Philosophen in der Kneipe: Heute Descartes und Voltaire

In einer kleinen Frankfurter Eckneipe. Auf einem runden Tisch steht ein blechernes wimpelimmitierendes Schild, welches stolz verkündet, dass es sich um den Stammtisch handelt. An diesem nämlichen Tisch sitzt ein Mann mittleren Alters mit grünem Gehrock, spitzenbesetztem Seidenhemd und einer langen, weisgelockten Perrücke. Ein etwas älterer Mann mit schulterlangen braunen Haaren, einer spitzen Nase und einem peinlich akkurat gestutzten Bart tritt hinzu. Er trägt ein schwarzes Gewand mit steifem weißen Kragen.

Voltaire: Monsieur Descartes, da sind Sie ja endlich!
Descartes: Habe die Ehre, Monsieur Voltaire.

Voltaire ruft eine Kellnerin herbei und bestellt für beide Rotwein. Dann sitzen sie eine Weile schweigend und trinken. Irgendwann jedoch …

Voltaire: Schlimm das in Paris, nicht?
Descartes: Ja, schlimm. Aber darüber macht man keine Witze.
Voltaire: Habe ich doch gar nicht!
Descartes: War auch nur eine Warnung. An Sie und an den Verfasser dieser Zeilen, der uns hierher zitiert hat, um uns ganz ungefragt seine Worte in den Mund zu legen, damit er sie nachher auf sein belangloses Blog stellen kann!
Voltaire: A propos Blog. Haben Sie gesehen, was in diesen sozialen Netzwerken über Paris geschrieben wird?
Descartes: Ach, gehen Sie mir weg mit den sozialen Netzwerken! Jetzt zermalen dort wieder alle Menschen den Eifelturm zum Friedenszeichen und tauchen sich in bleu, blanc, rouge! Und welche Konsequenzen ziehen sie daraus? Keine! Morgen interessiert das wieder keinen, weil irgendein alt gewordener Fußballer von irgendwem zum Sexiest Man Alive gewählt wurde!
Voltaire: Das ist so typisch. Da kommen die Menschen einmal in Liebe zusammen über so ein schreckliches Ereignis und verleihen ihrer Trauer Ausdruck und dann kommen Leute wie Sie mit Ihrer Trauerkritik und Ihnen ist das alles wieder nicht gut genug!
Descartes: Und was machen Sie? Trauerkritikkritik! Als wäre das besser! Schon mal daran gedacht, dass ich dies mache, um mit meiner Trauer umzugehen? Um sie einordnen zu können?
Und wo sind denn all die Trauernden, wenn Menschen in Syrien, im Irak und im Libanon sterben? Wo sind die Trauernden, wenn Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken oder in Lastwagen ersticken? Wo sind sie, wenn in Israel ein Anschlag stattfindet und wo, wenn die israelische Armee diesen dann wieder mit viel Kolateralschaden vergeltet?
Voltaire: Wissen Sie was mich nervt: Menschen, die versuchen menschliches Leid zu wiegen, als wären sie auf dem Viehmarkt! Beantworten Sie mir eine Frage: Wann trauern Sie mehr? Wenn Ihre Oma gestorben ist, die Sie oft besucht haben, deren Haus Sie genau kennen und in deren Küche Sie immer Café getrunken haben? Oder wenn Mademoiselle Cassel aus Marseille, die Sie nicht kannten, stirbt? Glauben Sie, dass Sie in letztererem Fall tatsächlich genauso stark trauern?
Descartes: Das bezweifle ich methodisch, aber das heißt ja noch lange nicht, dass es auch gut so ist!
Voltaire: Es ist vor allem menschlich und bedeutet nicht, dass das Leben, das weiter weg gelebt wird, weniger wert ist, nur weil uns die emotionale Verbindung fehlt. Nichtvergossene Tränen sind kein Urteil, dass diese Tränen es nicht wert waren, vergossen zu werden.
Aber mal etwas anderes: Mich nerven all die Leute, die jetzt sagen, sie beten für die Opfer und ihre Familien. Als hätte uns die Religion das nicht alles eingebrockt! Außerdem ist Beten nur Denken, sie sollten lieber handeln!
Descartes: Mon Dieu! War ja klar, dass das von Ihnen kommen musste. Sie lassen ja auch keine Gelegenheit ungenutzt, um auf die Religion einzubrügeln!
Voltaire: Kein Wunder, dass Sie das sagen, Sie stecken mit dem Kopf ja auch noch tief im Arsch der mittelalterlich Scholastik!
Descartes: Au Contraire! Sie wissen genau, dass mein Cogito der Philosophie des Mittelalters den Todesstoß versetzt hat. Ohne mich gäbe es Sie und Ihre petite Aufklärung gar nicht!
Voltaire: Peut-être. Aber lassen Sie uns zum Thema zurückkommen: Ich finde den Gegenaufruf zu „Pray for Paris“ gut – „Drink, fuck, dance for Paris!“, denn dass wollen uns diese DAESH doch verbieten!
Descartes: Pfff … Oh, wo fange ich da an? Glauben Sie wirklich, die Religion ist es, die uns entzweit? Oder ist es nicht viel eher der Hass? Und der Hass trägt hier die Maske der Religion, wie er in Dresden jene trägt der „besorgten Bürger“! Monsieur Voltaire, Sie wollen lieber ficken,trinken und tanzen für Paris? Gut so! Aber tun Sie es mit Liebe. Tun Sie es in Gedenken an die Opfer und nicht mit Hass auf die Täter!

