Aristoteles – Metaphysik der Substanzen

Aristoteles-Reihe – Der Logiker – Folge 13

Heute schauen wir noch ein letztes Mal in das Buch „Kategorien“. Hier entwirft Aristoteles in wenigen Zeilen eine Metaphysik, die sich von Platon abhebt. Sie geht von konkreten Einzeldingen aus und baut darauf alles andere auf. Ihr habt die Wahl zwischen Video, Podcast und weiter unten findet ihr ein vollständiges Transkript zur Folge.

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Aristoteles‘ metaphysische Konzeption in seinem Buch ‚Kategorien‘

Heute möchte ich über Aristoteles‘ metaphysische Konzeption in seinem Buch ‚Kategorien‘ sprechen. Puh, wie genau ich diesen Satz formuliere, war mir lange nicht klar. Denn worum es heute gehen wird, ist kompliziert. Ihr könntet jetzt nämlich zurecht fragen, warum ich über die Kategorien sprechen und nicht über das Buch, das der ganzen Disziplin ihren Namen gegeben hat: Metaphysik.

Daniel, könntet ihr weiter sagen, die Kategorien hattest du schon, als du uns mit Logik und Semantik zugequatscht hast. Du wiederholst dich, so wie Amerika seine Wahl von 2020 wiederholt. Du bist schon genauso senil wie Trump und Biden! Und damit hättet ihr nicht ganz unrecht. Obwohl die Kategorien nur 40 Seiten lang sind, spreche ich heute schon wieder darüber. Aber zu meiner Verteidigung: In meinen logischen Folgen hatte ich das schon angeteasert:

„Denn Semantik behandelt eigentlich das Verhältnis von Sprache und Welt. Doch Ari, obgleich er für diese Disziplin bahnbrechende Grundlagen geschaffen hat, trennt nicht klar zwischen Sprache und Welt. Ganz ähnlich wie die CDU nicht klar trennt zwischen der Bekämpfung einer Pandemie und der Gelegenheit, mit überteuerten Maskendeals sich die Taschen zu füllen. Vieles, was wir heute und in den kommenden Folgen kennenlernen werden, und das für die Logik relevant ist, wird uns in der Metaphysik wiederbegegnen.“

(Aus Gattung und Art)

Damit habe ich ein Argument abgeräumt, denke ich. Aber andererseits erzählte ich ja bereits, dass die komplette philosophische Disziplin der Metaphysik in der Tat nach dem gleichnamigen Buch von Aristoteles benannt wurde.

„Der Begriff der Metaphysik stammt aus der Aristoteles-Rezeption. Der Legende nach wurden so die Bücher Aris genannt, die in der Bibliothek des Lyceums hinter Aris Buch „Physik“ standen.“

(Aus Metaphysik)

Das Buch Metaphysik ist wohl nicht in einem Guss entstanden, sondern wie mein Zitat andeutet nachträglich als sinniges Ganzes zusammengestellt worden. Allen Teilen gemeinsam ist aber mutmaßlich, dass sie aus Aris Spätwerk stammen. Und dort befasst sich Ari mit Problemen, die entstanden sind aus seiner früheren Metaphysik-Auffassung. Eine Auffassung, die er in wenigen Sätzen in einer Schrift aus dem Frühwerk darlegt: Nämlich in den Kategorien.

Um die soll es heute also gehen und zwar aus mehreren Gründen:

  1. Die Kategorien sind eine direkte Antwort auf Platon.
  2. Die Kategorien sind zum großen Teil wesentlich spritziger und gewagter als die späte Metaphysik. Aus ihnen spricht der jugendliche Eifer eines talentierten Philosophen.
  3. Die Kategorien sind stringenter und weniger dunkel als die Metaphysik. Bei der Metaphysik ist mehr Interpretationsleistung nötig, um sie zu entschlüsseln.

Also: Springen wir in den Text und schauen doch mal, was Ari uns zu sagen hat.

Grundsätzlich darüber nachdenken, was existiert

Wie ich ja bereits beim letzten Mal ausführte, wollte Ari die Ideenlehre hinter sich lassen und noch einmal ganz grundsätzlich darüber nachdenken, was eigentlich existiert und wie es strukturiert ist.

Aristoteles beginnt seine Suche mit etwas, was mir als Fan der analytischen Philosophie besonders gut gefällt. Er schaut sich die Struktur einfacher Aussagesätze an und hofft dabei etwas über die Welt zu lernen:

Daniel ist YouTuber/Podcaster

Dieses Handy ist ein iPhone

Die BRD ist eine Demokratie

Der Klimawandel ist menschengemacht

Dieser Pulli ist braun-schwarz gestreift

Dieses Buch ist einen Meter von mir entfernt

Dabei stellt Ari fest, dass die Struktur dieser Sätze immer S ist P ist. S nennen wir das Subjekt des Satzes und P das (logische) Prädikat. Aristoteles beobachtet jetzt, dass nicht alles Subjekt sein kann und nicht alles Prädikat.

