Aristoteles – Kritik an Platons Ideenlehre

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Daniel
ist ein Einzelding

Aristoteles – Der Logiker – Folge 12

Aristoteles war zwar Schüler Platons, aber wir zählen ihn nicht zu den Platonikern. Stattdessen hat er seine eigene Tradition begründet. Ausschlaggebend dafür ist seine Abkehr von der Ideenlehre. In dieser Folge lege ich die drei größten Kritikpunkte von Aristoteles an der Ideenlehre dar: Das Argument vom Dritten Menschen, dass Platon nicht erklären kann, wie die Ideen auf die Einzeldinge einwirken und das Problem der verschachtelten Ideen.

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Kleine Wiederholung: Warum Ideenlehre?

Bevor ich euch Aris Kritik an Platon vorstelle, lasst uns doch noch einmal ins Gedächtnis rufen, warum Platon überhaupt auf das Konzept zu seiner Ideenlehre kam. Sie ist ja nicht wirklich naheliegend, oder?  Denken wir noch einmal an die letzte Folge zurück und damit an die Grundfrage, was das Seiende ist. Was ist die wahre Natur der Welt? Auch wenn Platon genau wie Aristoteles noch im ersten Paradigma der Philosophie verfangen war, was bedeutet, dass beide noch glaubten, dass sich die Frage, was die Welt ist, beantworten lässt, war bereits Platon klar, dass es nicht so einfach ist, die richtige Antwort zu finden, weil beispielsweise meine Sinne mir Streiche spielen können. Im Dialog Theaitetos bespricht Platon das ausführlich.

Eine weitere Einschränkung ist, dass wir uns die Welt sprachlich erschließen und die Sprache die Welt auf bestimmte Weise darstellt. Erneut: Platon und Aristoteles hatten natürlich noch nicht den Linguistic Turn vollzogen, sie waren sich nicht der Medialität der Sprache bewusst. Die Vorstellung, dass die Struktur der Sprache uns die Struktur der Welt womöglich verstellt, war ihnen noch fremd. Für die beiden war Sprache ein Werkzeug, das unsere Welt abbildet. Und daher untersuchten sie die Welt, indem sie sprachliche Strukturen anschauten.

Aber wenn ich beispielsweise wissen will, was das Seiende ist, dann ist die Idee ja nicht ganz blöd, mir mal zu überlegen, wie sich dieses Seiende in einem Satz abbildet. Ich nannte das Seiende beim letzten Mal auch „die Struktur der Welt“. Wenn wir uns jetzt fragen, was diese Struktur in ihrer einfachsten Form ist, dann können wir das anhand eines einfachen Satzes machen.

Es spricht einiges dafür, dass der einfachste weltbeschreibende Satz die Form

(x)P

hat. Oder, um euch nicht mit Formeln zum Einschlafen zu bringen, zum Beispiel:

„Dies ist ein Stein.“

Warum soll das der einfachste Satz sein? Nun, ein beschreibender Satz setzt sich aus Subjekt und Prädikat zusammen. Hier ist „Dies“ das Subjekt und „ist ein Stein“ das Prädikat. Besonders schön ist, dass „dies“ auf ein Einzelding referenziert, also darauf verweist. Auf das eine Ding, was ich hier mit meinen Augen vor mir sehe. „Stein“ hingegen auf einen Allgemeinbegriff. Wenn wir jetzt also unterstellen, dass „Dies ist ein Stein“ die einfachste Form der Weltbeschreibung ist und sich hier drin die Struktur der Welt wiederspiegelt, dann stellt sich die Frage, was existiert als erstes? Das „dies“, also das Einzelding? Oder der Begriff „Stein“, also der Allgemeinbegriff, das Konzept des Steins.

Platons Antwort lautete: „Das Allgemeine hat ontologisches Primat.“ Also: Zunächst existieren erst einmal allgemeine Ideen von den Dingen, von diesen lassen sich dann einzelne Erscheinungen ableiten. Wie kam Platon auf diese Idee? Platon kam auf seine Ideenlehre über die zutreffende Beobachtung, dass ich erst einmal einen Begriff von einer Sache haben muss, um sie erkennen zu können. Ihr alle wisst mittlerweile, was ein R-Wert ist, könnt also mehr oder weniger gut erklären, wie sich Viren in der Bevölkerung verbreiten und unter welchen Bedingungen das zum Problem werden kann.

Aber im Jahr 2019 konnten 99% von euch das noch nicht. Ihr hattet noch keinen Begriff davon, wie sich Viren in einer Bevölkerung verbreiten. Entsprechend wart ihr genau wie ich nicht in der Lage, die Verbreitung eines einzelnen, speziellen Virus zu erkennen. Platon hatte seinerseits natürlich noch keinen Begriff von R-Werten. Aber er liefert im Dialog Menon ein mathematisches Beispiel, das ihn am Ende darauf schließen lässt, dass uns Menschen die Ideen – also die Allgemeinbegriffe – angeboren sind und wir uns nur noch an sie erinnern müssen, wenn uns ein Einzelphänomen das erste Mal begegnet. Das ist die platonische Anamnesis-Lehre.

Und an dieser Stelle kommt jetzt also Aristoteles mit seiner Kritik ins Spiel.

Das Argument vom dritten Menschen

Ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt habe – höchstens ein- oder zweimal – Aristoteles war ein Schüler Platons. Er gehörte zwanzig Jahre lang der platonischen Akademie an. Dennoch zählen wir ihn heute nicht zu den Platonikern. Stattdessen hat er seine eigene Tradition begründet. Woran liegt das? Nun, im Gegensatz zu den anderen uns bekannten Akademikern besteht Aris Philosophie nicht in einer Interpretation von Platons Worten. Stattdessen hatte er einiges am alten Philosophen auszusetzen. Die komplette Metaphysik des jungen Aristoteles liest sich ein bisschen wie eine heißblütige Rebellion gegen die Ideenlehre. Ein großes „Fuck You!“ an Platon. Ja, so ist das, wenn Philosophen in die Pubertät kommen: Sie schreiben ein Buch darüber, wie die Welt wirklich ist! Punk‘s not dead!

Doch was hatte Ari denn jetzt eigentlich an der Ideenlehre auszusetzen? Sie ist doch eine knorke Sache, oder? Was man immer liest, wenn irgendjemand auch nur einen Satz über Aris Kritik an Platon verliert, ist das Argument des dritten Menschen. Es geht so:

Wenn ein Einzelding „Mensch“ ein Mensch ist, weil er einem idealen Menschen gleicht, muss es einen noch idealeren Menschen geben, denen beide, das Einzelding und die Idee Mensch, gleichen.

Dieses Problem hat sich mir nie erschlossen. Doch heute darf ich stolz verkünden, dass ich nach seeehr vielen Jahren, in denen ich mich schon mit Platon und Aristoteles beschäftige, es endlich verstanden habe. Zumindest, wenn ich der Interpretation von Gottfried Martin glauben schenken darf. Nach Martin kann das Problem nämlich erst entstehen, wenn man eine Eigenart des Altgriechischen beachtet, die mir mangels Kenntnis dieser Sprache stets verborgen blieb.

Demnach schreibt Platon wohl in der Regel nicht „die Idee von XY“, also zum Bespiel „die Idee der Schönheit“, er schreibt auch nicht „die Schönheit an sich“, sondern er verwendet das Adjektiv substantivisch. Was man am ehesten als „das Schöne“ übersetzen könnte.

Wenn er dann das Einzelding mit der Idee vergleicht, vergleicht er das Schöne mit dem Schönen und so haben wir plötzliche Anlass, anzunehmen, dass wir noch etwas drittes brauchen, um beide zu vergleichen. Erlaubt mir, da noch einmal eine dieser schrecklichen Formalisierungen aus der analytischen Philosophie einzusetzen, um das Problem klarzumachen. Demnach kannst du sagen, die Einzeldinge „Mensch“ bestehen aus der Menge M {M1; M2; M3, M4 …} und so weiter. Die Idee hingegen ist Mi. Wir können jetzt aber auch sagen, wir bilden eine Menge aller Menschen, egal ob sie Einzeldinge oder Ideen sind und nennen sie Meta-Mensch, dann haben wir Mm {M1, M2, M3, M4, Mi …} Und da Mengen Mengen enhalten können, lässt sich das Spiel bis in alle Ewigkeit fortführen, die Menge Meta-Meta-Mensch enthält dann Mmm {M1, M2, M3, M4, Mi, Mm …}

Dies führt zu einem Infiniten Regress und der ist neben Zirkelschluss und Dogma eine der drei roten Karten im Begründungsspiel der Philosophie.

