50 Gedanken

Gedanke 1 – die Leichtigkeit beim Bloggen

Ich habe gerade die neuste Folge Leitmotiv gehört. Nach neun Monaten hat Caspar Clemens Mierau endlich mal wieder eine Folge veröffentlicht. Ich merke jetzt erst, wie sehr ich seine Interviews vermisst habe.

Dieses Mal sprach er mit Kübra Gümüşay. Neben vielen anderen Themen ging es um die Leichtigkeit beim Bloggen und wie sie Kübra im Laufe der Jahre abhanden gekommen ist. Da fiel mir auf, dass das bei mir genauso ist. Früher habe ich aufgeschrieben, was mir durch den Kopf ging. Das konnte vom Elternsein genauso handeln, wie vom Sein-Sollen-Fehlschluss. Ich habe über Kassetentapes geschrieben oder über Überwachungsbefürworter. Es waren mal kurze, mal längere Stücke, die ich einfach so heruntergeschrieben habe.

Heute mache ich das gar nicht mehr. Heute verblogge ich wohldurchdachte, langgeplante Essays oder institutionalisierte Stücke. Aber einfach aufschreiben, was mir durch den Kopf geht …? Eigentlich ist das etwas sehr schönes und genau dafür ist doch so ein Blog (auch) da!

Zum Glück hatte Kübra Gümüşay auch gleich eine Abhilfe: Nur lose zusammenhängend zur Leichtigkeit beim Bloggen erzählte sie von einer Aktion, bei der sie mal 50 Gedanken in 50 Wochen verbloggte. Das möchte ich mir aneignen. Und ich will die Schlagzahl sogar noch erhöhen! 50 Gedanken bis Jahresende, das habe ich mir vorgenommen.

Irrtümer

Neulich kursierte mal wieder die Geschichte durchs Internet, dass die Hummel nach den Gesetzen der Aerodynamik eigentlich nicht fliegen kann. Da sie dies aber nicht weiß, fliegt sie trotzdem. Das ist eine tolle Geschichte, denn unsere kleine, dicke Heldin zeigt es mal diesen fiesen Wissenschaftlern, die immer glauben, alles besser zu wissen. Zu dumm nur, dass die Geschichte falsch ist.

Das ließ mich grübeln, was wir noch alles so glauben, zu wissen, aber uns dabei eigentlich irren. Ich persönlich hatte zum Beispiel ziemlich lange ein Problem mit den Ziegen – also mit dem Ziegenproblem. Das Ziegenproblem kommt aus einer amerikanischen Spielshow. Dort bekommt eine Kandidatin drei verschlossene Türen gezeigt, hinter einer dieser Türen liegt ein Gewinn, hinter den anderen beiden stehen Ziegen. Die Kandidatin sucht sich eine der Türen aus, woraufhin der Showmaster eine der anderen beiden Türen öffnet, hinter der eine Ziege steht. Die Kandidatin bekommt nun die Gelegenheit, sich noch einmal umzuentscheiden oder ihrer Tür die Treue zu halten.

Ziegen
Ziegen. Von mir. Lizenz: CC-BY 3.0

Der Clou ist, dass wir jetzt errechnen können, dass die Gewinnwahrscheinlichkeit höher ist, wenn sich die Kandidatin noch einmal umentscheidet. Das wollte lange nicht in mein Hirn rein. Ich dachte immer: Wenn ich dann zwei Türen vor mir habe, sind die Chancen 50:50. Der Zufall hat doch kein Gedächtnis und kann sich nicht merken, ob ich zuvor die eine oder andere Tür hatte. Ein Mathematiker gab mir dann mal eine einfache Hilfestellung, um diesen Denkfehler zu überwinden, indem er mir sagte: Stell dir vor, es sind tausend Türen, du suchst dir eine aus, dann öffnet der Showmaster alle anderen bis auf eine andere und deine Tür. Würdest du dann noch immer sagen, die Wahrscheinlichkeit ist gleich hoch? Nope, natürlich nicht. Und mit drei Türen ist es im Grunde das gleiche, nur dass die Wahrscheinlichkeitsunterschiede nicht so groß sind…

Jedenfalls guckte ich mich ein bisschen um nach weiteren Irrtümern, denen ich anheim gefallen war und stieß auf ein paar schöne Wikipedia-Artikel, die über solche Irrtümer aufklären. Beispielsweise war ich richtig erzürnt, als ich erfuhr, dass mir im Geschichtsunterricht Blödsinn beigebracht wurde. Auf mich machte damals großen Eindruck, dass das römische Reich aufgrund seiner Dekadenz zu Grunde gegangen ist. Sinnbild für diese Dekadenz war, dass die Römer solange aßen, bis sie nicht mehr konnten, dann alles auskotzten und wieder weiteraßen. Stellt sich raus, mein Geschichtslehrer hat mir damals einen Mythos beigebracht. Denn die Römer haben dieses Erbrechen zwischen den Mahlzeiten nicht betrieben. Der Irrtum geht auf den Ausdruck „Vomitorium“ zurück. Aber das Vomitorium war kein Raum zum Kotzen sondern ein Teil eines Amphitheaters.

In Leitmotiv 006 lernte ich, dass Steinzeitmenschen weder Keulen schwangen noch Lendenschurze trugen. Außerdem hatten die Wikinger keine Hörner am Helm, das hat sich Wagner ausgedacht. Auch lernte ich in der Schule, wie gering die Lebenserwartung im Mittelalter war. Das stimmt zwar, birgt aber die Tücken der Statistik. Denn in dieser Lehre steckt die hohe Kindersterblichkeit, sodass ein Alter von über 60 Jahren nicht ungewöhnlich war. Und mit offenem Mund ließ mich zurück, dass Marie-Antoinette nie gesagt hat, das Volk solle Kuchen essen, wenn es kein Brot habe!

Nicht weniger drollig ist, dass all die Gründe für die amerikanische Revolution auf Propaganda zurückzuführen sind:

A propos Propaganda: Der Weihnachtsmann wurde nicht von Coca Cola erfunden, wenngleich die Firma das Bild vom dicken Mann im roten Plüschmantel weltweit exportierte. Und erst vor kurzem habe ich im Spätfilm erzählt, dass bei Orson Welles’ Krieg der Welten die Menschen tatsächlich an die Alien-Invasion glaubten. Stellt sich raus, es war nicht so… Genausowenig wie Einstein in der Schule schlecht in Mathe war, auch wenn sich viele Eltern seit Generationen damit trösten.

So gibt es noch unzählige Irrtümer und ich habe gerade erst einmal die einfachste Art von Irrtum hier angerissen, nämlich das falsche Wissen, noch viel vertrackter wird es, wenn wir uns erst einmal die kognitiven Verzerrungen angucken, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden…

Ich bin raus.