird durch das Anwachsen des menschlichen Wissens stark beeinflusst.
(P2) Wir können mit rationalen oder Wissenschaftlichen Methoden das zukünftige Wachstum unserer Wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht vorhersagen.
(C) Daher können wir den zukünftigen Verlauf der menschlichen Geschichte nicht vorhersagen.

Das ist ein klassischer Syllogismus. Wenn man  das menschliche Wissen nicht vorhersagen kann und wenn das menschliche Wissen einen starken Einfluss auf den Verlauf der Geschichte hat, dann folgt daraus zwingend, dass wir die Geschichte nicht vorhersagen können. Mit anderen Worten: Die Theorie vom Fourth Turning ist zwingend falsch. Sie kann nicht wahr sein. Unter keinen Umständen.

Die Popular Vote hat Bannon also verloren, wie sieht es mit der Anzahl der Wahlmänner aus? Nun, die Schlussfolgerung, dass die Theorie von Fourth Turning falsch ist, ist logisch zwingend, daran kann ein Verfechter diesee Theorie nichts ändern und wenn er sich auf den Kopf stellt. Aber wo die Konklusion unumstößlich ist, da rücken die Prämissen in den Fokus des Interesses. Um Bannon und seine kruden Ideen doch noch wahr werden zu lassen, müssten unsere Ausgangsbehauptungen falsch sein. Lasst uns einen Blick darauf werfen.

Wissen und Geschichte

Liegt es im Rahmen des Möglichen, dass die menschliche Geschichte nicht durch das menschliche Wissen beeinflusst wird? Nun es spricht ziemlich viel dafür, dass es zwischen Wissen und menschlicher Entwicklung eine kausale Beziehung besteht. Wir hatten schon bei Thales gesehen, wie stark die griechische Geschichte von Sprache, Alphabet und Seefahrt beeinflusst wurden. Andere Beispiele gibt es zuhauf: Ohne die Erfindung des Buchdrucks und die Möglichkeit, Schriften schnell und günstig zu vervielfältigen, wären die Reformation und die Aufklärung nicht möglich geworden. Ohne Vordenker wie Friedrich August von Hayek und Ayn Rand würde der Neoliberalismus die Wirtschaftspolitik der USA nicht seit der Präsidentschaft von Reagan beeinflussen. Und ohne das Internet und Social Media wäre Trump jetzt nicht Präsident. Ich denke beim Einfluss des Wissens kann ich Poppers Schlussfolgerung nicht knacken.

Wie sieht es aus, mit der These, dass sich der Zuwachs des menschlichen Wissens nicht vorhersagen lässt? Ich fürchte hier sieht es sogar noch übler für Bannon aus. Nehmen wir mal für einen Moment an, es gäbe eine neue Wissenschaft, die sich mit der Vorhersage der Wissensentwicklung befassen würde. Gehen wir weiter davon aus, dass diese Wissenschaft voraussagen könnte, wann die Physik das Beamen entdeckt. Dann müsste unsere prophetische Wissenschaft auch erklären können, wie Beamen funktioniert, sonst könnte sie nicht beweisen, dass ihre Prognose wahr ist. Wenn das aber möglich wäre, dann bräuchten wir keine Physik mehr. Wir bräuchten überhaupt keine andere Wissenschaft mehr, sondern müssten alle unsere Ressourcen nur noch auf die prophetische Wissenschaft werfen. Dies wird aber nicht gemacht, sondern nur die Einzelwissenschaften können Fortschritte erzielen. Es deutet also alles darauf hin, dass prophetische Wissenschaft nicht möglich ist.

Tja, es sieht also schlecht aus für die Theorie von Strauss und Howe. In ihr steckt in etwa soviel Wahrheit wie in Alien Covenant. Obwohl, wenn ich es recht bedenke, missachtet Ridley Scott in seinen Filmen zumindest nicht die Gesetze der Wissenschaft.