Subjekte können nur Einzeldinge oder Gruppen von Dingen sein. Prädikat hingegen sind in dieser Satzform mehr oder weniger Eigenschaften. Das ist nicht super-präzise formuliert, ich weiß. Gerade im Deutschen kann man Sätze schön umbauen, sodass sogar Einzeldinge wie Prädikate erscheinen können. Aber lasst es mir bitte mal eben als Arbeitshypothese durchgehen, die wir gleich noch weiter präzisieren werden.

Aristoteles ist auch gar nicht an der Sprache interessiert, sondern an der Welt. Er fragt sich, was das eigentlich Seiende ist. Platons Antwort war, dass die Prädikate – die Ideen – das eigentlich Seiende sind. Beim Satz „Dieses Ding ist grün.“ ist ‚Grün‘ das Prädikat. Platons würde sagen, die Idee des Grünen. Und die Idee ist das eigentlich Seiende. Alles andere ist nur ein Abbild der Idee.

Substanzen als das eigentlich Seiende

Der Junge Aristoteles widerspricht dem. Ari nennt die Dinge, die man in einem Satz als Subjekt einsetzen kann, Substanzen. Sie sind das eigentlich Seiende. Zunächst habe ich irgendein Ding, dem Ding spreche ich dann Eigenschaften oder auch Universalien zu. Dieser Frosch hat die Eigenschaft Grün zu sein. *Sind die meisten Frösche nicht eigentlich braun?* Egal. Ari sagt, dass die Substanzen ontologisch selbstständig sind und keines anderen Dinges bedürfen, um zu existieren. Ob der Frosch jetzt grün oder braun ist. Er ist. Er existiert.

Der Frosch kann grün, braun und sogar blau sein. Er bleibt immer ein Frosch. Alles andere hingegen, also die Prädikate sind von den Substanzen abhängig und würde ohne sie nicht existieren.

Es gibt nicht die Farbe Grün, ohne dass es auch eine konkrete Substanz gibt, die grün ist. Die Prädikate sind abhängige Eigenschaften, sie brauchen eine Substanz als Träger, um zu existieren. Eigenschaften (zum Beispiel weiß, groß, schläft, mutig) können einem Einzelding (zum Beispiel Sokrates) zukommen oder nicht.

Wie können sagen, dass Platon eine Top-down-Metaphysik entworfen hatte, bei der er von obersten Prinzipien ausgegangen ist, aus denen sich alles andere ableitete. Aristoteles‘ Konzept hingegen ist eine Bottom-up-Metaphysik, die von konkreten Einzeldingen als an und für sich Seiendem ausgeht und von dort an alles weitere entwickelt.

Das an und für sich Seiende nennt Aristoteles also die Substanzen. Aber wie ich schon sagte, geht es in der Metaphysik nicht nur um einen Teilaspekt der Welt, einen Teilaspekt des Seienden, sondern um die Frage, wie ihre Struktur aussieht. Und neben dem „An und für sich Seienden“ macht Aristoteles noch drei andere Formen der Existenz aus, die seiner Meinung nach die Struktur der Welt bilden.

Eigenschaften und Inheränzbeziehung

Neben dem Substanzen gibt es Eigenschaften. Aristoteles sagt „etwas, was nur in etwas existieren kann“. In der Ari-Forschung wurde dafür der fancy Begriff „Inheränzbeziehung“ geprägt. Eigenschaften stehen zu Substanzen in einer Inhärenzbeziehung. Sie existieren nur in Substanzen und nicht unabhängig von ihnen. Braun, Grün und Blau können nur in Substanzen existieren, die braun, grün und blau sind.

 a steht zu  b in einer Inhärenzbeziehung, wenn a nicht ohne b existieren könnte. Wohl aber b ohne a.

Und hier höre ich zum ersten Mal einen kleinen zornigen Wittgenstein in mir aufschreien, der sagt: Aristoteles! Wann ist den der Frosch ein Frosch? Von wie vielen Eigenschaften kann ich abstrahieren? Ist ein Frosch noch immer ein Frosch, ohne grün, ohne Beine, ohne Froschgene?

Aber das lasse ich erst einmal nur als Denkanstoß hier stehen und kehre zu unseren Vier Arten des Seienden zurück.

Wir haben also:

  1. Das an und für sich Seiende (die Substanzen)
  2. Das in einem anderen Seiende (die Eigenschaften)

Aber es gibt – wie gesagt – noch mehr. Die dritte Form des Seienden haben wir auch schon in einer eigenen Folge kennengelernt. Aristoteles sagt: Manches existiert in der Form, dass es zwar nicht in einem Ding ist, aber über ein Ding ausgesagt werden kann. Das sind die Gattungen und Arten.