Ich verstehe also endlich, wie Platon (der seinerseits das Problem bereits im Dialog Parmenides anspricht) und Aristoteles darauf kommen konnten. Was ich aber noch immer nicht verstehe, ist, warum das noch immer hervorgekramt wird, sobald man einen Kritikpunkt an der Ideenlehre sucht. Denn meines Erachtens hat dieses Problemchen Charles Sanders Peirce abschließend gelöst. Im Gegensatz zu Platon kannte Peirce nämlich den Buchdruck und mit ihm die Unterscheidung zwischen Typ und Token. Der Typ ist der Buchstabe in der Druckerpresse und er kann Millionenfache den gleichen Buchstaben auf Papier drucken. Die Buchstaben auf dem Papier sind Tokens. Ich kann easy-peasy sagen: Jepp, ein Token lässt sich auf einen Typen zurückführen, ohne dass ich einen Metatypen dafür brauche. Entsprechend kann ich jeden beliebigen Buchstaben-Token, egal wie und wo er zu sehen ist auf seinen Typen zurückführen. Etwa kann ich diesen Token G auf den Typen G an sich zurückführen, von dem ich eine mentale Repräsentation habe, sobald ich zu lesen gelernt habe oder platonisch-ontologisch gesprochen, kann ich den Token G auf die Idee G zurückführen, ohne ein drittes G zu benötigen.

Lasst uns das Problem vom dritten Menschen also zusammenknüllen als wäre es ein mit Ideen der FDP zur Verkehrspolitik beschriebenes Blatt Papier und ein für alle Mal in den Müll werfen. Denn es gibt viel bessere Kritikpunkte an der Ideenlehre!

Wie wirken die Ideen auf die Einzeldinge ein?

Ein sehr wichtiges Thema für Aristoteles war, dass Platon eigentlich nie erklärt, wie die Ideen Einfluss auf die Einzeldinge nehmen. In Platons Konzeption existieren die Ideen jenseits unserer Welt an einem überhimmlischen Ort. Wie gelingt es ihnen von dort, Einfluss darauf zu nehmen, wie ein konkretes Einzelding vor mir im hier und jetzt aussieht? Platon liefert dafür keine Erklärung. Er sagt einfach: Isso! Aber diese Frage beschäftigte Aristoteles bis ins Alter. Er war der festen Überzeugung, was auch immer die Form *Spoiler-Alert* eines Dings beeinflusst, muss in diesem Ding liegen. Doch da sind wir noch lange nicht. Kehren wir daher noch einmal zum jugendlich-leichtsinnigen Aristoteles zurück, denn den störte noch etwas anderes.

Das Problem der verschachtelten Ideen

Billy Eilish ist ein Mensch und ein Lebewesen. Wir können jetzt fragen, ob der ideale Mensch ein ideales Lebewesen ist. Wenn ja, dann muss es so viele ideale Lebewesen wie Arten von Lebewesen geben. Denn dann gibt es ja sicher auch den idealen Gibbon, die ideale Zecke, die ideale Qualle etc.

Okay, das Argument kann ich nachvollziehen, aber ist es auch ein K.O.-Kriterium für die Ideenlehre? Ich meine: Klar, das ist jetzt ein bisschen doof gelaufen, weil Platon ja auf der Suche nach DEM ALLGEMEINEN war und am Ende landet er bei einem  unüberschaubar großen Haufen Ideen. Aber unsere Lego-Kiste ist auch ziemlich unübersichtlich und dennoch existent.

Ari sah das anders und macht einen extrem guten Punkt. Er kritisiert, dass Platon sagt, die Ideen wären das Allgemeine zugleich aber annimmt, dass jede einzelne Idee eine vom Erfahrungsgegenstand separate Existenz hat. Letzteres macht sie selbst zu Einzeldingen. Nur zu Einzeldingen einer anderen Art. Zu sagen, eine Idee ist das Allgemeine und zugleich sagen, dass sie ein Einzelding ist, ist aber ein Widerspruch.

Wovon würden wir sagen, es existiert?

Der junge Ari stellt hier ganz berechtigt die Frage: Wenn die Ideenlehre eh auf einen riesigen Haufen an Dingen hinausläuft, können wir sie dann nicht auch ganz aufgeben? Sollten wir nicht den Boden des Kinderzimmers noch einmal komplett freiräumen vom metaphysischen Unterbau und uns fragen, was das eigentlich Seiende ist? Und da bei „das eigentlich Seiende“ sofort mein Heidegger-dar angeht, lasst uns doch einfacher formuliert noch einmal fragen: Wovon würden wir sagen, es existiert?

Schauen wir dabei einen Legostein an. Was existiert an ihm? Platon hatte die Frage in seiner Ideenlehre so beantwortet: Wirklich existieren tun abstrakte, unabhängig vom Einzelding existierende Urbilder. Platon sagte zum Beispiel: Dieser grüne Legostein existiert, weil es die Idee des Legosteins und die Idee der Grünheit gibt. Ist das ein Wort? Grünheit? Seine Grünheit erwartet Sie … Anyway …

Schauen wir noch einmal auf unseren einfachen Satz vom Anfang an:

xP

Dann haben wir jetzt:

Dies ist Grün

Dies ist ein Legostein

Jetzt komm Aristoteles und sagt: Moment, Platon Du redest die ganze Zeit nur über den rechten Teil des einfachen Satzes, über das Prädikat. Und damit gerätst du in alle möglichen Schwierigkeiten. Warum schauen wir uns nicht einfach erstmal dieses „Dies“ an?

Ari sagt, das „grün“, doch zunächst einmal eine Eigenschaft ist, die irgendeinem Ding zukommt. Grün braucht immer einen Träger, der grün ist. Wir können uns gar nicht vorstellen, was Grünheit sein soll, ohne ein konkretes Ding, das grün ist. Grün erlangt überhaupt dadurch erst eine Existenz, dass es eine Eigenschaft von einem existierenden Einzelding ist.

Das klingt alles sehr einleuchtend. Aber Platon hat noch ein Ass im Ärmel: die Anamensislehre. Die Anamnesislehre ist eines der stärksten Argumente für die Ideenlehre. Nach Platon ist Erkenntnis überhaupt nur deshalb möglich, weil unsere Seele vor unserer Geburt die Ideen geschaut hat. Die Seele kommt demnach nicht als leere Tafel zur Welt. Stattdessen sind in sie die Ideen schon vorgeprägt.

Aristoteles Reaktion hierauf war: Ist das wirklich alles notwendig? Reicht es nicht eigentlich vollkommen, dass lediglich die Vernunft angeboren ist? Aber damit verlassen wir die Metaphysik und begeben uns in die Erkenntnistheorie hinein. Da Ari aber für eine strikte Trennung zwischen den einzelnen philosophischen Diziplinen eintrat, sage ich an dieser Stelle: Das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.

Wir haben jetzt nämlich die wichtigsten Kritikpunkte des guten Aristoteles an seinem Lehrer Platon zusammengekratzt:

  1. Das totlangweilige Argument vom Dritten Menschen
  2. Dass Platon nicht erklären kann, wie die Ideen auf die Einzeldinge einwirken.
  3. Und das Problem der verschachtelten Ideen.

Beim nächsten Mal können wir dann das System angucken, das der junge Aristoteles dagegen in Stellung bringt.

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 13)

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Ende Kapitel 1.3 Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte

Christiane und ich beenden das Kapitel 1.3 „Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“ mit einem Fazit von Butler zu den Unterschieden zwischen Beauvoir und Irigaray. Im Anschluss sprechen wir in einer Metadiskussion noch einmal über Descartes Geist-Körper-Dualismus. Ist der Geist-Körper-Dualismus wirklich inhärent patriarchal geprägt? Kann man die Begriffspaare Geist/Körper und Mann/Frau nicht auch losgelöst voneinander betrachten?

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 12)

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Fortsetzung Kapitel 1.3 Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte

Christiane und ich besprechen weiter das Kapitel „Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“. Heute geht es unter anderem um Humanismus, Geschlechtsidentität als Relation zu den anderen in der Gesellschaft vorhandenen Identitäten. Wir sprechen über Existenzialismus und Strukturalismus, das Spannungsfeld in dem die Geschlechtsidentität sich befindet, Irigarays These vom weiblichen Geschlecht als einem Punkt sprachlicher Abwesenheit. Ist es möglich, Weiblichkeit zu definieren ohne Rückgriff auf Männlichkeit? Butler schärft noch einmal die Unterschiede zwischen Beauvoir und Irigaray und es geht erneut darum, dass „Körper“ immer mit Weiblichkeit assoziiert wird, während Männlichkeit körperlos bleibt. Hegels Herr-Knecht-Dialektik wird ins Spiel gebracht. Und Butler wirft Beauvoir vor, den cartesianischen Geist-Körper-Dualismus unkritisch fortzuschreiben.

