Kritik an Platons Staat

Heute schließe ich Platons politische Philosophie ab, indem ich einerseits noch einmal erkläre, was mich an seinem Staatsmodell stört. Andererseits schreibe ich auch, wie Platon auf die Idee zu seinem idealen Staat kam. Hier als Video, darunter als Transkript …

Platons politische Philosophie

Man hat es mir bestimmt üüüüüüüberhaupt nicht angemerkt, aber für mich stellt Platons politische Philosophie den schwächsten Teil des Werks unseres großen Philosophen dar. Warum? Das will ich euch erklären. Doch zuvor stellt sich mir noch eine andere Frage. Eine Frage, die sich direkt an das letzte Mal anschließt, in der wir Platons Vorstellungen von einem perfekten Staat kennengelernt hatten:

Warum das Ganze?

Und diese Frage lautet: Warum? Wie kam Platon zu so einem – hoffentlich nich nur in meinen Augen – unglaublich reaktionären Staatsmodell? Erinnert euch dafür an das, was ich zu Platons Leben gesagt hatte: Platon war enttäuscht von der Demokratie, die Hinrichtung Sokrates’, des weisesten und gerechten Mannes, den er kannte, hatte ihn geschockt. er hatte die Demokratie als ein zutiefst ungerechtes System kennengelernt. Daher wollte er ein durch und durch von Gerechtigkeit und Vernunft geleitetes Gegenmodell entwerfen.

Damit wir Platons Hass auf die Demokratie besser verstehen und nicht komplett als stumpfen Reaktionismus abtun, sollte ich ergänzen: Die Athener Demokratie unterschied sich massiv von unserer heutigen Demokratie. So gab es keine Grundrechte, keinen Minderheitenschutz und nur einen bedingten Rechtsstaat. das System war radikal basisdemokratisch, das heißt, dass das Volk quasi alle Posten und Ämter im Staat wählte und vieles in Abstimmungen beschloss, das wir heute lieber Expertinnen überlassen. Es gab keine Gewaltenteilung: Die gleichen Menschen regierten also, erließen die Gesetze und waren Richter. Außerdem gab es keine sogenannten Checks and Balances – Also Institutionen, die darauf achten sollen, dass die Macht nicht missbraucht wird. Last not least wurden Frauen, Sklaven und Männer, die nicht in Athen geboren worden waren von den demokratischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen.

Platon hatte darüber hinaus aber auch den – sagen wir mal – „Gegenentwurf“ der 30 Tyrannen erlebt und von dieser Diktatur einer Gruppe von Aristokraten war er nicht weniger enttäuscht worden. Schließlich hatte er in Syrakus auch noch sehen können, dass ein Alleinherrscher nicht das Gelbe vom Ei ist. Schaut euch das alles am besten noch einmal in meiner Folge zu Platons Leben an.

Platon stellte sich also die Frage, wer denn nun der perfekte Herrscher sein kann, wenn doch alle in er Antike bekannten Systeme Probleme haben. Entsprechend war seine Antwort gar nicht so unvernünftig: Herrschen sollen nur Menschen, die sich eingehend mit so wichtigen Fragen wie „Was ist Gerechtigkeit?“ beschäftigt hat. Entweder müssen also die Philosophen Herrscher werden oder die Herrscher Philosophen.

Philosophen als ewige Regierungskaste

Prinzipiell spricht ja auch nichts dagegen, zu fordern, dass Politikerinnen sich schon einmal mit Moralfragen auseinandergesetzt haben. Aber begründet das Studium der Philosophie deshalb eine ewige Regierungskaste? Ich glaube nicht. Denn es gibt ein großes Problem, eine Tatsache, die für mich Platons System disqualifiziert: Menschen können sich irren.

Selbst jemand wie Platon, der extrem selbstsicher ist, weil er glaubt, die Ideen gesehen zu haben, kann sich irren. Viele der philosophischen Antworten, die Platon gibt, lehnen wir heute als falsch ab. Darüber hinaus sind Fragen der Moral nie ausschließlich Wissensfragen, wie ich schon bei Sokrates darlegte. Moral und Politik sind vor allem die Antwort auf die Frage: Wie wollen wir Leben? Auf diese Frage wurden im Laufe der Jahrtausende immer wieder neue Antworten gegeben.

Die Vorstellung besipielsweise, dass Platons Philosophenkaste von selbst auf die Idee gekommen wäre, die Sklaverei zu beenden, ist äußert fragwürdig, denn politische Systeme tendieren dazu, den Status Quo zu erhalten. Das sieht man auch an Platon: Der Aristokratensohn entwarf nicht ohne Grund ein System, das stark einer Aristokratie ähnelte: Die Macht liegt bei einer privilegierten Gruppe und wird vererbt.

Veränderung als etwas Schlechtes

Platon macht auch gar keinen Hehl daraus, dass er glaubt, Veränderung wäre etwas Schlechtes. Dies geht – genau wie seine Überzeugung, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben – auf seine Metaphysik zurück: Die Idee ist unveränderlich und perfekt. Alle Erscheinungen sind veränderlich und nur degenerierte Abbilder der Idee. Entsprechend muss jede Veränderung in seinem Staat verhindert werden – Was unter anderem zu seinem harschen Zensursystem führt.

Das ist eine sehr konservative Haltung, die im übrigen gerade heute wieder sehr populär ist: Wir sollen unsere Grenzen schließen, denn wir können all die fremden Einflüsse, die andere Kulturen mitbringen, angeblich nicht aushalten. Wir dürfen Minderheiten wie Homosexuellen oder Intersexuellen nicht mehr Rechte geben, denn so wie es jetzt ist, war es schon immer. Wir dürfen Dieselautos nicht verbieten, auch wenn sie uns vergiften, wegen der Armen Menschen, die schon immer mit Autos gefahren sind.

So eine Haltung ist eine sehr bequeme Einstellung, aber auch eine sehr gefährliche. Denn sie geht davon aus, dass die Art, wie wir leben, richtig ist und neue Einflüsse falsch. Und allzu oft in der Geschichte wurden Systeme, die derart verkrustet waren, irgendwann einfach auf die eine oder andere Weise angeschafft.