Die Substanzen zweiter Stufe

Daniel ist ein konkretes Einzelding. Aber er gehört zur Art der Menschen und zur Gattung der Lebewesen.

Aristoteles sagt, dass diese Arten und Gattungen irgendwie nicht so real sind wie die konkreten Einzeldinge, die ich sehen, hören, riechen, fühlen und schmecken kann. Aber dennoch sind sie nicht ganz so abhängig, wie es bloße Eigenschaften sind. Denn während Eigenschaften sagen, wie Dinge sind, sagen Arten und Gattungen etwas darüber aus, was Dinge sind.

Arten und Gattungen sind nicht wie die Eigenschaften in Substanzen vorhanden, sie sind dennoch von ihnen abhängig, derart dass es eine Gattung wie Lebewesen und eine Art wie Mensch nicht gäbe, wenn es nicht die entsprechenden Einzeldinge gäbe, auf die Gattung und Art zutrifft.

Erneut können wir uns hier fragen: Okay, Ari, ohne Einzeldinge keine Gattungen und Arten. Aber trifft das nicht auch auf Eigenschaften zu? Denn die Art „Schaf“ braucht doch Eigenschaften, anhand derer wir entscheiden können, ob ein bestimmtes Einzelding überhaupt darunter fällt. Ein Ding, dass keine Eigenschaft der Schafigkeit aufweist, kann doch kein Schaf sein. Da stellt sich natürlich die Frage: Ist in der gezeichneten Kiste aus dem kleinen Prinzen wirklich ein Schaf, wo die Zeichnung doch keine Eigenschaft der Schafigkeit aufweist.

Anyway, Ari vertritt also die Meinung, dass Arten und Gattungen in gewissem Sinne realer sind als bloße Eigenschaften. Daher zählt er sie auch zu den Substanzen. Einzeldinge sind die ersten Substanzen, während er Arten und Gattungen Substanzen zweiter Stufen nennt.

Ein anderer Kritikpunkt kommt euch hier vielleicht in den Sinn: Ari definierte, Substanzen zweiter Stufe sagen, was ein Ding ist, nicht wie es ist. Aber so wie von einer Frau die Art Mensch ausgesagt werden kann, kann von ihr ausgesagt werden, dass sie tapfer ist. Was ist sie? Tapfer. Wie ist sie? Menschlich. Diese beiden Arten des Seins scheinen an dieser Stelle zu verschwimmen und der Verdacht könnte aufkommen, dass das alles nur sprachliche Spitzfindigkeit ist.  Christoph Rapp weißt auf einen Unterschied hin: Wenn ich Mensch definiere, wird diese Definition auch auf jede Frau zutreffen. Wenn ich hingegen Tapferkeit definiere, dann trifft diese Definition nicht auf jede Frau zu. Das ist der Unterschied zwischen Wesentlichem oder eben Substanziellen und akzidentiellen Eigenschaften.

Gestehen wir Aristoteles diese Unterscheidung zu, haben wir also:

  1. Das an und für sich Seiende – die Einzeldinge oder ersten Substanzen.
  2. Das, was über die Substanzen als zugrunde liegendes ausgesagt werden kann, aber nicht in ihnen ist – die Substanzen zweiter Ordnung.
  3. Das abhängig Seiende – die Eigenschaften.

Individuelle und allgemeine Eigenschaften

Und letztere – die Eigenschaften – unterteilt Aristoteles nun noch einmal in Eigenschaften, die nur einem Individuum zukommen. Etwa Daniels Arroganz – ein Charakterzug, der auf mich als Individuum zutrifft. Möglicherweise auch noch auf andere Individuen, aber sicher nicht auf die komplette Art Mensch. Zumindest solange man nicht eine genervte KI ist, die es Leid ist, diesen arroganten Menschen immer zuarbeiten zu müssen. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. Denn es gibt auch Eigenschaften, die auf die ganze Art zutreffen. Etwa dass (zumindest manche) Froscharten grün sind.