Notwendigkeit und Kontingenz

Aber auf einen Punkt muss ich noch eingehen: Was ist eigentlich, wenn morgen tatsächlich die Krise ausbricht, die Strauss und Howe vorhergesagt haben?  Zumindest in einem Punkt hat Bannon ja durchaus recht: Der internationale Finanzkapitalismus ist die Pest und die Zocker in den Investmentbanken haben durch die letzte Krise nichts gelernt. Daher ist es jederzeit wieder möglich, dass uns der ganze Laden um die Ohren fliegt. Ist die Theorie vom Fourth Turning dann am Ende doch wahr? Obwohl sie falsch sein müsste? Wir haben schließlich eben bewiesen, dass die Theorie von Strauss und Howe falsch ist.

Am Grund dieser Frage liegt ein philosophisches Problem, über das sich schon Aristoteles den Kopf zerbrochen hat.  Aristoteles formulierte das Problem damals so: Wenn ich gestern vorausgesagt habe, dass heute eine Seeschlacht stattfindet und heute die Schlacht wirklich stattfindet, war mein Satz gestern dann schon wahr?

Haben Zukunftsaussagen in gleichem Maße Wahrheitswerte wie Beschreibungen der Welt? Der Satz „Donald Trump hatte eine Audienz beim Papst“ ist wahr. Aber wie ist es heute, am 23. Mai 2017 mit dem Satz „Morgen wird Donald Trump etwas Dummes tun“. …. Äh …. Okay, vergesst diesen Satz, der ist noch einmal ein Sonderfall. Nehmen wir lieber: „Angela Merkel wird die Bundestagswahl gewinnen.“ Ist dieser Satz heute auch schon in gleicher Weise wahr? Im normalen Sprachgebrauch würden wir das nie sagen. Wir würden sagen, dass der Satz möglich, wahrscheinlich oder sogar ziemlich sicher ist. Aber wir sprechen Prognosen nie Wahrheit zu. Und dennoch, wenn im September Angela Merkel wiedergewählt werden sollte, dann erscheint uns der Satz retrospektiv als wahr. Wie können wir diesen Widerspruch auflösen?

Ganz einfach, die Logik kennt nicht bloß den Unterschied zwischen wahr und falsch sondern auch jenen zwischen kontingent und notwendig. Wenn die Entwicklung des Wissens der Menschheit sich nicht vorhersagen lässt und zugleich dieses Wissen die Geschichte beeinflusst, dann lässt sich die Geschichte notwendig nicht vorhersagen. Daraus folgt, dass eine Theorie, die behauptet, dass die Geschichte gesetzmäßig immer in vier aufeinander folgenden Phasen abläuft, notwendig falsch ist. Aber wenn demnächst ein Tweet von Donald Trump die USA in eine Staatskrise stürzt, dann war Bannons Vorhersage, dass dies geschehen wird, eben nur kontingent wahr.

Die Theorie vom Fourth Turning hat aber den Anspruch immer und zwingend wahr zu sein. Diesem Anspruch kann sie nicht gerecht werden. Die Geschichte der Zukunft ist noch nicht geschrieben.

 

*hinterhältiger Affiliate-Link: Wenn ihr das Buch kauft, bekomme ich eine winzige Provision und freue mich. Euch kostet das natürlich nicht mehr!

Der Geist in der Maschine

Dies ist die Geschichte des Geistes. Die Geschichte, wie die Menschen ihn verloren haben und die Maschinen den Geist vielleicht finden werden. Es geht um die Redewendung vom ‚Geist in der Maschine‘. Wir finden sie in der Popkultur in vielerlei Form, der Anime Ghost in the Shell referenziert sie genau wie der Film Ex Machina, aber auch in I Robot, Brazil, Futurama oder Akte X taucht sie auf. Verwendet wird sie, um auf den Zustand zu verweisen, in dem die künstliche Intelligenz uns ebenbürtig ist. Jüngst machte Furore, dass Googles AlphaGo das äußerst komplexe Spiel Go spielen kann. Aber nicht nur das: Der Computer hat sich das Spiel mittels Deep Learning sogar selbst beigebracht und obendrein kann er intuitiv entscheiden, was der richtige Zug ist. Wenn wir solche Formulierungen wie „selbst beibringen“ und „Intuition“ hören, dann flackert der Geist in der Maschine, den wir bislang nur aus Literatur und Film kannten, in der echten Welt auf. Doch auch wenn diese spezialisierte Intelligenz unglaublich beeindruckend ist, so wird es wohl noch ein paar Jährchen dauern, bis die Maschine einen echten Geist mit allgemeiner Intelligenz, Vernunft, Verstand, Kreativität, Selbstbewusstsein und freien Willen besitzen wird, wenn überhaupt …

