Rassismus

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Daniel
unterscheidet sich nicht von anderen

Die Philosophie der Neuen Rechten – Teil 1

Dies ist der Beginn meiner kritischen Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten. Heute geht es um Rassismus. Ich stelle diese Theorie vor, gebe ihre Philosophie-Geschichte wieder und widerlege sie.

Als Leseempfehlung habe ich für euch, die Jenaer Erklärung.

Übrigens: Europa ist nicht gescheitert

Seit einiger Zeit wandere ich auf dem Gedanken herum, ob Europa gescheitert ist. Beispielsweise verkündet der Aufwachen-Podcast dies regelmäßig. Ursprünglich wollte ich diesen Artikel daher auch mit der Frage überschreiben: „Ist Europa gescheitert?“. Aber ich bin kein Journalist, entsprechend möchte ich mir auch keine journalistischen Klischees zu eigen machen und als Überschrift eine Frage stellen, die ich im Artikel dann verneine.

Grenze zwischen England und Schottland

By James – Flickr, CC BY 2.0.

Und doch, es sieht auf den ersten Blick nicht gut aus, das Projekt Europa und besonders seine realpolitische Version: Die EU. Das zeigt sich nirgends besser als im allgegenwärtigen Bestreben, wieder Grenzzäune aufzubauen. Das grenzenlose Europa, in dem ich von der Ostsee bis zum Atlantik fahren konnte, war das über allem strahlende Symbol, das Leuchtturmprojekt. Dafür waren wir auch bereit, genormte Gurken zu essen. Doch heute, da offenbar der eiserne Vorhang gründlich genug in Vergessenheit geraten ist, wird dieses großartige Projekt kleingeistiger Angst vor Terrorismus und dummen Rassismus gegenüber ein paar Flüchtlingen geopfert.

Kleine Randbemerkung: Ich bin nicht länger bereit, die Frage zu diskutieren, ob Flüchtlinge gefährlich oder Terroristen sind. Alles Nötige habe ich hier dazu geschrieben. Wissenschaftlich, politisch und ethisch steht fest: Alle Menschen sind gleich. Ich habe keine Lust mehr, auf Statistiken zu verweisen. Es gibt nicht mehr oder weniger Straftäter oder Terroristen unter anders Aussehenden als unter Europäern mit milchig-blasser Haut und fleckigen Sommersprossen. Wenn du irgendwelche Eigenschaften einer Nationalität oder Ethnie und nicht konkreten Imdividuen zuordnest, dann bist du ein Rassist. Die Diskussion dieser Frage ist nicht nötig, wir haben das vor 70 Jahren abschließend geklärt. Gerne kannst du dir aber die Protokolle der Nürnberger und Frankfurter Prozesse durchlesen, kannst ‚Eichmann in Jerusalem‚ und die Reden von Martin Luther King und Nelson Mandela lesen. Aber auf dumme „ich hab da ein paar dunkelhäutige Typen gesehen, die wirkten total gefährlich“-Debatten gibt es nichts mehr zu sagen, außer dass solche Anekdoten rassistisch sind, wenn du daraus allgemeine Schlüsse ziehst.. Selbst wenn du das nur aus unreflektierter Angst machst.

Die zweite sich abzeichnende große Niederlage Europas ist die der Menschenrechte und der Freiheit. Nach der Wende galt die EU und ihre Mitgliedsstaaten als das große Vorbild für Demokratie und Menschenrechte. Fast ganz Ost-Europa wurde genauso nach ihrem Vorbild umgebaut wie zum Beispiel Südafrika. Jetzt, zwei Jahrzehnte später führen wir Rückzugsgefechte, was die Freiheiten unserer Bürger betrifft, als stünden wir in Helms Klamm. Negativvorbilder sind natürlich die noch jungen Mitglieder Ungarn und Polen. Aber „Kerneuropa“ darf diesbezüglich gerne vor der eigenen Haustüre kehren: Das Vereinigte Königreich hat einen wildgewordenen Geheimdienst, dem es aus irrationaler Terrorangst demokratische Grundprinzipien wie die Unschuldsvermutung oder die unabhängigen Gerichte opfert. Frankreich befindet sich seit fast einem halben Jahr im Ausnahmezustand und darf in diesem staatlichen Delirium so ziemlich auf jeden Schutz seiner Bürger vor staatlicher Willkür scheißen. Jüngst wurde der Ausnahmezustand erneut verlängert: Wegen Fußball! Und auch in Deutschland muss die Judikative regelmäßig gedopte Sicherheitspolitiker zurückpfeifen und der NSA-Untersuchungsausschuss führt uns regelmäßig die undemokratischen Krebsgeschwüre unserer eigenen Geheimdienste vor Augen.