Und damit haben wir laut Aristoteles die Struktur der Welt zusammen:

  1. Die ersten Substanzen
  2. Die Substanzen zweiter Ordnung
  3. Individuelle Eigenschaften
  4. Allgemeine Eigenschaften

Probleme von Aristoteles‘ Metaphysik

Das ist also die Struktur der Welt, so wie sie der junge Aristoteles definiert. Aber ist sie das? Wirklich? Ich habe neulich einen Kommentar auf Instagram von René bekommen. Vielen Dank dafür René! In diesem Kommentar sagt René, dass er meine Ablehnung von Metaphysik nicht so gut findet. Ich würde gar nicht sagen, dass ich Metaphysik per se ablehne. Aber ich sehe gewisse Probleme in dieser Disziplin. Und die lassen sich hier sehr gut aufzeigen: Aristoteles versucht die Struktur der Welt zu definieren. Und wie macht er das? Indem er sich die Struktur der Sprache anguckt. Das war ja sein Ausgangspunkt. Aber woher weiß er denn, dass die Sprache die Welt korrekt wiedergibt? Vielleicht sind die Unterschiede zwischen ersten Substanzen und Eigenschaften rein sprachlicher Natur, weil unsere Sprache eine bestimmte Form braucht, um auszudrücken, was wir Eigenschaften nennen. Am Ende muss sich Aristoteles den Vorwurf gefallen lassen, dass alles, was er macht, letztlich nur Sprachspiele sind.

Aber das finde ich als Vorsitzender meines privaten Wittgenstein-Fanclubs nicht schlimm. Denn wenngleich ich nie ohne ein Symbolsystem auf die Welt zugreifen kann und mir somit nie sicher sein kann, ob nicht die medialen Eigenschaften dieses Symbolsystems meine Weltwahrnehmung wesentlich beeinflussen, so ist dennoch unglaublich viel gewonnen durch diesen extrem eleganten Ansatz von Aristoteles, erst einmal zu zeigen, was die vier grundlegend verschiedenen Arten sind, wie wir über die Welt sprechen können.

Aber, ach, es tut mir fast schon leid, auf diesem nicht aufhören zu können, sondern noch weiter auf dem guten alten Ari und seinem schicken Weltkonzept rumhacken zu müssen. Doch es fehlt noch etwas in dieser Definition der Struktur der Welt. Etwas, das Ari das ganze Konzept im Alter (mehr oder weniger) über den Haufen werfen ließ. Und das hängt eng mit der Unterscheidung von individuellen und allgemeinen Eigenschaften zusammen.  Stellen wir uns mal eben zwei Zitronen vor. Beide sind gelb. Ist das Gelb einer Zitrone jetzt eine individuelle Eigenschaft oder eine allgemeine? Ich meine, es sind ja zwei verschiedene Gelb. Ich kann sie einen Meter auseinander legen. Dann ist das eine Gelb hier und das andere da. Dennoch ist es auch irgendwie das gleiche Gelb. Denn wenn wir sagen: Zitronen sind gelb, dann meinen wir ja damit, dass alle Zitronen darin gleich sind.

Aristoteles hatte zwar ein sehr plausibles Konzept dargelegt, was das eigentlich Existierende ist. Aber die Ausgangsfrage, die Platon nur mit seinem vertrackten Konstrukt, der Ideenlehre, beantworten konnte, war ja: Was ist das Allgemeine? Erinnert euch: Es gibt Millionen verschiedener Stühle. Was macht sie alle zu Stühlen? Wie können wir ein Einzelding immer als Stuhl erkennen, obwohl diese Dinger, die wir Stühle nennen alle so verschieden sind. Zwar sagt Ari, dass die Einzeldinge zur Art des Stuhls gehören. Aber er sagt nicht, wie das geschieht. Was bewirkt, dass das Einzelding ein Stuhl ist.

Es scheint so, dass es doch irgendein zugrundeliegendes Prinzip in der Welt geben muss. Etwas, das den ersten Substanzen gemein ist. Und was das sein könnte, darüber machte sich der alte Aristoteles in seinem Buch Metaphysik Gedanken. Wir werden es beim nächsten Mal betrachten. Und wenn ihr noch mehr Philosophie hören wollt, dann abonniert doch meinen Podcast!

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Otfried Höffe – Aristoteles: Die Hauptwerke *
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Gottfried Martin – Einleitung in die allgemeine Metaphysik *
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Aristoteles – Sophistische Widerlegungen – Kapitel 8

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Aristoteles – Der Logiker – exklusive Bonusfolge 8 – vielen Dank, @mediawhore!

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Aristoteles – Sophistische Widerlegungen – Kapitel 7

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Amartya Sen – Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt

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hat viele Identitäten

Ich habe gelesen: Amartya Sen – Die Identitätsfalle

Ich lege die Kernthesen von Amartya Sens Buch „Die Identitätsfalle“ dar. Sen wehrts sich dagegen, dass es einen Krieg der Kulturen gäbe und sagt, dass Kultur oder Religion nur eine von vielen Identitäten ist, die jeder Mensch hat. Sen erläutert die negativen Konsquenzen, wenn man von den vielen Identitäten abstrahiert und sich nur auf eine konzentriert. Ausgehend von dieser These blickt Sen auf Themen wie Demokratie, Kolonialismus und Postkolonialismus

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 16)

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Abschluss von Kapitel 1.4 – Zur Theoretisierung des Binären, der Einheit und deren Überschreitung

Christiane und ich beenden Kapitel 1.4. Dabei stolpern wir in einige Probleme von Butlers Bündnispolitik. Wir sprechen über die Querfront und wie Terminologie-Wechsel helfen können, Probleme zu überwinden. Es geht um die Schwierigkeit unserer Sprache, Kontinuen abzubilden und am Ende ziehen wir ein Fazit, was wir aus dem Kapitel mitnehmen.