Auf institutioneller Ebene haben wir daher in der Demokratie die schon erwähnten Checks & Balances. Beispielsweise haben wir Legislaturperioden, damit wir alle vier Jahre die Chance haben, einen begangenen Fehler wieder gut zu machen, indem wir eine schlechte Regierung abwählen oder dafür sorgen, dass die AfD wieder aus den Parlamenten fliegt. Das ist sehr wichtig! Der Philosoph Karl Popper definiert Demokratie nicht als das Mehrheitsprinzip – welches ja auch Platon zum kotzen fand – sondern als die Möglichkeit zum friedlichen Machtwechsel. Die Demokratie ist genauso schlecht und fehlerhaft wie Platons Staat, aber alle vier Jahre können wir auf friedliche Art und Weise zu schlechten Regierungen sagen: Nope, Leute, so nicht. Danke für euren Beitrag, aber wir probieren mal jemanden anderen aus. Platons System sieht diese Möglichkeit nicht vor.

Was ist das Grundprinzip des Totalitarismus?

Und wo ich gerade Karl Popper erwähnt habe: Er und Bertrand Russell gehören zu den schärfsten Kritikern von Platons politischer Philosophie. Sie sagen, dass Platon die theoretischen Grundlagen für einen Totalitären Staat wie den Nationalsozialismus oder den Stalinismus geschaffen hat. Ich will nicht verschweigen, dass diese Kritik ihrerseits auch oft kritisiert wurde. Zum einen konnte Platon natürlich nicht wissen, was über 2.000 Jahre später aus seinen Gedanken gemacht wurde. Zum anderen finden sich wohl viele nitpicky Details, in denen vor allem Popper in seinem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ Platon falsch auslegt.

Aber insgesamt ist diese Kritik meiner Meinung nach auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Und zwar wenn wir genau das machen, wozu Platon uns auffordert und eine „Was ist …?“-Frage stellen: Was ist das Grundprinzip des Totalitarismus?

Der Gedanke, der dem Totalitarismus zu Grunde liegt, ist: Dass der Staat (beziehungsweise das Volk oder die Partei) etwas größeres und besseres ist als das Individuum und dass sich daher jeder Mensch in den Dienst dieses größeren Plans zu stellen hat, sodass am Ende das Große Ganze davon profitiert. Wenn dafür eine kleine Gruppe leiden muss (Juden, Andersdenkende, Flüchtlinge, Menschen mit Grundbesitz), dann macht das nichts, denn das Totale profitiert. Und das ist im Grunde genau die Philosophie, die hinter Platons Staat steckt.

Alle Menschen sind gleich

Wir hingegen haben gerade als Antwort auf die fatalen Konsequenzen des Totalitarismus nicht den Staat in den Mittelpunkt unserer politischen Bestrebungen gesetzt, sondern das Individuum. „Alle Menschen sind gleich“ ist der dahinterstehende Grundsatz. Wichtig ist, dass die Menschen nicht in ihren Talenten oder Neigungen gleich sind sondern gleich in ihrem Status. Diese feine Nuance hat Platon mit seinem Grundsatz „Jedem das Seine“ stets übersehen. In Bezug auf Talente und Neigungen ist „Jedem das Seine“ eine feine Sache. Aber in dem Moment, in dem ich das Prinzip auf den Status von Menschen ausdehne und verlange, dass Menschen in bestimmte Kasten einsortiert werden müssen, weil das ihrer Natur entspricht, in dem Moment wird das Prinzip totalitär. Nein, im Status müssen alle Menschen stets gleich sein, das ist unsere feste Überzeugung. Der Staat ist nur dazu da, jedes einzelne Individuum zu schützen, keinen als bloßes Mittel zum Zweck des Glückes der anderen zu behandeln. Das kommt in unserem anderen, noch wichtigeren Grundsatz zum Ausdruck: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Das soll es von mir gewesen sein zu Platons politischer Philosophie. Da der große Philosoph in diesem praktischen Zweig der Philosophie so episch gefailt hat, wollen wir als nächstes uns anschauen, was Platon zur theoretischen Philosophie zu sagen hat. Konkret: zur Frage, wie Erkenntnis und Wissen möglich sind.

Vorher möchte ich mich aber nochmal mit euren Fragen und eurem Feedback beschäftigen. In diesem Sinne: Schreibt mir einen Kommentar!

Übrigens: Europa ist nicht gescheitert

Seit einiger Zeit wandere ich auf dem Gedanken herum, ob Europa gescheitert ist. Beispielsweise verkündet der Aufwachen-Podcast dies regelmäßig. Ursprünglich wollte ich diesen Artikel daher auch mit der Frage überschreiben: „Ist Europa gescheitert?“. Aber ich bin kein Journalist, entsprechend möchte ich mir auch keine journalistischen Klischees zu eigen machen und als Überschrift eine Frage stellen, die ich im Artikel dann verneine.

Grenze zwischen England und Schottland

By James – Flickr, CC BY 2.0.

Und doch, es sieht auf den ersten Blick nicht gut aus, das Projekt Europa und besonders seine realpolitische Version: Die EU. Das zeigt sich nirgends besser als im allgegenwärtigen Bestreben, wieder Grenzzäune aufzubauen. Das grenzenlose Europa, in dem ich von der Ostsee bis zum Atlantik fahren konnte, war das über allem strahlende Symbol, das Leuchtturmprojekt. Dafür waren wir auch bereit, genormte Gurken zu essen. Doch heute, da offenbar der eiserne Vorhang gründlich genug in Vergessenheit geraten ist, wird dieses großartige Projekt kleingeistiger Angst vor Terrorismus und dummen Rassismus gegenüber ein paar Flüchtlingen geopfert.