Sie haben zwar ganz recht, wenn diese DAESH könnten, würden sie uns das Tanzen, Trinken und Ficken verbieten. Aber das wird ihnen nie gelingen, denn wir sind ein Kontinent von Tänzern, Trinkern und Fickern! Daher war das kein Anschlag aufs Tanzen, Trinken und Ficken. Das war einer auf die Tricolore, auf Liberté, Egalité und Fraternité! Und dieser Angriff darf nicht erfolgreich sein! In Frankreich ist der Ausnahmezustand ausgerufen worden und überall im Westen scharren die Sicherheitspolitiker schon mit ihren Hufen, um als die Straßenfeger der Terroristen die Freiheit davonzufegen. Wenn Sie die Opposition aufmachen zwischen den Moslems oder den Gläubigen auf der einen Seite und uns säkularen Europäern auf der anderen, dann ist der Anschlag auf die Gleichheit gelungen, dann hat DAESH geschafft, dass wir vergessen, dass alle Menschen gleich sind! Und wenn jetzt wieder und umso mehr auf Flüchtlinge geschimpft wird, dann ist auch noch der Angriff auf die Brüderlichkeit gelungen! Das Monsieur Voltaire müssen wir verhindern!

Und wenn Sie weiter sagen, dass Beten doch nur Denken und nicht handeln ist. Dann ist es doch ein Denken in Liebe und damit besser als jedes Handeln in Hass! Unsere Gedanken sind es, die unsere Handlungen leiten. Und wenn in ganz Europa die Menschen in Liebe an Frankreich beten, tanzen, ficken und trinken, dann ist das nicht nur ein geistiges Schutzschild gegen DAESH, es hilft auch gegen all die Brandstifter, die gerade versuchen, die Idee von Europa zu beerdigen.

Denn was mich am meisten nervt an der Trauer in den Sozialen Netzwerken sind all die Nazis, Populisten, Politiker auf Wählerfang, die Totalüberwacher und Sicherheitsfreaks und all die anderen verfickten Akteure, die jetzt versuchen auf diesem blutverschmierten Fundament ihr Gebäude aus Hass zu errichten!
Voltaire: Ich missbillige keinesfalls, was Sie sagen und würde bis auf den Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen!

Andere für mich denken lassen

Ich habe hier ein paar philosophische Artikel in Pocket, die ich schon längere Zeit aufbewahre, um mal irgendetwas damit zu machen. Da mir selbst zurzeit nichts Schlaues dazu einfällt, mache ich halt eine Linkschleuder daraus. ¯\_(ツ)_/¯

Spache und Moral

Hier ein spannender Artikel über empirisch-philosophische Studien zum Zusammenhang von Moral und Sprache:

A brother, who’s using a condom, and his sister, who’s on birth control, decide to have sex. They enjoy it but keep it a secret and don’t do it again. Is their action morally wrong? If they’re both consenting adults and not hurting anyone, can one legitimately criticize their moral judgment?