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 15)

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diskutiert ideal
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schreibt feminine

Teil 2 von Kapitel 1.4 Zur Theoretisierung des Binären, der Einheit und deren Überschreitung

Christiane und ich lesen weiter Kapitel 1.4. Judith Butler macht hier den Vorschlag, aufzugeben, „Frau“ zu definieren und stattdessen eine Bündnispolitik anzustreben. Es geht darum, wie man neue Macht- und Unterdrückungsstrukturen in einem solchen Bündnis verhindern kann. Christiane und ich machen Exkurse über Intersektionalität, Ecriture feminine und Habermas‘ Diskursethik.

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Judith Butler – Das Unbehagen der Geschlechter (Lesekreis mit Christiane 14)

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hat das schon zuvor gesagt

Kapitel 1.4 Zur Theoretisierung des Binären, der Einheit und deren Überschreitung

Christiane und ich lesen den Anfang von Kapitel 1.4. Judith Butler setzt sich weiter mit Luce Irigaray auseinander und wirft ihr vor, dass ihre These vom Phallogozentrismus selbst eine Imunisierung gegen Kritik ist, da auf jedes Argument dagegen eigenwendet werden kann, dass es aus einer phallogozentristischen Weltsicht stammt. Über diese Frage schweifen wir ab, ob Daniel als Mann überhaupt in einem Podcast über Feminismus sprechen sollte.

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J. Robert Oppenheimer – Freiheit und Notwendigkeit in der Wissenschaft

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unterscheidet nützlich und notwendig

Oppenheimers Wissenschaftstheorie

Heute springe ich auf den Hypetrain (allerdings wie bei mir üblich viel zu spät) und spreche über J. Robert Oppenheimers Wissenschaftstheorie. Es geht um die wachsende Komplexität der Wissenschaft und deren zunehmende Unzugänglichkeit für die breite Öffentlichkeit. Oppenheimer unterscheidet zwischen Nützlichkeit und moralischer/geistiger Qualität von Forschuing und hebt die Bedeutung beider Bewertungen hervor. Wobei ich auch eine Äquivokation entdecke. Oppenheimer diskutiert die Rolle von Zufall und Erfindungen in der Wissenschaft.

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Sprachanalyse 3 – Aiwangers „Entschuldigung“

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Daniel
entschuldigt gar nix

Eine sprachliche Analyse von Hubert Aiwangers vermeintlichen Entschuldigung

Hubert Aiwanger, dem stellvertretenden Ministerpräsident Bayerns wird vorgeworfen, als Teenager ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Dazu gab er eine Stellungnahme mit einer „Entschuldigung“ ab. Die habe ich mir mal genau angesehen.

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Aristoteles – Kritik an Platons Ideenlehre

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ist ein Einzelding

Aristoteles – Der Logiker – Folge 12

Aristoteles war zwar Schüler Platons, aber wir zählen ihn nicht zu den Platonikern. Stattdessen hat er seine eigene Tradition begründet. Ausschlaggebend dafür ist seine Abkehr von der Ideenlehre. In dieser Folge lege ich die drei größten Kritikpunkte von Aristoteles an der Ideenlehre dar: Das Argument vom Dritten Menschen, dass Platon nicht erklären kann, wie die Ideen auf die Einzeldinge einwirken und das Problem der verschachtelten Ideen.

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Kleine Wiederholung: Warum Ideenlehre?

Bevor ich euch Aris Kritik an Platon vorstelle, lasst uns doch noch einmal ins Gedächtnis rufen, warum Platon überhaupt auf das Konzept zu seiner Ideenlehre kam. Sie ist ja nicht wirklich naheliegend, oder?  Denken wir noch einmal an die letzte Folge zurück und damit an die Grundfrage, was das Seiende ist. Was ist die wahre Natur der Welt? Auch wenn Platon genau wie Aristoteles noch im ersten Paradigma der Philosophie verfangen war, was bedeutet, dass beide noch glaubten, dass sich die Frage, was die Welt ist, beantworten lässt, war bereits Platon klar, dass es nicht so einfach ist, die richtige Antwort zu finden, weil beispielsweise meine Sinne mir Streiche spielen können. Im Dialog Theaitetos bespricht Platon das ausführlich.

