Gute Handynutzung, böse Handynutzung

Erstmals ist mein Video der Woche ein Negativpreis. Und die Ehre diesen einzufahren, gebührt Matthew Frost, der in seinem Kurzfilm uns zeigt, was gute und was böse Handynutzung ist. Der Film beginnt mit einem Shot von Kirsten Dunst, von hinten, beim Telefonieren. Frau Dunst ist modern, sie besitzt ein Smartphone und benutzt es in der von Herrn Frost abgesegneten Form: Sie telefoniert mobil. Sie ist (wahrscheinlich) in ihrem parkgleichen Anwesen unterwegs zum Tor und teilt der Person am anderen Ende der Leitung mit, dass sie ein „Uber“ gerufen hat, wie gesagt, Frau Dunst ist modern.

Aspirational Kurzfilm
Aspirational Kurzfilm (Screenshot)

Vor dem Tor gibt es eine kurze Irritation als eine Frau ihren Hund Gassi führt, dabei sich aber nicht für ebendiesen Hund interessiert, sondern nur auf ihr Handy starrt. Diese wird aber sofort dadurch gebrochen, dass ein Oldtimer in die entgegengesetzte Richtung fährt und munter hupt. Die Schauspielerin nutzt die Gelegenheit, um noch irgendetwas auf ihrem Handy zu checken. Ich nehme an, sie liest eine SMS, Whatsapp-Nachricht oder E-Mail, jedenfalls etwas, das in Hern Frosts Augen in Ordnung ist.

Doch dann tritt das Monster auf dem Plan in Form von zwei jungen Frauen, die in ihrem Auto in die gleiche Richtung fahren wie die ignorante Handybesitzerin. Die Mädels erkennen Kirsten Dunst als Star und halten kurzerhand an. Sie versichern sich noch einmal kurz, ob es sich tatsächlich um die Schauspielerin handelt, dann beginnen sie schamlos Selfies von sich und Frau Dunst zu schießen. Ohne um Erlaubnis zu fragen, ob das okay ist oder auch nur sonst irgendetwas zu sagen. Als Frau Dunst verwirrt fragt, ob die beiden sie nicht vielleicht irgendwelche Fragen an sie hätten, ist das einzige, was den Mädels einfällt, ob die Schauspielerin sie taggen könne – ich nehme an auf Facebook. Kirsten Dunst ist so entgeistert, dass sie den nicht einmal mehr antwortet. Macht auch nichts, denn die Zielstrebigen springen glücklich in ihren Wagen – wenn ich mich nicht täusche ist es einer dieser schrecklich modernen Hybridautos von Toyota – und während der Abspann läuft, erfahren wir noch aus Gesprächsfetzen, dass die jungen Dinger nicht einmal genau wissen, wer Frau Dunst ist.

So weit, so gut. Eine amüsante, kleine Anekdote über zwei Deppen, die nicht wissen was Anstand ist. Was das ganze jetzt aber spannend macht, ist, dass Matthew Frost seinen Film „Aspirational“ nennt, was man vielleicht mit „zielstrebig“ übersetzen könnte, vielleicht auch mit „erstrebenswert“. Ersteres ist ja unverfänglich, es denotiert einfach die Handlung der beiden Selfiejägerinnen, die zielstrebig nur eines wollen. Allerdings ist da dann noch die Konnotation von „erstrebenswert“. Und da wir die ganze Zeit Kirsten Dunsts Point of View innehaben, ihre Verwirrung und ihr Abscheu teilen, ist dieses „erstrebenswert“ definitiv ein ironisches Statement. Und somit sind wir wieder beim abendländischen Untergang, ich berichtete bereits in der Vergangenheit. Seht her: der Generation Selfie sind Werte und Anstand verloren gegangen, die Digital Natives interessieren sich nicht mehr für das wahre Leben sondern nur für das Digitale, welch ein Sittenverfall. Die Jugend von heute …

Und das ist letzten Endes der gleiche uralte Kulturpessimismus, den wir schon aus Keilschriften aus Babylon und Ur kennen. Deppen hat es schon immer gegeben und wird es immer geben. Jugendliche wissen obendrein einfach aufgrund mangelnder Lebenserfahrung nicht immer, was angemessenes Verhalten ist. Ob mit dem Handy, dem Ghettoblaster oder der Schiefertafel. Aber seht selbst:

ASPIRATIONAL from Matthew Frost on Vimeo.

 

Geffunden bei den Fünf Filmfreunden.

Der Xavier, der darf das – Neue Sophismen braucht das Land

Ach es gäbe so viel für mich zu tun, zum Beispiel stundenlang eine Neugeborene angucken, aber statt dessen muss ich bloggen. Warum? Weil mir da so ein Ding mit der Sprache aufgefallen ist. Und die Sprache, das wissen Sie, ist mein Ding. Alles fing an mit Xavier Naidoo…

Xavier Naidoo hat wohl rechten Verschwörerblödsinn auf einer der montaglichen Versammlungen der rechten Verschwörer von sich gegeben. Das ganze hat Georg Diez, seines Zeichens Kolumnist bei SpOn, angeprangert. Diez’ wichtigster Punkt ist übrigens:

„Und so ist Xavier Naidoo eben auch ein Beispiel dafür, wie sich Gedanken des christlichen und sonstigen Fundamentalismus in den Mainstream schleichen und wie sie sich dort verbreiten“

Georg Diez: Xavier Naidoos rechte Thesen: Vom Popstar zum Populisten

Das fand jetzt aber Horst Schulte, erklärter Naidoo-Fan, nicht so knorke und hat sich zu einer Verteidigung von Naidoo aufgeschwungen, die keiner braucht (wie er selbst schreibt). So weit, so belanglos. Aber wie Schulte für Naidoo spricht, das war für mich dann doch belangvoll. Denn der Blogpost quillt geradezu über von Sophismen, wie ich sie gerne nenne: rhetorischen Figuren des unlauteren Argumentierens. Und das ist ja, wie gesagt, mein Ding.

Von der Umdeutung zum Überlegenheitsargument

Diese Sophismen finden sich schon in Schultes Einleitung:

„Ich bin ein Fan von Xavier Naidoo und tue mich schwer damit, auf diesen Artikel eine adäquate Antwort zu geben. Ich weiß nämlich schon im voraus wie die, die ihn nicht mögen und denen er allein wegen seiner Herkunft ein Dorn im Auge ist, darauf reagieren werden.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Was will uns der Autor hier sagen? Das ist nicht die Frage. Sondern: wie sagt er es uns? Schulte macht vor allem eines: Er sichert sich zunächst einmal ab. Klar, ist ja schon so ein bisschen kritisch wenn man Partei für rechte Thesen ergreift. Also fängt er mit einem Psychologismus an: Wenn ihr Naidoo kritisiert, dann hat das nichts mit dem Inhalt seiner Aussagen zu tun, sondern liegt daran, dass ihr ihn eh noch nie leiden konntet. Das ergänzt Schulte dann noch um eine Umdeutung: Außerdem hat er einen Migrationshintergrund, wenn ihr also nicht seinen rechten Thesen zustimmt, dann seid ihr die eigentlichen Nazis…

Der Xavier, der ist nämlich Christ, wissen Sie? Klar wissen Sie das, wenn Sie in den letzten 15 Jahren nur einmal ein Radio eingeschaltet haben. Aber was Sie nicht wissen, ist, dass der Xavier „nichts anderes“ (Schulte) will als sich quasi dialektisch mit seinem Christentum auseinanderusetzen, wenn da dann Menschenverachtendes hinten rausfällt, ist das ja schließlich nicht seine Schuld. Doch genug der Polemik. Denn Schulte versucht als nächtes Diez’ Argumentation zu schwächen, indem er ihm vorwirft, dass der Spiegel-Kolumnist sich nicht mit den Texten des Sängers auseinandergesetzt habe, sondern als Intellektueller wohl lieber in die Oper gehe.