Kleine Randbemerkung: Ich bin nicht länger bereit, die Frage zu diskutieren, ob Flüchtlinge gefährlich oder Terroristen sind. Alles Nötige habe ich hier dazu geschrieben. Wissenschaftlich, politisch und ethisch steht fest: Alle Menschen sind gleich. Ich habe keine Lust mehr, auf Statistiken zu verweisen. Es gibt nicht mehr oder weniger Straftäter oder Terroristen unter anders Aussehenden als unter Europäern mit milchig-blasser Haut und fleckigen Sommersprossen. Wenn du irgendwelche Eigenschaften einer Nationalität oder Ethnie und nicht konkreten Imdividuen zuordnest, dann bist du ein Rassist. Die Diskussion dieser Frage ist nicht nötig, wir haben das vor 70 Jahren abschließend geklärt. Gerne kannst du dir aber die Protokolle der Nürnberger und Frankfurter Prozesse durchlesen, kannst ‚Eichmann in Jerusalem‚ und die Reden von Martin Luther King und Nelson Mandela lesen. Aber auf dumme „ich hab da ein paar dunkelhäutige Typen gesehen, die wirkten total gefährlich“-Debatten gibt es nichts mehr zu sagen, außer dass solche Anekdoten rassistisch sind, wenn du daraus allgemeine Schlüsse ziehst.. Selbst wenn du das nur aus unreflektierter Angst machst.

Die zweite sich abzeichnende große Niederlage Europas ist die der Menschenrechte und der Freiheit. Nach der Wende galt die EU und ihre Mitgliedsstaaten als das große Vorbild für Demokratie und Menschenrechte. Fast ganz Ost-Europa wurde genauso nach ihrem Vorbild umgebaut wie zum Beispiel Südafrika. Jetzt, zwei Jahrzehnte später führen wir Rückzugsgefechte, was die Freiheiten unserer Bürger betrifft, als stünden wir in Helms Klamm. Negativvorbilder sind natürlich die noch jungen Mitglieder Ungarn und Polen. Aber „Kerneuropa“ darf diesbezüglich gerne vor der eigenen Haustüre kehren: Das Vereinigte Königreich hat einen wildgewordenen Geheimdienst, dem es aus irrationaler Terrorangst demokratische Grundprinzipien wie die Unschuldsvermutung oder die unabhängigen Gerichte opfert. Frankreich befindet sich seit fast einem halben Jahr im Ausnahmezustand und darf in diesem staatlichen Delirium so ziemlich auf jeden Schutz seiner Bürger vor staatlicher Willkür scheißen. Jüngst wurde der Ausnahmezustand erneut verlängert: Wegen Fußball! Und auch in Deutschland muss die Judikative regelmäßig gedopte Sicherheitspolitiker zurückpfeifen und der NSA-Untersuchungsausschuss führt uns regelmäßig die undemokratischen Krebsgeschwüre unserer eigenen Geheimdienste vor Augen.

Warum ziehe ich nach dieser üblen Bestandsaufnahme dann das Fazit, dass die EU nicht gescheitert ist? Die Antwort ist einfach: Politik im Allgemeinen und die EU im besonderen waren schon immer ein Sauhaufen! Ich ziehe prinzipiell viel politischen Optimismus aus Karl Poppers Demokratieverständnis. In Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ gibt er dem Demokratiebegriff einen interessanten Spin: Demnach ist Demokratie nicht die Volksherrschaft sondern die Möglichkeit des friedlichen Machtwechsels. Popper macht klar, dass wir nie vom Volk oder seiner Mehrheit regiert wurden sondern schon immer von Eliten, die, weil sie menschlich sind, stets versuchten diese Macht zu ihren eigenen Gunsten zu missbrauchen. Aber was die Demokratie besonders macht, ist die Tatsache, dass das Volk diese Eliten loswerden kann, wenn sie zu viel Mist bauen, ohne dass es dafür zu den Waffen greifen muss. Das ist ein sehr beruhigender Gedanke, denn der nimmt den Idealismus aus der Betrachtung der Demokratie.

Was hat das jetzt mit Europa zu tun? Wir müssen bei der Betrachtung Europas auch den Idealismus herausnehmen! Dei EU funktioniert nicht als Ideal, urteilte neulich mspro in Wir.Müssen Reden. Ein richtiges Urteil! Die EU hat noch nie als Idealismus oder Utopie funktioniert. Na gut, vielleicht außer in der kurzen Phase von Mitte der 90er bis Mitte der 00er. Aber die EU ist eigentlich ein von Kompromissen geprägtes Gewürge und das war sie schon immer. Um das zu verstehen, müsst ihr euch nur einmal mit der „Politik des leeren Stuhls“ befassen. Trotzdem ist die EU wichtig und das liegt an ihrer Gründungsidee. Die europäische Einigung hatte zwei Ziele, die die EU ganz wunderbar erfüllt. Nach dem zweiten Weltkrieg sollte verhindert werden, dass jemals wieder Krieg und Hunger auf diesem Kontinent herrschen. Und das ist gelungen! Die EU-Mitglieder haben seit über 70 Jahren keinen Krieg und keine Hungersnot erlebt! Ich kann mich irren, aber ich glaube, das hat es nie zuvor auf diesem Kontinent gegeben. What a time to be alive!

Das heißt nicht, dass es bestens steht um diesen Kontinent. Das Gegenteil ist der Fall, wie ich oben beschrieb und wir müssen hart arbeiten und kämpfen, um die EU zu erhalten und wenn möglich auch noch so zu formen, dass sie für die Menschen besser wird. Aber es besteht auch kein Grund zu verzweifeln. Europa ist nicht gescheitert!