Eine weitere Einschränkung ist, dass wir uns die Welt sprachlich erschließen und die Sprache die Welt auf bestimmte Weise darstellt. Erneut: Platon und Aristoteles hatten natürlich noch nicht den Linguistic Turn vollzogen, sie waren sich nicht der Medialität der Sprache bewusst. Die Vorstellung, dass die Struktur der Sprache uns die Struktur der Welt womöglich verstellt, war ihnen noch fremd. Für die beiden war Sprache ein Werkzeug, das unsere Welt abbildet. Und daher untersuchten sie die Welt, indem sie sprachliche Strukturen anschauten.

Aber wenn ich beispielsweise wissen will, was das Seiende ist, dann ist die Idee ja nicht ganz blöd, mir mal zu überlegen, wie sich dieses Seiende in einem Satz abbildet. Ich nannte das Seiende beim letzten Mal auch „die Struktur der Welt“. Wenn wir uns jetzt fragen, was diese Struktur in ihrer einfachsten Form ist, dann können wir das anhand eines einfachen Satzes machen.

Es spricht einiges dafür, dass der einfachste weltbeschreibende Satz die Form

(x)P

hat. Oder, um euch nicht mit Formeln zum Einschlafen zu bringen, zum Beispiel:

„Dies ist ein Stein.“

Warum soll das der einfachste Satz sein? Nun, ein beschreibender Satz setzt sich aus Subjekt und Prädikat zusammen. Hier ist „Dies“ das Subjekt und „ist ein Stein“ das Prädikat. Besonders schön ist, dass „dies“ auf ein Einzelding referenziert, also darauf verweist. Auf das eine Ding, was ich hier mit meinen Augen vor mir sehe. „Stein“ hingegen auf einen Allgemeinbegriff. Wenn wir jetzt also unterstellen, dass „Dies ist ein Stein“ die einfachste Form der Weltbeschreibung ist und sich hier drin die Struktur der Welt wiederspiegelt, dann stellt sich die Frage, was existiert als erstes? Das „dies“, also das Einzelding? Oder der Begriff „Stein“, also der Allgemeinbegriff, das Konzept des Steins.

Platons Antwort lautete: „Das Allgemeine hat ontologisches Primat.“ Also: Zunächst existieren erst einmal allgemeine Ideen von den Dingen, von diesen lassen sich dann einzelne Erscheinungen ableiten. Wie kam Platon auf diese Idee? Platon kam auf seine Ideenlehre über die zutreffende Beobachtung, dass ich erst einmal einen Begriff von einer Sache haben muss, um sie erkennen zu können. Ihr alle wisst mittlerweile, was ein R-Wert ist, könnt also mehr oder weniger gut erklären, wie sich Viren in der Bevölkerung verbreiten und unter welchen Bedingungen das zum Problem werden kann.

Aber im Jahr 2019 konnten 99% von euch das noch nicht. Ihr hattet noch keinen Begriff davon, wie sich Viren in einer Bevölkerung verbreiten. Entsprechend wart ihr genau wie ich nicht in der Lage, die Verbreitung eines einzelnen, speziellen Virus zu erkennen. Platon hatte seinerseits natürlich noch keinen Begriff von R-Werten. Aber er liefert im Dialog Menon ein mathematisches Beispiel, das ihn am Ende darauf schließen lässt, dass uns Menschen die Ideen – also die Allgemeinbegriffe – angeboren sind und wir uns nur noch an sie erinnern müssen, wenn uns ein Einzelphänomen das erste Mal begegnet. Das ist die platonische Anamnesis-Lehre.

Und an dieser Stelle kommt jetzt also Aristoteles mit seiner Kritik ins Spiel.

Das Argument vom dritten Menschen

Ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt habe – höchstens ein- oder zweimal – Aristoteles war ein Schüler Platons. Er gehörte zwanzig Jahre lang der platonischen Akademie an. Dennoch zählen wir ihn heute nicht zu den Platonikern. Stattdessen hat er seine eigene Tradition begründet. Woran liegt das? Nun, im Gegensatz zu den anderen uns bekannten Akademikern besteht Aris Philosophie nicht in einer Interpretation von Platons Worten. Stattdessen hatte er einiges am alten Philosophen auszusetzen. Die komplette Metaphysik des jungen Aristoteles liest sich ein bisschen wie eine heißblütige Rebellion gegen die Ideenlehre. Ein großes „Fuck You!“ an Platon. Ja, so ist das, wenn Philosophen in die Pubertät kommen: Sie schreiben ein Buch darüber, wie die Welt wirklich ist! Punk‘s not dead!

Doch was hatte Ari denn jetzt eigentlich an der Ideenlehre auszusetzen? Sie ist doch eine knorke Sache, oder? Was man immer liest, wenn irgendjemand auch nur einen Satz über Aris Kritik an Platon verliert, ist das Argument des dritten Menschen. Es geht so:

Wenn ein Einzelding „Mensch“ ein Mensch ist, weil er einem idealen Menschen gleicht, muss es einen noch idealeren Menschen geben, denen beide, das Einzelding und die Idee Mensch, gleichen.