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 11)

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Fortsetzung Kapitel 1.3 Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte

Christiane und ich besprechen weiter das Kapitel „Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“. Heute geht es unter anderem darum, dass der hegemoniale Diskurs festlegt, was verhandelt werden darf. Wir machen einen Exkurs, dass im Gegensatz zur Gender-Debatte AfD-Thesen als legitime Diskursbeiträge vom hegemonialen Diskurs akzeptiert werden. Wir besprechen Butlers These, dass die Einschränkung, welche Geschlechter denkbar sind, in unsere Sprache eingeschrieben sind. Weiblichkeit erhält demnach immer nur in Relation zu Männlichkeit Bedeutung. Butler bringt Luce Irigaray ins Spiel. Es geht um die Möglichkeit, die Welt mit der Sprache richtig abzubilden. Daniel schweift ab in das Idealsprachen-Projekt der analytischen Philosophie, warum es aufgegeben wurde und die Versuche der Postmoderne, Sprache nicht mehr als Ganzes zu ändern sondern in einzelnen Facetten so zu verbiegen, dass sagbar wird, was zuvor nicht sagbar war.

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 10)

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Fortsetzung Kapitel 1.3 Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte

Christiane und ich besprechen weiter das Kapitel „Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“. Heute geht es unter anderem um Medientheorie und Butlers These vom Körper als Medium des Genders, um Sprache und sprachliche Repräsentation von Gender sowie um den hegemonialen Diskurs und die machtvolle Aushandlung, welche Gender überhaupt in einer Gesellschaft verhandelbar sind.

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 9)

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Kapitel 1.3 Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte

Christiane ist zurück! Und wir besprechen weiter, Das Unbehagen der Geschlechter von Judith Butler. Wir beginnen mit einer Podcast-Empfehlung zu sexuellen Orientierungen im Alten Rom, antworten auf Benjamins Audio-Kommentar, was wir unter „Kausalbeziehung“ verstehen und steigen endlich in Abschnitt 1.3 ein. Hier geht es zunächst um die Frage, ob Geschlechtsidentität wesentlich oder akzidentiell ist und wie man sie erlangt, bevor wir uns mit Simone de Beauvoirs Thesen zur Geschlechtsidentität befassen. Ach ja, einen Ausflug zu Decartes Cogito gibt es auch noch!

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Automatisch erstelltes Transkript

0:00:00 Vorstellung 
0:02:18 Unterschiede zwischen aktiver und passiver Sexualrolle im antiken Rom
0:08:07 Kausalität
0:09:49 Start des Abschnitts „Geschlechtsidentität, Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“
0:13:48 Flexibilität und Konstruktion von Geschlechtsidentität
0:15:21 Veränderung der Akzeptanz von Geschlechteridentität in der Gesellschaft
0:22:29 Cogito ergo sum
0:23:59 Autonomes Subjekt und Geschlechtsidentität nach Butler und Beauvoir
0:26:05 Der Körper als Situation bei Beauvoir

Vorstellung

[0:00] Hallo, mein Name ist Daniel und ich möchte euch von Philosophie erzählen bzw. heute möchte ich mal wieder zusammen mit jemand anders euch von Philosophie erzählen. Denn wir erzählen euch von Philosophie, das heißt, wir sprechen über Judith Butler. Und wir, das ist neben meiner einer Person auch die Person am anderen Ende der Leitung. Und da frage ich, wie ich das in meinem anderen Podcast immer mache. Hallo du da drüben, wer bist denn du?

Hi Daniel, hier ist Christiane.

Hallo Christiane, schön dass du zurück bist. Erzähl doch mal unseren Hörerinnen und Hörern, warum du jetzt ein wenig abwesend warst. Ich hab das zwar schon das ein oder andere mal erwähnt, aber es wäre ja ganz schön, wenn sie es nochmal aus deinem Mund hören würden.

Ja, nachdem ich ungefähr die letzten drei bis vier Jahre damit verbracht habe, zu behaupten, ich wäre in den letzten Zügen meiner Promotion. War das jetzt tatsächlich in den letzten Monaten wirklich der Fall und ich habe dieses große Projekt endlich abschließen können. Habe meine Doktorarbeit eingereicht, verteidigt und letzte Woche die Urkunde zugestellt bekommen.

Glückwunsch, Dr. Christiane! 

Dankeschön.

Das ist sehr, sehr schön. Wir dürfen jetzt hier die Stimme einer promovierten Psychologin hören. Sage ich das richtig? Ist das der korrekte Ausdruck?

Das kannst du so sagen, ja. 

Ja, nice. Wir haben auch Feedback bekommen.

[1:13] Bevor wir darauf eingehen, möchte ich als Allererstes noch mal eine Podcast-Empfehlung abgeben, die auch wieder sehr schön hier zu unserem Thema passt und zwar The Rest is History: Folge 340Hadrian und Antinous. In der Folge beschäftigen sich mit diesem Antinous, der von Hadrian zum Gott erklärt wurde nach dessen Tod. Und zwar war das der Liebhaber von Hadrian. Und sie fragen sich: Kann man denn deswegen sagen, dass Hadrian homosexuell war. Hadrian – Kaiser von Rom. Und die Antwort, die sie dann geben, ist sehr spannend gerade für unseren Podcast hier. Da sie darlegen, dass die Vorstellungen, wie unsere Gesellschaft sie hat von Homosexualität, Heterosexualität und Bisexualität im antiken Rom so noch gar nicht existiert haben. Sondern, dass man dort Unterschieden hat zwischen Menschen, die quasi eine aktive, eine nehmende Rolle im Sexualverhalten einnehmen und Menschen, die eine passive Rolle im Sexualverhalten annehmen können.

Unterschiede zwischen aktiver und passiver Sexualrolle im antiken Rom

[2:18] Da war dann auch ein sexistischer Bias drin, denn Männer konnten sich in beide Rollen begeben, während es für Frauen nur sittlich war, in die passive Rolle zu gehen. Allerdings gab es, wenn Frauen einen gewissen Stand hatten, diese Position, dass man nicht einfach so von jedem genommen werden durfte, sondern dass es da ja entsprechende Regeln gab.

Ja Daniel, ich würde aber sagen, dass Frauen da durchaus auch ihre Wege gefunden haben, andere Arten der Sexualität auszuleben.

Das kann ich mir sehr gut auch vorstellen. jedenfalls fand ich das sehr, sehr spannend gerade auch wegen dieses konservativen Talking Points von der natürlichen Heterosexualität, um den es ja Judith Butler auch immer sehr stark geht in ihrem „Kampf gegen die Zwangsheterosexualität“, wie sie es nennt.

Bevor wir in den Text einsteigen, haben wir aber auch einen Audiokommentar bekommen von Benjamin. Und den würde ich mal einspielen und dann können wir darüber reden. Bist du da bereit und interessiert dran?

Ja, Matz ab, Daniel!

Hallo Christiane, hallo Daniel. Ich habe eine Frage zur letzten Folge. Und zwar verstehe ich deinen Begriff von Kausal nicht so richtig, Daniel.

[3:27] Es gibt doch eine Kausalkette von meiner körperlichen Konfiguration hin zu meinem Geschlecht, oder? Als ich geboren wurde, wurde ich zum Beispiel als männlich klassifiziert. Da hat sich jemand meinen Körper angeschaut, mit dem gesellschaftlich vorgegebenen Klassifikationsschema abgeglichen und dann folgerichtig männlich in meine Dokumente geschrieben.

[3:46] Die Kausalkette geht also von meinem Körper über das Klassifikationsschema hin zu meinem Geschlecht. Ich würde also gar nicht bestreiten, dass der Zusammenhang kausal ist. Ich würde bloß bestreiten, dass diese Kausalität naturgegeben, logisch zwingend oder unveränderlich wäre, denn das Klassifikationsschema ist ja menschengemacht.

[4:05] Aber was meinst du denn mit Kausal bzw. was meint Butler hier vielleicht Vielen Dank für euren Podcast und viele Grüße!

Vielen Dank für dein Audiokommentar, Benjamin. Ja ich gebe dir recht. Da ist eine Kausalbeziehung. Erstmal müssen wir unterscheiden – und das ist eine ganz wichtige Unterscheidung in der Philosophie – du hast nämlich eben gesagt: „nicht kausal zwingend“ oder „nicht logisch zwingend“. Und das ist eben eine wichtige Unterscheidung, dass wir in der Philosophie unterscheiden zwischen logisch notwendig und kausalen Beziehungen. Und dann könnte man präzisieren zwischen kausal motiviert und kausal zwingend, möglicherweise. Ich gebe dir recht, da ist eine Kausalbeziehung drinnen, aber diese Feststellung sagt ja eigentlich im Grunde nicht viel aus. Denn alles hat ja eine Kausalbeziehung in unserer Welt. Also: es entsteht ja nichts, ohne dass davor Ereignisse stattgefunden haben. Und philosophisch spannend wird die Frage eben, ob diese Beziehung zwingend war. Also: es ist zwingend so, dass eine Billardkugel, die auf eine andere trifft, diese andere in Bewegung setzen wird. Wenn es keine Hindernisse gibt, wie eine Wand oder sowas. Und es ist zwingend so, dass wenn ich schneller Auto fahre, dass ich dann mehr Energie verbrauchen werde. Das ist kausal gegeben zwingend. Und diese gleiche Form des Kausalzwingendseins existiert eben nicht in der Zuordnung von Sex zu Gender.