Das ist zunächst einmal inhaltliche falsch, weil Diez in gut einem Drittel seiner Kolumne auf Naidoos Texte eingeht. Aber vor allem benutzt Schulte hier eine eigentümliche Variante des Überlegenheitsarguments. Normalerweise geht dieses Argument eher so, dass man seinem Kontrahenten eine Kompetenz abspricht weil er oder sie XY nicht gelesen habe oder z nicht studiert. Schulte meint nun aber, weil Diez zu intellektuell sei, habe er Naidoo nicht hören wollen, sondern lieber Opern, deshalb könne Diez gar nicht beurteilen, was Naidoo auf einer Demo so von sich gebe. Ja, nee, is klar…

Gehen wir weiter im Text: Etwas redundant verwendet Schulte das Überlegenheitsargument noch einmal in einer Variation. Der Naidoo, der ist nämlich Künstler und deshalb darf er das sagen, was er gesagt hat. Klar. Quasi ontologisch. Allein, oh weh, der Naidoo, der hat ein Problem, er ist nämlich nicht links. Denn nur linke Künstler dürfen das. Das ist rhetorisch nicht so spannend, denn hier haben wir schlicht eine Verschwörungstheorie. Und zwar die beliebte Verschwörungstheorie von den grün-linken Massenmedien. Dass die auflagenstärkste Zeitung in Deutschland nun nicht gerade durch linke Thesen auffällt, wird dabei gerne unterschlagen. Egal, ist ja für die gute Sache, also für den Xavier.

Als nächstes Versucht es Schulte mit dem Nullsummenargument. Das habe ich bislang noch nicht näher beleuchtet und hole das gerne nach:

Das Nullsummenargument

Das Nullsummenargument rechtfertigt ein Unrecht mit einem anderen. Wenn der Mensch, den ich beklaut habe, ein schlechter Mensch war, dann habe ich ja quasi nichts Schlechtes gemacht. Dass meine Tat trotzdem moralisch nicht makellos war, weil die Moral der anderen nichts über meine eigene Moral aussagt, wird unter den Tisch fallen gelassen. In Debatten wird das Nullsummenargument gerne so verwendet, dass angeführt wird, weil Sachverhalt 1 auch scheiße ist, darf man Sachverhalt 2 nicht kritisieren. Du bist Vegetarierin aus ethischen Gründen? Dennoch trägst du Baumwollkleidung, obwohl die Pestizide, die bei der Herstellung eingesetzt werden, die Natur kaputt machen? Dann hast du auch kein Recht Vegetarierin zu sein…

In Schultes Variante ist das dann:

„Konstantin Wecker hat gerade auf seiner Facebook-Seite ein paar Dinge losgelassen, die mir überhaupt nicht gefallen haben. Seltsam, dass man darüber von Herrn Diez nichts lesen konnte.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Ja gut, in Hintertupfingen sagte der Hugo am Stammtisch auch, dass Deutschland kein souveräner Staat ist, hat der pöse, pöse Diez auch nicht drüber geschrieben.. Merkta selbst, wa?

Schulte stört sich ferner nicht an seiner eigenen Widersprüchlichkeit, wenn er Diez als nächstes dafür kritisiert, dass Diez Naidoos Texte kritisiert. Was jetzt? Interessiert sich Diez nicht für die Texte oder doch? Egal. Denn spannend ist, dass der Xavier „Text“ schreibt, der Georg hingegen ein „Textchen“. Der Diminutiv verdeutlicht der unwissendenen Leserin sofort, wessen Werk hier von Bedeutung ist und wessen nicht.

Und Herr Diez dürfe sowieso nicht den Herrn Naidoo kritisieren, denn das haben andere schon vor ihm getan (Variante des Nullsummenarguments), aber Diez habe das im Elfenbeintum nicht mitbekommen (Erneut das Überlegenheitsargument).

Ich bin kein Verschwörer, aber…

Ich bin kein Rassist, aber...
Ich bin kein Rassist, aber… Grafik von mir.

Jetzt folgt die eigentlich schönste und verschwurbelste Rhetorik in Schultes Text:

„Ich führe Debatten mit Leuten, die steif und fest behaupten, dass das Grundgesetz keine Verfassung und Deutschland kein souveräner Staat sei. Ich halte überzeugt dagegen, weil ich weiß, dass das falsch ist! Leider tut unsere Regierung allerdings auch alles dafür, dass solche Gedanken von immer mehr Leuten unterstützt werden. Das finde ich schlimm.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Das ist das berühmte „Ich bin kein Rassist, aber…“-Argument (natürlich rede ich nur über die Form und nicht über den Inhalt…). Schulte sichert sich zunächst ab, er selbst ist kein Verschwörungstheoretiker, weil er ja selbst auch schon mal an einem Dienstag vor neuneinhalb Jahren gegen eine Verschwörungstheorie argumentativ aufmarschierte. Aber, oh weh! Unsere Regierung, die ist schuld! Die macht uns zu Verschwörungstheoretikern, obwohl wir keine sind.

Damit schließt Herr Schulte dann auch: Die Politker ™, die müsse man mal kritisieren, denn die sind die Bösen. Der Xavier Naidoo hingegen, der ist nicht böse:

„Dabei versucht dieser mit seinen Mitteln Dinge zu reflektieren, die in der Tat ausgesprochen kritisch gesehen werden in unserer Gesellschaft.“

Horst Schulte: Xavier Naidoo braucht keinen Fürsprecher – ich machs trotzdem

Mal ganz davon abgesehen, dass Schulte hier Xavier Naidoo gewissermaßen als „minderbemittelt“ darstellt, so unterstreicht dieser Satz noch einmal, dass Schulte anscheinend inhaltlich mit Naidoo übereinstimmt…

Schulte endet noch einmal mit einem belanglosen, „andere dürfen das doch auch, also lasst halt den Xavier in Ruhe…“ Aber diese beiden Abschnitte davor, die sind die eigentlich spannenden und waren auch Auslöser für meinen Blogpost. Denn sie verdeutlichen das Sophistische an Horst Schultes Text: Schulte scheint inhaltlich mit Naidoo (partiell) übereinzustimmen, aber anstatt inhaltlich zu argumentieren und Diez so zu wiederlegen, greift er lieber Diez auf der Metaebene an, indem er versucht in Misskredit zu bringen, was der Spiegel-Koulmnist sagt. Und das ist ein Sophismus aller erster Güte, der es Wert war, hier besprochen zu werden. Chapeau, Herr Schulte!

Heldinnen

Julia Schramm vertwitterte heute diesen Artikel mit sage und schreibe 35 praktischen Tipps für Männer, um die Welt ein bisschen weniger sexistisch zu machen. Die Liste ist lang und es sind einige Augenöffner dabei. Also lest sie! Ich will mich hier mal ein bisschen Punkt 20 auseinandersetzen:

20. Ensure that some of your heroes and role models are women.

Denn der liegt mir nicht nur wegen meiner Tochter (7) am Herzen, der ich gerne und oft vorlese und mit der ich gerne und oft Filme schaue.

Von Disney aufs Glatteis geführt

Mit meiner Tochter (7) spreche ich auch oft über das Gesehene und erkläre ihr, dass ich es nicht gut finde, wenn immer nur der Prinz in schimmernder Rüstung die Prinzessin rettet. Entsprechend fallen mir die Ausnahmen von diesem Klischee auf, wie etwa beim grandiosen Disneyfilm Frozen, der dich sogar noch bewusst aufs Glatteis führt (im wahrsten Sinne des Wortes), da Prinzessin Anna nur durch „einen Akt wahrer Liebe“ gerettet werden kann, so die Prophezeihung… Doch Disney baut dann einen raffinierten Twist ein, der dir den sexistischen Spiegel vorhält …

Frozen ist so wertvoll, weil du die starken Mädchen zwischen den Lillyfees und  Connys mit der Scheiße, äh, Schleife im Haar wirklich angestrengt suchen musst! Nicht zu vergessen sind da natürlich auch noch Ronja Räubertochter, die Birk Borkasohn mehr als einmal das Leben rettet und Hermine Granger, die eine zehn Mal bessere Zauberin ist als der auserwählte Potter und ohne die der kleine Wannabe nicht weit gekommen wäre.

Ein ganz eigenes Kapitel sind dann noch die Kinderbücher von Kirsten Boie, über die ich[Edit: Die Dame hat’s getan] demnächst mal einen eigenen Blogpost schreiben werde, denn Frau Boie zeigt, dass Kinderbücher mit Lebensverhältnissen des 21. Jahrhunderts möglich sind!