Sie sind Flüchtlinge

Täglich erreichen uns Zahlen, wie viele tausend Flüchtlinge wieder in Deutschland angekommen sind. Und ein paar dumme Menschen reagieren darauf mit Angst und Anschlägen auf die Schwächsten der Schwachen. Ich kann nur erahnen, was es heißt, meine Heimat zu verlassen, weil Krieg und Not mich vertreiben. Und es ist allzu einfach, nach unten zu treten, solange Flüchtlinge nur Zahlen sind, die uns Angst machen. Aber Vertriebene sind Menschen mit Gesichtern und Geschichten. Und die Flucht vor Krieg, Leid und Verfolgung ist auch kein neues Phänomen sondern existiert so lange, wie es Menschen gibt. Aus der Idee heraus, dem anonymen Flüchtling statt einer Zahl ein Gesicht zu geben, habe ich mal in die Geschichte geblickt und will euch die Gesichter und Geschichten von 25 berühmten Vertriebenen zeigen.

René Descartes wanderte 1629 in die Niederlande aus

Frans Hals - Portret van René Descartes
1596 – 1650

Der französische Philosoph René Descartes ist der Begründer der neuzeitlichen Philosophie. Sein „Ich denke, also bin ich“ kennt wahrscheinlich fast jeder. Mit seiner Methode des radikalen Zweifels überwandt er das starre und vom Christentum dogmatisierte Skelett der mittelalterlichen Philosophie, wo man sich nur so Fragen stellen durfte, wie „Woraus bestehen wohl die Flügel von Engeln?“. Jedenfalls war dieser radikale Skeptizismus seinem Heimatland Frankreich zu radikal, daher musste Descartes in die Niederlande gehen.

Heinrich Heine wanderte 1831 nach Frankreich aus

Heinrich-heine 1
1797 – 1856
Heinrich Heine war einer der wichtigsten Schriftsteller und Dichter des 19. Jahrhunderts. Die Wikipedia sagt, er habe die Romantik „überwunden“. Ich hoffe, das passiert mir nie! Jedenfalls war Heine eine ziemlich linke Socke, die sich stets über die Preußen lustig machte, die damals in seiner Heimat, dem Rheinland, das Sagen hatten. Das brachte ihm viel Ärger ein und seine Werke wurden zensiert, weshalb Heine nach Paris auswandern musste, um dort ungehindert weiter veröffentlichen zu können. Wie sehr er darunter gelitten hat, von seiner Familie getrennt zu sein, berichten seine Gedichte aus der Zeit, zum Beispiel die Nachtgedanken.

Kurt Tucholsky wanderte 1929 nach Schweden aus

TucholskyParis1928
1890 – 1935
Tucholsky ist eine der tragischsten Flüchtlingsgeschichten rund um Nazideutschland. Denn der satirische Schriftsteller hat während der Weimarer Republik immer massiv mit der Feder gegen die Nazis gekämpft. Er hat stets versucht, die Deutschen aufzurütteln und ihnen klarzumachen, auf welche Katastrophe sie da zusteuern. In Deutschland wurde er dafür immer wieder von den Nazis angegriffen. Das hielt er 1929 nicht mehr aus und ging nach Schweden. Der unter starken Depressionen leidende Schriftsteller verstummte schließlich ganz, als alles einzutreten begann, wovor er gewarnt hatte. Bis heute ist nicht klar, ob er sich das Leben genommen hat, oder die Überdosis Schlaftabletten ein Unfall waren. Das war der letzte Eintrag in seinem Tagebuch:
Tucholskys letzter Tagebucheintrag

 

Marlene Dietrich wanderte 1930 in die USA aus

Bundesarchiv Bild 102-14627, Marlene Dietrich
1901 – 1992
Die Dietrich war wahrscheinlich der größte Star des deutschen Kinos. Und ursprünglich ging sie aus Karrieregründen nach Hollywood und war gar nicht politisch verfolgt. Daher versuchten die Nazis sogar, sie für ihre Propaganda-Maschine zurückzugewinnen. Doch da hatten sie aufs falsche Pferd gesetzt. Zu viele Freunde und Kolleginnen aus Deutschland hatten vor den Barbaren fliehen müssen. Daher legte sie 1939 die deutsche Staatsbürgerschaft ab und unterstützte seitdem die US-Armee beim Kampf gegen Deutschland. Als sie 1960 erstmals nach Deutschland zurückkehrte, wurde sie dafür als Vaterlandsverräterin beschimpft. Wie nett!

Albert Einstein wanderte 1932 in die USA aus

Albert Einstein in later years
1879 – 1955
Der vielleicht wichtigste Physiker der Geschichte war seit 1932 eigentlich nur vorübergehend in den USA, als 1933 die Nazis die Herrschaft antraten. Als Jude war Einstein der Rückweg versagt, seine Werke wurden Opfer der Bücherverbrennung (Klar, diese Relativitätstheorie war ja auch voll antideutsch!!!111einself), er wurde ausgebürgert und aus dem Pazifisten Einstein wurde ein Befürworter der Atombombe. Traurig.

Bertolt Brecht floh 1933 über Frankreich, Dänemark, Schweden und Finnland in die USA

Bertolt-Brecht
1898 – 1956
Dass der alte Bert Brecht auch so eine linke Socke war, brauche ich ja niemandem zu erzählen. Aber wusstet ihr auch, dass ab 1930 die paramilitärischen Nazitruppen begannen, seine Theateraufführungen zu stören? 1933 gab Brecht auf und floh nach Frankreich. Von dort ging es noch weiter nach Dänemark. Doch als der Krieg ausbrach, fühlte er sich dort auch nicht mehr sicher und ging 1939 nach Schweden und 1940 nach Finnland. Bis es ihm endlich 1941 gelang einen Ozean zwischen sich und seine Verfolger zu bringen und er in die USA floh.

Billy Wilder floh 1933 über Frankreich in die USA

Billy Wilder - Kamerablick - Boulevard der Stars cropped
1906 -2002
Billy Wilder hat so Klassiker geschaffen wie Manche mögen’s heiß und Zeugin der Anklage. Das berühmteste Bild von Marilyn Monroe (das mit dem Rock) geht auf sein Konto. Wilder war österreichischer Jude. Und als die Nazis 1933 von den Deutschen an die Macht gewählt wurden arbeitete er in Berlin, was ja eines der wichtigsten Filmproduktionszentren der 1920er gewesen war. Wilder ahnte, was ihn erwartete und packte seine Koffer. Zunächst ging es nach Paris und 1934 dann in die USA, wo er seine Weltkarriere erst richtig durchstartete.