Filmplakat zu Ex Machina. Copyright: DNA Films / Film4 Productions
Filmplakat zu Ex Machina. Copyright: DNA Films / Film4 Productions

Denn das Spannende daran ist, dass die Redensart vom „Geist in der Maschine“ sich ursprünglich gar nicht auf Computer und künstliche Intelligenzen bezog, sondern auf uns Menschen! Der Philosoph Gilbert Ryle prägte die Phrase 1949 in seinem Buch Der Begriff des Geistes, um unser menschliches Selbstverständnis zu kritisieren – das, was in der Philosophie der Leib-Seele-Dualismus genannt wird. Denn während wir gerade auf der Suche nach dem Geist für die Maschine sind, haben wir Menschen ihn längst verloren. Und diese Geschichte möchte ich euch erzählen.

SF65 - Her

Dieser Post ist Teil einer umfassenden Auseinandersetzung mit Spike Jonzes Film Her, in dem sich der Mensch Theo in die künstliche Intelligenz Samantha verliebt. In meinem Podcast Spätfilm habe ich bereits mit meiner Co-Hostin Paula und unserem Gast Christian über die Darstellung der Liebe zwischen Mensch und Maschine in Her gesprochen. In Christians Podcast Second Unit war ich zu Gast zur Diskussion über die Frage, ob die in Her gezeichnete Welt eine Utopie oder eine Dystopie ist. Und demnächst erscheint noch eine Folge des Podcasts Enough Talk, in der Paula und ich zusammen mit unserem Gastgeber Arne durch die Filmgeschichte reisen und uns fragen, welche Geschichten wir rund um künstliche Menschen gewöhnlich erzählt bekommen.

Wie wir Menschen den Geist fanden

Natürlich beginnt unsere Geschichte mit Platon. So, wie fast alles in der Philosophie mit Platon beginnt. Denn die Idee, dass der Mensch einen Geist hat, stammt ursprünglich vom griechischen Philosophen, auch wenn er noch gar nicht vom Geist sondern von der Seele sprach. Genauso natürlich werden jetzt manche einwenden, dass es vor Platon schon andere gab, wie die Pythagoreer oder die Orphiker, die davon sprachen, dass der Mensch eine Seele hat. Das stimmt, Platons Geist hat diese Idee nicht spontan hervorgebracht, sondern war kulturell geprägt. Aber dennoch ist Platon der Ausgangspunkt dieser Geschichte und zwar aus zwei Gründen: Zum einen ist er der erste, von dem ums komplette Texte mit zusammenhängenden Argumentationen erhalten geblieben sind. Zum anderen war sein Konzept vom Leib-Seele-Dualismus enorm wirkungsträchtig. Das zeigt nichts besser, als die Tatsache, dass das Christentum ursprünglich keine Seele kannte. Das hört sich für uns heute absurd an, aber ursprünglich glaubte das Christentum an die „Wiederauferstehung des Fleisches“. Man glaubte also, dass der Körper eines Menschen am Tag des jüngsten Gerichts wieder zum Leben erwachen und zwar nicht im Sinne einer Zombieapokalypse sondern so wie dies Jesus an Ostern vorgemacht haben soll. Erst als im Mittelalter die sogenannten Kirchenväter Platon gelesen hatten, tröpfelte die Idee vom Leib-Seele-Dualismus schließlich ins Christentum ein.