Die These, die entwickelt wird, lautet, dass wir in unserer Muttersprache ethische Probleme eher emotional angehen und in einer Fremdsprache eher analytisch …

Still, if morally ambiguous scenarios are approached in a second language, that can nudge us toward making decisions consciously and rationally. Speaking in a second language, therefore, may be one of the most moral things you can do.

Metaphysik und so …

Dieser Artikel beginnt mit der Feststellung, dass die zeitgenössische Philosophie metaphysische Fragen hinter sich gelassen hat. Beziehungsweise versucht die Philosophie, metaphysische Probleme auf empirische Ursachen zurückzuführen. Hier noch einmal die Definition von Metaphysik aus der Wikipedia, für alle die den Begriff nicht auf den Schirm haben:

Metaphysische Systementwürfe behandeln in ihren klassischen Formen die zentralen Probleme der theoretischen Philosophie, nämlich die Beschreibung der Fundamente, Voraussetzungen, Ursachen oder „ersten Gründe“, der allgemeinsten Strukturen, Gesetzlichkeiten und Prinzipien sowie von Sinn und Zweck der gesamten Wirklichkeit bzw. allen Seins.

Allerdings scheint der Autor, Justin E. H. Smith, einen weitergefassten Metaphysik-Begriff zu haben, ähnlich dem des frühen Wittgenstein, wonach all das metaphysische Aussagen sind, was sich nicht empirisch beweisen lässt. Anyway … Smith sieht in dieser Abkehr und auf die derzeitige Konzentration der Philosophie auf kognitionswissenschaftliche Erklärungsansätze ein Problem, da dies ein zu einseitiges Bild vom Menschen zeichnet:

Cognitive science, and the philosophy influenced by it, has taken into account the richness I’ve been trying to evoke– that we are not just essentially thinking things, but also thinking things with, for example, a special evolved capacity to notice faces that appear in our natural landscape, and to have stronger reactions to them than to lumps of dirt. But cognitive science by itself is ill-equipped to draw out the full significance of the ineliminable features of human cognition that it registers and describes. Philosophers in other areas of specialization need to join the project.

Stattdessen plädiert er für eine Reintegration von anthropologischen Theorien in die zeitgenössische Philosophie …

Die Welt ist nicht so …

Noch ein schöner Artikel zu einer Studie, wie Sprache unsere Konzepte der Welt beeinflusst …

Wenn Berufe in einer geschlechtergerechten Sprache dargestellt werden (Nennung der männlichen und weiblichen Form, zum Beispiel „Ingenieurinnen und Ingenieure“ statt nur „Ingenieure“) schätzen Kinder typisch männliche Berufe als erreichbarer ein und trauen sich selbst eher zu, diese zu ergreifen.

Wissta bscheid!

Hass im Netz

…. ist ja ein nicht weggehendes Thema und ein Problem. Hier setzt sich der Sozipod damit ausseinander in Bezug auf den rassistischen Terror dieses Jahr, wie er im Netz repräsentiert wird und wie man damit umgehen sollte. Das gleiche Thema hat diese schöne YouTube-Reihe am Beispiel des Gamergates, ebenfalls mit dem Ziel, einen Ansatz zu finden, wie man dergleichen verhindern kann:

Wenn euch das gefallen hat, dann lasst es mich doch in den Kommentaren wissen, mein Pocket quillt über von weiteren Artikeln, die ich gerne mit euch teilen kann …

P.S.:

Freiheit und Toleranz

So, so, auf Youtube wurde also ein Video veröffentlicht, das den Islam beleidigt. Ich habe es persönlich nicht gesehen. Aber es diente in Einigen wenigen Islamischen Ländern als Aufhänger für einige wenige Menschen, mal ordentlich auf den Putz zu hauen. Gegen die Amerikaner, gegen den Westen und überhaupt.

