Mir ist es gelungen, hier die Frequenz wieder etwas zu erhöhen! Als Abschluss der drei Gleichnisse und zugleich als Auftakt der Ideenlehre präsentiere ich das Höhlengleichnis. Hier das Video, darunter das Transkript und ganz unten Literatur- und Bilderquellen:
Das Höhlengleichnis
Platon beginnt dieses Gleichnis damit, dass er Menschen beschreibt, die seit ihrer Geburt in einer Höhle leben. Aber selbst in dieser Höhle können sie sich nicht frei bewegen, stattdessen sind sie gefesselt. Und zwar so, dass sie nur auf eine Wand gucken können. Hinter diesen armen Pinseln brennt ein Feuer und davor führen irgendwelche Sadisten ein Schattentheater auf, sodass die Schatten von allen möglichen Dingen auf die Höhlenwand vor die gefesselten Höhlenmenschen fällt. Natürlich würden die Höhlenbewohner die Schatten, die sie sehen, für die Wirklichkeit halten.
Jetzt stellen wir uns vor, einer von ihnen würde befreit. Platon spricht sogar davon, dass man ihn dazu zwingen muss, aufzustehen und sich umzudrehen. Denn er hätte Schmerzen, er ist ja noch nie gegangen. Und wenn er dann das Feuer und das Figurentheater sehen würde, dann wäre er auch zunächst geblendet, denn er hat ja noch nie etwas so helles gesehen. Wenn man ihn weiter fragen würde: was er für wahrer halte, diese Formen vor dem Feuer oder die Schatten, die er Zeit seines Lebens gesehen hat, dann würde er sicher antworten, dass die Schatten realer seien. Wenn man ihn zwingen würde, ins Licht zu blicken, würde der Höhlenmensch sogar versuchen auszubüchsen und wieder zurückzukehren zu seinen Schatten.
Platon ist aber übergriffig und belässt es nicht dabei. Stattdessen schleppt er den Höhlenmensch aus seiner Behausung heraus ans Sonnenlicht und der so Misshandelte hat jetzt nicht bloß Schmerzen, sondern obendrein ist das Licht nun so hell für ihn, dass er gar nichts mehr sehen kann. Und zugleich labert Platon immer auf ihn ein, dass das hier jetzt die Wahrheit sei!
Nun, der arme Tropf muss sein Leben außerhalb seiner Höhle verbringen, damit er sich an die Helligkeit gewöhnt. Und Platon meint, zunächst würde er auch hier wieder die Schatten und Spiegelbilder von Dingen erkennen und dann würde er Nachts den Himmel mit Mond und Sternen angucken können. Zu guter Letzt wird er aber die Sonne selbst erblicken können.
Wenn er jetzt aber wieder in die Höhle runtersteigen würde, dann würde er zunächst nichts erkennen, da er ja aus dem Licht in die Dunkelheit kommt. Und die anderen würden ihn auslachen, dass der Aufstieg sich überhaupt nicht lohne, dass man dabei nur seine Augen kaputt machen würde. Und man müsse jeden umbringen, der versucht, andere zu entfesseln und aus der Höhle ans Licht zu führen.
Was will Platon mit dem Höhlengleichnis sagen?
Das ist das ganze Höhlengleichnis. Was soll das? Offensichtlich meint Platon, dass wir diese Höhlenmenschen sind und unsere Welt nur eine Schattenweld ist. Das wiederum falle uns schwer zu glauben, so Platon. Dass Feuer und das Theater haben nach Platon schon die Vorsokratiker entdeckt. Demokrits Atomlehre und die pythagoreische Lehre von den Planetenbewegungen, das seien die Figuren vor dem Feuer. Aber Platon will noch einen Schritt weitergehen und hinter diese Physik gucken. Und was er dort findet, ist seine Ideenlehre, die wir in den nächsten Folgen noch ausführlicher betrachten.
Doch auch hier muss ich wieder darauf dringen: Was hat das mit dem Guten zu tun? Platon hatte ja das ganze Manöver mit den drei Gleichnissen nur gestartet, weil er uns erklären wollte, was das Gute ist. Und die Antwort, die er hier gibt, ist die gleiche, wie die im Sonnengleichnis: Die Sonne im Höhlengleichnis ist die Idee des Guten.
Was fällt euch dazu ein? Mir fallen zwei Dinge ein. Zum einen hat Platon noch immer nicht gesagt, worin das Gute besteht. Er hat bloß wieder erläutert, welchen Status es hat. Es bleibt eine Leerstelle. Zum anderen gibt es aber einen großen Unterschied zum Sonnengleichnis und zum Liniengleichnis. Und das dürfte einer der Gründe sein, warum das Höhlengleichnis so viel berühmter ist. Denn diesmal funktioniert die Metapher wesentlich besser als noch in den anderen Gleichnissen. Hier drin steckt wieder die sokratische Lehre von der Philosophie als Praxis. Zwar sagt uns Platon nicht, was das Gute ist, aber er sagt uns, wenn wir Philosophie betreiben, dann werden wir es herausfinden. Denn der Aufstieg aus der Höhle ist nichts anderes als das Philosophieren (der Gang entlang der Linie aus dem zweiten Gleichnis). Und Platon sagt uns noch mehr: Er sagt, dass die Erkenntnis, was das Gute ist, die am schwersten von allen zu erlangende Erkenntnis ist.
Aber natürlich steckt noch mehr als nur die Idee des Guten im Höhlengleichnis. Das, was der Philosoph außerhalb der Höhle findet, das ist Platons Ideenlehre. Und was es mit dieser wirklich auf sich hat. Das erzähle ich euch in den nächsten Folgen.
Literatur
- Platon: Der Staat
- Bertrand Russell: Philosophie des Abendlandes*
- Michael Bordt: Platon*
- Walter Bröcker: Platos Gespräche*
Bilderquellen
Alle Bilder aus dieser Folge sind entweder gemeinfrei, vom mir selbst oder stammen aus:
- The Wachowskis: The Matrix. Copyright: Warner Bros.
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