Hannah Arendt floh 1933 über Tschechien, Italien, die Schweiz, Frankreich und Portugal in die USA

1906 – 1975 (Es gab kein legales Bild)
Hannah Arendt ist wahrscheinlich die wichtigste politische Philosophin des 20. Jahrhunderts. Mit ihrer Berichterstattung vom Eichmann-Prozess hat sie zudem einen der wichtigsten Beiträge zur Aufarbeitung des Holocausts geschrieben. Und sie hatte die vielleicht dramatischste Flucht aller hier versammelten. Die Nazis trieben sie quasi vor sich her und zwischenzeitlich war sie sogar in einem Internierungslager in Frankreich gefangen. Doch ihr gelang die Flucht und über Portugal erreichte sie schließlich den sicheren Hafen in den USA.

Thomas Mann wanderte 1933 über die Schweiz in die USA aus

Thomas Mann 1929
1875 – 1955
Der Literaturnobelpreisträger Thomas Mann hatte auch schon vor der sogenannten „Machtergreifung“ der Nazis vor einem NS-Regime gewarnt. Zwar blieben seine Bücher von der Bücherverbrennung verschont, nicht aber die seines Bruders und seines Sohnes. Daher ging die Familie Mann 1933 erst in die Schweiz und von dort 1939 in die USA. Auch von den USA aus kämpfte er mit seinen Mitteln gegen die Nazis, indem er Reden einsprach, die auf Schallplatte aufgezeichnet und dann von der BBC nach Deutschland hinein ausgestrahlt wurden. In diesen Reden versuchte Mann die Deutschen von ihrem Irrsinn zu überzeugen. Wie wir wissen, leider vergeblich.

Willy Brandt wurde 1934 erst nach Norwegen und später nach Schweden vertrieben

Bundesarchiv B 145 Bild-F057884-0009, Willy Brandt
1913 – 1992
Der spätere Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger war in der Weimarer Republik erst SPD und dann SAPD-Mittglied gewesen und hatte auch zunächst in Deutschland und ab 1934 dann von Norwegen aus versucht einen Widerstand gegen die Nazis zu organisieren. Als die Nazis 1940 Norwegen besetzten, geriet Brandt in Kriegsgefangenschaft. Da die Wehrmacht aber nicht erkannte, wen sie da festgenommen hatten, konnte er entkommen und nach Schweden fliehen.

Theodor W. Adorno floh 1934 über Großbritannien in die USA

Adorno
1903 – 1969
Adorno ist einer der wichtigsten Soziologen des 20. Jahrhunderts. Er war Mitbegründer der kritischen Theorie und verhalf der Frankfurter Uni mit der Frankfurter Schule zu Weltruhm. Da er einen jüdischen Vater hatte, wurde er zum Teil des großen deutschen Braindrains und da die Briten nicht erkannten, welches Juwel ihnen da zugewandert war, ging es für Adorno 1938 weiter in die USA.

Karl Popper wanderte 1937 nach Neuseeland aus

Karl Popper2
1902 -1994
Noch so eine Hausnummer des Soziologie ist Karl Popper. Mit dem Falsifikationsprinzip geht die wahrscheinlich wichtigste Erkenntnis der Wissenschaftstheorie des 20. Jahrhunderts auf ihn zurück. Außerdem war er immer leidenschaftlicher Demokrat und hat mit der „Offenen Gesellschaft und ihre Feinde“ so etwas wie die Bibel der Demokratie geschrieben – absolut lesenswert. Als Demokrat und Kind jüdischer Eltern erkannte der Österreicher 1937, dass der „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland bevorstand und folgte einem Ruf nach Christchurch, Neuseeland.

Ludwig Wittgenstein wanderte 1938 nach Großbritannien aus

LudwigWittgenstein
1889 – 1951
Wittgenstein gehört wahrscheinlich zu den fünf größten Philosophen des 20. Jahrhunderts, wenn nicht gar aller Zeiten. Er hat einige der wichtigsten Erkenntnisse der formalen Logik und der Sprachphilosophie errungen und ist einer der Hauptvertreter des Linguistic Turns. Im ersten Weltkrieg hatte der olle Ludwig noch für Österreich gekämpft, doch als Jude wurde er dann 1938 während einer Irland-Reise vom „Anschluss“ Österreichs an Deutschland überrascht und zog es vor, nach Großbritannien auszuwandern. Während des zweiten Weltkriegs hielt er es nicht aus, als Philosophieprofessor zu arbeiten, während andere gegen die Nazis kämpften und arbeitete freiwillig als Pfleger in einem Hospital.

Sigmund Freud wurde 1938 nach Großbritannien vertrieben

Sigmund Freud Anciano
1856 -1939
Der nächste österreichische Jude, der unter der Anexion Österreichs zu leiden hatte, war Sigmund Freud. Freuds Lehre ist zwar umstritten, dennoch ist er fraglos der Urvater der Psychologie. Bereits 1933 wurden seine Bücher verbrannt, als 1938 die Nazis in Österreich an die Macht kamen, bekam Freud regelmäßig Besuch von der Gestapo. Zum Glück gelang es ihm, nach Großbritannien zu gelangen. Doch dort starb er nur ein Jahr später an Krebs.

Günter Grass geriet 1945 in Kriegsgefangenschaft und wanderte 1947 dann in die BRD ein

Nl-HaNA 2.24.01.05 932-1798 Günter Grass
1927 – 2015
Die CDU/CSU unterscheidet ja gerne zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen. Ich nicht. Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass war jung und dumm, als er 1943 der Wehrmacht und 1944 der SS beitrat. 1945 geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1947 entlassen wurde. Da seine alte Heimat Danzig nun in Polen lag, wo er als Nazi nicht länger erwünscht war, zog er nach Düsseldorf. Später wurde Grass Sozialdemokrat und linkspolitischer Autor. Auch wenn er im Greisenalter einige zweifelhafte Anwandlungen hatte.