 

 

Die Ausschreitungen gegen westliche Botschaften in Nordafrika führten letzte Woche zu einer Welle der Empörung, die leider allzubald in allgemeines Islam-Bashing und schließlich in Spot, Häme und Hass gegenüber jeder Form von Glauben ausartete. Grund genug mich mal dem Thema zu widmen.

 

 

1. „Wie kann man nur so doof sein, an einen Gott zu glauben“, hieß es auf Twitter.

2. „Die Meinungsfreiheit ist unser höchster Wert“, hieß es weiter, und: „Was bilden sich diese Gläubigen eigentlich ein, uns diesen uns verbieten zu wollen?“

3. „Und überhaupt hat Religion immer nur Verderben und Krieg über uns gebracht und soll endlich ad Acta gelegt werden“, war das dritte meistgenannte Argument im kleinen, blauen Vogelland.

Gehen wir dies der Reihe nach durch.

1. Ist einfach. Ich habe mich weitgehend damit schon hier beschäftigt.

Das Gegenargument: Auch Atheismus ist ein Glaube, denn logisch betrachtet, kann man die Existenz Gottes weder belegen noch widerlegen. Der große, wenngleich wohl etwas schrullige Immanuel Kant kam als erstes auf diesen Trichter und hat – mehr oder weniger – der langen philosophischen Tradition des Gottesbeweis das Spiel verdorben. Wenn ihr meine analytisch, nicht kantisch tradierte Argumentation diesbezüglich en détail nachlesen wollt, so könnt ihr das hier.

2. Zunächst einmal: Ist das so? Wo steht das geschrieben? Im Grundgesetz? Nun, ich bin keine Jurist, aber soweit ich mich erinnere sind die Grundrechte Rechte des einzelnen gegenüber dem Staat nicht gegenüber einer Religionsgemeinschaft. Aber diese Rechte sind natürlich nicht in einem Vakuum entstanden, sondern basieren auf einem Wertekanon. Und mir fällt da zunächst einmal auf, dass ich hier von Rechten und Werten schreibe. Plural. Und da kommen wir schon zum Hebel um die Argumentation ins Wanken zu bringen.

 

 

Denn in unserem komplexen Wertesystem gibt es nicht nur diesen einen Wert der Meinungsfreiheit. Sondern auch andere, diesem zuwiderstreitende Werte. Ich will hier gar nicht die Religionsfreiheit bemühen, denn die sehe ich nicht gefährdet. Ein schlechter Film verbietet noch niemandem, seine Religion auszuüben (Im Gegensatz dazu sehe ich das allgemeine Klima in der Gesellschaft, den Islam grundsätzlich als ablehnungswürdig anzusehen, schon problematischer).

 

 

Aber es gibt Persönlichkeitsrechte, wenn ich den thorschen Hammer rausholen wollte, könnte ich gar die unantastbare Menschenwürde zu Felde führen. Frei nach Kant: die Freiheit des einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit des nächsten einschränkt. Daraus folgt in unserem Wertesystem, dass nicht jede Meinung schützenswert ist. Wer einen anderen als Arschloch bezeichnet, kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Denn wir erachten das Äußern von Beleidigungen nicht als schützenswerte Meinungen. Ferner haben wir ganze Themenkomplexe, die wir von der Meinungsfreiheit ausschließen.

 

 

Sei es nun Kinderpornographie, Die Ablehnung unserer demokratischen Grundordnung oder etwa Antisemitismus. Oh. Moment. Ja stimmt. Letzteres ist — Gott sei Dank — ein Konsens. Nämlich, dass die unsachgemäße Verunglimpfung dieser Religion nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt sein sollte. Nun frage ich euch: warum sollte, was für die eine Religion gilt, nicht auch für die anderen gelten?

Wie gesagt, habe ich das Video nicht gesehen, und weiß nicht, ob es nun sehr ehrverletztend war. Ich habe ein paar der Karrikaturen vor zehn Jahren gesehen und fand sie jetzt nicht so dramatisch, aber ich wollte diese Sätze mal allen mitgeben, die im braveheartartigen Reflex gleich „Freiheit“ schrien.