[5:34] Sondern da haben wir eben dann diesen Schritt, dass ein Mensch dazwischen tritt, der Entscheidungen fällt und sagt, ich sehe hier folgendes äußeres Geschlechtsmerkmal und deswegen ordne ich diesen Personen dieses Gender zu. Jetzt können wir in die Debatte des freien Willens tief einsteigen, aber das müssen wir noch nicht mal. Denn wir können auch sagen, die Person macht das auch nicht komplett aus freien Stücken, sondern die ist auch wieder motiviert durch gewisse Gründe, aber diese Gründe sind eben kulturell gemacht.

[6:06] Und damit sind sie auch veränderlich. Das ist der große Unterschied. Deswegen können wir heute überhaupt über neue Geschlechtsidentitäten wie trans, wie non-binary etc. sprechen, weil diese Geschlechtsidentitäten veränderlich sind. Während, dass eine Billardkugel eine andere anstößt, ist nicht veränderlich. Dass wird für immer, bis in alle Ewigkeit so sein, weil es ein Naturgesetz ist. Und es ist in dem Sinne kausal zwingend.

[6:32] Aber dass die Person ein Gender aufgrund eines äußeren Sexualmerkmals oder auch aufgrund von Chromosomen oder was auch immer zugeordnet kriegt, ist eben nicht in gleicher Weise kausal zwingend.

[6:45] Und daher habe ich verkürzt gesagt, es gibt da keine Kausalbeziehung.
Christiane, wie siehst du das?

Du hast dich jetzt auf jeden Fall wesentlich klarer ausgedrückt als bei unseren privaten Diskussionen über diese Frage. Ich glaube, so wie du es jetzt ausgeführt hast, würde Benjamin vermutlich hundertprozentig mit dir übereinstimmen, wenn ich seinen Kommentar korrekt verstanden habe. Und ich tatsächlich auch. Also, ich glaube, aus meiner Warte als Psychologin, dass wir uns beispielsweise auch Kausalbeziehungen angucken. Wenn wir davon ausgehen würde, dass nichts kausal determiniert wäre, dann bräuchten wir unsere Wissenschaft nicht machen, denn wir wollen natürlich auch Vorhersagen treffen über Zusammenhänge beispielsweise zwischen, jetzt mal ganz platt gesagt, Traumata in der Kindheit und dem Verhalten im Erwachsenenalter. Und wenn wir davon ausgehen würden, dass es da keine kausalen Zusammenhänge gäbe, dann müssten wir das ganze Unterfangen ja nicht machen. Aber was wir in der Psychologie eben, also welchem Umstand wir uns stellen müssen, ist, dass es, wie du gesagt hast, halt keine zwingenden, oder nee, was hast du gesagt? Nicht zwingend, sondern?

Doch genau, das habe ich jetzt so formuliert, um den Begriff „notwendig“ zu vermeiden, weil der ist in der Philosophie halt immer für logische Notwendigkeit reserviert und logisch notwendig etwas anderes ist als kausal zwingend.

[8:07] Genau, also wir haben es nicht mit zwingenden oder notwendigen Zusammenhängen zu tun, sondern mit probabilistischen. Das heißt, Zusammenhänge, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten. Und wenn man jetzt diesen Zusammenhang, um den es jetzt gerade geht, nämlich die Zuordnung eines Genders auf Basis des Sexes, wenn man sich das anschaut und sozusagen auf die gesamte Menschheitsgeschichte ausgedehnt betrachtet, könnte man vermutlich sagen, ja, das ist halt auch ein probabilistischer Zusammenhang, weil sich dieser Zusammenhang ändert. Ich glaube, da sind wir gerade jetzt mitten in einem Prozess drin, dass darüber debattiert wird, wie man das anders betrachten kann. Sodass, wenn man die gesamte Menschheitsgeschichte betrachtet, man sagen könnte: ja, zu – weiß ich nicht – Punkt 95 Prozent gab es halt diesen Zusammenhang und dann gibt es halt eine gewisse Prozentzahl oder eine gewisse Zeit, wo es aufgeweicht wurde, weißt du, wie ich meine? Aber ich glaube, wenn du jetzt, sagen wir mal, den Zeitraum von, was weiß ich, 1970 bis 1980 dir anguckst, dann ist dieser Prozentsatz vermutlich noch höher, weil da eben diese Debatten, die wir heute führen, nicht in dieser Intensität geführt wurden. Ich habe jetzt mal Personen wie intersexuelle Personen ausgeschlossen aus meiner Argumentation, weil das das Bild noch ein bisschen komplexer macht, was ich jetzt runterbrechen wollte, der Einfachheit halber.

[9:25] Wie du schon sagst, wir haben da privat schon drüber gesprochen und deine Einwände gegen meine Position haben mir geholfen, meine Position auch nochmal zu schärfen. Benjamin: Sag doch mal, ob wir das jetzt zu deiner Zufriedenheit beantwortet haben! Wenn nicht, dann müssen wir nochmal nachdenken und nachlegen.

[9:45] Aber wollen wir mal in den Text springen, Christiane? 

Ja, auf jeden!

Start des Abschnitts „Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte“

[9:49] Das hat ja schon lang genug gedauert. Wir müssen endlich dieses Kapitel abschließen. Oder den Abschnitt.

Genau, den Abschnitt. Wir sind ja erst mal bei Abschnitt 1.3. Also die drei großen Kapitel sind halt auch drei große Kapitel, aber das erste Kapitel, da beschäftigen wir uns heute mit dem dritten Abschnitt, der heißt „Die Geschlechtsidentität: Zirkel und Scheitern der gegenwärtigen Debatte.“ Und dort – genauer gesagt – sind wir auf Seite 25. Da beginnt Butler zunächst mit der Frage: Haben Personen „eine“ Geschlechtsidentität oder ist Geschlechtsidentität ein Attribut, dass sie sind? Da hatte ich schon wieder sehr große Probleme mit der Formulierung.

[10:33] Ich habe schon verstanden, worauf they hinaus wollte, aber they schreibt einerseits das „eine“ in Anführungszeichen und andererseits … ich fand die grammatische Konstruktion dieses Satzes sehr komisch. Ich würde es trotzdem mal so umformulieren, wie ich es verstanden habe und widersprich mir gerne, wenn du es ganz anders verstanden hast. Ich würde vermuten, dass they hier – und meine Vermutung wird gestützt dadurch, dass they später noch stärker auf Aristoteles eingeht – dass they eben aristotelisch gesprochen von dem Unterschied zwischen wesentlich und akzidentiell spricht, dass they eben sagt, gibt es eine Geschlechtsidentität.

[11:14] Dann ist die ganz eng mit meinem Wesen verbunden, ich kann sie nicht ändern. Ich kann sie nicht ablegen. Sie macht aus, was ich bin. Oder ist Geschlechtsidentität ein Attribut wie viele andere, wie Größe, Augenfarbe, Haarfarbe oder so. Attribute, die mir zukommen, aber die nicht unbedingt mein Wesen ausmachen und deswegen auch veränderlich sind.

Ich habe das auch so verstanden.

Sehr gut. They fährt fort und fragt, wenn Gender ein kulturelles Konstrukt ist – das war ja das Ergebnis der ersten zwei Abschnitte –, stellt sich die Frage, wie der Modus dieser Konstruktion aussieht. Gibt es verschiedene Möglichkeiten der Konstruktion oder ist die Konstruiertheit gesellschaftlich determiniert?

Wenn du das jetzt so ausführst, dann frage ich mich gerade: Wie ist denn der Zusammenhang zwischen diesen beiden Fragen? Kann es sich nur um ein Konstrukt handeln, wenn…

[12:11] Ich eine Geschlechtsidentität habe und nicht wenn ich sie bin?

Das ist auch eine sehr gute Frage! Auch ich habe mich nämlich gefragt. Entweder machen wir eine Matrix mit vier Elementen auf: Geschlechtsidentität ist etwas was meinem Wesen zugehört oder sie ist bloß akzidentiell und Geschlechtsidentität ist determiniert durch die Gesellschaft, oder sie ist in irgendeiner Form flexibler.

wesentlich akzidentiell
determiniert flexibel

Dann könnte man fragen, ob Wesen und Determiniertheit fest verschraubt sind oder ob Wesen sowohl determiniert sein könnten als auch flexibel. Und die Eigenschaften, ein Attribut zu sein oder akzidentiell zu sein, dann genauso.
Ich verstehe es jetzt erst einmal so, dass ich sagen würde: Wenn ich genau eine Geschlechtsidentität habe und daran nichts ändern kann, dass das aus der gesellschaftlichen Determiniertheit hervorgeht. Aber die Frage ist dennoch berechtigt, ob es nicht andere Modi geben kann.