Aber was genau stellte sich Platon unter der Seele vor und in welchem Verhältnis steht sie zum Körper? Platon bezeichnet den Körper als das Gefäß für die Seele, ja, manchmal sogar als ihr Gefängnis. Seiner Vorstellung nach schwappen die Seelen an einem „überhimmlischen Ort“ in einer Art Eintopf rum und wenn dann ein Körper geboren wird, dann flutscht eine Seele in den Körper hinein. Nach dem Tod darf sie dann wieder in den überhimmlischen Eintopf zurückkehren. Nach Platon besteht die Seele aus drei Teilen. Zum ersten gibt es die Begierden, die natürlichen Triebe wie Hunger, Durst und der Sexualtrieb. Der zweite Teil ist die Vernunft und der dritte Teil sind die Gefühle, die Emotionen. An manchen Stellen sagt Platon übrigens, dass nur der vernünftige Teil der Seele unsterblich ist, an anderen bezeichnet er auch unsere innere Stimme, die wir beim Denken hören, als die Seele. Interessant ist, dass Platon die Seele nicht unbedingt im Kopf verortet, stattdessen ist irgendwie der ganze Körper von der körperlosen Seele beseelt.

Platons Leben

Mehr zu Platon könnt ihr auf meinem YouTube-Kanal sehen. In einer ausführlichen Staffel werde ich mich unter anderem auch mit Platons Seelenvorstellungen und seinen Unsterblichkeitsbeweisen beschäftigen.

Der menschliche Körper ist wie ein Uhrwerk nur schleimiger

Doch genug zu Platon, denn hier soll es doch eigentlich um die Idee vom Geist in der Maschine gehen. Die Frage ist also: Wie wurde aus der Seele der Geist? Dafür sorgte ein anderer großer Name in der Philosophie: René Descartes. Er machte aus dem Leib-Seele-Dualismus den Geist in der Maschine und er verlagerte den Geist auch endgültig in den Kopf.

Warum? Was war in der Zwischenzeit geschehen? Die Rennaisance und mit ihr der Beginn der philosophischen Epoche der Neuzeit! Die Rennaisance hatte vor allem zwei Innovationen gebracht, die unser Bild vom Leib-Seele-Dualismus maßgeblich beeinflussten. Zum einen war dies die Anatomie. Zwar hatten schon in der Antike Ärzte tote Menschen aufgeschlitzt, doch im Mittelalter war dieser Zweig der Medizin größtenteils als Sünde verboten gewesen. Männer wie Leonardo da Vinci oder Andreas Vesalius begannen nun wieder zu untersuchen, wie der menschliche Körper aufgebaut ist und hatten dabei große Schwierigkeiten, eine Seele zu finden. Stattdessen fanden sie etwas anderes, nämlich das Gehirn. Und dies kombiniert mit der zweiten großen Innovation sorgten für das Bild vom Geist in der Maschine. Diese zweite Innovation war das Mechanistische Weltbild. Dafür sorgten so Menschen wie Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler, Galileo Galilei und Francis Bacon. Mmmmh, Bacon … Äh, Tschuldigung! Das mechanistische Weltbild war dadurch geprägt, dass die Menschheit mehr und mehr erkannte, dass die Welt anscheinend kausal aufgebaut ist. Jede Wirkung in der Welt hat eine Ursache. Sei es nun im kleinen Maßstab, wo geschickte Ingenieurskunst dieses Prinzip nutzte um zahnrädergetriebene Uhrwerke zu entwickeln oder sei es im Großen, wo die Planeten sich auch nur deshalb bewegen, weil ursächliche Kräfte auf sie einwirken.

Die Entdeckungen der Anatomen passten nun hervorragend in dieses Weltbild. Anscheinend war der Mensch auch nichts anderes, als ein perfekt funktionierendes Uhrwerk, nur ein bisschen schleimiger. Aber war der Mensch das wirklich? Unser alltägliches Leben scheint uns etwas anderes zu erzählen. Während ein Uhrwerk solange das Gleiche macht, bis es kaputt geht, ist der Mensch kreativ. Wir verfügen über die Gabe der Spontaneität. Während in der mechanischen Welt alles inklusive unseres Körpers durch die Prinzipien der Kausalität bestimmt ist, ist unser Geist frei, nicht an die Gesetze von Ursache und Wirkung gebunden. Ich kann mich zum Beispiel jederzeit entscheiden, ob ich diesen Text weiterschreibe oder

 

Tumbleweed

 