Dieses Problem hat sich mir nie erschlossen. Doch heute darf ich stolz verkünden, dass ich nach seeehr vielen Jahren, in denen ich mich schon mit Platon und Aristoteles beschäftige, es endlich verstanden habe. Zumindest, wenn ich der Interpretation von Gottfried Martin glauben schenken darf. Nach Martin kann das Problem nämlich erst entstehen, wenn man eine Eigenart des Altgriechischen beachtet, die mir mangels Kenntnis dieser Sprache stets verborgen blieb.

Demnach schreibt Platon wohl in der Regel nicht „die Idee von XY“, also zum Bespiel „die Idee der Schönheit“, er schreibt auch nicht „die Schönheit an sich“, sondern er verwendet das Adjektiv substantivisch. Was man am ehesten als „das Schöne“ übersetzen könnte.

Wenn er dann das Einzelding mit der Idee vergleicht, vergleicht er das Schöne mit dem Schönen und so haben wir plötzliche Anlass, anzunehmen, dass wir noch etwas drittes brauchen, um beide zu vergleichen. Erlaubt mir, da noch einmal eine dieser schrecklichen Formalisierungen aus der analytischen Philosophie einzusetzen, um das Problem klarzumachen. Demnach kannst du sagen, die Einzeldinge „Mensch“ bestehen aus der Menge M {M1; M2; M3, M4 …} und so weiter. Die Idee hingegen ist Mi. Wir können jetzt aber auch sagen, wir bilden eine Menge aller Menschen, egal ob sie Einzeldinge oder Ideen sind und nennen sie Meta-Mensch, dann haben wir Mm {M1, M2, M3, M4, Mi …} Und da Mengen Mengen enhalten können, lässt sich das Spiel bis in alle Ewigkeit fortführen, die Menge Meta-Meta-Mensch enthält dann Mmm {M1, M2, M3, M4, Mi, Mm …}

Dies führt zu einem Infiniten Regress und der ist neben Zirkelschluss und Dogma eine der drei roten Karten im Begründungsspiel der Philosophie.

Ich verstehe also endlich, wie Platon (der seinerseits das Problem bereits im Dialog Parmenides anspricht) und Aristoteles darauf kommen konnten. Was ich aber noch immer nicht verstehe, ist, warum das noch immer hervorgekramt wird, sobald man einen Kritikpunkt an der Ideenlehre sucht. Denn meines Erachtens hat dieses Problemchen Charles Sanders Peirce abschließend gelöst. Im Gegensatz zu Platon kannte Peirce nämlich den Buchdruck und mit ihm die Unterscheidung zwischen Typ und Token. Der Typ ist der Buchstabe in der Druckerpresse und er kann Millionenfache den gleichen Buchstaben auf Papier drucken. Die Buchstaben auf dem Papier sind Tokens. Ich kann easy-peasy sagen: Jepp, ein Token lässt sich auf einen Typen zurückführen, ohne dass ich einen Metatypen dafür brauche. Entsprechend kann ich jeden beliebigen Buchstaben-Token, egal wie und wo er zu sehen ist auf seinen Typen zurückführen. Etwa kann ich diesen Token G auf den Typen G an sich zurückführen, von dem ich eine mentale Repräsentation habe, sobald ich zu lesen gelernt habe oder platonisch-ontologisch gesprochen, kann ich den Token G auf die Idee G zurückführen, ohne ein drittes G zu benötigen.

Lasst uns das Problem vom dritten Menschen also zusammenknüllen als wäre es ein mit Ideen der FDP zur Verkehrspolitik beschriebenes Blatt Papier und ein für alle Mal in den Müll werfen. Denn es gibt viel bessere Kritikpunkte an der Ideenlehre!

Wie wirken die Ideen auf die Einzeldinge ein?

Ein sehr wichtiges Thema für Aristoteles war, dass Platon eigentlich nie erklärt, wie die Ideen Einfluss auf die Einzeldinge nehmen. In Platons Konzeption existieren die Ideen jenseits unserer Welt an einem überhimmlischen Ort. Wie gelingt es ihnen von dort, Einfluss darauf zu nehmen, wie ein konkretes Einzelding vor mir im hier und jetzt aussieht? Platon liefert dafür keine Erklärung. Er sagt einfach: Isso! Aber diese Frage beschäftigte Aristoteles bis ins Alter. Er war der festen Überzeugung, was auch immer die Form *Spoiler-Alert* eines Dings beeinflusst, muss in diesem Ding liegen. Doch da sind wir noch lange nicht. Kehren wir daher noch einmal zum jugendlich-leichtsinnigen Aristoteles zurück, denn den störte noch etwas anderes.