Actionheldinnen mit dekorativen Kratzern

Für uns Erwachsene sind weibliche Vorbilder in Literatur und Film übrigens genauso schwer zu finden. Beispielsweise stört mich massiv, dass Actionheldinnen immer wie geleckt aussehen in ihren hautengen Overalls. Ihren männlichen Pendants sieht man die Strapazen meist an: Spideys Overall ist im großen Finale eigentlich immer zerrissen, Iron Mans Stahlanzug ist zerkratzt und Bruce Willis zieht in jedem Film irgendwann ein Bein hinterher, nur um dann umso mehr triumphieren zu können. Dem gegenüber haben Lara Croft oder Black Widow (wenn es hoch kommt) mal einen dekorativen Kratzer auf der Wange. Allerdings darf ich euch verkünden, dass es zwei löbliche Ausnahmen gibt: Ripley und Beatrix Kiddo. Beide sind badass und im Laufe ihrer Filme (Alien und Kill Bill) wurde mehr Wert darauf gelegt, dass sie Ihren Antagonisten gepflegt in den Hintern treten, als dass sie selbst dabei aussehen als müssten sie gerade Werbung für Körperpflegeprodukte machen…

Uma Thurman in Kill Bill 2. Copyright: Miramax Films.
Uma Thurman in Kill Bill 2. Copyright: Miramax Films.

Wer ist eure Lieblingsregisseurin?

Bleiben wir noch etwas beim Film, denn der hat ein ganz schön großes Problem. Welches? Dieses: Sagt mir mal, wer eure Lieblingsregisseurin ist… Tja, nicht so leicht, was? Dabei ist der Grund nicht, dass es nicht genug Regisseurinnen gäbe. Kostprobe gefällig?

Feo Aladag, Lexi Alexander, Asia Argento, Dorothy Arzner, Susanne Bier, Kathryn Bigelow, Lizzie Borden, Catherine Breillat, Jane Campion, Niki Caro, Isabel Coixet, Martha Coolidge, Sofia Coppola, Claire Denis, Doris Dörrie, Nora Ephron, Anne Fletcher, Jodie Foster, Marleen Gorris, Alice Guy-Blaché, Catherine Hardwicke, Mary Harron, Amy Heckerling, Nicole Holofcener, Agnès Jaoui, Christine Jeffs, Miranda July, Mimi Leder, Caroline Link, Penny Marshall, Nancy Meyers, Mira Nair, Kimberly Peirce, Natalie Portman, Sally Potter, Lone Scherfig, Susan Seidelman, Adrienne Shelly, Barbra Streisand, Julie Taymor, Margarethe von Trotta oder Lois Weber.

Um nur mal einige zu nennen. Und ja, ich musste lange für diese Liste recherchieren. Aber das liegt sicher nicht daran dass Frauen von Natur aus ™ unbequemer auf dem Regiestuhl sitzen… Meine aktuelle Lieblingsregisserin ist übrigens Sofia Coppola. Jedenfalls haben die Dame und ich beim Spätfilm uns entschieden, wenigstens einen aus zehn Filmen von einer Regisseurin zu besprechen. Das ist zwar viel zu wenig, aber zumindest ein Anfang…

Edit: Paula Hesse hat in einem Gastbeitrag für mich über Kirsten Boie geschrieben. Der Text schließt hervorragend an diesen an.

Hallo Facebook, das ist Flattr!

Hallo Facebook-Community, ich möchte euch heute mal erklären, was Flattr ist und warum ihr es benutzen solltet. Mir ist nämlich aufgefallen, dass Flattr zwar bei dieser sogenannten Netzgemeinde, die sich auf Twitter und/oder App.net rumtreibt, einigermaßen verbreitet ist. Aber ihr, liebe Facebook-Comunity, scheint Flattr überhaupt nicht zu nutzen. Und ich möchte euch mal kurz erklären, warum Flattr gut und wichtig ist und warum ihr es benutzen solltet.

Das ist Flattr:

Flattr this

Warum ist dieses Internet eigentlich so knorke?

Die erste Frage, die ihr euch stellen solltet, lautet: Warum ist dieses Internet eigentlich so knorke? Ich für meinen Teil beantworte die Frage gerne mit: Weil Jede alles zu jeder Zeit und auch noch umsonst finden kann. Und zwar wirklich alles! Willst du zum Beispiel die Information, was eigentlich die Postmoderne ist, schaust du kurz in die Wikipedia und – BAM! – schon weißt du es. Willst du wissen, warum Karla Kolumna keine gute Reporterin ist, schaust du kurz bei juna im netz vorbei und – Zack! – schon weißt du es. Willst du wissen, wie das Ohr aufgebaut ist, dann hörst du mal eben ™ den vier Stunden langen Podcast CRE206 und – BUMM! – schon weißt du es! Oder willst du einfach nur eine Katze einen Backflip machen sehen, dann schaust du dieses Video

und -SCHWUPP! – schon … äh … na, ja, hast du es halt gesehen…

Pöse, pöse Kostenloskultur!

Nun gibt es aber Menschen, die wollen das Internet, so wie es ist, kaputt machen. Sie wollen (auch hierzulande) die Netzneutralität kaputt machen,

Sie wollen Urheberrechtsverletzungen mittels Deep Packet Inspections auf die Spur kommen, sie wollen das Streamen von Serien und Spielfilmen verbieten und sie wollen Suchmaschinen mit einem Leistungsschutzrecht für Suchtreffer bezahlen lassen. All diese Maßnahmen begründen sie oft mit einem Kampfbegriff: Kostenloskultur.

Im Internet herrsche eine Kostenloskultur, jammern sie, eben weil jede alles zu jeder Zeit und auch noch umsonst finden kann. Und das müsse geändert werden. Daher soll der Zugang zu Informationen und Unterhaltung stärker reguliert werden und natürlich auch kostenpflichtig werden.

Flattr ist eine Antwort auf den Kampfbegriff der Kostenloskultur

Und jetzt komme ich endlich zu Flattr. Flattr ist eine Antwort auf den Kampfbegriff der Kostenloskultur. Denn Flattr beweist, dass wir hier im Internet keine egoistischen Arschlöcher sind, sondern dass wir es ernst meinen, wenn wir sagen, dass sie die alten Geschäftsmodelle der Musikindustrie, der Filmindustrie und der Verlage überholt haben. Denn Flattr ist eine Form von Micropayment, wie ihr es vielleicht aus euren Spiele-Apps kennt, wo ihr für 99 Cent oder so euch kleine Boni kaufen könnt. Aber Flattr ist noch besser! Denn weiterhin kann jede alles zu jeder Zeit und auch noch umsonst finden. Aber wenn euch etwas richtig gut gefällt, dann macht ihr das, was ihr schon von Facebook kennt. Ihr klickt auf einen Like-Button.

Flattr this

Nur dass dieser Button nicht blau ist, sondern grün. Und dass damit eine kleine Spende an den Verfasser des Blogposts, die YouTuberin, den Podcaster oder die Freundin auf Facebook fließt.

Dafür zahlt ihr einen kleinen Betrag auf euer Flattrkonto. Und zwar wirklich wenig! Das Mindestbudget liegt bei 2 Euro im Monat, das ist eine kleine Limo in der Kneipe. Ihr könnt also für den Preis einer kleinen Limo in der Kneipe dem ganzen Internet „Danke“ sagen!

Squirrel Lemonade ;)) 2013-04-24 13-26
Von User:Squirrelsuper (Eigenes Werk) Lizenz: CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons

Übrigens ist Flattr auch kein Abo. Ihr bestimmt jerderzeit, ob ihr euer Konto auffüllen wollt oder nicht. Die 2 Euro werden dann auf alle eure Flattr-Klicks in dem Monat verteilt. Wenn ihr also zweimal flattrt, dann bekommen die Geflattrten entsprechend jeweils 1 Euro und wenn ihr 10 Mal flattrt, bekommt halt jede 20 Cent. Und wisst ihr was? Das ist total egal. Denn es geht erst einmal nicht so sehr um den Betrag, sondern um die Geste! Ihr zeigt einem Beitrag im Internet, dass er euch etwas wert ist. Der Flattr-Button ist dann quasi der Platin-Facebook-Daumen. Und wenn 10 Millionen Menschen diesen beiden charmanten jungen „Künstlern“ 10 Cent geflattrt hätten, dann wären sie jetzt Millionäre.