Da bin ich wieder, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, beim freien Willen. Unsere ganze Welt von der Erziehung über unsere Rechtssprechung bis zur Entscheidung, wo wir nach dem Tod die Ewigkeit verbringen, basiert auf der Idee, dass wir uns frei entscheiden können. Der freie Wille ist eine Idee, die scheinbar überhaupt nicht zusammenpasst mit dieser kausal-mechanischen Welt. Das motivierte Descartes dazu an Platons Dualismus festzuhalten: Wir besitzen nicht nur einen Körper, der dem Kausalitätsprinzip unterliegt, sondern in unserem Kopf sitzt zudem unser Geist, der nicht gebunden ist an die mechanische Welt.

Dies war lange Zeit die herrschende Lehre und auch heute noch, da sie schon lange bröckelt, zweifeln wir im Alltag nicht im geringsten an ihr, auch wenn sie uns manchmal auf den Geist geht. Wir sprechen von der Welt des Geistes, wenn wir uns mit Kunst, Literatur oder Musik beschäftigen. Die Geisteswissenschaften behandeln alles, was sich nicht ins starre Kausalraster der Naturwissenschaften pressen lässt. Und unser Geist kann krank oder behindert sein. Auch Descartes wichtigste und berühmteste Erkenntnis, das „Ich denke, also bin ich“ basiert auf der Idee des Geistes und auf jener, dass wir einen priveligierten Zugang zu ihm haben: Alles außer der eigene Geist ist ungewiss.

Aber am wichtigsten ist und bleibt der freie Geist für die Ethik. Unser Gehirn komplett dem Kausalitätsprinzip zu unterwerfen, bedeutet, die Unterscheidung von Gut und Böse aufzugeben. Die Vorstellung, dass die Nazis nicht anders handeln konnten, dass sich der Holocaust kausal notwendig ereignen musste, bereitet hoffentlich nicht nur mir Schmerzen. Die Idee, dass alles seit dem Urknall einer unbeeinflussbaren ewigen Kettenreaktion folgt, ist im Grunde nur eine mechanistische Variante des Schicksalsglauben.

Unser Geist ist nicht ganz sabberfrei

Andererseits ist die Idee des Geistes in der Maschine wohl nicht aufrechtzuerhalten, wie wir sehen, wenn wir darauf blicken, was in den Jahrhunderten nach Descartes geschah. Vor allem ab dem späten 19. Jahrhundert ergaben sich in der Verhaltensforschung und der Psychologie entscheidende Erkenntnisse, die das Bild vom freien Geist in der determinierten Maschine in Frage stellten. Allem voran brachte Pawlow in seinen Experimenten Hunde zum sabbern. Und schon bald stellte sich heraus, dass auch der menschliche Geist nicht ganz sabberfrei ist. Anscheinend unterliegt er ebensovielen Regeln und Gesetzen wie der Körper. Dies führte zur psychologischen Theorie des Behaviorismus. In seiner radikalen Ausprägung sagt der Behaviorismus, dass jedes menschliche Verhalten eine Reiz-Reaktions-Kette ist.

Zu diesem Zeitpunkt brachte dann Gilbert Ryle 1949 sein Buch „Der Begriff des Geistes“ heraus, in dem er den Geist-Körper-Dualismus als „intelektualistische Legende“ entlarvt. Ryles zentrales Argument ist, dass es sich beim Dualismus von Körper und Geist um eine sogenannte Kategorienverwechslung handelt. Er bringt ein Beispiel für eine Kategorienverwechlung: Ich soll einer Gästin die Universität zeigen. Ich zeige ihr die verschiedenen Institute, die Bibliothek, die Mensa, die Verwaltung, den Asta etc. Doch anschließend sagt meine Gästin: „Jetzt hast du mir all diese Orte gezeigt, aber zeige mir doch endlich die Universität!“ Mein Gast glaubt in diesem Fall, dass die Universität vom gleichen logischen Rang ist, eine eigene weitere Kategorie neben den Instituten usw. In seinem Buch zeigt Ryle auf, dass es uns mit dem Geist genauso geht, dass wir ihn nicht als einen Teil des Körpers betrachten, sondern glauben, er sei eine diesem Körper ebenbürtige Kategorie. Ryle zeigt dann an sehr vielen Beispielen auf, in welche Absurditäten uns diese Vorstellung hineinführt, wenn wir sie konsequent durchspielen. Ryles Philosophie ist sehr spannend und zu einem anderen Zeitpunkt einen eigenen Post wert, doch hier würde das jetzt zu weit führen, schreiten wir lieber voran.

