Platon – Das Wesen der Seele

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Daniel
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Platon – Der Philosophenkönig – Folge 28

Wir hatten beim letzten Mal Sokrates und seine Freunde kurz vor Sokrates’ Tod hoffnungslos zurückgelassen. Die Analogie vom Instrument und den Tönen, die es erzeugt, zum menschlichen Körper und seiner Seele hatte ihnen so sehr eingeleuchtet, dass sie nun schon fast von der Sterblichkeit überzeugt sind. Sie waren so enttäuscht, dass sie fragten, ob man sich denn nie sicher sein kann und ob dann das Philosophieren überhaupt Sinn macht.

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Platon – Das Wesen der Seele

Wir hatten beim letzten Mal Sokrates und seine Freunde kurz vor Sokrates’ Tod hoffnungslos zurückgelassen. Die Analogie vom Instrument und den Tönen, die es erzeugt, zum menschlichen Körper und seiner Seele hatte ihnen so sehr eingeleuchtet, dass sie nun schon fast von der Sterblichkeit überzeugt sind. Sie waren so enttäuscht, dass sie fragten, ob man sich denn nie sicher sein kann und ob dann das Philosophieren überhaupt Sinn macht.

Platon nutzt diesen emotionalen Tiefpunkt, um das Wesen der Philosophie zu diskutieren und an dieser Stelle wollen wir mit der Untersuchung fortfahren und schauen, ob wir nicht doch Grund zur Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod haben.

Das Sprachspiel des Beweisens

Platon betont noch einmal, das sokratische Credo, dass ein Irrtum in der Philosophie nie ausgeschlossen ist. Doch daran schließt er ein glühendes Plädoyer für die Philosophie an: Denn auch wenn mit dem Philosophieren einhergeht, dass wir immer wieder lieb gewonnene Wahrheiten zu Fall bringen, sollen wir nicht daran Zweifeln, dass es DIE WAHRHEIT ™ gibt. Alle Widerlegungen liegen nur daran, dass wir kleine Menschen fehlbar sind. Das Scheitern eines Beweises bedeutet nicht, dass das „Sprachspiel des Beweisens“ wie Wittgenstein sagen würde, an sich scheitert.

Das ist wieder ein ebenso schöner wie wichtiger Gedanke. Besonders in unseren Tagen wird das wissenschaftlich-logische Denken aus esoterischen Kreisen immer wieder angegriffen mit dem Hamlet-Zitat:

„Es gibt mehr Ding‘ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt,“

Dieser Satz ist zweifelsfrei wahr, das sagt uns Platon hier im Phaidon. Aber er ist nicht deshalb wahr, weil die Logik an sich in irgend einer Form falsch wäre, sondern weil wir Menschen unwissend und fehlbar sind.

In diesem Gedanken steckt die Hoffnung, die Sokrates’ Freunden verloren ging allerdings auf ganz andere Art und Weise: Es besteht die Chance, dass wir Menschen eines fernen Tages die Welt wirklich verstehen werden.

Schon wieder Anamnesislehre

Als Platon dann mit der unsterblichen Seele fortfährt ist sein Beweis leider nicht mehr so überzeugend wie sein Plädoyer für die Logik. Als Gegenargument gegen die These, dass die Seele der Stimme der Gitarre gleicht, bringt er wieder seine Anamnesis-Lehre vor. Wenn die Seele schon vor der Geburt existiert hat, dann kann die Analogie zur Gitarre nicht stimmen, denn deren Stimme hat nicht vor dem Bau des Instruments existiert. Das ist ein sehr schwaches Argument, da es auf sehr wackeligen Beinen steht. Erinnert euch: Die Anamnesislehre sollte erklären, woher wir implizites Wissen haben. Ich habe aber beim letzten Mal bereits eine alternative Erklärung dafür gegeben, warum wir über implizites Wissen verfügen.

Allerdings bringt Platon noch ein weiteres Argument gegen die Analogie vom Instrument: Ein Instrument kann schlecht gearbeitet sein, dann wird es nicht gut klingen, eine weniger starke Stimme haben. Aber ein Mensch kann nicht weniger beseelt sein. Für die Seele gibt es nur zwei Werte: Entweder hat ein Ding eine Seele oder nicht.