Charlie Chaplin wurde 1952 die Wiedereinreise in die USA verwehrt, er wanderte in die Schweiz ein

Charlie Chaplin
1889 – 1977
Okay, es ist an der Zeit, den zweiten Weltkrieg hinter uns zu lassen und uns dem kalten Krieg zuzuwenden. DER Charlie Chaplin wurde dessen erstes berühmtes Opfer. Denn er wurde wegen seiner linken Gesinnung im Rahmen der Kommunistenhetze in den USA verfolgt. Und als der in den USA lebende Brite 1952 auf einer Reise auf die Insel war, verweigerten die USA ihrem größten Hollywoodstar die Wiedereinreise und Chaplin musste in die Schweiz ins Exil gehen.

Dieter Hallervorden wanderte 1958 in die BRD aus

Hallervorden
* 1935
Der Kabarettist Hallervorden war DDR-Bürger. Doch als die Einschränkungen der Meinungsfreiheit immer größer wurden, sah er sich nicht mehr in der Lage, seiner Profession nachzugehen. Daher machte er rüber …

Der (14.) Dalai Lama floh 1959 nach Indien

Dalai Lama at Syracuse University 01
*1935
Wer der Dalai Lama ist, brauche ich nicht zu erklären, oder? Das geistige Vorbild von (tibetischen) Buddhisten und Poesiealbumsschreibern halt … 1950 wurde sein Heimatland von China anektiert. Die kommunistischen Chinesen hatten so ihre Probleme mit den religiösen Tibetern und behandelten sie entsprechend schlecht. Daher brach 1959 ein Aufstand der Tibeter aus, der von China niedergeschlagen wurde und in dessen Zuge der Dalai Lama fliehen musste.

Freddie Mercury floh 1946 nach Großbritannien

Freddie Mercury performing in New Haven, CT, November 1977
1946 – 1991
Wusstet ihr, dass der Sänger der Band Queen nicht bloß euch rocken oder Bicycle fahren wollte, sondern aus Sansibar stammte? 1946 kam es dort zur Revolution und seine Eltern flohen mit ihrem 17-jährigen Sohn vor dem Blutvergießen nach Großbritannien.

Isabel Allende floh 1975 nach Venezuela und lebt seit 1988 in den USA

Isabel Allende - 001
* 1942
Die chilenische Bestseller-Autorin Isabel Allende ist die Nichte des früheren chilenischen Präsidenten Salvador Allende. 1975, nach dem Putsch durch Augusto Pinochet und der Ermordung Salvador Allendes floh Isabel nach Venezuela. Seit 1988 lebt sie ausgerechnet in den USA, deren CIA tatkräftig an der Ermordung ihres Onkels mitgewirkt hat. Leben im Exil ist eben immer schwierig.

Nina Hagen wanderte 1976 nach Großbritannien aus und kam 1986 in die BRD

NINA HAGEN 1981
* 1955
Nina Hagen hatte zwar den Farbfilm vergessen, aber nicht, dass sie mit Wolf Biermann befreundet war. Als dieser von der DDR zwangsausgebürgert wurde, bekundete Hagen öffentlich Solidarität mit Biermann, was zu Repressionen gegen sie führte, weswegen sie 1976 nach Großbritannien auswandern musste. Ab 1986 beschied sie sich dann mit einem Leben in der BRD.

Bob Marley floh 1976 nach Großbritannien

Bob Marley emancipated from mental slavery 1
1945 – 1981
1976 wollte der Großmeister des Reggeas in Jamaika auf einem Friedenskonzert der sozialdemokratischen PNP auftreten. Zwei Tage vorher drangen Bewaffnete, mutmaßlich im Auftrag der rechtsradikalen Partei JLP in sein Haus ein und schossen auf ihn und seine Familie. Seine Frau und sein Manager wurden schwer verletzt. Marley selbst wurde leicht verletzt, ließ es sich trotz des Mordanschlags nicht nehmen, das Konzert zu geben und kehrte anschließend Jamaika den Rücken, um nach Großbritannien zu gehen. Trotz des Regens da!!!

M. I. A. floh 1986 nach Großbritannien

Flickr - moses namkung - M.I.A. 2
*1975
Kennt ihr die aus Sri Lanka stammende Sängerin M.I.A.? Nein? Dann solltet ihr sie kennenlernen, es lohnt sich. Die Tamilin wurde 1986 wegen eines Bürgerkriegs in ihrem Heimatland nach Großbritannien vertrieben.

Herta Müller floh 1987 nach Westberlin

Herta Müller 1
*1953
Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller gehörte zur deutschen Minderheit in Rumänien. Nachdem sie lange mit Zensur zu kämpfen hatte, gelang ihr 1987 endlich die Ausreise nach Westberlin, wo sie seither leben und schreiben kann.

Edward Snowden floh 2013 über Hongkong nach Russland

Edward Snowden-2
*1983
Tja, kennt ihr alle, wah? 2013 verrät uns Edward Snowden, dass wir alle von der NSA überwacht werden. Dafür wird er von den USA politisch verfolgt und landet nach einer Flucht über Hongkong in Russland. Wo er sicher ein ähnliches Grummeln im Bauch haben wird, wie Isabel Allende in den USA.

Das war meine kleine, viel zu kurze Liste. Ihr alle kennt sicher noch mehr Gesichter von Flüchtlingen. Teilt sie mit uns!