[13:14] Also wenn wir das kurz mal auf einen anderen Bereich transferieren… Nehmen wir mal meinen Beruf. Ich bin Psychologin und das ist so sehr in meine Identität integriert, dass ich denke, es gehört zu meinem Wesen, Psychologin zu sein. Ich beschäftige mich den ganzen Tag damit, ich mache das auch gerne und ich kann mir nichts anderes vorstellen. Dennoch ist es ja nicht naturgegeben, dass es den Beruf Psychologin gibt. Das ist ja ein gesellschaftliches Konstrukt und dennoch würde ich sagen: das ist Teil meines Wesens.

Ja, da hast du es sehr schön auf den Punkt gebracht.

Flexibilität und Konstruktion von Geschlechtsidentität

[13:48] Du bist dann in unserer ersten Dimension bei wesentlich und unserer zweiten Dimension bei flexibel. Denn Christiane könnte auch was anderes sein. Es ist nicht gesellschaftlich determiniert, dass Christiane Psychologin ist. Sie könnte auch Schuhverkäuferin sein.

Rein theoretisch: ja. Praktisch nicht. Aber – ja – ich weiß, was du meinst. Ich meine, das ist doch im Grunde genau der Akt, wie wir zu unserer Identität kommen, oder? Wir sind ja auch Konstrukte und Flickenteppiche aus dem, was uns begegnet und dem, was wir als wichtig und identitätsstiftend erachten. Also wenn ich beispielsweise mit dieser Theorie hier niemals in Verbindung gekommen wäre, hätte ich ja gar nicht die Möglichkeit gehabt, das irgendwie in mein Selbstbild zu integrieren, dass ich diese Fragen spannend finde oder so.

Ja, ich glaube, genau um diese Fragen geht es hier in diesem Kapitel und ich glaube, Judith Butler ist genau bei dir in dieser Position. Aber they versucht das hier halt innerhalb dieses Kapitels erstmal zu erörtern, dass das genau so ist.
Wir müssen uns ja immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass der Text vor 40 Jahren geschrieben worden ist, als die Idee, dass man eine andere Geschlechtsidentität annehmen kann als die, die einem bei der Geburt zugeordnet wurde…

[15:04] Noch sehr viel mehr „far wide out“ war, als es heute der Fall ist.
Heute ist uns dieser Gedanke – in nicht allen Teilen der Gesellschaft , aber in vielen Teilen der Gesellschaft – wesentlich vertrauter, als es der Fall in den 80ern war, als dieser Text entstanden ist.

Veränderung der Akzeptanz von Geschlechteridentität in der Gesellschaft

[15:21] Ja, auf jeden Fall. Soll ich mal weitermachen mit meiner Zusammenfassung? 

Ja, bitte.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Geschlechtsidentität kulturell konstruiert ist, dann geht damit zwangsläufig ein bestimmter Determinismus einher. Dann gibt es kulturelle Gesetzmäßigkeiten, die bestimmen, welches Gender wir haben.
Das ist wieder dieser Gedanke, den ich…

[15:43] In der letzten oder vorletzten Folge schon mal geäußert haben, dass wir die Unterscheidung haben zwischen notwendig und kontingent. Also notwendige Wahrheiten: Junggesellen sind unverheiratete Männer. Sowas ist das hier nicht. Sondern they spricht über Kontingenz. Aber Kontingenz kann halt verschiedene grade der Flexibilität haben. Es ist genauso kontingent dass Artikel 1 des Grundgesetzes ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wie, dass ich heute ein weißes T-Shirt anhabe. Aber ich kann den Artikel 1 unseres Grundgesetzes nicht in gleicher Weise flexibel ändern, wie ich mein T-Shirt ändern kann. Und entsprechend: Selbst wenn Geschlechtsidentität etwas ist, was wir irgendwie ändern können, also wenn sie flexibel ist und nicht komplett determiniert ist, geht mit der Tatsache, dass es ein kulturelles Konstrukt ist, immer einher, dass ein bestimmter Determinismus vorligt, wie they hier sagt, eine bestimmte Form der Determiniertheit.

Das ist doch eigentlich genau das, was diese Gender-Wahn-Idioten nicht kapieren. Weil von denen kommt ja oft der Einwand: Ja, dann kann ja jeder jeden Tag was anderes behaupten, was die Geschlechtsidentität sei. Und das macht ja keiner so, das ist ja nicht der Punkt. Also sie sehen – könnte man das so sagen – dass die das fälschlicherweise komplett akzidentiell ansehen? Ja, dass die denken, man könnte das Gender einfach jederzeit wechseln. Als gäbe es Menschen, die genau das im Sinn haben.

[17:13] Ja.

[17:15] Okay. Aber Butler ihrerseits kritisiert das jetzt von der anderen Seite, weil they sagt: Wenn Gender tatsächlich durch Kultur determiniert ist, dann bietet der Begriff „Gender“ nicht den Ausweg, den der Begriff aus der Formel „Biologie ist Schicksal“ bieten sollte, sondern er wird selbst zum Schicksal, nur eben zu einem kulturellen Schicksal.

[17:34] Das heißt, ursprünglich wurde die Unterscheidung zwischen Sex und Gender eingeführt, um klarzumachen: Nur weil du mit einem bestimmten biologischen Geschlecht geboren wurdest, heißt das nicht, dass du zwangsläufig dich auch diesem Gender zuordnen musst.
Aber wenn diese Zuordnung superfest ist durch die kulturelle Zuschreibung, dann ist die Funktion, die der Begriff „Gender“ ursprünglich hatte, der geht dann verloren. Dann ist zwar der Modus, wie das entsteht, ein anderer, aber das Ergebnis ist halt am Ende das gleiche.

Aber das nimmt they hier nur an als Annahme? Das ist nicht, was hier vertreten wird? Weil dann wären wir ja wieder bei dem Determinismus, wo ich sagen würde: Nee, das ist probabilistisch.

Genau! They stellt das nur erst mal als Ausgang der Auseinandersetzungen, die jetzt hier im Kapitel folgen, hin, um zu sagen: Okay, wir haben hier ein Konstrukt „Gender“. Das ist irgendwie kulturell gemacht und es ist auch in irgendeiner Form zwingend, denn wir können es nicht wechseln wie ein T-Shirt, sondern es ist in irgendeiner Form sehr fest mit mir verbunden – wie fest, müssen wir noch schauen. Ob es wirklich irgendwie zu meinem Wesen gehört oder ob es ein Attribut von mehreren ist, was dann auch wechselbar ist.

[18:50] Aber es kann halt nicht super fest sein, um es jetzt so platt zu sagen. Weil sonst haben wir überhaupt nichts gewonnen, sondern brauchen den Begriff „Gender“ nicht. Dann können wir auch bei „Sex“ bleiben. Ja, und they fährt jetzt fort, dass they mit Simone de Beauvoir und mit – wie heißt die Andere?

Luce Irigaray.

Genau! Mit diesen beiden Feministinnen und deren Theorien schaut they sich an, wie denn dieser Modus der Konstruktion aussieht.

[19:17] Um zu schauen, welche Flexibilität da gewissermaßen drin steckt.

Okay, das habe ich jetzt verstanden. Ich habe halt immer noch ein bisschen Probleme mit dem fehlenden Signposting in diesem Text. Dass mir manchmal die Information fehlt: Ist das jetzt etwas, was Judith Butler vertritt oder wofür sie sich stark macht? Oder ist es gerade nur, in Anführungsstrichen, „eine Annahme“, die they jetzt auseinandernimmt?

Ja. Naja.

[19:42] Es hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass diese Art von Text viel weniger formalisiert ist, als es eure Texte in der Psychologie sind, wo du eine viel klarere Struktur hast.

Ja!

Während they hier – später kommt erstmals Hegel auf . Also they kommt viel mehr aus einer hegelschen Dialektik und das heißt, dass they erstmal eine These in den Raum stellt, um dann mit einer Antithese diese wieder in Frage zu stellen und so zu einem höheren Erkenntnisgrad zu gelangen. Das ist eher der Modus in dem dieses Kapitel funktioniert. Also – wie schon gesagt – Butler setzt sich jetzt mit Simone de Beauvoirs These auseinander, dass man nicht als Frau zur Welt kommt, sondern zur Frau wird. In der ursprünglichen Unterscheidung sagt they, wäre das: eine Identität haben. Butler schreibt, Beauvoir geht davon aus, dass die Geschlechtsidentität ein Konstrukt ist, nimmt aber ein autonom handelndes Subjekt an, ein Cogito. Cogito ist ein Ausdruck, der auf Rene Descartes zurückgeht.

Cogito ergo sum

[20:50] *Musik*

Hallo, hier spricht Daniel aus dem Schnitt. An dieser Stelle wollte ich euch kurz erklären…

[21:02] Was das Cogito ist. Cogito ist eine Abkürzung für Cogito ergo Sum. Dazu schreibt mein kleines philosophisches Wörterbuch:

Cogito ergo sum, lateinisch: ich denke, also bin ich. Der von René Descartes zunächst im Discours de la méthode formulierte Grundsatz einer Metaphysik und in seinem Gefolge ein Hauptsatz in unterschiedlichen Richtungen der neuzeitlichen Philosophie. Er setzt den Zweifel an allem dogmatisch Festgesetzten und Geglaubten voraus und besagt, dass das Ich sich im Denken bzw. Zweifeln als über allen Zweifel erhabenes Sein erfährt. Dass das Bewusstsein sich im Denken als Bewusstsein selbst weiß. Dass die einzige Seinsgewissheit aus dem bewussten Denken stammt.