Eines noch zum Abschluss: Flattr ist nicht DIE EINE Lösung für das durchaus bestehende Problem, dass Bezahlung im Internet noch nicht so richtig funktioniert, aber zusammen mit Crowdfunding, Premiumaccounts, Micropayment, etc. kann sich eines Tages ein Regenbogen an Maßnahmen ergeben, der den Feinden des Internets den Wind aus den Segeln nimmt…

TAADAA!
Quelle: http://www.reactiongifs.com/. Lizenz: fragwürdig.

 

Also: Meldet euch doch gleich mal an

Irrtümer – Teil 2

Vor einer Weile verbloggte ich hier bereits einige Irrtümer, die wir im Alltag gerne vor uns hertragen, ohne sie zu hinterfragen. Dies ließ mich nicht mehr los und ich spitzte meine Augen und hielt die Ohren offen, auf der Suche nach weiteren Irrtümern…

Einen Anruf zurückverfolgen

A prospos „offen“: Offen muss auch die Leitung sein, um einen Anruf zurückzuverfolgen, oder?
Es gehört zur traditionellen Dramaturgie eines Erpresserkrimis, dass irgendwann der Erpresser anruft und die Erpresste trotz gegenteiliger Forderung die Polizei eingeschaltet hat. Die Polizei versucht dann, den Anruf zurückzuverfolgen. Dafür muss die Angerufene den Erpresser dann möglichst lange an der Leitung halten. Ist ja auch logisch: So ein Anruf geht über verschiedene Verteilstationen und an jeder muss dann nachgeguckt werden, woher der Anruf kam. Legt der Ganxta zu früh auf, gucken die Beamten in die Röhre. Was dann der Harry des Ermittlers meist mit einem geknickten Kopfschütteln zum Ausdruck bringt.

Als mir dieser filmische Code das letzte Mal über den Weg lief, wurde ich stutzig. War das nicht doch ein bisschen anachronistisch? Und ein Blick in die Wikipedia verrät, dass in der Tat bereits in den 70ern die Fangschaltung erfunden wurde. Die Angerufene brauchte nur eine vereinbarte Taste zu drücken und die Post blockierte die Leitung, sodass sie auch nach dem Auflegen offen blieb und die Ermittler sie in aller Ruhe zurückverfolgen konnten.
Doch damit noch nicht genug: Seit der Digitalisierung der Telefonnetze gibt es die Rufnummerübertragung. Die kann man zwar unterdrücken, diese Unterdrückung wird aber erst in der letzten Verteilstation aktiv, sodass die Ermittlerinnen dort ganz bequem die Nummer ablesen können. Und wissta was? Die Digitalisierung der Telefonnetze fand schon in den 1980er Jahren statt…

Spinnen im Schlaf essen

Seit Jahren kursiert die Horrorgeschichte durchs Netz, dass jeder Mensch im laufe seine Leben zehn Spinnen im Schlaf isst. ZEHN. SPINNEN. 10! Ich bin nun wirklich kein Arachnophobiker, aber das ist ekelig! Zum Glück ist es eben nur eine Horrogeschichte und den Spinnen fällt es nicht im Traum ein, nachts in unser Bett zu krabbeln.

Murphy’s Law

„Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen“

So lautet die populäre Varaiante von Murphy’s Law. Die Sache ist aber: Stimmt halt nicht. Murphy’s Law ist kein Gesetz im Sinne eines Naturgesetzes, sondern ein normativer Satz für Versuchsaufbaue und das Ingenieurswesen, der etwa dem Ingenieur sagen soll: „Obacht! Du kannst das Auto nicht für die Produktion zulassen, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass es explodiert, nur bei 0,001% liegt, denn was schiefgehen kann, das geht auch schief!“ Aber Murphy’s Law ist kein Gesetz wie die Schwerkraft, was sich mit zwei simplen Beweisen … nun ja … beweisen lässt.

Erstes Beweismittel, euer Ehren: Bei jedem Prozess ist die Zahl der möglichen Fehler unendlich groß, die Zeit, in der dieser Prozess durchgeführt wird, ist hingegen beschränkt. Also wird nicht alles schiefgehen, was schiefgehen kann.

Zweitens, Ein bisschen weniger abstrakt: eine beliebte Alltagsanwendung für Murphy’s Law ist die Kaufhausschlange. Denn frei nach Murphy müsste man sich ja immer an der Schlange anstellen, die am längsten braucht, weil vorne mal wieder irgendeine Oma mit ihrer Pfennigsammlung bezahlt. Doch hier kommt der Haken: Will Murphy’s Law mehr sein als eine triviale Anekdote, muss es einen allgemeinen Geltungsanspruch haben. Das Licht denkt sich ja auch nicht: „Och, heute fliege ich mal nur 200.000 km/s. Ich hab’s heute nicht so eilig.“ Aber wenn alle immer an der längsten Schlange im Supermarkt stehen. Was ist dann die kurze Schlange? Die Schlange hat nichts mit Murphy’s Law zu tun, sondern etwas mit selektiver Wahrnehmung: All die Male, als du an der kurzen Schlange standest, sind dir eben nicht in Erinnerung geblieben…

Bleibt noch die Sache mit dem Marmeladenbrot, das immer auf die Marmeladenseite im Leben fällt. Tja, das liegt einfach an der Höhe unserer Tische

Toastcat

Quelle: Uncyclopedia. Lizenz: fragwürdig.

Wir nutzen nur 10% unseres Gehirns

Glaubt man einer weitverbreiteten Sage oder eben Luc Besson, dann benutzen wir nur 10% unseres Gehirns und wären voll die Genies, wenn wir lernen würden, mehr zu benutzen.

Wäre das nicht cool? Schade nur, dass halt nichts dran ist an der Legende. Sogar wenn wir nichts tun oder gar schlafen, sind große Teile unseres Gehirns aktiv. Und wenn ein Teil des Gehirns keinen Input bekommt, wie etwa die Sehrinde bei Blinden, dann blubbert sie nicht gemütlich vor sich hin, sondern übernimmt schleunigst andere Aufgaben. Übrigens stammt der Mythos von Scientology

Die rechte und die linke Gehirnhälfte

Und wo wir gerade beim Gehirn sind: Habt ihr auch schon einmal gehört, dass die linke Hälfte für alles analytische und sprachliche zuständig ist und die rechte Hälfte sich um die Emotionen, die Empathie und das ganzheitliche Denken kümmert? Tja, ist ein Irrtum. Der hat zwar einen waren Kern, zum Beispiel, dass die meisten, wenn auch nicht alle Bereiche des Gehirns, die für Sprache zuständig sind, links sitzen. Aber in dieser drastischen Verkürzung, ist es reine Pop-Psychologie, zumal das mit den Emotionen wohl sogar komplett erfunden ist.

Überholen auf der Landstraße

Wer kennt das nicht: Du bist morgens auf dem Weg zur Arbeit und dann hat sich so ein Sonntagsfahrer im Tag geirrt und tuckert mit 70 durch die Kurven, die man locker mit 100 nehmen kann. DER IST SCHULD, WENN ICH ZU SPÄT ZUR ARBEIT KOMME! Also schnell überholen, um die verlorene Zeit wieder wett zu machen. Aber ist das wirklich so?

Gut auf der Autobahn kannst du dir das schnell herleiten: Wohnst du 100 Kilometer von deinem Arbeitsplatz entfernt, kannst du mit 200km/h Durchschnittsgeschwindigkeit(!!!) deine Fahrtzeit gegenüber derjenigen, die mit 100 dahintuckert halbieren. Aber wie ist das auf der Landstraße?

Nun, angenommen, dein Weg zur Arbeit beträgt 20 Kilometer, dann legst du die mit 100 Sachen in 12 Minuten zurück. Wenn du hingegen nur 70 fährst, dann sind es gerade einmal 17 Minuten! Dein Chef muss schon ziemlich kleinlich sein, wenn er wegen fünf Minuten Terz macht. Aber, damit nicht genug: Deutschland ist ein dichtbesiedeltes Land, daher ist es wohl keine allzu steile These, anzunehmen, dass du ca. alle 10 Kilometer eine Ortschaft kommt, in der du auf 50 runtergebremst wirst. Das versaut dir deinen 100er-Schnitt und verkürzt so deinen fünf minütigen Vorsprung schon gewaltig. Und wenn du jetzt noch Ampeln ins Spiel bringst, schmilzt er ganz dahin: Wie lange ist die durchschnittliche Wartezeit an einer Ampel? 2 Minuten? Das heißt, dass spätestens an der dritten Ampel der Überholte wieder hinter dir steht… Denkt daran, wenn ihr das nächste Mal überlegt, ob die Gerade lang genug ist, für ein entschlossenes Überholmanöver…

Der Hippokratische Eid

Den muss jeder Arzt ablegen, nicht wahr? Wie ging er noch gleich….? Ach ja:

„Ich schwöre und rufe Apollon, den Arzt, und Asklepios und Hygieia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen an, dass ich diesen Eid und diesen Vertrag nach meiner Fähigkeit und nach meiner Einsicht erfüllen werde.