Der Dolchstoß als Geisteraustreibung

Denn Gilbert Ryle war noch nicht der Abschluss der Geisteraustreibung. Als nächstes wurde der Computer erfunden. Nun gut, die Idee der Turing-Maschine und der Zuse-Rechner sind älter als Ryles Buch, aber Innovationen brauchen immer eine Weile, bis sie in den philosophischen Diskurs eindringen. Jedenfalls erschien die Metapher des Computers perfekt, um komplett geistlos zu beschreiben, was in unserem Kopf vorgeht. Doch auch wenn ich immer wieder Sätze wie diesen lese:

„Here’s something we know. Building a computer as powerful as the brain is possible—our own brain’s evolution is proof.“

… Möchte ich darauf bestehen, dass das Gehirn kein Computer ist. Es erscheint uns als ein solcher, da es sich mit der Terminologie der Informatik derzeit am besten beschreiben lässt. Aber auch die Seele und der Geist in der Maschine waren das Ergebnis der damals besten Beschreibungsmöglichkeiten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in einigen Generationen jemand schmunzelnd auf unser komisches Bild vom Computer im Gehirn zurückblicken wird. Wenn uns die Philosophie eines lehrt, dann dass wir immer Gefangene des Zeitgeists sind.

Aber auch mit dem Computer war noch immer nicht Schluss. Den bislang letzten Dolchstoß verpasste dem Geist das Libet-Experiment und seine Nachfolger. Denn dieses und ähnliche Experimente scheinen zu beweisen, dass der freie Wille eine Illusion ist. Demnach fällt das Gehirn schon Entscheidungen, bevor unser Geist oder unser Bewusstsein glaubt, dass es diese Entscheidungen fällt. Sind wir also wirklich nur determinierte Maschinen? Nun, das wird die Zukunft zeigen. Aber wenn wir das Libet-Experiment ernst nehmen würden, dann müssten wir unser Rechtssystem komplett umkrempeln. Denn, wie Bertrand Russell einst sagte: Niemand würde ein Auto, das aufgrund eines Defekts gegen eine Wand gefahren ist, dafür als Strafe jahrelang in die Garage sperren. Doch genau das machen wir mit Straftätern, obwohl sie ohne freien Willen nichts anderes sind als kaputte Maschinen. Andererseits können wir unser Rechtssystem auch nicht ändern, schließlich war es kausal vorbestimmt, das zu werden, was es heute ist. Und schon stecken wir wieder mitten im Schicksalsglauben.

Wie die Maschinen den Geist fanden

So, das war sie, die Geschichte, wie die Menschen den Geist verloren haben. Schauen wir uns doch mal an, wie die Maschinen ihn fanden. Denn, wenn wir heute vom Geist in der Maschine sprechen, meinen wir zumeist künstliche Intelligenz – die denkende Maschine. Denkende Maschinen sind die neueste Version des künstlichen Menschen, einem Wunschtraum, den wir schon seit der Antike haben. Hephaistos, der griechische Gott der Schmiedekunst soll mechanische Dienerinnen gehabt haben und der von den Frauen enttäuschte Bildhauer Pygmalion hat sich in eine seiner Statuen verliebt. Venus fand das wohl so knorke, dass sie sie zum Leben erweckte. Im Mittelalter taucht in der jüdischen Mystik der Golem auf, ein aus Lehm geschaffener und mit Zahlenmystik zum Leben erweckter künstlicher Mensch. Mit Hilfe der Alchemie machte man sich außerdem vergeblich daran den Homunkulus zum Leben zu erwecken. Im mechanischen Zeitalter waren dann zum Beispiel der Schachtürke oder die automatische Tochter Olimpia aus E. T. A. Hoffmanns „Der Sandmann“ die neuen Träume.