Warum ziehe ich nach dieser üblen Bestandsaufnahme dann das Fazit, dass die EU nicht gescheitert ist? Die Antwort ist einfach: Politik im Allgemeinen und die EU im besonderen waren schon immer ein Sauhaufen! Ich ziehe prinzipiell viel politischen Optimismus aus Karl Poppers Demokratieverständnis. In Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ gibt er dem Demokratiebegriff einen interessanten Spin: Demnach ist Demokratie nicht die Volksherrschaft sondern die Möglichkeit des friedlichen Machtwechsels. Popper macht klar, dass wir nie vom Volk oder seiner Mehrheit regiert wurden sondern schon immer von Eliten, die, weil sie menschlich sind, stets versuchten diese Macht zu ihren eigenen Gunsten zu missbrauchen. Aber was die Demokratie besonders macht, ist die Tatsache, dass das Volk diese Eliten loswerden kann, wenn sie zu viel Mist bauen, ohne dass es dafür zu den Waffen greifen muss. Das ist ein sehr beruhigender Gedanke, denn der nimmt den Idealismus aus der Betrachtung der Demokratie.

Was hat das jetzt mit Europa zu tun? Wir müssen bei der Betrachtung Europas auch den Idealismus herausnehmen! Dei EU funktioniert nicht als Ideal, urteilte neulich mspro in Wir.Müssen Reden. Ein richtiges Urteil! Die EU hat noch nie als Idealismus oder Utopie funktioniert. Na gut, vielleicht außer in der kurzen Phase von Mitte der 90er bis Mitte der 00er. Aber die EU ist eigentlich ein von Kompromissen geprägtes Gewürge und das war sie schon immer. Um das zu verstehen, müsst ihr euch nur einmal mit der „Politik des leeren Stuhls“ befassen. Trotzdem ist die EU wichtig und das liegt an ihrer Gründungsidee. Die europäische Einigung hatte zwei Ziele, die die EU ganz wunderbar erfüllt. Nach dem zweiten Weltkrieg sollte verhindert werden, dass jemals wieder Krieg und Hunger auf diesem Kontinent herrschen. Und das ist gelungen! Die EU-Mitglieder haben seit über 70 Jahren keinen Krieg und keine Hungersnot erlebt! Ich kann mich irren, aber ich glaube, das hat es nie zuvor auf diesem Kontinent gegeben. What a time to be alive!

Das heißt nicht, dass es bestens steht um diesen Kontinent. Das Gegenteil ist der Fall, wie ich oben beschrieb und wir müssen hart arbeiten und kämpfen, um die EU zu erhalten und wenn möglich auch noch so zu formen, dass sie für die Menschen besser wird. Aber es besteht auch kein Grund zu verzweifeln. Europa ist nicht gescheitert!

Flüchtlinge sind Vergewaltiger

Flüchtlinge sind Vergewaltiger. Und sie wurden vergewaltigt. Flüchtlinge sind Kriminelle. Und sie sind gesetzestreue Menschen. Flüchtlinge sind Sexisten. Und sie sind Femininsten. Flüchtlinge sind gewalttätig, sie sind friedlich, Islamisten, radikale Atheisten, fundamentalistische Christen, nullachtfuffzehn Moslems, Christen, Juden, Hindus, Buddhisten, Agnostiker. Flüchtlinge sind Straftäter und hochmoralisch, sozialkritisch, Spießer, sie zeigen Zivilcourage und schauen lieber in die andere Richtung. Flüchtlinge sind links, rechts, kleinkariert, großspurig, sogar CSU-Fans, oder links-grün-versiffte Gutmenschen. Flüchtlinge sind Rassisten und Humanisten, sie sind schön und hässlich, arm und reich, sie schaffen das und sind an den Grenzen der Belastbarkeit, sie lieben Star Wars und finden das zu kindisch, sie trinken Mate und sie glauben, dass das neumodische Hipsterkacke ist. Flüchtlinge haben den Koran gelesen und 50 Shades of Grey. Flüchtlinge sind böse und gut oder halt einfach normal.

Denn Flüchtlinge sind Menschen.