Ich werde den, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleich meinen Eltern achten, ihn an meinem Unterricht teilnehmen lassen, ihm, wenn er in Not gerät, von dem Meinigen abgeben, seine Nachkommen gleich meinen Brüdern halten und sie diese Kunst lehren, wenn sie sie zu lernen verlangen, ohne Entgelt und Vertrag. Und ich werde an Vorschriften, Vorlesungen und aller übrigen Unterweisung meine Söhne und die meines Lehrers und die vertraglich verpflichteten und nach der ärztlichen Sitte vereidigten Schüler teilnehmen lassen, sonst aber niemanden.

Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.

Auch werde ich niemandem ein tödliches Gift geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch niemanden dabei beraten; auch werde ich keiner Frau ein Abtreibungsmittel geben. Rein und fromm werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren.

Ich werde nicht schneiden, sogar Steinleidende nicht, sondern werde das den Männern überlassen, die dieses Handwerk ausüben.

In alle Häuser, in die ich komme, werde ich zum Nutzen der Kranken hineingehen, frei von jedem bewussten Unrecht und jeder Übeltat, besonders von jedem geschlechtlichen Missbrauch an Frauen und Männern, Freien und Sklaven.

Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgange mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren.

Wenn ich diesen Eid erfülle und nicht breche, so sei mir beschieden, in meinem Leben und in meiner Kunst voranzukommen indem ich Ansehen bei allen Menschen für alle Zeit gewinne; wenn ich ihn aber übertrete und breche, so geschehe mir das Gegenteil.“

Quelle: Internet.

Ähhhm, so etwas müssen die Ärzte von heute schwören? Ich frage mich, wie viele ehemalige Profs heute ein Altenzimmer in den Villen der Chefärzte haben… Aber keine Sorge: Laut der Wikipedia muss kein Arzt den Hippokratischen noch irgendeinen anderen Eid ablegen…

Nilpferde sind die gefährlichsten Tiere Afrikas

Habt ihr auch schon mal was darüber gehört, dass Nilpferde die gefährlichsten Tiere Afrikas sind? Die Story packt eigentlich immer irgendjemand während eines Zoobesuchs als nette Anekdote aus: Vergiss Löwen, Krokodile oder Elfanten. Nilpferde sind die wahren Killer! Na ja, immerhin ist die Story nicht komplett aus der Luft gegrifen: Immerhin 500 Menschen gehen jedes Jahr auf das Konto der Dickhäuter, damit lassen sie Löwen und Elefanten hinter sich. Allerdings sind Krokodile und Schlangen dann doch noch etwas gefährlicher, ganz zu schweigen von der Mücke!

Die tödlichsten Tiere
Die tödlichsten Tiere

Blasensprung bei Gewitter

Die letzte Geschichte ist „a tricky one“ und ich bin noch zu keinem abschließenden Urteil gekommen. Kürzlich hörte ich von keinem geringeren als dem Chefarzt der größten Frankfurter Geburtsklinik die Worte, dass bei Gewitter vermehrt Fruchtblasen springen. Das machte mich stutzig, es klang sehr nach der Mähr, dass bei Vollmond mehr Kinder geboren würden, die sich statistisch leicht widerlegen lässt.

Jetzt ist ein Chefarzt ja nicht irgendwer, andererseits nennen böse Zungen Ärzte auch die Zierpudel der Wissenschaft, weil sie ihre Doktorarbeiten gewöhnlich schon während des Studiums in einem oder zwei Semestern schreiben. Alles für den Titel. Ich machte mich also auf Spurensuche…

Leider blieb diese erfolglos. Entweder gibt es zu dem Thema keine Studie oder sie wurde sorgfältig vor dem Internet versteckt. Was auch nicht sonderlich schwer ist, da sich in den Spitzenpositionen der Suchergebnisse SEO-triefende Müttercommunitys und Schwangerschaftsportale tummeln. Dort wird dann stets im Anekdoten-Stil betichtet: „Also bei mir…“ oder „Hebammen wissen zu berichten…“.

Aber Anekdoten sind keine Beweise, da uns bei ihnen wieder die selektive Wahrnehmung einen Strich durch die Rechnung macht: Eine Hebamme erinnert sich nicht an die 20 Blasensprünge bei Sonnenschein, aber bei dem einen, der bei einem Gewitter vorkam, springt ihr die Hypothese von dem angenommenen Zusammenhang ins Gesicht. Und ich möchte betonen, dass das nichts mit Intelligenz oder der Kompetenz einer Hebamme zu tun hat, sondern menschlich ist. Es ist sogar sinnvoll, wenn die Hebamme unter einer Geburt auf ihren Erfahrungsschatz zurückgreift, denn sie muss schnelle Entscheidungen fällen und hat keine Zeit, Statistiken zu wälzen.

Aber wenn es uns um Erkenntnis geht, also um die Frage, wie die Welt wirklich ist, dann helfen uns in diesem Fall nur Zahlen. Die Frage, ob bei Gewitter mehr Fruchtblasen springen, bleibt also vorerst ungeklärt. Allerdings spricht gegen die Theorie, dass die Geschichte genau wie alle anderen Irrtümer, die ich hier versammelt habe, im Stil der Anekdote daherkommt…

Der Selfie ist der Untergang des Abendlandes

Der Selfie ist der Untergang des Abendlandes. Zumindest wird er unter Kulturpessimisten derzeit als einer der heißesten Kandidaten gehandelt. Und die gerne alles zur eigenen Generation hochstilisierenden Jugendforscher handeln ihn als Symptom der „Generation NOW“. Er ist Zeugnis unserer stetig größer werdenden Selbstveliebtheit, bis uns eines Tages alle das Schicksal von Narziss ereilt. Es ist höchste Zeit diesem Phämomen auf die Spur zu kommen.

RobertCornelius

Robert Cornelius machte den ersten bekannten Selfie mit einer Kamera, via Wikimedia Commons. Lizenz: gemeinfrei.

Die Definition des Selfies

Der (oder auch das) Selfie [ˈsɛlfi] ist ein Selbstporträt, dass typischerweise mit einem Smartphone aufgenommen und ins Internet gestellt wurde. Ein häufiges Detail im Bild ist der Arm, der die Kamera hält. Eine Variante des Selfies ist der Spiegelselfie, auch “MySpace pic” genannt.
Es gibt Selfiesammlungen, mehr oder weniger ernstgemeinte Anleitungen für Selfies, Gadgets zum besseren Vollzug*, Regeln, was die schlimmsten Selfies sind und sogar der Urknall machte seinen eigenen Selfie.

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Michelangelo Caravaggio 065“ von Michelangelo Merisi da Caravaggio – The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.

Der Dimunitiv als Erfolgsrezept

Der Selfie kam nicht zuletzt deshalb zur unverhofften Popularität, weil das Oxford Dictionary ihn zum Wort des Jahres 2013 wählte. Die Verwendung von „Selfie“ im Englischen hatte binnen Jahresfrist um 17.000% zugenommen.

Die erste Verwendung von „Selfie“ ist bereits 2002 in einem australischen Forum belegt. Das Oxford Dictionary hält es für evident, dass das Wort in Australien geboren wurde, da das australische Englisch eine Vorliebe für die Bildung von Dimunitiven mit -ie hat. Der Dimunitiv hat dem Selfie auch bei seiner Verbreitung geholfen, so fährt das Oxford Dictionary fort, denn er verwandelte das in seiner Tendenz ja narzisstische Selbstporträt in etwas süßes, liebenswertes. Zur Popularität des Wortes trug ferner bei, dass es ab 2004 vermehrt als Hashtag auf Seiten wie Flickr verwendet wurde.