 

Pygmalion

 

Und heute träumen wir eben den Traum von der K.I. Spannend ist diesbezüglich der Turing-Test, da sich in ihm wieder die behavioristische Geistesaustreibung zeigt. Dieser von Alan Turing entwickelte Test soll beweisen, ob ein Computer intelligent ist. Beim Versuch führt eine Person zwei Gespräche mit Unbekannten, die sie nicht sehen kann. Einer ist ein Mensch der andere ein Computer. Wenn die Testperson nach diesen Gesprächen nicht sagen kann, welcher der Unbekannten der Mensch und wer der Computer ist, dann ist der Test für den Computer bestanden und er gilt als so intelligent wie der Mensch.

Wir sehen, dass der Turing-Test überhaupt nicht nach dem Geist in der Maschine fragt. Ganz im Sinne Ryles bleibt er gänzlich äußerlich, er macht nichts anderes, als nach dem Verhalten der Maschine zu fragen und zu prüfen, ob dieses Verhalten geistreich ist. Natürlich wurde der Test dafür auch kritisiert: John Searle kritisierte, dass der Test nicht beweisen könne, dass die Maschine ein Bewusstsein habe. Oder, wie es im Film Ex Machina gut zusammengefasst wird: Woher weiß ich, dass der Computer nicht bloß besonders clever darauf programmiert ist, mit vorzugaukeln, er könne denken. Diese Frage ist genauso spannend wie im Bild vom Geist in der Maschine gefangen. Denn nach Ryle kann die einzige Antwort darauf die Gegenfrage sein: Wie machen wir das denn bei Menschen?

Der Käfer in der Schachtel

Gewiss, wir unterstellen Menschen, dass sie einen Geist haben. Aber, ob es ihn nun jenseits unserer Neuronen gibt oder nicht, wir können ihn nie sehen, hören oder gar berühren. Obwohl … Wir sprechen manchmal davon, dass etwas jemandes Geist berührt, etwa wenn wir über Poesie sprechen. Und das ist auch des Rätsels Lösung: Wenn wir herausfinden wollten, ob ein anderer Mensch einen Geist hat, bliebe uns nichts anderes übrig, als mit ihm oder ihr zu sprechen. Wir würden wahrscheinlich ihren Humor testen und ihren Geschmack, wir würden die andere Person in eine politische Debatte verwickeln und mit ihr über Filme, Bücher und Fußball sprechen. Und wenn die Person bei diesem Gespräch geistreiche Antworten gegeben hätte, dann würden wir ihr einen Geist unterstellen. Mit anderen Worten: Wir würden diese Person einem Turing-Test unterziehen, denn wir haben keinen Zugang zu ihren inneren Vorgängen, was auch immer das sein mag. Ja, wir machen das sogar ständig! Zwar gehen wir selten so weit, jemanden den Geist komplett abzusprechen, aber wenn wir neue Menschen kennenlernen, prüfen wir im Gespräch implizit auch immer ihre Intelligenz mit, damit wir wissen, worüber wir uns mit ihnen unterhalten können. So finden wir dann beispielsweise heraus, dass sich mit dem neuen Kollegen hervorragend über Musik sprechen lässt, dass wir aber besser die Flüchtlingskrise meiden, da er diesbezüglich ein viel zu unterkomplexes Weltbild hat. Das ist im Grunde nichts anderes als ein kleiner Turing-Test.

Die Pointe meiner langen Geschichte ist, dass es letztlich sowohl für den Menschen als auch für die Maschine irrelevant ist, ob sie einen Geist haben. Intelligentes Verhalten zeigt sich nicht an einem mystischen, körperlosen Wesen sondern an unserem alltäglichen Verhalten. Letztlich werden wir auf der Suche nach dem Geist auf Wittgensteins „Käfer in der Schachtel“ verwiesen, der genialen Metapher, mit der Wittgenstein unsere inneren Vorgänge und ihre Relevanz für die Welt und das Menschsein beschreibt:

293. Wenn ich von mir selbst sage, ich wisse nur vom eigenen Fall, was „Schmerz“ bedeutet, – muß ich das nicht auch von den Anderen sagen? Und wie kann ich denn den einen Fall in so unverantwortlicher Weise verallgemeinern?