Bilderquellen

  • Edward Snowden von Laura Poitras / Praxis Films [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons
  • Herta Müller von Lesekreis (Own work) [CC0], via Wikimedia Commons
  • M.I.A. von Moses (M.I.A. 2) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons
  • Bob Marley von Caspiax [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Nina Hagen von Dirk Herbert (Dirk Herbert) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons
  • Isabel Allende von Mutari (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Freddie Mercury von FreddieMercurySinging21978.jpg: Carl Lender derivative work: Lošmi (FreddieMercurySinging21978.jpg) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
  • Dalai Lama von VOA [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Dieter Hallervorden von Der Sascha (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
  • Charlie Chaplin von P.D Jankens (Fred Chess) [Public domain or Public domain], via Wikimedia Commons
  • Günter Grass von Marcel Antonisse, Anefo [CC BY-SA 3.0 ], via Wikimedia Commons
  • Sigmund Freud von David Webb from Alicante, Spain (Sigmund Freud Uploaded by Viejo sabio) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons
  • Ludwig Wittgenstein von phil.uu.nl [CC0], via Wikimedia Commons
  • Karl Popper von Lucinda Douglas-Menzies link [No restrictions], via Wikimedia Commons
  • Theodor W. Adorno von Jeremy J. Shapiro [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
  • Willy Brandt von Bundesarchiv, B 145 Bild-F057884-0009 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons
  • Thomas Mann von Nobel Foundation [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Billy Wilder von Billy_Wilder_-_Kamerablick_-_Boulevard_der_Stars.jpg: Times derivative work: Johannes Vogel [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
  • Bertold Brecht von Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons
  • Albert Einstein von John D. Schiff [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Marlene Dietrich von Bundesarchiv, Bild 102-14627 / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons
  • Kurt Tucholsky von Sonja Thomassen (Sonja Thomassen) [GFDL 1.2], via Wikimedia Commons
  • Heinrich Heine von Sonja Thomassen (Sonja Thomassen) [GFDL 1.2], via Wikimedia Commons
  • René Descartes nach Frans Hals (1582/1583–1666) [Public domain], via Wikimedia Commons

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Philosophen in der Kneipe

Platon und Popper sprechen über Pegida

Eine verrauchte Eckkneipe irgendwo zwischen London und Athen. An einem Tisch in der Ecke sitzt ein alter Mann mit schütternem Haar und buschigen Augenbrauen. Auf dem Tisch steht ein Wimpel, der verkündet, dass es sich um den Stammtisch handelt. Ein breitschultriger Mann mit Vollbart, der in eine Abolla gewandet ist, betritt die Kneipe, er tritt an den Tisch…

„Herr Popper.“
Popper: „Herr Platon.“
Platon: „Einfach Platon genügt.“
Popper: „Ist das nicht ein wenig zu unaristokratisch für Ihren Geschmack?“
Platon: „Letztlich sind wir doch alle Höhlenmenschen.“
Poppper: „Was zu falsifizieren war.“
Platon: „Was ist das Thema des heutigen Abends?“
Popper: „Pegida.“
Platon: „Was ist das? Doch nicht schon wieder so ein Unsinn des Deutschen Idealismus’…“
Popper: „Deutscher Unsinn freilich schon. Idealismus wohl kaum. Es steht für: ‚Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes‘.“
Platon: Ach, Europa, diese Kopfgeburt. Das klingt mir nach demokratischen Unsinn.“
Popper: „Mitnichten, es sind die Feinde der offenen Gesellschaft! Sie demonstrieren in Sachsen, einem Landstrich mit gerade einmal 0,1% Islamanteil gegen die ‚drohende Ausbreitung des Islamismus in Deutschland und Europa‘.“
Platon: „Das kommt davon, wenn man die Untertanen, ihre Kinder selbst aufziehen lässt!“
Popper: „Ihnen altem Faschisten müsste das doch eigentlich gefallen, immerhin wird Pegida vom ‚mehrfach vorbestraften Lutz Bachmann‘ angeführt.“
Platon: „Wohl kaum ein Angehöriger der Herrscherklasse, kein Philosophenkönig würde je behaupten, dass ‚Asylbewerber in luxuriös ausgestatteten Unterkünften lebten‘. Schließlich sitzen wir doch alle bloß in einer Höhle! Nein, er ist ein Untertan und maßt sich an, zur Schicht der Herrscher zu gehören. Aber Untertanen und Wächter müssen von wahren Philosophenkönigen regiert werden!“
Popper: „Von so jemandem wie Dionysios II?“
Platon: „Ich möchte nicht darüber reden.“
Popper: „Zu Recht! Denn Macht wird immer missbraucht werden, daher muss sie streng begrenzt werden, durch die Möglichkeit der Abwahl.“
Platon: „Ach Demokratie schon wieder. Und was, wenn die Menschen jemanden einfach nicht abwählen wollen? So wie diese Merkel und ihre Gurkentruppe? Nein, nein, nein, ich sage Ihnen, die Demokratie hat schon früher meinen großen Lehrer Sokrates umgebracht und heute foltert sie hemmungslos, wen auch immer sie zwischen die Finger bekommt…“
Popper: „Hmmm… Ich sehe, wir finden keinen Konsens, war ja auch nicht zu erwarten, bei Ihnen alten Historizisten. Aber was machen wir jetzt mit diesen Pegida-Spinnern?“
Platon: „Vielleicht sollten wir ihnen Descartes zweifelhaften Dämonen anhängen.“
Popper: „Oder wir lassen sie sich Beulen holen an Wittgensteins Grenzen der Sprache.“
Platon: „Wie dem auch sei, ich geb erstmal einen aus. Diese Welt ist so frustrierend, da hilft nur Ouzo! Herr Ober…“

Meine Mediennutzung in der Revision

Vor zwei Jahren schrieb ich an dieses Stelle nieder, wie ich wann welche Medien nutze. Seitdem hat sich einiges verändert, sodass es Zeit ist für eine Revision.

Höhlenmalereien in der Cueva de las Manos, Río Pinturas, Argentinien
Höhlenmalereien in der Cueva de las Manos, Río Pinturas, Argentinien. Fotograf: Reinhard Jahn. Angebliche Lizenz: CC-BY-SA-2.0-DE.