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Leonardo da Vinci – presumed self-portrait – WGA12798“ von Leonardo da VinciWeb Gallery of Art:   Image  Info about artwork. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.

Die eigentümliche Verschmelzung verschiedener Kulturtechniken

Doch der Erfolg des Selfies ist vor allem auf eine eigentümliche Verschmelzung von verschiedenen Techniken und Kulturtechniken zurückzuführen. Denn das Selbstporträt ist ja beileibe nichts neues. Schon seit der Antike war es unter Künstlern beliebt, sich selbst abzubilden. Berühmte historische „Selfies“ stammen von Leonardo da Vinci, Rembrandt oder van Gogh. Und die Analyse von Velázquez Las Meninas hat Generationen von Kunsthistorikern, -theoretikern und Philosophen beschäftigt. Doch der Prozess des gemalten Selbstporträts war langwierig.

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Rembrandt Harmensz. van Rijn 132“ von Rembrandt – 1. The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH. 2. gallerix.ru. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.

Drastisch verkürzt wurde er durch die Erfindung der Fotografie, die ihm aber zugleich das „Selbst-“ raubte. Es war nicht länger möglich sich selbst zu portraitieren, da es jemanden geben musste, der oder die durch den Sucher blickend das Ergebnis kontrollieren konnte. Die Erfindung von von Fernauslösern und Selbstauslösern brachte den Fotografen schließlich dem Selfie einen Schritt näher. Obwohl nun zwar das „Selbst-“ zurückgekehrt war, fehlte ihm aber zugleich noch die Beiläufigkeit. Ein Selbstportrait musste vor dem Schießen sorgfältig komponiert werden, damit die Fotografin noch schnell vor die Linse an eine markierte Stelle treten konnte, um später auf dem Bild zu erscheinen.

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VanGogh 1887 Selbstbildnis“ von Vincent van Gogh[1]. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.

Erst die Erfindung der Digitalkamera vollendete den Selfie (fast) schon. Denn nun konnten die Fotografierenden ihn mal eben mit ausgestreckten Arm vornehmen, und bekamen „Rapid Feedback“ mit einem Blick auf das Display. Doch damit ging freilich die Komposition flöten, die für den Selfie wichtiger ist, als so mancher Angry-Old-Feuilleton-Man glaubt. Daher ging der Selfie noch einmal einen Umweg, auf dem er sich eine weitere Komponente seines Wesens abholte: Über die Kombination aus Kamera und Badezimmerspiegel als “MySpace pic” gelangte er zur Webcam. Und die Webcam wurde zum Komplizen des Selfies, denn sie ermöglichte nicht bloß das Rapid Feedback, sondern löste auch ein Problem: den Avatar. Der Avatar ist die Repräsentation einer Person im Netz. Und mit dem Erfolg der sozialen Medien war er plötzlich allgegenwärtig. Ein entscheidender Schritt beim Anlegen eines Facebook-Profils ist, den Standard-Darth-Vader durch ein Bild auszutauschen, das mich selbst im digitalen Raum darstellt. Was liegt da näher als den Avatar an Ort und Stelle unter kontrollierten Bedingungen zu erstellen, zumal die Webcam am klassischen Desktop-PC in der Regel auf dem Bildschirm saß und somit eine leicht erhobene Position hatte, die die Schokoladenseite hervorkitzelte und zum Beispiel das ungeliebte Doppelkinn durch die leichte Hebung des Kopfes zum Verschwinden brachte: Der Selfie war geboren.
Velazquez-Meninas

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez [Public domain], via Wikimedia Commons

Doch er war, wie jede Kulturtechnik in den Kinderschuhen noch sehr limitiert. Die Auflösung war oft eher määh und das immer gleiche Motiv langweilig. Gut, nun hat man beim Selfie natürlich nicht die allergrößte Variationsmöglichkeit, was das Motiv anbelangt. Neben Kleidung, Schminke und Frisur lässt sich vor allem eines verändern: der Hintergrund. So wurde der Selfie schließlich perfektioniert, als Smartphones mit Frontalkameras ausgestattet wurden. Nun war alles zusammengekommen, was zum Erfolg nötig war: Der Selfie ließ sich nebenbei machen und zugleich kontrollieren, durch die Mobilität des Handys ließ sich der Hintergrund variieren und die Internetanbindung ermöglichte den sofortigen Upload in das soziale Netz der Wahl. Schließlich kamen noch Instagram und seine zahlreichen Nachahmer, die in wenigen, einfachen Schritten der Fotografin ermöglichten, was zuvor einigen Expertinnen mit Lightroom und Photoshop vorbehalten war: die Bildnachbearbeitung.

Die Grenze des guten Geschmacks

Doch wie bei jeder neuen Kulturtechnik, so muss nun beim Selfie erst noch gesellschaftlich ausgehandelt werden, wann sein Einsatz okay ist und wann nicht. In den 90ern war es etwa noch nicht allen klar, dass Telefonieren im Kino ein no-go ist und der Anruf beendete auch allzu oft die Face-to-Face-Kommunikation abrupt. Genauso gehört es zu meiner eigenen Charakterschwäche (und der vieler anderer), dass ich allzuoft in der Gegenwart von Offlinern „mal eben“ ™ die Statusmeldungen auf meinem Telefon checke. Und eben so sind beim Selfie noch nicht Ort, Zeit und Gelegenheit für diesen geklärt.

Es wundert kaum, dass gerade Teenager oft die Grenze des guten Geschmacks übertreten, wenn es um den angemessenen Ort für einen Selfie geht. Sie haben gerade erst entdeckt, dass der eigene Körper spannend ist, zugleich verunsichert sie die Veränderung desselben, sodass sie nach Bestätigung unter anderem in Form von Likes und Shares suchen und sie haben eben noch wenig Lebenserfahrung, weshalb sie auf dumme Ideen kommen. So werden schon einmal AfterSexSelfies oder Selfies auf Beerdigungen gemacht. Gut, gegen letzteres scheint nicht einmal der amerikanische Präsident etwas zu haben, im Gegensatz zu seiner Frau.

Ralfies Selfie in Aachen
Ralfies Selfie in Aachen. Foto von mir. Lizenz: CC0.

In den USA wird gerade debattiert, wo der Selfie endet und wo die Kinderpornographie beginnt. Und natürlich interessieren sich auch die nach Terroristen suchenden Geheimdienste für den Selfie ohne Kleidung. Doch mehr als fragwürdig werden schließlich Spielarten des Selfies wie der Auschwitz-Selfie, der gerade erst wieder zu einem Aufschrei führte oder gar der Yolocaust (Ein Kompositum aus YOLO – You only live once – und Holocaust). Genauso wenig klar ist bislang, was der Selfie kann und will. Kann er beispielsweise auf die Gefahren von Brustkrebs aufmerksam machen? Klingt komisch, wurde aber so geäußert. Andererseits bereichert der Selfie die zumeist rein textbasierte Kommunikation durch das Bild mit seiner großen Informationsfülle und vermag so sogar den Schritt aus der Internetkommunikation hinaus ins Leben „away from keyboard“ (afk) zu gehen. Schließlich entdeckt manch einer auch ungeahnte Ähnlichkeiten.

Ralfies Selfie in Frankfurt
Ralfies Selfie in Frankfurt. Foto von mir. Lizenz: CC0.

Dadurch, dass der Selfie in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, hat sich natürlich auch schon ein Gegentrend gebildet, so werden Shelfies, Bilder von Bücherregalen zur Protestbewegung gegen den Selfie hochgejazzt, die dann wiederum als elitäres Bildungsbürgerabfeiern veruteilt werden.

Sozialpsychologische Funktion, Subgenre und die Dokumentation

Doch alles, was ich bislang hier getan habe, war reine Phänomenologie. Ich bin der Antwort auf die Frage noch nicht näher gekommen, ob der Selfie denn jetzt der narzisstische Untergang des Abendlandes ist. Interessant ist dabei, dass der Selfie zwar Ausdruck unserer Selbstrepräsentation ist und den Wunsch nach Bestätigung ausdrückt, aber deswegen noch nicht gleich narzisstisch sein muss. Es ist für die Ausbildung unseres „Ichs“ wichtig, uns durch die Augen anderer zu sehen. Der Selfie übernimmt dabei eine sozialpsychologische Funktion. Da sich unser Leben zu einem nicht unwesentlichen Teil in die digitale Sphäre verschoben hat, unterscheidet sich der Selfie gar nicht so sehr von unseren Bemühungen, uns für eine Party oder auch nur den Gang zur Arbeit herauszuputzen. Der Selfie ist gewissermaßen der Smoking oder das kleine Schwarze von Twitter und Facebook.