Nun, ein Jeder sagt es mir von sich, er wisse nur von sich selbst, was Schmerzen seien! – Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir „Käfer“ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schaun; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. – Da könnte es ja sein, daß Jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja, man könnte sich vorstellen, daß sich ein solches Ding fortwährend veränderte. – Aber wenn nun das Wort „Käfer“ dieser Leute doch einen Gebrauch hätte? – So wäre er nicht der der Bezeichnung eines Dings. Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch nicht einmal als ein Etwas; denn die Schachtel könnte auch leer sein. – Nein, durch dieses Ding in der Schachtel kann >gekürzt werden<; es hebt sich weg, was immer es ist.

Das heißt: Wenn man die Grammatik des Ausdrucks der Empfindung nach dem Muster von >Gegenstand und Bezeichnung< konstruiert, dann fällt der Gegenstand als irrelevant aus der Betrachtung heraus.

Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen I; § 293.

Welterklären

Bei meiner Tochter (6) ist der Wissensdurst ausgebrochen. Sie möchte sich nicht mehr bloß an den kleinen und großen Wundern dieser Welt unkritisch erfreuen, sie möchte jetzt Antworten auf die großen Fragen. Sie möchte wissen, warum alles so ist, wie es ist. Zu dumm nur, dass sich diese Fragen auch stellen, wenn mal kein Erwachsener in der Nähe ist. Oder noch schlimmer: Die Erwachsenen  sind oft ignorant und haben keine sinnige Antwort parat sondern mal wieder keine Zeit… Aber alles kein Problem, denn sie hat sich einfach selbst ein Erklärungsmuster zurechtgelegt.

Winterabend

Clever, wie sie ist, überträgt sie die teleologische Erklärung aus ihrer Alltagswelt einfach auf die Natur. Die Frage, warum etwas ist, wie es ist, beantwortet sie also mit dem Zweck oder Ziel der beziehungsweise das dahinter steht. Das ist clever, weil sie damit ein Muster, das sie kennengelernt hat, auf eine neue Sphäre anwendet.

„Warum muss ich Die Zähne putzen?“
„Damit du kein Karies bekommst.“

„Warum muss ich mein Zimmer aufräumen?“
„Damit du nicht über dein Spielzeug stolperst und dir dann wehtust.“

„Warum gibt es Spinnen?“
„Damit die Vögel etwas zu fressen haben.“

Damit ist sie in guter Gesellschaft, denn die Teleologie war in der griechisch-antiken Philosophie eine knorke und weit akzeptierte Erklärungsart. Sogar der große Aristoteles (unbestätigten Gerüchten zufolge nannten ihn seine Freunde „Ari“) hat sich ihrer bedient. Dann kann sie doch nicht falsch sein! Mit den vier Elementen hat er doch auch Recht gehabt, oder? Ähh… Aber auch wir bedienen uns der Teleologie, wenn wir nicht aufpassen. Wir tun dies immer dann, wenn wir Fragen stellen wie: „Was hat sich die Natur dabei nur gedacht?“.

Vor allem ist so eine teleologische Erklärung aber auch viel einleuchtender als die fantastischen (kausal begründeten) Geschichten, die der Papa meiner Tochter (6) immer von sich gibt:

„Warum gibt es den Winter?“

Damit zu beantworten:

„Damit danach der Frühling kommen kann und mit dem Frühling die Tiere genug zu Essen finden, damit sie ihre Kinder großziehen können.“

Ist doch viel einleuchtender als den Blödsinn, den ihr Papa immer so verzapft:

„Die Erde fliegt auf eine Bahn um die Sonne. Aber die Achse zwischen Nord- und Südpol der Erde ist im Verhältnis zu dieser Bahn geneigt. Daher sind wir, im Norden der Erde, mal näher an der Sonne und mal weiter weg. Und wenn wir näher an der Sonne sind, dann ist Sommer. Wenn wir aber weiter weg sind, dann ist Winter.“

Sorry, aber wer glaubt denn mit 6 Jahren noch an solche Märchen?