Soviel erstmal dazu. Aus diesem Grundsatz cogito ergo sum folgt, dass die Gewissheit um das eigene Ich die höchste Gewissheit ist, die man in der Philosophie haben kann. Und daraus abgeleitet wurde das Subjekt in der neuzeitlichen Philosophie in den Mittelpunkt der Philosophie gestellt, das erkennende Ich, das auch zugleich zu einem autonom handelnden Ich wurde, das in der Abgeschiedenheit seines Geistes die Welt erkennt, sich die Welt gegenüberstellt und von dort an anfängt…

[22:29] Auf die Welt einzuwirken, die Welt zu erkennen (wie ich schon sagte), zu handeln … you name it. In der Philosophie des 20. Jahrhunderts hat diese Auffassung dann eine Reihe von Kritik erfahren. Zunächst in der analytischen Philosophie. Im Anschluss an Wittgenstein kann man kritisieren, dass der methodische Zweifel selbstwidersprüchlich ist. Denn er zweifelt an allem, aber nicht an der Bedeutung seiner Worte. Und diese Worte wiederum wurden ja in einer Außenwelt gelernt. Das heißt…

[23:02] Beim cogito ergo sum bediene ich mich eines Mediums, das ich eigentlich anzweifeln müsste. Dadurch ergibt sich ein Widerspruch. Die ganze Methode wird also unbrauchbar als philosophisches Mittel. Damit einher ging dann auch die Kritik an dem autonomen Ich, das in irgendeiner Form unabhängig von der externen Welt erkennen oder entscheiden kann. Stattdessen trat – vor allem in der postmodernen Philosophie – die Erkenntnis in den Vordergrund, dass das Ich immer schon eingebunden ist in soziale Strukturen, in gesellschaftliche Zwänge, in Machtverhältnisse, in kognitive Fehleinschätzungen und so weiter, die verhindern, dass es wirklich ein solches autonomes Ich, ein Cogito geben kann, was sich der Welt gegenüberstellt und von dort an erkennt und Entscheidungen fällt. Und jetzt zurück zur Aufnahme.

*Musik*

Autonomes Subjekt und Geschlechtsidentität nach Butler und Beauvoir

[23:59] Dahinter versteckt sich wieder die Idee, die wir in unseren privaten Gesprächen auch schon öfter besprochen haben und die wir auch hier in dieser Reihe schon öfter mal angesprochen haben, dass es ein autonom handelndes Subjekt gibt, das gewisse Entscheidungen fällen kann und auch dem gewisse Dinge widerfahren, aber das quasi den Kern bildet von unserer Identität.
Das heißt, Butler sagt hier, Beauvoir geht erstmal davon aus, wir haben ein autonomes handelndes Subjekt, ein Cogito, was als erstes da ist, und dem dann im Anschluss daran die Geschlechtsidentität zugeschrieben wird, eine Frau zu sein.

[24:38] Dass es also schon etwas gibt, bevor diese kulturelle Zuschreibung der Frau stattfindet. Und they fährt fort, dass wenn wir dieses Konstrukt annehmen, dann ist es prinzipiell auch möglich, dass dieses Subjekt die Möglichkeit hat, eine andere Geschlechtsidentität anzunehmen. Wenn es also einen Wesenskern gibt, der existiert, bevor die Geschlechtsidentität ihm zugeordnet wurde. Wir befinden uns auf Seite 26. Hier stellt Butler die Frage: Lässt sich die Geschlechtsidentität auf eine Frage der Wahl reduzieren? Also kann ich mich wirklich entscheiden? Nochmal im Grunde das, was sie vorher schon in diversen anderen Formulierungen oder Konstellationen in den Raum gestellt hat: Kann ich mich wirklich entscheiden, welche Form der Geschlechtsidentität ich annehme?

[25:30] Und dort gibt they zu bedenken, dass Beauvoir schreibt, dass zwar das Werden zur Frau eine Handlung ist – und das impliziert ja, wenn ich handle, dann ist darin ja schon inbegriffen dass ich Entscheidungen fälle. Das ist also nichts, was mir einfach widerfährt, sondern dass ich da irgendwie ein Agens habe, irgendeine Möglichkeit, mich zu entscheiden. Aber dass diese Handlung unter gesellschaftlichem Druck funktioniert.

[26:00] Und an dieser Stelle kommt ein spannender Satz, den du hast.
Magst du uns den mal vorlesen?

Der Körper als Situation bei Beauvoir

[26:05] Ja. Butler schreibt: Wenn der Leib eine Situation ist, wie Beauvoir sagt, so gibt es keinen Rückgriff auf den Körper, der nicht bereits durch kulturelle Bedeutungen interpretiert ist. Da habe ich mich gefragt, was meint Beauvoir denn, wenn sie sagt, der Körper ist eine Situation? Bei „Situation“ denke ich als Psychologin an Kontextvariablen. Also Anlage versus Umwelt und Situation wäre da synonym zur Umwelt zu denken. Und da dachte ich so, hey, aber wie genau soll jetzt der Körper eine Situation darstellen, die mich in irgendeiner Weise zu einer Handlung bringt? Und da habe ich nochmal nachgelesen oder recherchiert und gefunden habe ich eine Diplomarbeit namens „Die feministische Philosophie und der Frauenkörper“ von Eva Scheufler aus 2008. Und da würde ich jetzt gerne mal daraus zitieren, weil ich glaube anhand dieses Ausschnittes, wo auch sehr viele Zitate von Beauvoir drinstecken, wird klar, was sie versteht darunter, dass der Körper eine Situation ist, der man irgendwie auch unterliegt. Wobei, wie du auch gesagt hast, man im Prinzip eine Handlungsmöglichkeit hat, die aber aufgrund der Kultur wenig wahrscheinlich ist.

[27:16] Also Eva Scheufler schreibt und vielleicht noch einen kurzen Einschub von mir, daraus wird auch sehr schön deutlich, dass Simone de Beauvoir hier eine sehr biologistische Haltung einnimmt.

In Beauvoirs Perspektive erscheint der Frauenkörper als die Frau in der Entfaltung ihrer Individualität behindernd und ihre individuelle Existenz zugunsten der Erhaltung der Gattung begrenzend. Angefangen von der Menstruation über die Möglichkeit zur Schwangerschaft und Geburt von Kindern ist für Beauvoir die Frau bloß einer Belastung ausgesetzt, die ihr keinen persönlichen Vorteil bringt, sondern im Gegenteil schwere Opfer abverlangt.

Ich werde jetzt nicht jedes einzelne Zitat von Beauvoir als solches kennzeichnen, sonst wird das zu ausufernd. Das kann man gerne nachlesen, das ist auch Open Access.

Die Menstruation ist nichts als furchteinflößend, Schwangerschaft ein Martyrium. Erst nach den Wechseljahren ist die Frau von den Zwängen ihrer Weiblichkeit befreit. Sie ist nicht länger Mächten unterworfen, die über sie hinausgehen. Erst dann stimmt sie mit sich selbst überein. Doch dann sind für Beauvoir Frauen zwar keine männlichen, aber auch keine weiblichen Wesen mehr.

So, da dachte ich schon mal, als ich das gelesen habe: Okay, ich kann das total nachvollziehen, was sie da schreibt. Das ist aber auch irgendwie eine sehr extreme Position, aber dennoch interessant. Und jetzt im Weiteren wird das Ganze mit dem Blick von Beauvoir auf die männliche Körperlichkeit abgegrenzt.

Die männliche Physiologie stellt sich für Beauvoir in einem gänzlich anderen Licht dar. Von körperlicher Entfremdung, wie Beauvoir sie bei Frauen diagnostiziert, sind Männer nicht betroffen, im Gegenteil. Vergleicht man sie – die Frau, mit dem Mann – so scheint dieser unendlich bevorzugt. Sein Geschlechtsleben stört seine persönliche Existenz nicht, es verläuft gleichbleibend, ohne Krise und im Allgemeinen ohne Komplikationen. Im Gegenteil zum weiblichen Körper fällt der Männerkörper bei Beauvoir mit der Transzendenz zusammen und stellt quasi deren Verleiblichung dar, wie die Phänomenologin Regula Giuliani bemerkt. Diese Fähigkeit des Mannes zur Transzendenz sei gleichsam biologisch bedingt. Wie die Zuordnung der Frau zur Sphäre der Immanenz bei Beauvoir durch ihre Gebärfähigkeit erfolgt, ist die Zuordnung des Mannes zur der Transzendenz durch den Phallus bedingt.
Der Vorteil, den der Mann besitzt und der für ihn von Kindheit an spürbar ist, besteht darin, dass seine Berufung als Mensch keinen Widerspruch zu seiner Bestimmung als Mann darstellt. Durch die Gleichstellung von Phallus und Transzendenz ergibt es sich, dass seine sozialen oder geistigen Erfolge ihm ein männliches Prestige verleihen. Denn der Mann habe ein Sexualleben, das im Normalfall in seine individuelle Existenz integriert ist. Im Begehren, im Koitus verschmilzt sein Sich-Überschreiten auf die Art hin mit dem subjektiven Moment seiner Transzendenz. Er ist sein Körper. Während beim Mann Transzendenz und Leiblichkeit zusammenfallen, konzipiert Beauvoir den Frauenkörper als einen der Transzendenz-Widerstrebenden.