Mein Shelfie.
Mein Shelfie. Bild von mir. Lizenz: CC0.

Auch sollte nicht aus dem Blick verloren werden, dass der Selfie nur ein Subgenre von vielen verschiedenen Fotografiemotiven ist, die aufgrund der generellen Vervielfachung von Fotos durch den technischen Fortschritt ins Netz gespült werden. Früher machten wir eben nur 36 oder 72 Bilder im Urlaub und klebten anschließend die besten 20-30 ins Fotoalbum, das wir dann unseren Freunden zeigten. Ein Blick in die Dropbox verrät mir, dass ich im vergangenen Monat 194 Fotos gemacht habe, von denen gerade einmal 16(!) auf Instagram gelandet sind. Das mag vielleicht nicht repräsentativ sein, lässt mich aber überlegen, wie viele Selfies auf Festplatten verstauben ohne die Chance bekommen zu haben, vermeintlich narzisstischer Ausdruck zu werden.

Obendrein ist der Selfie nicht bloß Ausdruck unserer Selbstverliebtheit, er ist zudem auch der Wunsch, Momente des eigenen Lebens zu dokumentieren. „Pic or it didn’t happen“ ist der Ruf in den sozialen Netzen dafür. Amüsanterweise erscheint der Selfie bei anderen immer narzisstisch bei dir selbst aber dokumentarisch.

Und dennoch wäre es blauäugig zu glauben, dass uns die Allgegenwartheit der Selfies nicht auch verändert. An der Botschaft haftet eben immer auch die Spur des Mediums. Und der Like, das Herz und der Fav für ein Bild meiner selbst fühlt sich halt leider geil an. Wenn wir uns immer wieder kleine Belohnungsschübe holen können einfach nur dafür, wie wir sind, beziehungsweise wie wir uns inszeniert haben, dann wird dass natürlich auch Einfluss darauf haben, wie wir uns in Zukunft präsentieren.

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Buzz Aldrin EVA Selfie“ by Buzz Aldrin – Huffington Post article. Licensed under Public domain via Wikimedia Commons.

Und als letzten Punkt sollten wir auch nicht die Sensationsgier der Betrachter außer Acht lassen. Denn ein Selfie ist immer nur so spektakulär, wie ihn die anderen zu machen bereit sind. Findet er keine Beachtung, dann erhält der Selfer keine Belohnung und ganz behavioristisch sinkt dadurch für ihn der Anreiz weitere Selfies zu machen…

Was folgt nun aus all dem?

Ich denke, wir müssen den Untergang des Abendlandes leider ein weiteres Mal verschieben. Der Selfie an sich bietet eigentlich ziemlich wenig Grund, sich über ihn aufzuregen. Statt dessen sind es die noch nicht zu Ende ausgehandelten Werte und Verhaltensweisen rund um den Selfie, die der Kern des vermeintlichen Übels sind. Diese werden sich einschleifen. Natürlich wird es immer Grenzüberschreitungen und Geschmacklosigkeiten geben, so wie es bei jedem internationalen Fußballtunier Anflüge von Nationalismus gibt. Aber so lange das öffentliche Korrektiv bei Entgleisungen wie Yolocaust funktioniert, hat das Abendland noch eine Hand breit Wasser unterm Kiel.

Lesenswert

* hinterhältiger Affililink: Wenn ihr den Artikel kauft, bekomme ich eine kleine Provision.

Ich will auch mal ein paar Lieblingstweets posten

Damit ihr seht, wie toll Twitter ist. Ach ja, ich bin betrunken…

Das ist voll lustig, oder? Weil es ja so selbstverständlich ist und wir uns alle den Verpeiler vorstellen können…

Auch mörderlustig, weil Schokoladen“schale“ ja gar nicht essbar ist und alle immer so meinen, dass ekelige Schale wegen irgendwelcher Vitaminen wertvoll wäre.

Wirklich irritierend…

Sie wissen schon, der Suarez hat einen anderen Spieler gebissen…

Empfängnisverhütung, hihi, verstehta?

Das ist doch gar keine Skulptur, das ist Überwachung!

Erwähnte ich, dass ich betrunken bin? Morgen ist mir dieser Post bestimmt voll peinlich. Oder er wird total oft gelesen, dann muss ich immer betrunken bloggen. EIN TEUFELSKREIS! Äh Dilemma?

Warum ich beim Autofahren keinen Sicherheitsgurt anlege

Angeschnallt Auto fahren ist zur Zeit voll in Mode. An jeder Autobahn stehen Schilder, dass man sich anschnallen soll und es gibt Leute, die sogar angeschnallt zum Becker fahren. Ich mache das nicht, und habe dafür meine Gründe.

„Zunächst:  In jeder Sicherheitsdiskussion muss abgewogen werden, gegen welches Risiko man sich schützen möchte.  Es gibt – insbesondere in technischen Systemen – keine allumfassende Sicherheit gegen alle Risiken.  Wirksame  Sicherheitsmassnahmen erfordern stets die Identifikation des Risikos, und sie lassen sich in ihrer Wirksamkeit auch überprüfen.“*

Ein Beispiel für eine spezifische Sicherheitsmaßnahme ist der Schuh: Er kann verhindern, dass man in Scherben tritt. Wenn man durch ein Dornengestrüpp läuft, können die Beine dennoch zerkratzt werden. Der Schuh kann im schlimmsten Fall sogar dafür sorgen, dass ihr mit dem Fuß in einer Bahnschiene steckenbleibt! Die Wirksamkeit von Schuhe lässt sich gut statistisch belegen, entweder verletzten sich die Menschen seltener an Scherben oder nicht.

„Allgemeine Sicherheitsmassnahmen hingegen sind Sicherheitstheater.  Sie dienen nicht dazu, einen bestimmten Schadenfall zu verhindern, sondern sie dienen der Beruhigung von Menschen, die Angst haben.  Das typische Beispiel für Sicherheitstheater ist das seit einigen Jahren erforderliche Ausziehen der Schuhe bei der Sicherheitskontrolle in Flughäfen.  Abgesehen davon, dass die Anzahl der Terrorschläge auf Flugzeuge gemessen an der Anzahl der Flugbewegungen extrem gering ist, ist auch die Möglichkeit, Sprengstoff in Schuhen zu verstecken, nur durch einen erfolglosen Versuch verbürgt.“*

Das Anschnallen sogar bei kurzen Fahrten, wie zum Bäcker oder zum Kippenautomaten fällt für mich in den Bereich von Sicherheitstheater.

Hier ein paar Argumente:

Die Autos mit denen wir im Straßenverkehr unterwegs sind sind komplexe Maschinen bieten keinerlei Gewährleistung für Fehlerfreiheit. Autos können jederzeit kaputt gehen und dadurch Unfälle bauen und tun es auch. Ein kleiner technischer Defekt lässt sich für mich als Laien nicht feststellen und kann auf meiner nächsten Autofahrt zum Unfalltod führen.

Der Glaube, durch einen Sicherheitsgurt könne man sich „vor Unfällen“ „schützen“, ist irrig.  Anschnallen ist ein esoterisches Thema. Zu glauben, dass ein Autofahrer sich immer anschnallen würde oder auch nur bei einem nennenswerten Teil seiner Autofahrten Sicherheitsgurte anlegen werde, ist komplett unrealistisch. Mit gelegentlichen Anschnallen begibt sich der Einzelne einfach in die Gruppe derjenigen, die Sicherheitsgurte anlegen. Dann ist er zwar beim Frontalunfall geschützt, im Zweifelsfall rammt aber ein Auto sein Auto von der Seite.

Anschnallen wiegt diejenigen, die es tun, in falscher Sicherheit. Sichere Autos gibt es nicht, und wenn man ein mal in einen Auto sitzt, das am Straßenverkehr teilnimmt, besteht eine potenzielle Unfallgefahr. Das gilt kurze Fahrten, und das gilt erst recht auf der Autobahn.