Wir nehmen Geflüchtete nicht auf, weil es ausnahmslos gute Menschen sind. Sondern weil sie vor Krieg und Leid fliehen und wir glauben, dass die Würde des Menschen das höchste Prinzip unserer Gesellschaft ist, der erste Satz unserer Verfassung. Der Witz an diesem Grundrecht ist, dass du es auch dann nicht verlieren kannst, wenn du ein Arschloch bist. Das nennen wir ein „unveräußerliches Menschenrecht“. Außerdem folgen aus diesem ersten Prinzip alle anderen Leitsätze unserer Gesellschaft, wie eben der sechzehnte Satz, dass jeder Mensch ein Recht auf Asyl hat, auch wenn er ein Arschloch ist! Es leitet sich auch der fünfte Satz ab, dass jeder Mensch seine Meinung frei äußern darf, auch wenn er ein Arschloch ist.

Es ist auch überhaupt kein Problem, anzusprechen, dass es kriminelle Flüchtlinge gibt. Das ist durch den fünften Grundsatz ausdrücklich erlaubt. Aber wichtig ist dabei, dass ihr es belasst beim „es gibt“. Das ist eine sogenannte Existenzaussage: Es existieren kriminelle Flüchtlinge. Das stimmt ganz unzweifelhaft.

Was aber nicht okay ist, ist daraus den Schluss zu ziehen, dass alle Flüchtlinge kriminell sind. Denn das verstößt gegen den dritten Grundsatz unserer Gesellschaft. Ferner ist das genau die Definition von Rassismus: Aus der unzweifelhaften Tatsache, dass es böse Flüchtlinge gibt zu folgern, dass alle Flüchtlinge böse sind. Und alle unsere Grundsätze sind 1949 geschrieben worden, weil wir Deutschen gerade für das schlimmste rassistische Regime der Geschichte verantwortlich waren und das nie wieder passieren sollte! Außerdem ist die Aussage, dass alle Flüchtlinge böse oder Kriminielle sind, schlichtweg falsch.

Nicht alle Füchtlinge sind Kriminelle, Sexisten, gewalttätig, Islamisten, Straftäter, Vergewaltiger, Rassisten oder böse.

Alle Flüchtlinge sind Menschen.

Brecht, Rawls, Fefe

Fefe empört sich über das Narrativ, dass sich keiner für den NSA-Skandal interessieren würde. Ich habe meinen Verdacht, warum das so ist, ja bereits hier niedergeschrieben. Gibt es da eigentlich mittlerweile Umfrageergebnisse dazu?

Nun, dass Fefe empört ist, ist ja nichts besonderes, auch wenn er, wie so oft, allen Grund dazu hat. Aber, was ich spannend fand, war dieses Absatz:

Dass die Leute weiterhin die CDU und SPD wählen, liegt an der Bedürfnispyramide. Dinge wie Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis, Unverletzlichkeit der Wohnung, das hat für die Menschen eine viel niedrigere Priorität als ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Teller haben. Hier hat die Merkel zwar keine Besserung gebracht, aber sie hat das nächstbeste getan und Griechenland in Schutt und Asche gelegt. Das hat die Deutschen daran erinnert, wie gut sie es haben und wie schnell es zivilisatorisch bergab gehen kann.

Quelle: Fefes Blog

Das ist ja das Brechtsche Diktum: Erst das Fressen, dann die Moral.* Interessant ist das vor allem, da John Rawls in seinem Gedankenexperiment „Schleier des Nichtswissens“ meint, die Menschen würden sich, wenn sie sich auf einen Gesellschaftsvertrag einigen würden, ohne dass sie wissen, welche Position sie in dieser Gesellschaft einnehmen, sich zunächst auf unveräußerliche Menschenrechte einigen. Klar, der Überlebenswille steht immer über dem, aber geht es den Menschen in Deutschland wirklich so schlecht, dass sie Angst um ihr täglich Brot haben müssen? Sodass sie keine Zeit dafür finden, Angst um ihre Freiheit zu haben? Und wenn das so ist, könnte man ketzerisch fragen: Hat dann Friedrich nicht vielleicht sogar Recht, dass Sicherheit das Supergrundrecht ist (im Sinne von Recht auf Überleben)?

 

Ich habe keine Antwort daruaf und es ist nun Zeit für mich zu gehen, aber Ihr seid noch jung und könnt weiter darüber nachdenken. Wenn ihr eine Antwort habt, dann lasst sie mich wissen…

Literatur

Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit.*

 

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