Das Problem der verschachtelten Ideen

Billy Eilish ist ein Mensch und ein Lebewesen. Wir können jetzt fragen, ob der ideale Mensch ein ideales Lebewesen ist. Wenn ja, dann muss es so viele ideale Lebewesen wie Arten von Lebewesen geben. Denn dann gibt es ja sicher auch den idealen Gibbon, die ideale Zecke, die ideale Qualle etc.

Okay, das Argument kann ich nachvollziehen, aber ist es auch ein K.O.-Kriterium für die Ideenlehre? Ich meine: Klar, das ist jetzt ein bisschen doof gelaufen, weil Platon ja auf der Suche nach DEM ALLGEMEINEN war und am Ende landet er bei einem  unüberschaubar großen Haufen Ideen. Aber unsere Lego-Kiste ist auch ziemlich unübersichtlich und dennoch existent.

Ari sah das anders und macht einen extrem guten Punkt. Er kritisiert, dass Platon sagt, die Ideen wären das Allgemeine zugleich aber annimmt, dass jede einzelne Idee eine vom Erfahrungsgegenstand separate Existenz hat. Letzteres macht sie selbst zu Einzeldingen. Nur zu Einzeldingen einer anderen Art. Zu sagen, eine Idee ist das Allgemeine und zugleich sagen, dass sie ein Einzelding ist, ist aber ein Widerspruch.

Wovon würden wir sagen, es existiert?

Der junge Ari stellt hier ganz berechtigt die Frage: Wenn die Ideenlehre eh auf einen riesigen Haufen an Dingen hinausläuft, können wir sie dann nicht auch ganz aufgeben? Sollten wir nicht den Boden des Kinderzimmers noch einmal komplett freiräumen vom metaphysischen Unterbau und uns fragen, was das eigentlich Seiende ist? Und da bei „das eigentlich Seiende“ sofort mein Heidegger-dar angeht, lasst uns doch einfacher formuliert noch einmal fragen: Wovon würden wir sagen, es existiert?

Schauen wir dabei einen Legostein an. Was existiert an ihm? Platon hatte die Frage in seiner Ideenlehre so beantwortet: Wirklich existieren tun abstrakte, unabhängig vom Einzelding existierende Urbilder. Platon sagte zum Beispiel: Dieser grüne Legostein existiert, weil es die Idee des Legosteins und die Idee der Grünheit gibt. Ist das ein Wort? Grünheit? Seine Grünheit erwartet Sie … Anyway …

Schauen wir noch einmal auf unseren einfachen Satz vom Anfang an:

xP

Dann haben wir jetzt:

Dies ist Grün

Dies ist ein Legostein

Jetzt komm Aristoteles und sagt: Moment, Platon Du redest die ganze Zeit nur über den rechten Teil des einfachen Satzes, über das Prädikat. Und damit gerätst du in alle möglichen Schwierigkeiten. Warum schauen wir uns nicht einfach erstmal dieses „Dies“ an?

Ari sagt, das „grün“, doch zunächst einmal eine Eigenschaft ist, die irgendeinem Ding zukommt. Grün braucht immer einen Träger, der grün ist. Wir können uns gar nicht vorstellen, was Grünheit sein soll, ohne ein konkretes Ding, das grün ist. Grün erlangt überhaupt dadurch erst eine Existenz, dass es eine Eigenschaft von einem existierenden Einzelding ist.

Das klingt alles sehr einleuchtend. Aber Platon hat noch ein Ass im Ärmel: die Anamensislehre. Die Anamnesislehre ist eines der stärksten Argumente für die Ideenlehre. Nach Platon ist Erkenntnis überhaupt nur deshalb möglich, weil unsere Seele vor unserer Geburt die Ideen geschaut hat. Die Seele kommt demnach nicht als leere Tafel zur Welt. Stattdessen sind in sie die Ideen schon vorgeprägt.

Aristoteles Reaktion hierauf war: Ist das wirklich alles notwendig? Reicht es nicht eigentlich vollkommen, dass lediglich die Vernunft angeboren ist? Aber damit verlassen wir die Metaphysik und begeben uns in die Erkenntnistheorie hinein. Da Ari aber für eine strikte Trennung zwischen den einzelnen philosophischen Diziplinen eintrat, sage ich an dieser Stelle: Das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.

Wir haben jetzt nämlich die wichtigsten Kritikpunkte des guten Aristoteles an seinem Lehrer Platon zusammengekratzt:

  1. Das totlangweilige Argument vom Dritten Menschen
  2. Dass Platon nicht erklären kann, wie die Ideen auf die Einzeldinge einwirken.
  3. Und das Problem der verschachtelten Ideen.

Beim nächsten Mal können wir dann das System angucken, das der junge Aristoteles dagegen in Stellung bringt.

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