Auch, wenn Sicherheitsgurt-Befürworter stets die Wirksamkeit Ihrer Gurte behaupten, und auf die Ingenieurkunst verweisen, bleibe ich skeptisch.  Zum Einen, weil ich nicht überprüfen kann, ob der Sicherheitsgurt im Ernstfall nicht doch reist, zum Anderen, weil immer wieder Unfälle stattfinden, bei denen die Menschen trotz Sicherheitsgurt sterben. Dabei ist für mich die fehlende praktische Verfikationsmöglichkeit ausschlaggebend.

Meine Konsequenz ist, dass ich keinen gesonderten Aufwand treibe, um mich gegen einen Unfall zu schützen,von dem ich nicht weiß, ob er eintreten wird. Wer mit mir Autofahren will, kann unangeschnallt mitfahren oder mit dem Rad kommen. Er kann mit der Bahn fahren oder zu mir zu Fuß laufen  Mir ist wichtig, dass ich erreichbar bin und dass ich Leute erreichen kann.

Klingt absurd? Ist es auch! Aber genau das schreibt Hans Hübner in Bezug auf Verschlüsselung und alle jubeln. Wo ich von Schuhen schreibe, bemühte Hübner den Sicherheitsgurt, weswegen ich das Beispiel übernahm um zu zeigen wie absurd seine Argumente sind.

Und wisst ihr was? Diese Diskussion mit genau diesen Argumenten wurde geführt, als die Gurtpflicht in Deutschland eingeführt wurde. Auch ich musste noch so Diskussionen führen, als wir als 18 Jährige mit dem Autofahren anfingen. Klar ist Verschlüsselung nicht der Weisheit letzter Schluss und klar sind unsere Computer, Handys und Co. auch anfällig, wenn wir Mails verschlüsseln. Es ist halt ein Anfang. So wie der Sicherheitsgurt ein Anfang war. Dann kam der Airback, der Seitenairback, ABS, die verbesserte Knautschzone, Radstabilisation, …

* Dies sind direkte Zitate von Hübner.

Cosplay spielende Sprachnerds verschwören sich gegen Theorien

Neue Artikel empfiehlt jedes zweite Blog. Am letzten Wochenende ohne Internet habe ich mich hingegen mal einigen alten Artikeln, die mein Pocket seit teilweise über zwei Jahren gespeichert hatte, gewidmet. Hier eine kleine Leseempfehlung…

Ich als Alex (Sort of...)
Ich als Alex (Sort of…)

Verschwörungstheorien

Als Ergänzung zu meinem eigenen Artikel Verschwörungstheorien widerlegen empfehle ich diesen Text:

„…Eine Verschwörung gegen den Herrscher oder den Staat hat immer eine ausgeprägte zentrifugale Tendenz. Wer sich zuerst den Behörden offenbart, hat die Chance, mit einer geringen Strafe oder sogar einer Strafbefreiung davon zukommen. Allen anderen droht im Extremfall die Todesstrafe. Je länger also eine Verschwörung dauert, desto nervöser werden die Beteiligten und desto größer ist die Chance, dass sie sich unabsichtlich verraten oder einer zur Polizei geht. Daraus lässt sich auch eine weitere Regel ableiten:

‚Vor der Entdeckung einer Verschwörung kann man sich nicht schützen, wenn die Anzahl der Mitwisser drei oder vier übersteigt.‘…
Eine Jahrhunderte dauernde Verschwörung von Geheimgesellschaften wie den von Dan Brown geschilderten lluminaten ist also in der Realität nahezu ausgeschlossen…“

Thomas Grüter: Verschwörungen und ihre Theorien.

Sprachnerds

Worüber machen sich Sprachnerds Gedanken? Genau! Über so etwas:

„während meiner 1-Jährigen Abwesenheit habe ich mir Gedanken über eine kompakte und gleichzeitig auch eine komplexe Kunstsprache gemacht.“

maaskantje: Eine kompakte und komplexe Kunstsprache.

Cosplay

Und zum Schluss: Cosplay macht Spaß, oder?

P.S.: Der letzte Link wirft ein moralisches Dilemma auf. Einerseits ist die Seite nicht die Seite, die die Cosplay-Bilder zuerst postete (achtet auf das „via“ am Ende), andererseits ist die Originalseite eine verfickte Klickstrecke. Somit stand ich vor den widerstreitenden Werten: Belohne ich die Originalität und schicke meine Leser und Leserinnen auf eine SEO-Kackscheiße oder denke ich an das Wohl meiner Leserschaft und missachte stattdessen den Einfallsreichtum des ursprünglichen Bloggers. Nun, ihr seht ja, wie ich mich entschieden habe: für euer Wohl! <3

 

pauschalisieren und ablenken

Ich habe ein paar Sätze zu mspros Artikel „Wie aus der Spähaffäre so langsam eine Googleaffäre wird“ zu sagen.

Obwohl in mspros Blogpost viel Wahrheit steckt, so ist er dennoch schlecht vorgetragen, da er zu sehr pauschalisiert. Und das ist schade, denn der Punkt, den mspro macht, ist richtig und so ungeheuer wichtig, dass er ihn nicht durch Pauschalisieren und Schattenboxen verwässern sollte. Ja, die Regierung versucht, Google als Sündenbock hinzustellen, um von der Totalüberwachung abzulenken. Und ich bin mspro sehr dankbar, dass er das anprangert und die Regierung nicht mit dieser Ablenkung durchkommen lassen. Aber er pauschalisiert und konstruiert ein zu simples Bild von den Politikern ™ und ihren Freunden.

Was mspro zum Beispiel über den Untersuchungsausschuss schreibt, stimmt so einfach nicht. Der Ausschuss ist ein Instrument der Legislative, um die Exekutive zu kontrollieren, das lässt er komplett unter den Tisch fallen. mspro schreibt:

Der Untersuchungsausschuß zur Spähaffaire lädt nun also die Chefs der großen Internetkonzerne vor. Eric Schmidt, Mark Zuckerberg, etc. Sie sollen jetzt helfen die Machenschaffen der NSA aufzuklären. Aha.

Zur Erinnerung: es ist eben jener Untersuchungsausschuß, der sich weigert, Edward Snowden nach Deutschland einzuladen und zu befragen. Also derjenige, von dem wir all die Informationen haben, die wir haben. Stattdessen also jetzt Zuckerberg und Co.

Michael Seemann: Wie aus der Spähaffäre so langsam eine Googleaffäre wird

Das ist schlichtweg falsch. Der Ausschuss weigerte sich nicht, Snowden einzuladen, er wurde offen und offensiv von der Exekutive bedroht, dass Snowden an die USA ausgeliefert würde, sobald er nach Deutschland kommt.

Auf eben jener Zeugenliste, die mspro so sehr kritisiert, steht Snowden an erster Stelle! Als wichtigster Zeuge! Der Untersuchungsausschuss will ihn befragen, obwohl die Bundesregierung die Ausschussmitglieder mit strafrechtlichen Konsequenzen bedroht! Das ist ein so unglaublich undemokratischer Vorgang der Bundesregierung, dass wir uns lieber darüber aufregen sollten, als dass der Ausschuss auch (sicher auch aus PR-Gründen) halb Silikon Valley vorladen will. Doch auch die Einladung von Zuckerberg und Co. ist durchaus legitim, denn nach allem, was wir wissen, sind sie wichtige Zeugen, die helfen können, die Geheimdienstmachenschaften aufzuklären. Und das ist der nächste wichtige Punkt, den mspro unterschlägt: die CEOs stehen hier nicht vor Gericht, sie sollen Zeugen sein! Der Untersuchungsausschuss ist ein Mittel der parlamentarischen Kontrolle. Aber dieser Kontrolle unterliegt nicht Google oder Facebook, sondern die Bundesregierung! Die Bundesregierung sitzt gewissermaßen auf der Anklagebank und deshalb versucht auch die Bundesregierung in Person von Sigmar Gabriel ein Ablenkungsmanöver, nicht die Politiker ™!

Eine Allianz aus den Politikern ™, FAZ und Springer (die, da hat mspro ganz recht, aus wirtschaftlichen Gründen nach der tief hängenden Frucht Google greifen) und den datenschutz- und regulierungsfreundlichen Teilen der Netzgemeinde zu konstruieren, schießt über das Ziel hinaus und spielt letztlich nur dem Ablenkungsmanöver in die Hände…

 

Ich bin raus…