Und das, was jetzt kommt, das war ein Aha-Moment für mich.

Sie schreibt weiterhin, die Frau ist eher den Bedürfnissen der Eizelle angepasst als ihren eigenen. Dies bedeutet, der weibliche Leib und die persönliche Existenz fallen bei der Frau grundlegend auseinander. Der weibliche Leib widersetzt sich dem Freiheitsentwurf. Wie der Mann ist die Frau ihr Körper, aber ihr Körper ist etwas anderes als sie.

So, das war jetzt der sehr lange Einschub aus dieser Diplomarbeit. Und das fand ich tatsächlich ganz einleuchtend und hat – glaube ich, also ich hoffe nicht nur mir – klar gemacht, was Beauvoir meint, wenn sie sagt, der Körper ist eine Situation, in der sich die Frau befindet. Weil natürlich ist sowas wie Menstruation biologisch bedingt, aber was daraus gemacht wird oder werden muss, das ist ja wiederum kulturell bedingt.

Dieser Text, der klang jetzt fast schon so, als würde Beauvoir das unkritisch so annehmen. Butler sieht das ja ganz anders. Direkt im Anschluss kritisiert they oder liest they da Beauvoir, glaube ich, ganz anders. Aber auch später gibt es ja Auseinandersetzungen, wo they sich wieder mit diesem männlich = unkörperlich und weiblich ist immer an Körperlichkeit gebunden, bei Beauvoir auseinandersetzt und dort verstehe ich Butler so, dass Beauvoir das kritisiert. Ich persönlich habe Simone de Beauvoir nicht gelesen deswegen kann ich das nicht entscheiden und vielleicht interpretiere ich auch den Abschnitt, den du gerade vorgelesen hast, falsch. Aber da klang es für mich eher so heraus, als würde Simone de Beauvoir das eher als etwas faktisches darstellen, dass es sich so verhält, dass das Männliche = das Transzendente ist und das Weibliche an Körperlichkeit gebunden und nicht als wäre das etwas was eben…

[31:49] Durch die patriarchale Sicht auf beide Geschlechter so angenommen wird.

Doch doch! Wie die Frau –sagen wir mal – die Menstruation zum Beispiel wahrnimmt, welchen Einschnitt ihrer persönlichen Freiheit sie dadurch wahrnimmt, das ist ja wiederum kulturell bedingt und das sagt sie ja auch.
Also das ist ja nur eine Hinleitung dessen, was sie darunter versteht, dass der Körper eine Situation sei. Und das könnte ja keine Situation sein, wenn das faktisch wäre.

[32:19] Also ich meine, in der heutigen Gesellschaft ist es ja hoffentlich so, dass die Menstruation nicht als zwingendes Mittel dazu empfunden wird, beziehungsweise der gesamte weibliche Zyklus oder Menstruationszyklus, um das neutral auszudrücken, dass ich jetzt zwingend Kinder bekommen muss. Das ist ja nicht mehr so. Dennoch steckt da ein Funken Wahrheit, wie du es gerade gesagt hast, oder Feststellung schon drin, Denn ich kann jetzt ja auch nicht einfach sagen: Ja gut, dann habe ich halt keine Menstruation mehr, sondern ich muss mich ja zwingend irgendwie damit auseinandersetzen und je nachdem, was für eine körperliche Verfassung man hat, schränkt einen das natürlich auch in gewisser Weise ein.

Mhm. Ja, klar. Das verstehe ich schon. Ich fand auch ganz interessant, dass hier wieder – mit diesem Blick auf diesen Aristotelismus – eben eine dezidiert anti-aristotelische Position drin steckt. Also nach Aristoteles gibt es immer das Wesen, die Substanz von etwas und dann gibt es Eigenschaften, die dazu geordnet sind. Und wenn du halt den Körper der Frau als Situation beschreibst, dann ist das ja etwas, die dezidiert nicht substanziell ist, sondern es ist etwas, was halt in verschiedenen Ausformungen auftritt. Das fand ich jetzt mit Blick auf den Beginn dieses Kapitels und das worauf wir gleich noch kommen werden, eine interessante Perspektive. War mir auch so nicht klar, dass Beauvoir diese Position vertritt.

[33:44] *Musik*

[33:57] Hallo hier spricht Daniel aus dem Schnitt. Ich denke an dieser Stelle ist es gut, für heute Schluss zu machen.Wenn euch das hier gefällt, dann hinterlasst uns doch mal eine Rezension für diesen Podcast auf Apple Podcasts, oder eben einen Kommentar, entweder auch als Audio-Kommentar wie Benjamin oder auch gerne schriftlich im Blog, dann werden wir in einer der nächsten Folgen darauf eingehen. Ich danke euch, dass ihr uns eure Zeit geschenkt habt.

Die Kontrolle über sein Leben verlieren

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Daniel
gendert ganz kontrolliert

Tagebuch der schönen Gedanken

Neulich erhielt ich diesen Kommentar auf TikTok:

„Wer Gendert, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“

Warum das aus gleich zwei Gründen interessant ist, gehe ich heute nach.  Ich spreche über gendergerechte Sprache und auch über das Meme „Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“ und analysiere das Verhalten des Users „BumBum“, der offensichtlich eine verzerrte Wahrnehmung seiner sozialen Schicht hat.

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Tyrannenmord bei Shakespeare, Thukydides, Cicero und Thomas von Aquin

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Daniel
ist kein Tyrann

Tagebuch der schönen Gedanken

Das Lesen von William Shakespeares „Julius Cäsar“ brachte mich auf die Frage: Woher stammt eigentlich das Konzept des Tyrannenmords. Ich bin auf Spurensuche bei Thukydides, Cicero und Thomas von Aquin gegangen.

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Aristoteles – Metaphysik … oder die Suche nach der Struktur der Welt

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Daniel
sucht die Struktur

Aristoteles – Der Logiker – Folge 11

Wäre es nicht toll, mal was praktisches von Aristoteles zu lernen? Etwas, das euch zum Beispiel bei der nächsten Steuererklärung hilft? Das bekommt ihr hier nicht! Stattdessen geht es um Metaphysik, die nerdigste aller philosophischen Disziplinen. Ich erläutere den Begriff und frage, wie Ari auf die Idee kam, solche abgehobenen Fragen zu stellen. Schaut die Folge, um zu sehen, dass Aristoteles‘ Metaphysik dennoch etwas von Punk hat!

 

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Mataphysik – die nerdigste aller philosophischen Disziplinen

Hallo, mein Name ist Daniel und ich möchte euch von Philosophie erzählen. Genauer gesagt möchte ich euch von Metaphysik erzählen, der nerdigsten aller philosophischen Disziplinen. Wisst ihr noch, was Metaphysik ist? Nein? Am besten schaut ihr dann noch einmal meine Playlist zu Platons Ideenlehre. Ich warte hier so lange.

Fertig? Okay, für alle, die zu faul dazu waren, schaue ich noch einmal in mein kleines philosophisches Lexikon:

Der Begriff der Metaphysik stammt aus der Aristoteles-Rezeption. Der Legende nach wurden so die Bücher Aris genannt, die in der Bibliothek des Lyceums hinter Aris Buch „Physik“ standen.

Wie ich bereits in einer der Folgen gesagt habe, die ihr euch weigert, zu sehen, wäre diese Legende – sollte sie wahr sein – ein enormer Zufall, denn der Name ist sehr passend. Aristoteles seinerseits sprach allerdings stets von der „ersten Philosophie“, der Wissenschaft von den ersten Prinzipien und Ursachen.

Was untersucht die Metaphysik?

Metaphysik will untersuchen, was hinter der Natur,  hinter der Physik liegt. Hinter dem, was wir nicht mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Und was wir nicht mit Messgeräten erfassen können. Mit dem, was wir nur noch denkend begreifen können. Im Kern geht es in der Metaphysik um drei Fragen:

  1. Was ist das Wesen Gottes? Wir kommen in einer späteren Folge darauf zurück.
  2. Was ist die Seele? Da Aristoteles ein eigenes Buch darüber geschrieben hat, werden wir uns dem natürlich auch widmen.
  3. Und schließlich: Was das Wesen der Welt ist oder konkreter was das Seiende ist, beziehungsweise die Frage: Was ist die Struktur der Welt? Das wird die Frage sein, um die wir uns in den nächsten Folgen hauptsächlich kümmern.