Noch vor zwei Jahren las ich jeden Morgen die Zeitung in Form der FR App. Das habe ich mittlerweile fast komplett eingestellt. Wir haben zwar die FR App noch abonniert und die Dame liest sie auch noch täglich, aber ich fast gar nicht mehr. An die Stelle der FR App ist mein Feedreader getreten, in dem ich zur Zeit um die 70 Blogs und andere Quellen abonniert habe und den ich morgens meist als erstes öffne. Halt, stimmt gar nicht. Eigentlich checke ich erst Mails, Twitter-Interaktionen und Statusmeldungen auf Facebook. Aber neue Infos kommen dann über den Feedreader. Meine Lieblingsblogs sind derzeit wirres.net, Frau Haessy schreibt (ehemals Orbis Caudiae) und die Existential Comics.

Twitter kommt bei mir von allen Sozialen Netzwerken noch immer am häufigsten zum Einsatz, wann immer sich die Gelegenheit ergibt. Facebook nutze ich fast ausschließlich um mit Offlinern zu kommunizieren. Mein Facebooknewsfeed ist atemberaubend langweilig, was meines Erachtens daran liegt, dass FBs Algorithmus kaputt ist. Alle 2-3 Tage schaue ich mal bei App.net rein, da ich dort aber nur den Kostenlosaccount habe, folge ich auch nur 40 Menschen und alles ist sehr gemächlich. Ansonsten habe ich noch Accounts bei Google+ (was ich gar nicht nutze) und Tumblr (was ich gerne mehr nutzen würde, aber keinen Zugang finde), Ask.fm (wo mir nie jemand Fragen stellt) und Instagram, wo ich etwa einmal in der Woche reingucke.

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"Papyrus". Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.

Zum Kindergarten fahren wir mit der S-Bahn, da wir innerhalb Frankfurts umgezogen sind. Auf der Hinfahrt lesen wir dann meist gemeinsam ein Buch, zurzeit Der kleine Ritter Trenk* von Kirsten Boie. Wenn ich das Buch vergessen habe, erzähle ich ihr den Herrn der Ringe* nach (schon zum zweiten Mal). Auf der Rückfahrt habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, meinen Podcast Spätfilm vorzubereiten, indem ich unzählige Artikel über den jeweiligen Film lese, den die Dame und ich als nächstes besprechen. Die Artikel recherchiere ich zunächst, dann speichere ich sie in Pocket und meine Notizen mache ich mit Evernote. In Evernote speichere ich auch alle Blogpostideen und -entwürfe.

Auf dem Weg zur Arbeit, steige ich dann auf mein Rad um und höre Podcasts. Derzeit habe ich stolze 81 Podcasts in meinem Podcatcher, die Zahl wird sich aber wieder reduzieren, da ich kürzlich alle (außer den Strickcasts) Podcasts aus Nele Heises Liste „Frauen machen Podcasts“ abonniert habe und gerade wieder aussortiere (Da ist teilweise schon abgefahrener Trash dabei, was ich gut finde, denn jeder Podcast findet seine Hörerinnen, aber ich muss ja nicht alles hören…) Meine Lieblingspodcasts sind derzeit:

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"Girl listening to radio" by Franklin D. Roosevelt Library Public Domain Photographs. Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.

anyca.st, einer dieser berühmten Laberpodcasts, Logbuch: Netzpolitik, dessen Name Programm ist, Second Unit, der Filme bespricht,Vorgedacht (über Philosophie) und Vorzeiten (über Geschichte) und zwanzichfuffzehn (über Fernsehserien). Neu entdeckt habe ich Ein Mops kam in die Küche, ein Labercast, bei dem ich neulich einen so großen Lachanfall bekam, als ich ihn abends zum Einschlafen hörte, dass die Dame sich ernsthaft beschwerte…

Meine Bibliotheksbesuche haben sich massiv reduziert und mit ihnen mein Konsum von Hörbüchern. Ich habe die Hunger Games Trilogie* (krasses Finale!) vor einiger Zeit beim Einschlafen gehört, aber sonst kaum etwas. Filme leihe ich gar nicht mehr aus, da ich mittlerweile Watchever abonniert habe, was etwa 80% meines Fernsehkonsums abdeckt. Gelegentlich leihe ich mal einen Film bei iTunes, aber bei unserem Apple TV* bricht allzu oft die Verbindung ab und entgegen der Vertragsregelung, habe ich dann keine Möglichkeit, den Film weiterzugucken, ohne ihn erneut zu bezahlen. -.-

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Deutsche Fotothek‎ [CC-BY-SA-3.0-de]

Der letzte Film, den ich sah, war Roland Emmerichs 2012 (absoluter Trash, aber ich hatte auch nichts anderes erwartet…). Ich gehöre auch zu diesen Serien-Binge-Watchern. Allein schaue ich noch einmal die Sopranos und zusammen mit der Dame Star Trek: Voyager. Echtes Fernsehen schaue ich eigentlich gar nicht mehr, einzige Ausnahme bildet hier Fußball. Außerdem habe ich mittlerweile etwa 45 YouTube-Kanäle abonniert, von denen ich am liebsten CinemaSins und John Oliver sehe.

Radio höre ich eigentlich gar nicht mehr und da wir unser Auto verkauft haben, bleiben mir meist auch die Kinderhörspiele erspart. Leider lese ich auch viel zu selten Bücher, da ich meist irgendwas in diesem Internet lese. Auf meinem Nachttisch liegt seit Ewigkeiten Poppers Die offene Gesellschaft und ihre Feinde*. Weil ich unbedingt wieder mehr Bücher lesen will, ist nun auch noch Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt, was mir sehr viel Spaß macht!

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"Gutenberg Bible". Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons.

Nachrichten konsumiere ich unregelmäßig und meist über SpOn, FR Online (für Lokales) und Rivva. Hearthstone ist derzeit das Computerspiel meiner Wahl, wenn ich mal eine Viertelstunde zuviel Zeit habe. Musik höre ich derzeit auch eher wenig, mein letztes neues Album war AM von den Arctic Monkeys*. Soweit, so medial. Schalten Sie auch in zwei Jahren wieder ein…

 

*hinterhältige Affili-Links: Wenn ihr den Artikel kauft, bekomme ich eine winzige Provision und freue mich…