Absurderweise gräbt sich Platon dann selbst das Wasser ab, indem er der Seele dann doch wieder ein Spektrum zuweist: Sie kann mehr oder weniger gut sein. Die Stimme könne das nicht. Ääähm …? Hat er nicht eben buchstäblich das Gegenteil behauptet? Ich frage mich, ob er nur wissen wollte, ob wir noch aufpassen. Anyway …

Platon fährt fort, dass die Stimme vom Instrument beherrscht werde, wie wir ja eben schon sahen: Ist das Instrument schlecht gearbeitet, dann ist die Stimme schlecht. Aber bei der Seele sei es umgekehrt: Sie herrscht über den Körper. Wenn wir bedenken, dass Platon natürlich noch keine Ahnung von den Prozessen im Gehirn haben konnte, dann ist diese Gegenüberstellung ziemlich einleuchtend: Ich muss die Saiten einer Gitarre anschlagen, um den Ton zu erzeugen. Aber meine Seele, (oder moderner) mein Denken veranlasst meinen Arm überhaupt erst zum Anschlagen der Saite. Mein Denken kontrolliert also meinen Körper. Das Bild vom Instrument würde aber nur passen, wenn die Töne gleichsam spontan entstünden und so die Stimme der Gitarre die Saiten zum Klingen bringt.

Die Deduktion der Unsterblichkeit

Schließlich kommt Platon aber zu seinem finalen und größten Argument für die Unsterblichkeit der Seele. Dafür führt er den nächsten Hammerbegriff ein, der in der Philosophiegeschichte bis heute immer wieder diskutiert werden wird, er baut quasi den nächsten Todesstern. Dieser Begriff ist der des Wesens. Platon sagt, dass Dinge ein Wesen haben im Gegensatz zu wechselnden und nur zufälligen Eigenschaften. Sein Beispiel ist der Schnee: Schnee kann uns in den verschiedensten wechselnden Erscheinungsformen begegnen: Er kann pappig sein oder pulverig, er kann in großen Flocken oder kleinen fallen, er kann schneeweiß sein, bläulich, sogar schwarz und manchmal leider auch gelb. Das sind alles zufällige Eigenschaften von Schnee, aber der Schnee hat im Gegensatz zu diesen zufälligen Eigenschaften auch ein Wesen: Er ist gefroren. Es kann keinen Schnee geben, der nicht gefroren ist.

Platon folgert daraus, dass das Wesen eines Dinges nicht in sein Gegenteil verwandelt werden kann. Dann fragt er weiter: Was ist denn nun das Wesen der Seele? Die Antwort lautet ganz klar: Sie lebt. Erinnert euch an die Unterscheidung von Anaxagoras, wir lernten sie bei Sokrates kennen: Beseelte Dinge sind solche, die leben. Unbeseelte Dinge hingegen leben nicht.

Nun braucht Platon nichts weiter zu tun als das, was wir bei Aristoteles als den Syllogismus kennenlernen werden. Er geht von drei Prämissen aus:

Das Wesen eines Dinges lässt sich nicht in sein Gegenteil verkehren.
Das Wesen der Seele ist das Leben.
Das Gegenteil von Leben ist der Tod.
Daraus folgt zwingend: Die Seele ist unsterblich.

Lasst die Sektkorken knallen! Wir sind unsterblich! Oder besser nicht? Vielleicht ist Alkohol eine Sünde und wir müssen im Jenseits dafür büßen …? Egal, wir sind unsterblich!

Ohne Witz: Diese Schlussfolgerung ist brillant und ein schlagender Beweis. Ist damit das Thema durch? Warum gibt es trotzdem Atheisten? Sind die nur dumm? Nun, auch wenn dieser Schluss zwingend ist, also nicht falsch sein kann, so kann trotzdem etwas anderes falsch sein: Platons Definition von Seele, Wesen, Leben und Tod. Wer partout beweisen will, dass wir alle verdammt sind, der muss beweisen, dass Platon wenigstens einen dieser vier Begriffe falsch definiert hat.

Aber das ist mir zu düster, das überlasse ich anderen, die wir in späteren Folgen dieser Serie noch zu Wort kommen lassen. Hier ende ich lieber auf dem schönen Akkord, den die Seelenstimme von Platons Gitarrenkörper angeschlagen hat.

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