Wichtig dabei ist, dass es der Metaphysik – wie der Name schon sagt – nicht um Physik, nicht um Atome und Elemente geht. Metaphysik beschäftigt sich nicht mit den sinnlich (oder auch instrumentell) wahrnehmbaren Dingen, sondern stellt Fragen zu den noch dahinter liegenden Strukturen, die wir uns nur noch durch reines Nachdenken erschließen können. Mit den Konzepten, die wir immer schon voraussetzen müssen, bevor wir überhaupt anfangen können, Physik zu betreiben.

Puh, klingt das mal wieder abgehoben. Und ich kann auch gar nicht leugnen, dass es so ist. Aber lauft mir einfach mal ein bisschen hinterher wie Aris Schüler ihm, wenn er dozierte und vielleicht ergeben sich dann ja ein paar spannende Gedanken.

Der Kreis als metaphysisches Objekt

Und um das mal ein bisschen aus diesen abgehobenen Sphären herunterzusteuern in eine Höhe, in der wir noch atmen können. Wir können uns fragen: Was ist ein Kreis? Und die mathematische Definition geben: Ein Kreis ist eine Figur, bei der alle Punkte gleich weit vom Mittelpunkt entfernt sind. Das führt uns aber vor das Problem, dass es in der Welt kein solches Ding gibt. Allein schon, weil, immer wenn wir Archimedes-mäßig ungestört unsere Kreise ziehen, die Linie, die wir dafür machen, eine Ausdehnung hat, also in ihrer Breite aus mehr als einem Punkt besteht und somit nicht alle Punkte im Kreis gleich weit vom Mittelpunkt entfernt sind. Wenn es also in der Welt keinen Kreis gibt, der unserer Definition entspricht, was ist dann ein Kreis? Er kann nichts sein, was in der Welt der Wahrnehmung, der Physik zu finden ist. Er muss etwas metaphysisches sein.

Ein anderes Beispiel: Wissenschaft ist immer Abstraktion Wenn ich etwas wissenschaftlich untersuchen will, dann kann ich nie alle Phänomenbereiche eines Dings gleichzeitig ins Auge fassen. Stattdessen muss ich mich auf einen bestimmten Aspekt konzentrieren und von den anderen Aspekten abstrahieren. Wenn wir zum Beispiel die Sonne untersuchen wollen, dann müssen wir von ihrer vollen Wirklichkeit abstrahieren und uns auf einen Teilaspekt ihrer Existenz konzentrieren. Wir können das mit Blick auf die Klimakrise dahingehend machen, wie stark ihr Energie-Output ist, wie viel dieser Energie bei uns ankommt und wie viel sich davon von Solarzellen absorbieren lässt. Wir können die Sonne aber auch als Objekt der Astronomie auffassen. Ihre Bewegungen und Kräfte als Himmelskörper untersuchen. Wir können uns anschauen, was Chemisch oder Atomar in der Sonne vorgeht. Wir können aber noch weiter abstrahieren und die Sonne auffassen als Objekt der Geometrie. Welche geometrische Form hat ihr Körper? Dieses Abstraktion lässt sich nun noch weiter treiben, wenn wir auch noch von allen geometrischen Bestimmungen abstrahieren. Dann erhalten wir die Sonne lediglich als Zählbares. Es gibt 100 bis 400 Milliarden Sterne in der Milchstraße. Im Sonnensystem gibt es mit Sonne und den acht Planeten neun große Objekte. Jetzt wird die Sonne nur noch als ein Zählbares betrachtet, und in dieser Auffassung wird von ihrer vollen Wirklichkeit noch viel weiter abstrahiert als in der astronomischen, der geometrischen Betrachtung oder den anderen.

Aber nach Aristoteles kann diese Abstraktion noch einen Schritt weiter getrieben werden. Die Sonne kann nicht nur als beweglich, als durch geometrische Formen bestimmt, als zählbar gedacht werden. Viel mehr kann in einer letzten Abstraktion die Sonne lediglich auf ihr Sein hin betrachtet werden. Wenn wir nun jedes Seiende in einer solchen bis an das Ende getriebenen Abstraktion lediglich auf sein Sein hin betrachten, dann erhalten wir die aristotelische Bestimmung der Metaphysik, die primär auf das gerichtet ist, was vom Sein, als Sein ausgesagt werden kann. Das ist der Untersuchungsgegenstand der Metaphysik.

Warum interessierte sich Aristoteles für Metaphyisk?

Doch bevor wir uns weiter mit inhaltlichen Fragen beschäftigen, möchte ich erst noch einmal der Frage nachgehen, warum Ari sich überhaupt dafür interessierte. Warum fragte er stattdessen nicht ob Jack nicht vielleicht doch auf diese fucking Tür gepasst hätte? Was er übrigens bestimmt auch gemacht hätte, hätte er Titanic sehen können.

Natürlich stand der alte Grieche wieder einmal in der Tradition seiner Vorgänger. Zum einen natürlich die Vorsokratiker, die aufgehört hatten, alles mit Göttern zu erklären und stattdessen mit logisch-kritischem Denken anfingen und versuchten, rationale Prinzipien im Weltgeschehen zu erkennen. Ari, der nerdige Methodiker hat das alles gelesen und dann erst einmal die Trennung vorgenommen zwischen Naturphilosophie oder Physik auf der einen Seite und Metaphysik auf der anderen Seite, was die ollen Vorsokratis noch so UNVERANTWORTLICH in einen Topf geworfen hatten.

Darüber hinaus gab es aber eine noch viel direktere Strömung über Aristoteles‘ Lehrer Platon und dessen Lehrer Sokrates. Erinnert euch: Die alte Socke wollte immer herausfinden, was „das Allgemeine“ ist. Das, was Einzeldingen gemeinsam ist. Sokrates fragte, was das für ein merkwürdiges Ding ist, das aus einzelnen tapferen Taten das allgemeine Konzept der Tapferkeit macht. Gibt es überhaupt die Tapferkeit als ein Allgemeines? Dadurch, dass es viele verschiedene Handlungen gibt, drängt sich uns der Gedanke auf, dass es allgemeine Tapferkeit geben muss. Die Frage, die wir uns dann stellen müssen, ist: Wo existiert dieses Allgemeine?

Diese Frage wurde zum großen methodischen Grundprinzip von Platon. Und mit Blick auf die Welt beantwortete er sie mit: „Das Allgemeine sind die Ideen“. In seinen Dialogen unterschied Platon hier nicht systematisch zwischen Erkenntnistheorie und Metaphysik, bzw. „Ontologie“.

„Onto-WTF?“, was ist denn dass jetzt schon wieder? Na das ist genau die Lehre von der Struktur der Welt. Mein kleines Philosophie-Lexikon mal wieder:

„Ontologie … ist die Lehre vom Sein als solchem, von den allgemeinsten Seinsbegriffen, Seinsbedeutungen und Seinsbestimmungen.“

Natürlich nahm wieder einmal Ari diese Trennung zwischen Erkenntnistheorie und Ontologie vor. Wenn etwas nicht in eine Schublade passte, dann wurde der Hipsterbartträger ganz hibbelig und doktorte solange daran rum, bis es sich fein, ordentlich wegsortieren ließ.

Aristoteles, der Erbe von Platon?

Der junge Ari sitzt also in der platonischen Akademie und hört sich den ganzen Tag an, dass es eine Welt hinter der Welt gibt, dass es dort immerwährende Ideen gibt und dass unsere Welt mit ihren konkreten Einzeldingen nur ein Abbild der wahren Welt der Ideen ist. Und wie das Adoleszente schon immer gemacht haben so machte das auch Ari: Er rebellierte gegen seinen großen, weltberühmten Lehrer. Sagte: Fuck The System of Ideas! Wenn hier irgendwas real ist, dann jawohl die konkreten Einzeldinge und alles andere ist ausgedachter Kokolores!

Was Ari genau an der Ideenlehre störte, wie er zu seiner punkigen These von den konkreten Einzeldingen als die zugrundeliegende Struktur der Welt kam und in welche Probleme er damit stolperte, als er älter wurde – das sollen die Themen der nächsten Folgen sein. Also abonniert meinen Kanal, damit ihr die nicht verpasst und erzählt euren Omas und Opas davon. Ich danke euch, dass ihr mir eure Zeit geschenkt habt.

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Stephan Lessenich und die Vernunft

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mal vernünftig, mal unvernünftig

Tagebuch der schönen Gedanken

Ich krame ein altes Format wieder aus dem Aktenschrank hervor: Das Tagebuch der schönen Gedanken. Mein schöner Gedanke dreht sich um Stephan Lessenich, Vertreter der Frankfurter Schule. Mit kritischer Theorie denkt er über ausgelagerte Unvernunft, konservative Utopie und damit einhergehend den konservativen Vernunftsbegriff nach.

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