3. Was mich zum Letzten und wichtigsten Punkt bringt. Wer von euch hat eigentlich den Koran gelesen? Da ihr ja alle so genau wisst, dass er Hass und Intoleranz propagiert. Klar, habe ich auch schonmal vom Djihad und der Scharia gehört. Aber das sind nur quotenbringende Labels von Clash-of-Cultures-Propagandisten.

Ich glaube gern, dass es Stellen im Koran gibt, die Hass predigen, aber ich bin mir fast sicher, dass sich dort genauso Stellen finden, die Liebe predigen. Genauso wie ich weiß, dass in der Bibel genauso Backen hingehalten werden, wie an anderer Stelle Augen und Zähne fliegen. Denn beide Bücher sind komplexe Systeme, die nicht nur die Existenz Gottes behaupten. Darüber hinaus waren sie vor allem Handlungsanweisungen für das Zusammenleben von Gesellschaften, die schon 1.000 respektive 2.000 Jahre alt sind. Das heißt nicht, dass sie komplett obsolet sind, sondern, dass sie differenziert betrachtet werden müssen.

Im Bezug auf die Bibel haben wir hier im Westen durch Reformation, Renaissance, Aufklärung und Revolution regelmäßige Updates geliefert, die leider im Islam fehlen. Das wiederum ist ein Tatbestand, an dem wir, der Westen, durch Imperialismus, Kolonialismus, Kalten Krieg und Globalisierung nicht unschuldig sind.

Denn, im Ernst, wer sind denn die zornigen jungen Männer, die religiöse Beleidigungen durch uns zum Anlass nehmen, ordentlich auf den Putz zu hauen? Es sind die Verlierer der Globalisierung. Ohne Bildung, ohne Eigentum und ohne Zukunft.

Und der Hass fällt dort auf fruchtbaren Boden, wo wir den Acker bestellt haben. Wir haben die Grenzen dieser Staaten oft willkürlich gezogen, wir haben die arabischen und afrikanischen Diktatoren jahrzehntelang protegiert, solange sie uns nur Sicherheit und Rohstoffe lieferten. Wir haben Afghanistan in einen nunmehr 30 Jahre währenden Krieg getrieben. Wir? Nein, nicht wir. Denn genau das ist das Problem, der auf 140 Zeichen verkürzten Antiislamstatements auf Twitter genauso, wie das Problem der Botschaftszerstörer im Maghreb. Sie setzen die Untaten einzelner, kleinerer und größerer Gruppen mit „dem Westen“ oder eben „dem Islam“ gleich.

 

 

Der Islam ist nicht unser Problem. Die moslemische Erzieherin in der Kita bringt unseren Kindern Liebe und keinen Hass bei. Der moslemische Autor in meinem Verlag lächelt, wenn er mich sieht und streckt mir freundlich die Hand entgegen. Mein moslemischer Obsthändler verkauft freundlichere Äpfel als der laizistische Discounter nebenan und mein moslemischer Schulfreund hat mich nicht gehasst, sonst wäre er ja nicht mein Freund gewesen. Machen wir einmal die Gegenprobe: wenn Religion angeblich Hass und Krieg befördern. Wie sieht es denn dann mit dem Atheismus aus. Der fördert dann Frieden. Immer. Auch zwischen den Jahren 1939 und 1945? Ja, jetzt komme ich mit der Nazikeule, aber nicht zum Todschlagen, sondern um zu zeigen, dass komplexe Systeme immer interne Widersprüche aufweisen. Und so kann auch der Atheismus genauso zur Dialektik der Aufklärung führen wie zu so etwas so wundervollem wie dem Russellschen Pazifismus! Unser Problem sind nicht die Gläubigen oder die Atheisten. Unser Problem sind die Hassprediger auf allen Seiten. Und wenn ihr wollt, dass keine Botschaften brennen, dann dürft ihr nicht den Islam verteufeln, sondern dann müsst ihr Krankenhäuser und Schulen bauen und diesen zornigen jungen Menschen eine Zukunft bieten.

 

Ich bin raus.

 

 

Falls es euch interessiert, ich persönlich bin Agnostiker, denn das ist die einzig logisch stringente Position. Siehe 1.

Literatur:

Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung.

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft.

Immanuel Kant: Metaphysik der Sitten.